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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 27.03.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 32/07
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 133
GBO § 19
Eine einmal abgegebene Eintragungsbewilligung wird nicht von selbst dadurch hinfällig, dass sich in späteren Vereinbarungen zwischen den Beteiligten erhebliche Änderungen des von der Bewilligung an sich nicht betroffenen Vertragsgegenstandes ergeben.
Gründe:

I.

1. Die Beteiligten sind Geschwister. Ihre Eltern überließen ihnen zu notariellen Verträgen vom 14.12.1973 Teilflächen des ihnen gehörenden Grundstücks in der verfahrensgegenständlichen Gemarkung. Die Beteiligte zu 2 sollte diesem Vertrag zufolge eine verbleibende Teilfläche von etwa 1 925 m² samt einem von zwei Wohnhäusern erhalten, der Beteiligte zu 1 eine solche von 2830 qm mit dem anderen Wohnhaus. Die Beteiligte zu 2 bestellte in dieser Urkunde für den jeweiligen Eigentümer der dem Beteiligten zu 1 überlassenen Teilfläche ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle und bewilligte dessen Eintragung ins Grundbuch. Der Antrag auf Eintragung dieses Vorkaufsrechts sollte dem Vertrag zufolge in der Messungsanerkennungsurkunde nach Vorliegen des amtlichen Messungsergebnisses gestellt werden. Den Geschäftswert für diese Urkunde berechnete der Notar mit 80.000 DM zuzüglich 40.000 DM für die Bewilligung des Vorkaufsrechts.

2. In einer Nachtragsurkunde vom 26.4.1976 wurde die ursprüngliche Vereinbarung dahingehend geändert, dass die an die Beteiligte zu 2 zu überlassende Parzelle auf ca. 480 m² reduziert wurde. Auf dieser Parzelle stand das im ersten Vertrag ebenfalls bezeichnete Wohnhaus. Die Beteiligte zu 2 räumte dem jeweiligen Eigentümer des Restgrundstücks ein dauerhaftes unentgeltliches Geh- und Fahrtrecht ein und verpflichtete sich, dieses dinglich absichern zu lassen. In Abschnitt VIII der Urkunde ist vermerkt, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen der Vorurkunde verbleiben sollte. Das Geschäft wurde vom Notar mit einem Wert von 30.000 DM bewertet.

3. In einer weiteren Urkunde vom 26.4.1976 räumte die Beteiligte zu 2 dem jeweiligen Eigentümer des Restgrundstücks ein Kanalanschlussrecht ein. Es wurde zusätzlich vereinbart, den ersten Vertrag aufrecht zu erhalten, falls eine Teilungsgenehmigung nicht erreicht werden könnte. Die Übergeber verpflichteten sich zur Zahlung einer Summe von 50.000 DM an die Beteiligte zu 2. Diese verzichtete im weiteren Inhalt der Urkunde auf ihr Pflichtteilsrecht. Wieder wurde vermerkt, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen der Vorurkunden verbleibe. Der Notar bewertete den Pflichtteilsverzicht mit 50.000 DM.

4. Eine weitere Urkunde unter Mitwirkung der Eltern und der Beteiligten zu 2 vom 5.1.1981 enthielt die Messungsanerkennung und Auflassung hinsichtlich des der Beteiligten zu 2 zugewandten Grundstücks. Die Grundstücksgröße wurde mit 514 m² festgestellt. Hinsichtlich des Kanalanschlussrechts wurde eine Grunddienstbarkeit bestellt. Unter Ziffer IV heißt es dort: Im Übrigen verbleibt es bei den Bestimmungen der Vorurkunde, mit der dieser Nachtrag zu verbinden und wie diese auszufertigen ist.

5. Am 12.7.2005 beantragte für den Beteiligten zu 1 dessen anwaltschaftliche Vertreterin die Eintragung des bezeichneten Vorkaufsrechts. Nachdem das Grundbuchamt zunächst im Wege der Zwischenverfügung die Vorlage einer Bewilligung der Beteiligten zu 2 verlangt hatte, diese aber nicht vorgelegt wurde, wies das Grundbuchamt mit Beschluss vom 6.7.2006 den Eintragungsantrag unter Hinweis auf die Zwischenverfügung vom 2.9.2005 endgültig zurück. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1 wies das Landgericht mit Beschluss vom 18.12.2006 zurück. Mit seiner durch Anwaltsschriftsatz eingelegten weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 sein ursprüngliches Ziel weiter.

II.

Die gemäß § 78 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg:

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Wegen der großen Bedeutung der Eintragungen für die Rechtsverhältnisse der Grundstücke, insbesondere angesichts des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs, erfordere der Grundbuchverkehr grundsätzlich klare und ausdrückliche Erklärungen, um so auf sicherer Grundlage klare Rechtsverhältnisse für unbewegliche zu Sachen zu schaffen und zu erhalten. Klarheit und Bestimmtheit seien wesentliche Voraussetzungen wirksamer Eintragungsbewilligungen und Eintragungsanträge. Wo diese nicht zuverlässig über das Gewollte Aufschluss geben und Zweifel darüber offen bleiben, könnten sie nicht Eintragungsgrundlage sein.

Es sei vorliegend unklar, ob die unter Ziff. VIII der Urkunde vom 14.12.1973 erklärte Bewilligung auch auf die nunmehr reduzierte Grundstücksfläche des der Beteiligten zu 2 überlassenen Grundstücks bezogen werden könne. Diese Bewilligung bezog sich ursprünglich auf eine Grundstücksfläche von 1.925 m², die letztendlich auf 514 m² reduziert wurde. Die Einräumung des Vorkaufsrechts sei nur in der ersten Urkunde und nicht in den Folgeurkunden erwähnt worden. Die Verweisungen in späteren Urkunden ergebe gerade nicht mit der notwendigen Klarheit, ob die Bestellung und Eintragung des Vorkaufsrechts trotz der eingetragenen Veränderungen im Bezugsobjekt weiterhin erklärt sein sollten. Die bedeutende Veränderung der Größenverhältnisse am überlassenen Grundstück sowie der Verzicht auf die dingliche Sicherung der vom Beteiligten eingegangenen schuldrechtlichen Verpflichtungen spreche eher dafür, dass auch die ursprünglich beabsichtigte dingliche Absicherung des Vorkaufsrechts für die Eigentümer der Restfläche später nicht mehr vorgesehen war.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand:

a) Voraussetzung der beantragten Eintragung ist zunächst eine wirksame Bewilligung der betroffenen Grundstückseigentümerin; diese liegt vor: Die in der Form des § 29 GBO erklärte Eintragungsbewilligung in der Urkunde vom 14.12.1973, die am 20.4.1976 beim Grundbuchamt einging, ist spätestens am 19.2.1974 - dem Datum der Genehmigung durch die Beteiligte zu 2 - wirksam geworden. Die Übergeber als damalige Eigentümer des begünstigten Grundstücks waren selbst an der Beurkundung beteiligt. Sie hatten einen Anspruch auf Ausfertigung einer notariellen Urkunde gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1, 71 BeurkG. Dieser Anspruch steht der Aushändigung der Eintragungsbewilligung gleich, weil der Begünstigte nicht mehr von der Mitwirkung des Bewilligungsberechtigten abhängig ist. Ausweislich Ziff. X der Urkunde sollte auch jeder Vertragsteil sofort eine Ausfertigung der Urkunde erhalten.

b) Der Zeitraum von 32 Jahren zwischen der Beurkundung der Eintragungsbewilligung und dem Antrag auf deren Vollzug lässt die Verwendbarkeit der Urkunde für das Grundbuchverfahren unberührt (vgl. BGHZ 48, 351/356; in dieser Entscheidung wurde eine Frist von 60 Jahren als unschädlich betrachtet).

c) Da es sich um eine Eintragungsbewilligung handelt, kann das Rechtsbeschwerdegericht die abgegebenen Erklärungen eigenständig auslegen (vgl. hierzu Demharter Rn. 15 § 78 GBO m.w.N.). Diese ergibt im Gegensatz zur Auslegung, welche das Landgericht vorgenommen hat, dass die Bewilligung der Eintragung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 2 auch in der Gesamtschau aller vier Urkunden aufrecht erhalten bleiben sollte. Bei der Auslegung ist - wie bei der von Grundbucheintragungen - auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (vgl. Demharter GBO, Rn. 28 zu § 19 GBO). Der Wortlaut der Urkunden spricht zunächst eindeutig dafür, dass die Eintragungsbewilligung vom 13.12.1973 durch die Folgeurkunden nicht berührt wurde. In ihnen ist jeweils der Passus enthalten, dass im Übrigen die Vorschriften der Vorurkunden gelten.

d) Eine andere Betrachtung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Vertragsgegenstand in den Folgeurkunden gegenüber der Ersturkunde deutlich vermindert wurde. Während in der Ersturkunde die der Beteiligten zu 2 überlassene Fläche noch mit 1.950 m² angegeben war, erhielt sie letztendlich nur 514 m², also wenig mehr als 1/4 der ursprünglichen Grundstücksgröße. Dies wird jedoch schon dadurch relativiert, dass auf dem verbleibenden Grundstück das für die Wertbildung maßgebliche Wohnhaus stand. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass die Verminderung der Grundstücksgröße gegenüber der Ersturkunde durch die später vereinbarte Zahlung der Übergeber an die Beteiligten zu 2 wohl zumindest teilweise ausgeglichen wurde. Auch die vom Notar für die Bemessung des Geschäftswerts herangezogenen Beträge, die gerichtsbekannter Weise auf den Angaben der Beteiligten beruhen, lassen den Schluss zu, dass die Verminderung der ursprünglich vertragsgegenständlichen Fläche in anderer Weise - nämlich durch Zahlung eines Geldbetrages - ausgeglichen werden sollte.

e) Es war bei der Auslegung der Eintragungsbewilligung auch zu berücksichtigen, dass die Übergeber ihren beiden Kindern die Grundstücksteilflächen zuwendeten. Dabei ist - wie häufig - der Wunsch der Übergeber erkennbar, den Grundbesitz "in der Familie" zu halten und deswegen ein Vorkaufsrecht für den anderen Geschwisterteil oder dessen Rechtsnachfolger zu verlangen. Dieser Wunsch kann im konkreten Fall noch deswegen verstärkt worden sein, weil die Beteiligte zu 2 bereits damals ihren Wohnsitz nicht im Inland hatte und deswegen verstärkt damit gerechnet werden musste, dass sie den Grundbesitz eines Tages veräußern werde. Unter den genannten Umständen können die vorhandenen Erklärungen nicht anders ausgelegt werden als dahingehend, dass das Vorkaufsrecht von den späteren Veränderungen unbeeinflusst bleiben sollte.

f) Das Antragsrecht selbst kann nicht verwirkt werden (BayObLG DNotZ 1994, 182/184). Die vom Grundbuchamt bezeichneten Eintragungshindernisse bestehen nicht. Deswegen war das Grundbuchamt anzuweisen, die beantragte Eintragung vorzunehmen.

3. Ein Anlass zur Geschäftswertfestsetzung bestand nicht, weil das Verfahren gerichtsgebührenfrei ist. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Entscheidungen in den verschiedenen Instanzen war auch eine Anordnung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten gem. § 13a FGG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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