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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 32 Wx 165/07
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 2
§ 10 Abs. 2 Satz 3 WEG findet auch auf Verfahren Anwendung, die am 1.7.2007 bereits anhängig waren.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer der Wohnanlage. Die Antragsteller begehren die Änderung der in der Teilungserklärung erfolgten Bestimmung der Miteigentumsanteile.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15.12.2005 die Antragsgegner verpflichtet, einer Änderung der Teilungserklärung dahingehend zuzustimmen, dass die Miteigentumsanteile anders verteilt werden. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zu 1) und 2) hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die erstinstanzlichen Anträge der Antragsteller, soweit sie sich gegen die Antragsgegner zu 1) und 2) richten, zurückgewiesen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der von den Antragstellern geltend gemachte Anspruch auf Berichtigung der Miteigentumsquoten sei nicht begründet, da keine besonderen Umstände vorlägen, die ein Festhalten an der gegebenen Verteilung der Miteigentumsquoten als grob unbillig und deshalb als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen.

2. Die rechtliche Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung (§§ 45 Abs. 1 WEG; 27 Abs. 1 Satz 2 FGG; 559 Abs. 2 ZPO) führt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§§ 27 FGG, 546 ZPO), da in der Rechtsbeschwerdeinstanz keine neuen Sachanträge gestellt (vgl. BayObLGZ 1996, 58,62) und keine weiteren Sachverhaltsfeststellungen durchgeführt werden können (§§ 562, 563 ZPO entsprechend). a. Das Landgericht stellt bei seiner Entscheidung mit Beschluss vom 11.9.2007, insoweit ausdrücklich Bezug nehmend auf die in seinem Beschluss vom 17.3.2006 enthaltenen Hinweise, ersichtlich auf die bis zum Inkrafttreten von § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG n.F. (1.7.2007) geltende Rechtslage (vgl. BGH NJW 2006, 3426,3427) ab. Darauf kann die Entscheidung des Landgerichts nicht (mehr) gestützt werden. Nach der Übergangsvorschrift des § 62 Abs.1 WEG n.F. ist vorliegend zwar das bis zum 30.6.2007 geltende Verfahrensrecht anzuwenden (vgl. Schmid/Kahlen, WEG, Rn. 1 zu § 62). Da ein Verpflichtungsantrag vorliegt, gilt für die Entscheidung in der Sache aber das derzeit geltende materielle Recht (vgl. OLG München, Az. 34 Wx 066/07; Bergerhoff, NZM 2007, 553).

b. Maßgebend für die Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers, sich an den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu beteiligen, ist die Größe seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 2 WEG). Die in Ziffer II der notariellen Urkunde vom 1.8.1989 enthaltene Gemeinschaftsordnung enthält keine hiervon abweichende Regelung. Aus Ziffer IV.2 dieser Urkunde entnimmt der Senat, dass ein Zusammenhang zwischen dem festgelegten Verteilungsschlüssel und der (ursprünglichen) Einbeziehung der Grundstücksfläche und dem dort für die Einheit Nr. 1 bestehenden Sondernutzungsrecht bestand. Aufgrund der Änderung der Teilungserklärung mit notarieller Urkunde vom 11.7.2000 wurde eine Teilfläche von 1.184 qm abgetrennt und an den Nebenintervenienten und dessen Schwester übertragen, nachdem bereits zuvor das an der abzutrennenden Fläche bestehende Sondernutzungsrecht für die Einheit Nr. 1 aufgehoben worden war. Ab diesem Zeitpunkt sind nach Aktenlage die ursprünglich für die Einheit Nr. 1 festgelegten Miteigentumsanteile auch unter Berücksichtigung der Interessen der anderen Wohnungseigentümer nicht mehr als sachgerecht anzusehen, da der geltende Kostenverteilungsschlüssel zu einer Kostenmehrbelastung der Antragsteller von über 60 % führt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem bloßen Umstand, dass die Antragsteller die unterschiedliche Größe der Miteigentumsanteile und die daraus entstehenden Auswirkungen auf den Umfang ihrer Kostentragungspflicht bei Erwerb ihres Wohnungseigentums kannten (vgl. BayObLGZ 1991, 396,398). Ein Festhalten an der geltenden Regelung über die Verteilung der Kosten (und des Anteils an der Instandhaltungsrücklage) ist nach Aktenlage unbillig und begründet damit grundsätzlich einen Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile (vgl. § 10 Absatz 2 Satz 3 WEG; Riecke/Schmid-Elzer, WEG, 2. Aufl., Rn 194 zu § 10), zumal die Teilungserklärung oder die Gemeinschaftsordnung keine Änderungsmöglichkeit vorsieht (vgl. BayObLGZ 1991, 396, 398). Da mit einer Änderung der Miteigentumsanteile in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingegriffen wird, ist ein Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn sich, wie hier, nach Aktenlage die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels anbietet und bereits dadurch die Unbilligkeit behoben werden kann (vgl. BayObLG ZWE 2000, 171, 172; Riecke/ Schmid-Elzer, aaO., Rn. 11 zu § 8).

c. Für eine eigene Sachentscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen nicht vor, da ein Antrag auf Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels an Stelle der Änderung der Miteigentumsanteile in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässig ist (vgl. BayObLGZ 1996, 58,62). Da das Landgericht die Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG nicht angewendet hat, enthält die angegriffene Entscheidung zudem auch keine Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen dieser Norm (§ 12 ZPO; vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., Rn 56 zu § 27).

d. Dahin stehen kann daher, ob eine Änderung des Verteilungsschlüssels auch durch eine ergänzende Auslegung der Nr. 10 der Gemeinschaftsordnung der Parteien erreicht werden kann, zumal auch hier keine hinreichenden Feststellungen getroffen wurden (vgl. BGH NJW 2004, 3413, 3415; Riecke/ Schmid-Elzer, aaO., Rn 203 zu § 10).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 48 Abs. 3 Satz 1 a.F., 62 Abs. 1 n.F. WEG



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