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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 22.12.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 165/06
Rechtsgebiete: WEG, ZVG


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 2
WEG § 10 Abs. 3
WEG § 16 Abs. 2
WEG § 28 Abs. 5
WEG § 43 Abs. 4 Nr. 2
ZVG § 89
ZVG § 161
1. Wird die Zwangsverwaltung über Wohnungseigentum wegen Zuschlags in der Zwangsversteigerung aufgehoben, so ist der Verwalter weiterhin befugt, anhängige Verfahren nach § 43 Abs.1 Nr. 4 WEG aus der Zeit seiner Amtstätigkeit auf der Aktiv- und Passivseite fort zu führen.

2. Bei Eigentümerbeschlüssen, durch die aufgrund einer Öffnungsklausel der vereinbarte Verteilungsschlüssel abgeändert werden soll, muss sich aus dem Protokoll zumindest eindeutig ergeben, zu welchem Antrag eine Abstimmung erfolgt ist und welches Abstimmungsergebnis erzielt wurde, damit auf eine konkludente Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses geschlossen werden kann.


Gründe:

I.

Antragsteller und Antragsgegner zu 1 bis 6 sind Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten als derzeitiger Notverwalterin verwaltet wird. Die Antragsgegnerin zu 7 war als Zwangsverwalterin für das Sondereigentum von Herrn Dr. G. bestellt. Die Zwangsverwaltung wurde mit amtsgerichtlichem Beschluss vom 24.10.2006 aufgrund des im Zwangsversteigerungsverfahren am 15.9.2006 ergangenen Zuschlagsbeschlusses aufgehoben.

Die Beteiligten streiten um die Anwendung des richtigen Verteilungsschlüssels für die Jahresabrechnungen für 2004 und die Wirtschaftspläne für 2005.

In der in der notariellen Urkunde vom 16.7.1974 als Nachtrag zur Teilungserklärung vom 5.7.1971 vereinbarten Gemeinschaftsordnung finden sich zur Kostenverteilung auszugsweise folgende Regelungen:

"1. ...

In der Teilungserklärung wurde eine Größenfestsetzung des einzelnen Sondereigentums getroffen; diese auf Tausendstel abgestimmten Ziffern sind entscheidend für das Maß der Rechte und Pflichten der Sondereigentümer in der Gemeinschaft (Mitgliedschaftsrecht), des Gebrauchs, der Nutzungen und der Beteiligungen an den Lasten und Kosten für die gemeinschaftlichen Teile, Räume, Anlagen und Einrichtungen, soweit es sich nicht um solche handelt, die in Sondernutzung einer bestimmten Gruppe von Sondereigentümern stehen oder für welche eine besondere Lastenverteilung vereinbart wird.

...

5. Die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des Gebäudes, die Kosten der Verwaltung und ganz allgemein die Kosten, die die Gesamtheit des Gebäudes betreffen, werden von den Miteigentümern im Verhältnis ihrer Tausendstelanteile getragen. Gleiches gilt auch für die Kosten ordnungsgemäß beschlossener Veränderungen und Neuerungen im Anwesen.

....

Sollten durch die Eigentümer des 5. Obergeschosses gemäß Ziffer VII der Vorurkunde ein weiteres Stockwerk aufgeführt werden, so ändern sich alle Verteilerschlüssel entsprechend der dann vorhandenen Gesamtnutzfläche.

...

9. Zur Änderung dieser Teilungserklärung bedarf es der Zustimmung von mindestens 9/10 Tausendstelanteilen aller Miteigentümer. ..."

Weiter sind in der Gemeinschaftsordnung vom 16.7.1974 Ausnahmen vom allgemein geltenden Verteilungsschlüssel für die Müllbeseitigung, die Aufzugsanlage, den Wasserverbrauch, Versicherungen, Heizkosten, die Reinigung und die Rücklagen geregelt.

In einer notariellen Nachtragsurkunde vom 17.9.1975 ist für Sondernutzungsrechte am Parkdeck folgende Kostentragung bestimmt:

"Die Kosten für die Unterhaltung des ganzen Parkdecks treffen den Sondernutzungsberechtigten. Unterhaltskosten in diesem Sinne sind die Kosten für

Reinigung und Schneeräumung

Heizung der Rampe

Wartung und Instandhaltung der Schranke und der Ampelanlagen

Instandsetzung des Fahrbelages und der Markierungen

Isolierungsschäden, welche durch die Ausübung des Sondernutzungsrechts entstehen".

Im Jahr 1985 machten die Eigentümer der Wohneinheit im 5. Stock von ihrer bereits in der Teilungserklärung vom 5.7.1971 geregelten Berechtigung Gebrauch, das Gebäude um ein 6. Stockwerk zu erweitern. In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 23.6.1987, bei der ausweislich des Protokolls sämtliche Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten waren, wurde die von einem Architekten gefertigte Nutzflächenaufstellung nach der Gebäudeerweiterung als "Grundlage für Abrechnungspositionen der Betriebs- und Heizungskostenverrechnung einstimmig angenommen".

Das Protokoll dieser Eigentümerversammlung wurde einem notariellen Nachtrag zur Teilungserklärung vom 9.12.1987 beigefügt, in welchem den beiden im 6. Stockwerk neu geschaffenen Wohnungen, unter Abzug von dem Miteigentumsanteil, der mit dem Sondereigentum im 5. Obergeschoss verbunden war, jeweils ein Miteigentumsanteil von 3/1000 zugeordnet wurde. Zur Kostenverteilung ist in dieser Urkunde folgende Regelung getroffen:

"Unbeschadet der vorstehenden 1000-stel Anteile ist der jeweilige Eigentümer der Sondereigentumseinheiten Nr. V/1, VI/1 und VI/2 verpflichtet, z.B. auch für den Erneuerungsfonds entsprechend der qm-Fläche zu bezahlen".

Neben der schon angesprochenen Genehmigung der Nutzflächenaufstellung findet sich im beigefügten Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.6.1987 zur Festlegung der Betriebskostenverteilung unter TOP 2 für Aufzugs- und Hausreinigungskosten ein gesonderter, nach Stockwerken aufgeteilter Verteilerschlüssel. Eine Beschlussfassung hierzu ist im Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung nicht vermerkt. Bezüglich der Verteilung der Müllabfuhrkosten wird unter TOP 2 die Vorstellung eines Verteilerschlüssels für die nächste Wohnungseigentümerversammlung angekündigt.

Auf dieser weiteren Eigentümerversammlung vom 23.7.1987, bei der ausweislich des Protokolls wiederum sämtliche stimmberechtigten Anteile vertreten waren, wurden zu den jeweiligen Verteilungsschlüsseln für Aufzugskosten, Müllabfuhrkosten, Hausreinigung und Versicherungen im Protokoll folgende Vermerke niedergelegt:

"FESTLEGUNG DER BETRIEBSKOSTEN-VERTEILUNG

AUFZUGKOSTEN (15/15-Teile)

Verteilerschlüssel lt. Aufstellung Pkt.2, Seite 5, Protokoll vom 25.6.1987

MÜLLABFUHRKOSTEN

wöchentliche Abfuhr - 5 Container

EINSTIMMIGER BESCHLUSS ZUR KOSTENVERTEILUNG

UG und EG 3 Container

1. OG bis einschl. 6. OG 2 Container

Die weitere Kostenverteilung erfolgt nach m²/Nutzflächen

HAUSREINIGUNG (15/15-Teile)

Verteilerschlüssel = wie bei den Aufzugskosten.

VERSICHERUNGEN

a) Gebäude-Versicherung (Wasserleitung-Sturm-Hagel)

Glasversicherung

Haftpflicht-Versicherung

EINSTIMMIGER BESCHLUSS

Die Kosten für die einzelnen Miteigentümer werden nach den anteiligen Nutzflächen verrechnet.

b) GEBÄUDE-BRANDVERSICHERUNG

EINSTIMMIGER BESCHLUSS

Herr K. O. ist beauftragt die vom Versicherer festgelegte Prämiengestaltung aufgrund der Neueinschätzung vom 12.5.86 zu klären. Nach dessen Ergebnis wird der Verteilerschlüssel erörtert und festgelegt.

c) ALLE WEITEREN ANFALLENDEN VERRECHNUNGSPOSITIONEN WERDEN NACH DEN ANTEILIGEN NUTZFLÄCHEN VERRECHNET.

d) Ausgenommen, bis zur späteren Klärung, sind die anteiligen Kostenverrechnungen an die GbR-Sch/A. B und Herrn Kurt O. B für Rücklagen und für Hausinstandsetzungen, die über die ordnungsgemäße Instandsetzung und Instandhaltung hinausgehen".

Für die Eigentümerversammlung vom 11.5.2005 hat die Verwalterin jeweils zwei verschiedene Versionen von Gesamt- und Einzelabrechnungen für das Jahr 2004 und von Gesamt- und Einzelwirtschaftsplänen für das Jahr 2005 erstellt. Die erste Variante basiert im Wesentlichen auf einem Verteilungsschlüssel nach den einzelnen Nutzflächen, während die zweite Variante die Kostenverteilung im Wesentlichen nach den Miteigentumsanteilen vorsieht. Diese Variante beruht auf den Vorgaben des Miteigentümers B Sch.

Ausnahmen von den generellen Verteilungsschlüsseln sehen die Varianten zum Teil für Kosten des Hausmeisters für das Parkdeck, die Aufzug- und Reinigungskosten, die Kosten für Be- und Entlüftung, für die Klimaanlage und für die Müllabfuhr vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Landgerichts (Blatt 7 bis 9) verwiesen.

In der Eigentümerversammlung vom 11.5.2005 wurden die Gesamt- und Einzelabrechnung für 2004 und die Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne für 2005 in der ersten Variante jeweils mehrheitlich abgelehnt, in der Variante nach B Sch jeweils mehrheitlich genehmigt.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht begehrt, die entsprechenden Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären und die Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne in der ersten Variante zu genehmigen. Mit Beschluss vom 2.2.2006 hat das Amtsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme den Anträgen in vollem Umfang stattgegeben. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegner zu 1 bis 6 hat das Landgericht nach weiterer Beweiserhebung mit Beschluss vom 11.9.2006 zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsgegner zu 1 bis 6 ihr Ziel der Antragsabweisung weiter. Sie tragen im Wesentlichen vor, dass die Auslegung der Teilungserklärung und ihrer Nachträge durch das Landgericht fehlerhaft sei. Weiter seien die vom Landgericht angenommenen Abänderungen der Verteilungsschlüssel durch die Entscheidungen in den verschiedenen Eigentümerversammlungen in fehlerhafter Weise zustande gekommen und auch inhaltlich unwirksam.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nur teilweise begründet.

1. Das Rechtsmittel der Antragsgegner zu 1 bis 6 ist zulässig. Nachdem nur diese Antragsgegner sofortige weitere Beschwerde eingelegt haben, kann es hier dahingestellt bleiben, ob ein Rechtsmittel seitens der Antragsgegnerin zu 7 oder seitens des neuen Wohnungseigentümers zulässig wäre.

2. Bezüglich der Beteiligtenstellung der Antragsgegnerin zu 7 ist der Senat der Auffassung, dass sie als Zwangsverwalterin nach Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Zuschlags des Wohnungseigentums in der Zwangsversteigerung nicht die Verfahrensbefugnis für Aktiv- und Passivprozesse verliert, die sie in der Zeit ihrer Amtstätigkeit geführt hat (vgl. KG NJW-RR 2004, 1457; BGHZ 155, 38/41; BGH NJW-RR 1993, 442). Da ein gewillkürter Beteiligtenwechsel in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr möglich ist (BayObLGZ 1975, 53), wäre der ursprüngliche Eigentümer ansonsten rechtlos gestellt.

3. In der Sache hat das Rechtsmittel der Antragsgegner zu 1 bis 6 nur zum Teil Erfolg.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

Bereits in der Teilungserklärung vom 5.7.1971 sei geregelt, dass im Falle der Gebäudeaufstockung die Unterhaltskosten nach Nutzflächen zu verteilen seien. Weiter sei in der Nachtragserklärung vom 16.7.1974 die Bestimmung getroffen worden, dass sich bei Aufstockung sämtliche Verteilungsschlüssel, nicht nur der die Rücklagen betreffende, entsprechend der dann vorhandenen Gesamtnutzfläche änderten. Als allgemeiner Verteilungsschlüssel sei daher die Verteilung nach Nutzflächen und nicht nach Miteigentumsanteilen heranzuziehen. Insoweit entsprächen daher die beschlossenen Einzel- und Gesamtabrechnungen und Wirtschaftspläne nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Bezüglich der Kostenverteilung, die das Parkdeck betreffe, sei in der Nachtragserklärung vom 17.9.1975 bestimmt, dass diese Kosten nur von den Sondernutzungsberechtigten zu tragen seien. Nach den Darlegungen der Zeugin G. sei die vorgenommene Schätzung, dass sich diese Kosten auf etwa 10 Prozent des Arbeitsaufwandes des Hausmeisters beliefen, nicht zu beanstanden. Es entspreche daher in der Abrechnung der Variante Schleicher nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, sämtliche Miteigentümer nach ihren Miteigentumsanteilen an diesen Kosten zu beteiligen.

Für die Kosten von Aufzug und Reinigung bestimme sich der Verteilungsschlüssel nach dem Eigentümerbeschluss vom 23.6.1987. Dieser sei wirksam zustande gekommen. Es könne hier dahingestellt bleiben, ob bei der Beschlussfassung alle nicht anwesenden Miteigentümer wirksame Vollmachten erteilt hätten, da jedenfalls eine nachträgliche Genehmigung der Vertretung vorliege. Zudem sei die Teilungserklärung durch Nachtragserklärung vom 9.12.1987 abgeändert worden und dieser Erklärung sei das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 23.6.1987 ausdrücklich als Anlage beigefügt worden. Auch hier entspreche also nur die erste Berechnungsvariante ordnungsmäßiger Verwaltung.

Die Kosten von Be- und Entlüftung seien allein dem jeweiligen Sondereigentum zuzuordnen und nicht, wie in der zweiten Abrechnungsvariante geschehen, insgesamt nach Nutzfläche umzulegen. Die aufgrund des Sammelzählers und der jeweiligen Einzelzähler errechnete Aufteilung auf die einzelnen Sondereigentumseinheiten, zum Teil nach Ablesung des tatsächlichen Verbrauchs, zum Teil nach Nutzfläche, wie sie die erste Berechnungsvariante vornehme, sei ordnungsmäßig, nicht dagegen die in der zweiten Variante vorgenommene Aufteilung der gesamten Kosten nach Nutzfläche.

Die in beiden Abrechnungsvarianten zu findende Aufteilung der gesondert ermittelten Stromkosten für die Klimaanlage nach Nutzflächen der an die Anlage angeschlossenen Einheiten sei nicht zu beanstanden.

Die Müllabfuhrkosten seien, wie in der ersten Abrechnungsvariante, nach dem in der Eigentümerversammlung vom 23.7.1987 beschlossenen Verteilungsschlüssel umzulegen.

Insgesamt entspreche damit die erste Abrechnungsvariante ordnungsmäßiger Verwaltung und sei daher zu genehmigen, die Beschlüsse über die zweite Variante seien dagegen für ungültig zu erklären.

b) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass für die betroffene Wohnanlage generell eine Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach Nutzflächen vorgenommen worden ist.

aa) In der Teilungserklärung vom 5.7.1971 ist entgegen der Auffassung des Landgerichts keine Regelung zur Verteilung der Kosten und Lasten nach § 16 Abs. 2 WEG getroffen worden. Nach Nummer VIII der Vereinbarung sind die entsprechenden Bestimmungen ausdrücklich der Nachtragsurkunde vorbehalten worden.

Auch in der nachträglich vorgenommenen Abänderung der Regelung zur Aufstockung des Gebäudes liegt keine Festlegung eines Verteilungsschlüssels. Teilungserklärungen sind wie Grundbucheintragungen vom Rechtsbeschwerdegericht uneingeschränkt selbst auszulegen (BGH NJW 1998, 3713/3714 m.w.N.). Bei der Auslegung ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Urkunde abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH aaO).

In der vom Landgericht als Verteilungsschlüssel herangezogenen Regelung wurde zunächst bestimmt, dass im Falle der Aufstockung "sämtliche Miteigentumsanteile entsprechend der dann vorhandenen Gesamtnutzfläche zu berichtigen" seien. Die Formulierung "sämtliche Miteigentumsanteile" wurde ersetzt durch die Formulierung "die Gebrauchsregelung". Im selben Abschnitt der Teilungserklärung ist für den Begriff der Gebrauchsregelung Bezug genommen auf Nr. IV der Urkunde. Danach steht jedem einzelnen Miteigentümer "das Sondernutzungsrecht an dem im Tiefkeller - im Aufteilungsplan mit der Farbe des Sondereigentums - kenntlich gemachten Teil zu". Aus der in der Nachtragsurkunde vorgenommenen Abänderung ergibt sich damit allenfalls, dass im Falle der Aufstockung eine Berichtigung der Zuweisung von Sondernutzungsrechten erfolgen sollte. Ein Verteilungsschlüssel ist dieser Bestimmung in keiner Weise zu entnehmen.

bb) Anderes gilt für die ebenfalls nach den genannten Grundsätzen auszulegende Nachtragserklärung vom 16.7.1974. Hier ist zum einen unter Ziffer II "Gemeinschaftsordnung" in Nr. 1 geregelt, dass die Beteiligung an den Lasten und Kosten für das gemeinschaftliche Eigentum nach der auf Tausendstel bestimmten Größenfestsetzung des Sondereigentums in der Teilungserklärung erfolgen soll. Diese Regelung ist nach ihrem Wortlaut zunächst auf die Größe der einzelnen Sondereigentumseinheiten und damit nach der jeweiligen Nutzfläche ausgelegt. Eine Aufteilung nach Tausendstel sieht die Teilungserklärung aber, auf die Bezug genommen wird, nicht für die Gesamtnutzfläche, sondern nur für die jeweils zugeordneten Miteigentumsanteile vor. In der Zusammenschau der beiden Urkunden ist also, entgegen der falschen Wortwahl in der Nachtragsurkunde, von einem generellen Kostenverteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen auszugehen. Dies entspricht auch der Regelung in Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung, die nochmals ausdrücklich festlegt, dass die allgemeinen Kosten, die die Gesamtheit des Gebäudes betreffen, von den Miteigentümern im Verhältnis ihrer Tausendstelanteile getragen werden.

Für einzelne Kostenarten wie Müllbeseitigung, Aufzug und anderes sind unter Nr. 5 a) bis f) der Nachtragsurkunde daneben jeweils besondere Verteilungsschlüssel festgelegt.

cc) Am Ende der unter Nr. 5 der Urkunde getroffenen Verteilungsregelungen findet sich die allgemeine Bestimmung, dass sich im Falle der Aufstockung des Gebäudes alle Verteilerschlüssel entsprechend der dann vorhandenen Gesamtnutzfläche ändern.

Schon allein nach ihrem Wortlaut ("alle") bezieht sich diese Bestimmung nicht nur auf die Tragung der Rücklage, die im vorangegangenen Textabschnitt betroffen ist. Darüber hinaus ist in diesem Abschnitt für die Rücklage gar kein eigener Verteilungsschlüssel festgelegt worden, so dass ein Bezug der folgenden Regelung hierauf nicht vorliegen kann. Schließlich zeigen die unmittelbar nachfolgenden, vor Nr. 6 der Urkunde getroffenen Bestimmungen, dass es sich hier insgesamt um allgemeine Festlegungen handelt, die nicht nur die Rücklage betreffen.

Mit der Aufstockung des Gebäudes sind damit sämtliche in der Urkunde vom 16.7.1974 abgehandelten Kosten nach der Nutzfläche zu verteilen.

dd) In der Nachtragsurkunde vom 9.12.1987 erfolgt aufgrund der vorausgegangenen Gebäudeaufstockung eine Neuverteilung der Miteigentumsanteile. Dabei ist unter Nr. II klarstellend die Regelung getroffen, dass unbeschadet der vorstehenden Tausendstelanteile der jeweilige Eigentümer der neuen Sondereigentumseinheiten verpflichtet ist, z.B. auch für den Erneuerungsfonds entsprechend der Quadratmeter-Fläche zu bezahlen. Durch diesen beispielshaften Verweis wird deutlich, dass nicht nur für den Erneuerungsfonds, sondern insgesamt von einem Verteilungsschlüssel nach der Nutzfläche auszugehen ist.

c) Eine Ausnahme von diesem generell geltenden Verteilungsschlüssel regelt die Nachtragsurkunde vom 17.9.1975 für dasjenige gemeinschaftliche Eigentum, an dem Sondernutzungsrechte in Form von Parkplätzen bestellt sind. Die angeführten Kosten für die Unterhaltung des ganzen Parkdecks haben danach die Sondernutzungsberechtigten, und damit nach der Urkunde vom 16.7.1974 die jeweiligen Eigentümer von Unter-, Erdgeschoss und 1. und 2. Stockwerk zu tragen.

Nicht ausdrücklich geregelt ist allerdings, wie die Kostentragung auf mehrere Sondernutzungsberechtigte zu verteilen ist. Aus der Tatsache, dass die Parkdeckkosten aber gerade nicht nach allgemeinen Nutzflächen, sondern nach der Sondernutzungsberechtigung umzulegen sind, ergibt sich durch Auslegung, das sich die jeweiligen Kosten nach dem Umfang der Sonderberechtigung und damit nach der Anzahl der jeweils zugeordneten Parkstellplätze verteilen. Die in der ersten Variante vorgenommene Verteilung entspricht damit dem vereinbarten Schlüssel.

Zu der Höhe und Ausscheidbarkeit dieser Unterhaltskosten hat das Landgericht nach Beweisaufnahme ohne Rechtsfehler - und damit für den Senat bindend (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 559 ZPO) - festgestellt, dass der Ansatz von 2099,99 EUR als Kosten für die Unterhaltung des Parkdecks nicht zu beanstanden sei.

d) Bezüglich der Änderung der vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel im Beschlusswege ist zum einen festzustellen, dass die Nachtragsvereinbarung vom 16.7.1974 in Nr. II "Gemeinschaftsordnung" unter Nr. 9 eine Öffnungsklausel enthält, wonach es zur Änderung dieser Teilungserklärung der Zustimmung von mindestens 9/10 Tausendstelanteilen aller Miteigentümer bedarf. Diese weit gefasste Öffnungsklausel ist nach den oben genannten Auslegungsgrundsätzen teleologisch auf die Fälle zu reduzieren, in denen überhaupt Vereinbarungen der Wohnungseigentümer zulässig sind (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG). Den Wohnungseigentümern ist es damit grundsätzlich möglich, in solchen Fällen statt durch Vereinbarung auch im Beschlusswege Entscheidungen herbeizuführen. Sie können also, bei entsprechender Mehrheit, auch die Veränderung der in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Verteilungsschlüssel beschließen, wenn hierbei beachtet wird, dass für die Änderung sachliche Gründe vorliegen und einzelne Wohnungseigentümer aufgrund der Neuregelung gegenüber der bisherigen Regelung nicht unangemessen benachteiligt werden (vgl. hierzu Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 16 Rn. 13).

Bezüglich der Aufteilung der Kosten für Aufzug, Reinigung und Müllabfuhr lässt sich dem Protokoll vom 23.6.1987 keinerlei Beschlussfassung entnehmen. Das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 23.7.1987 lässt unter TOP 3 (Festlegung der Betriebskostenverteilung) nicht erkennen, zu welchen Kostenpunkten der angeführte "einstimmige Beschluss" tatsächlich gefasst worden ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der auch der Senat folgt, kommt der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Vorsitzenden der Eigentümerversammlung grundsätzlich konstitutive Bedeutung zu; im Regelfall handelt es sich um eine Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses (BGHZ 148, 335; vgl. hierzu Becker ZWE 2006, 157).

Zwar lässt die Rechtsprechung auch eine konkludente Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses genügen, eine Aufnahme in das Versammlungsprotokoll ist nicht unbedingt notwendig. Für Beschlüsse, die aber wie die hier angesprochenen Änderungen von Kostenverteilungsschlüsseln, auch für Sondernachfolger gelten sollen (§ 10 Abs. 3 WEG), können bei der Auslegung nur solche Umstände Berücksichtigung finden, die für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, sich insbesondere aus dem Protokoll ergeben (BGHZ 148, 335/345).

Weder für die Eigentümerversammlung vom 23.6. noch für die vom 23.7.1987 lässt das jeweilige Protokoll eindeutig zuzuordnende Beschlussfeststellungen und Beschlussbekanntgaben für die Festlegung der Verteilungsschlüssel von Aufzugskosten, Müllabfuhrkosten und Hausreinigungskosten erkennen.

Darüber hinaus sind die möglichen Beschlussinhalte zum Teil so unübersichtlich und widersprüchlich (etwa zu den Müllkosten), dass es ihnen auch inhaltlich an der notwendigen Bestimmtheit und Klarheit mangelt.

In den Eigentümerversammlungen vom 23.6. und 23.7.1984 sind also keine wirksamen Beschlüsse getroffen worden, die Abweichungen vom allgemein gültigen Verteilungsschlüssel nach Nutzflächenanteilen festlegen. Damit kann hier die Frage der wirksamen Vertretung und der Rechtsnatur der allstimmigen Beschlussfassung ebenso dahingestellt bleiben wie die rechtliche Wirkung der Tatsache, dass das Protokoll der Eigentümerversammlung vom Juli 1987 als Anlage der notariellen Nachtragsurkunde vom 9.12.1987 aufgeführt ist.

Es gilt folglich, mit Ausnahme des Parkdecks, für alle Kosten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG der Verteilungsschlüssel nach Nutzflächen. Nachdem die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 23.6.1987 die von einem Architekten erstellte Festlegung der anteiligen Nutzflächen ausweislich des insoweit eindeutigen Protokolls bestandskräftig genehmigt haben, ist dieser Verteilungsschlüssel der Jahresabrechnung und dem Wirtschaftsplan zu Grunde zu legen (vgl. KG WuM 2002, 102). Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob es zur Festlegung der Nutzflächen einer qualifizierten Mehrheit nach Nr. 9 der Gemeinschaftsordnung vom 16.7.1974 bedurfte, da jedenfalls, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, durch nachträgliche Genehmigung der Vertretung ein allstimmiger Beschluss zustande gekommen ist.

e) Nicht davon umfasst sind aber, wie das Landgericht zu Recht entschieden hat, die Kosten für Be- und Entlüftung, da es sich hierbei nicht um Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern um solche des jeweiligen Sondereigentums handelt (vgl. im einzelnen Staudinger/Bub WEG Band 1 1997 § 16 Rn. 183 f.).

f) Damit entspricht keine der beiden Varianten der Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne ordnungsmäßiger Verwaltung. Die von der Verwaltung vorgelegte Nutzflächenvariante mit Ausnahmen konnte daher auch nicht im Wege der Regelungsstreitigkeit vom Gericht genehmigt werden (vgl. Weitnauer/Mansel WEG 9. Aufl. nach § 43 Rn. 3).

4. Wegen der komplexen Rechtsfragen und der voneinander abweichenden Entscheidungen entspricht es der Billigkeit, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten aller Instanzen gegeneinander aufzuheben.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. In Übereinstimmung mit den nicht angegriffenen Festsetzungen der Vorinstanzen hält der Senat einen Geschäftswert von 20.000 EUR für angemessen.

Ende der Entscheidung

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