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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 26.04.2005
Aktenzeichen: 32 Wx 27/05
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 22 Abs. 2
Ein Rechtsanwalt muss zur Einhaltung von Beschwerdefristen in Wohnungseigentumsverfahren die allgemeine Anweisung erteilen, dass zuerst eine Eintragung im Fristenkalender zu erfolgen hat, bevor ein entsprechender Erledigungsvermerk in den Handakten angebracht wird, und die Befolgung dieser Anweisung auch stichprobenartig überprüfen.
Tatbestand:

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 15.3.2004 wurden unter den Tagesordnungspunkten (TOP) 4 a bis c, 5, 6, 12, 23 und 24 mehrheitlich folgende Beschlüsse gefasst:

- Genehmigung von Gesamt- und Einzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 2002/2003

- Entlastung des Verwalters für das Wirtschaftsjahr 2002/2003

- Entlastung des Verwaltungsbeirats für das Wirtschaftsjahr 2002/2003

- Genehmigung des neuen Wirtschaftsplans

- Verlängerung des Hausmeistervertrags und Erhöhung der monatlichen Vergütung

- Aufstellung der Mülltonnen und Unterbringung von Fahrrädern

- Ablehnung der Abberufung des Hausverwalters aus wichtigem Grund

- Verlängerung des Verwaltervertrags.

Die Antragsteller haben beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären und festzustellen, dass der Verwalter in der Eigentümerversammlung aus wichtigem Grunde abberufen wurde, bzw. den Verwalter mit sofortiger Wirkung aus seinem Amt abzuberufen. Nachdem eine Antragsbegründung trotz Fristsetzung nicht eingegangen war, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 17.11.2004 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Anträge zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde den Antragstellern am 6.12.2004 zugestellt. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller hiergegen, verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, eingegangen am 30.12.2004 beim Amtsgericht, hat das Landgericht als unzulässig verworfen, den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller. Das zulässige Rechtsmittel erwies sich als unbegründet.

Gründe:

1. Die Antragsteller haben neben der Anfechtung des negativen Eigentümerbeschlusses zur Verwalterabberufung zugleich beantragt, die nach ihrer Ansicht falsche Feststellung eines negativen Beschlussergebnisses in einen positiven Beschluss umzuwandeln sowie den Verwalter mit sofortiger Wirkung abzuberufen. In Verfahren nach § 43 WEG hat das Gericht grundsätzlich ohne Bindung an den Wortlaut der Sachanträge die nach pflichtgemäßem Ermessen gebotene sachgerechte Entscheidung zu finden (BayObLGZ 1975, 161/164). Die kumulativ gestellten Anträge zu Feststellung und Abberufung sind daher zum einen als Haupt- und Hilfsantrag zu verstehen, da bei Feststellung eines positiven Beschlussergebnisses eine nochmalige Abberufung des Verwalters nicht erforderlich ist. Zum anderen ist der Hilfsantrag dahingehend auszulegen, dass die Antragsteller von den übrigen Wohnungseigentümern Zustimmung zu einer Verwalterabberufung begehren. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die übrigen Wohnungseigentümer als Antragsgegner, die Verwalterin als weitere Beteiligte behandelt.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zulässig, aber unbegründet, da eine schuldhafte Fristversäumnis vorliege. Der Beschwerdeführer müsse sich das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten, das in mangelhafter Büroorganisation liege, zurechnen lassen. Es sei weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass durch eine allgemeine Anweisung an die Fachangestellten zur Fristenkontrolle sichergestellt worden sei, dass ein Erledigungsvermerk erst nach Eintragung im Fristenkalender vorgenommen werden dürfe, und dass die Tätigkeit der Angestellten dahingehend überwacht worden sei.

Die sofortige Beschwerde sei damit als unzulässig, weil verfristet, zu verwerfen.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 17.11.2004 war unzulässig, der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet.

a) Wird die Entscheidung über die Wiedereinsetzung, wie hier im Beschluss des Landgerichts, mit der Beschlussfassung über die Beschwerde verbunden, so ist auf die statthafte sofortige weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss die Wiedereinsetzungsfrage vom Senat ebenfalls nachzuprüfen, und zwar in rechtlicher und tatsächlicher Beziehung (BayObLGZ 1979, 251/253).

Dabei hat das Rechtsbeschwerdegericht auch neue Tatsachen und Glaubhaftmachungsmittel zu berücksichtigen (BayObLGZ 1959, 167), sodass das Vorbringen im Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 28.2.2005, der erst nach Erlass des Beschlusses des Landgerichts bei diesem eingegangen ist, grundsätzlich zu beachten ist.

b) Weder das ursprüngliche, noch das neue Vorbringen sind aber geeignet, eine unverschuldete Fristversäumnis zu belegen. Es liegt ein Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten vor, das sich die Antragsteller nach § 22 Abs. 2 Satz 2 FGG, § 45 Abs. 1 WEG zurechnen lassen müssen.

Die Einhaltung der Beschwerdefrist in Wohnungseigentumsverfahren muss von einem Rechtsanwalt mit der gleichen Sorgfalt überwacht werden wie die Einhaltung der Rechtsmittelfristen im Zivilprozess (BayObLG NJW-RR 1987, 1424/1425). Der Verfahrensbevollmächtigte muss zum einen durch entsprechende allgemeine Anweisungen sicherstellen, dass Beschwerdefristen in Wohnungseigentumssachen zuerst im Fristenkalender vermerkt werden, bevor ein Erledigungsvermerk auf der entsprechenden Beschlussausfertigung vorgenommen wird (vgl. BGH NJW-RR 1992, 826). Zum anderen ist der Rechtsanwalt gehalten, die Befolgung dieser Anordnungen zu überwachen und auch bei eingearbeitetem und ihm als zuverlässig bekanntem Personal unregelmäßige und geeignete Stichproben durchzuführen (BGH VersR 1985, 67/68).

Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller hat weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass er die beschriebenen organisatorischen Anweisungen überhaupt erteilt und deren pünktliche Ausführung jemals überwacht hat. Damit ist von einer verschuldeten Fristversäumnis auszugehen.

4. Es entspricht der Billigkeit, die in allen Instanzen erfolglos gebliebenen Antragsteller mit den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten zu belasten.

Ende der Entscheidung

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