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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 19/07
Rechtsgebiete: EGBGB, GBO


Vorschriften:

EGBGB Art. 187 Abs. 1 S. 1
GBO § 22
GBO § 29
Eine Grundbuchberichtigung dahingehend, dass eine vor Anlegung der Grundbücher bereits bestehende Grunddienstbarkeit eingetragen wird, setzt regelmäßig mindestens voraus, dass der Antragsteller das Bestehen des Rechts bei Anlegung des Grundbuchs in der Form des § 29 GBO nachweist.
Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2 beantragte beim Grundbuchamt die Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts auf dem Grundstück der Beteiligten zu 1. Sie begründete dies damit, dass sie dieses Grundstück seit unvordenklicher Zeit als Weg nutzt, um in ihre angrenzenden Grundstücke zu gelangen. Deshalb habe sie durch Gewohnheitsrecht ein Geh- und Fahrtrecht über das Grundstück erworben. Dem Antrag war ein Bericht des zuständigen Vermessungsamtes beigefügt, der dem Grundbuchamt in Fotokopie vorgelegt wurde. Der Bericht war weder unterschrieben noch besiegelt. Er enthielt verschiedene Flurkarten aus der Zeit von 1841 und später.

Das Grundbuchamt wies den Antrag zurück. Gegen diese Zurückweisung richtete sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2, die das Landgericht ebenfalls zurückwies. Mit der durch Anwaltsschriftsatz eingelegten weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 2 ihr Ziel weiter.

II.

Die gemäß § 78 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Amtsgericht habe zu Recht den Antrag auf Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts an dem Grundstück zurückgewiesen. Selbst wenn man der Auffassung der Antragstellerin folgen sollte, dass vorliegend eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO möglich wäre, seien die Voraussetzungen hierfür von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Erforderlich sei entweder eine Berichtigungsbewilligung der Eigentümerin oder der Nachweis der Unrichtigkeit. Dieser Nachweis der Unrichtigkeit sei durch die Beteiligte zu 2 nicht erbracht.

2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand:

a) Es soll vorliegend eine vor Inkrafttreten des BGB und vor Anlegung des Grundbuchs bestellte Grunddienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden, Art. 187 Abs. 1 EGBGB. Eine solche Eintragung stellt eine Grundbuchberichtigung dar. Da eine Eintragungsbewilligung hierfür fehlt, ist von der Antragstellerin der volle Nachweis des Bestehens der Grunddienstbarkeit zum Zeitpunkt der Anlegung der Grundbücher zu erbringen, unabhängig davon, wie die Beweislast in einem Prozess über den Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB verteilt wäre (BayObLG DNotZ 1989, 164/166). An die Führung des Nachweises sind strenge Anforderungen zu stellen; es genügt nicht etwa ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit (vgl. Demharter, Kommentar zur GBO, § 22 Rn. 37 m.w.N.). Die Nachweise sind in der Form des § 29 GBO zu erbringen (Demharter a.a.O. Rn.42). Keinesfalls erhebt das Grundbuchamt in diesem Verfahren - anders als in jenem nach §§ 84 ff. GBO - von sich aus Beweise.

b) Daneben muss auch das Fortbestehen der Dienstbarkeit nachgewiesen werden, insbesondere muss nachgewiesen werden, dass das Recht nicht durch zehnjährige Nichtausübung erloschen ist gemäß Art. 218 EGBGB i. V. m. Art. 57 Abs. 1, 56 Abs. 3 AGBGB (BayObLG DNotZ 1992, 670/672). Dieser Nachweis ist auch in grundbuchmäßiger Form gemäß § 29 GBO zu erbringen (BayObLG aaO).

c) Zwar können amtliche Auskünfte des Vermessungsamts aus dem Liegenschaftskataster durchaus die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde besitzen (BayObLG aaO). Sie müssen jedoch eigenhändig unterzeichnet und gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 der Allgemeinen Dienstordnung mit einem Dienstsiegel versehen werden. Ohne Dienstsiegel wahren diese Urkunden nicht die vorgeschriebene Form des § 29 GBO. Schon an einem derartigen Nachweis fehlt es.

d) Im Übrigen wäre auch der vorhandene Bericht des Vermessungsamts völlig ungeeignet, den Nachweis in der bezeichneten Form zu erbringen. Aus dem Bericht ergibt sich lediglich, dass die auf den beiden bezeichneten Grundstücken vorhandenen Wege verbunden waren. Es wird jedoch überhaupt nicht dokumentiert, dass diese Verbindung auf einer altrechtlichen Dienstbarkeit beruhte und nicht nur stillschweigend aufgrund eines Notwegrechts nach § 917 BGB geduldet wurde und noch geduldet wird. Der Umstand, dass die Beteiligte zu 2 das Grundstück der Beteiligten zu 1 nutzt, besagt gerade nicht, dass sich die Rechtsvorgänger der Beteiligten zu 1 mit dinglicher Wirkung verpflichtet hätten, ihr diese Benutzung zu gestatten.

e) Deshalb könnte die Frage, ob überhaupt eine stillschweigende Einräumung des Geh- und Fahrtrechts materiell rechtlich möglich war, an sich offen bleiben, da es an jeglichem brauchbaren Nachweis fehlt. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass dies nicht der Fall ist. Für den Bezirk des Amtsgerichts Tirschenreuth kam zum Zeitpunkt der behaupteten Entstehung des Rechts ausschließlich Bayerisches Allgemeines Landrecht zur Anwendung (Völderndorff, Civilgesetzstatistik des Königreichs Bayern, 1880, S.212). Dieses machte neben der Ingebrauchnahme des dienenden Grundstücks vor dem 1.7.1862 - Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bayerischen Notariatsgesetzes vom 10.11.1861 - die Schriftform der Bestellung zur Voraussetzung. Nach diesem Zeitpunkt war die notarielle Verlautbarung erforderlich (vgl. Meisner/Ring/Götz, Nachbarrecht in Bayern, § 32 Rn. 14a).

Die Kostenfolge ergibt sich aus dem Gesetz. Ein Anlass, die zutreffende Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht abzuändern, bestand nicht.

Ende der Entscheidung

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