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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 18.04.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 34/06
Rechtsgebiete: WEG, ZPO
Vorschriften:
WEG § 43 | |
ZPO § 256 |
Gründe:
I.
Die Antragstellerin macht als Verwalterin in Verfahrensstandsschaft für die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Antragsgegner den Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr.1 ZVG geltend.
Der Antragsgegner ist Eigentümer mehrerer Wohnungen in einer Wohnanlage, für die sämtlich durch Beschluss des Amtsgerichts vom 10.7.2001 die Zwangsverwaltung angeordnet wurde. Für die Wohnung Nr.136 zahlte die Antragstellerin an den Zwangsverwalter für die Jahre 2002 bis 2005 insgesamt Kostenvorschüsse für Wohngeldzahlungen in Höhe von 3.307,94 EUR.
Dieser geforderte Hauptsachebetrag setzt sich zusammen wie folgt:
Wohngeldforderung für 2002: 710,43 EUR
Wohngeldforderung für 2003: 944,55 EUR
Wohngeldforderung für 2004: 1.298,76 EUR
Wohngeldforderung für 2005: 354,21 EUR
Im jeweiligen Wohngeld enthalten sind Zahlungen für Wasser/Kanal, Gemeinschaftsstrom, Appartment-Strom, Müllabfuhr, Versicherungen, Aufzugskosten, Hausmeisterkosten, Hausreinigung, Hallenbad, Betriebskosten allgemein, Sondereigentumskosten/Zwangsverwaltung, Hausverwaltung und Zuführung zur Instandhaltungsrücklage.
Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie einen Betrag in Höhe von 3.307,94 EUR nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung als Zwangsverwalterkosten gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 ZVG zu zahlen. Mit Beschluss vom 21.11.2005 hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, an die Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft B. den geforderten Betrag zu Händen der Antragstellerin zu zahlen. Den Gründen der Entscheidung ist zu entnehmen, dass der Antrag im Übrigen abgewiesen wurde, soweit die Antragstellerin die Feststellung begehrte, die geltend gemachte Forderung habe die Rangstelle nach § 10 Abs. 1 Nr.1 ZVG. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 26.1.2006 zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin weiter ihr Ziel der Rangfeststellung.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Wegen des Grundsatzes der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren sei erst im Vollstreckungsverfahren durch das jeweils zuständige Vollstreckungsorgan die Rangfolge der geltend gemachten Ansprüche zu prüfen. Im Erkenntnisverfahren seien hierzu keine Feststellungen zu treffen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) In den Entscheidungen der Vorinstanzen wird die Bezeichnung der Beteiligtenstellung von einzelnen Wohnungseigentümern, der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalterin in Rubrum, Tenor und Entscheidungsgründen willkürlich und widersprüchlich gehandhabt.
Unter Zugrundelegung der Beteiligtenbezeichnung in der Antragsschrift vom 23.6.2005, in der die Verwalterin als Antragstellerin benannt wird, geht der Senat davon aus, dass die Rückforderung der vorfinanzierten Wohngeldbeiträge durch die Verwalterin in gewillkürter Verfahrensstandsschaft im eigenen Namen geltend wird. Der Senat hat daher die Parteibezeichnung durch die Vorinstanz klarstellend berichtigt.
b) Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass eine Feststellung der Rangstelle der geltend gemachten Forderung durch das Wohnungseigentumsgericht nicht zu erfolgen hat. Der Antragstellerin fehlt hierfür nämlich das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
aa) Der ursprüngliche Antrag der Verwalterin ist von den Vorinstanzen zutreffend dahingehend ausgelegt worden, dass zum Einen im Wege der Leistungsantrags die Zahlungsverpflichtung, zum Anderen im Wege des Feststellungsantrags die Festlegung der Rangstelle der Forderung geltend gemacht wird.
bb) Zwar sind Feststellungsanträge im Wohnungseigentumsverfahren grundsätzlich entsprechend § 256 ZPO zulässig (BayObLG NJW-RR 1988, 1166/1167), für sie ist jedoch als besondere Verfahrensvoraussetzung das behauptete (Nicht-) Bestehen eines Rechtsverhältnisses sowie ein rechtliches Interesse an dessen alsbaldiger Feststellung erforderlich. An letzterem fehlt es im vorliegenden Fall.
cc) Die durch § 10 ZVG festgelegte Rangordnung ist Grundlage für alle Verfahren nach dem ZVG. Sie beruht auf der Erwägung, dass die Realgläubiger in einer Zwangsversteigerung zu Lasten des die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers bereichert würden, wenn das Grundstück durch die Verwendung der von diesem Gläubiger geleisteten Verwaltungsvorschüsse erhalten oder verbessert worden ist, der hierdurch erzielte Erlös aber nur den Realgläubigern nach der unter ihnen geltenden Rangordnung zu gute käme (RGZ 41, 321,323). Die gesetzlich festgelegte Rangordnung ist daher zwingend zu beachten bei der Berechnung des geringsten Gebotes in der Vollstreckungsversteigerung (§§ 44, 49, 52 ZVG), für die Verteilung des Erlöses (§§ 109, 112-114 ZVG) und auch für die Verteilung der laufenden Nutzungen in der Zwangsverwaltung (§§ 155, 156 ZVG).
Die Geltendmachung von Wohngeldvorschüssen als Zwangsverwaltungsvorschüssen nach § 10 Abs. 1 Nr.1 ZVG erfolgt somit in der Zwangsverwaltung durch Anmeldung (vgl. BGHZ 21, 30) zum Teilungsplan (§ 156 Abs. 2 Satz 1, Satz 4 i.V.m. § 114 ZVG). Für sachliche Einwendungen gegen den Plan (z.B. Höhe, Rang, Empfänger eines zugeteilten Betrages) ist der Widerspruch nach § 115 ZVG, § 876 ZPO bestimmt (Stöber ZVG 18. Aufl. § 146 Rn. 4). Ein Titel, der die Bevorrechtigung des angemeldeten Anspruchs ausweist, ist nicht erforderlich. Aufgrund dieses ausdrücklich geregelten Verfahrens fehlt es für eine Rangfeststellung durch das Wohnungseigentumsgericht am besonderen Feststellungsinteresse (Vgl. Stöber a.a.O. § 10 Rn. 2.9).
Insofern ist die Rangstelle nicht zu vergleichen mit den von der Antragstellerin aufgeführten Fällen der Verurteilung zur Leistung Zug-um-Zug oder zur Leistung aus deliktischer Forderung, da die hierzu vom erkennenden Gericht zu treffenden Feststellungen tatsächliche Voraussetzungen der Begründetheit der Forderung betreffen, nicht, wie die Rangstelle, eine zwingend vorgeschriebene gesetzliche Folge in der Zwangsvollstreckung. Zudem wäre der den Teilungsplan erstellende Rechtspfleger an die Feststellungen des Wohnungseigentumsgerichts nicht gebunden, da diese nur unter den Beteiligten, nicht aber gegenüber weiteren Gläubigern Bindungswirkung entfalten könnten. Darüber hinaus kann die Vorrangigkeit des Anspruchs bei Aufhebung der Zwangsverwaltung später entfallen.
Gleiches gilt grundsätzlich auch, wenn die Zwangsverwaltung in eine Zwangsversteigerung mündet. Hier sind die Ansprüche der Rangklasse 1 zur Rangwahrung spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden (§ 37 Nr. 4, § 45 Abs. 1, § 110, § 114 ZVG), sachliche Einwendungen wiederum im Wege des Widerspruchs geltend zu machen. Hinzu kommt hier noch, dass das Vorrecht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG in der Zwangsversteigerung nur besteht, wenn die Zwangsverwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks (§ 155 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG) erstattet werden können (Böttcher ZVG 4. Aufl. § 10 Rn. 9). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann aber erst bei der Verteilung des Versteigerungserlöses objektiv festgestellt werden. Einem diesbezüglichen Antrag im Wohnungseigentumsverfahren zur Rangstellung für die Zwangsversteigerung fehlt daher auch aus diesem Grunde das Rechtsschutzbedürfnis (Stöber a.a.O. § 10 Rn. 2.9).
dd) Da der Feststellungsantrag bereits unzulässig war, kann es hier dahingestellt bleiben, ob die Verwalterin zur Geltendmachung der Forderung im eigenen Namen berechtigt war und ob die Wohngeldvorschüsse überhaupt bevorrechtigte Forderungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr.1 ZVG sind, soweit mit ihnen laufende Bewirtschaftungskosten oder Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage bezahlt werden (zum neueren Stand der Rechtsprechung vgl. OLG Frankfurt a.Main NZM 2002, 627; OLG Braunschweig NZM 2002, 626; Jan-Hendrik Schmidt NZM 2002, 847 m.w.N.).
3. Zwar ist die Antragstellerin mit ihrem Feststellungsantrag in allen Instanzen unterlegen. Es erscheint aber trotzdem angemessen, ihr in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur die Gerichtskosten aufzuerlegen, es bezüglich der außergerichtlichen Kosten aber bei dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des § 47 WEG zu belassen, da die Rechtslage nicht von vornherein eindeutig war. Ähnliches gilt für die Kostenverteilung vor dem Amtsgericht. Diese wurde durch den Senat abgeändert, da das Amtsgericht bei seiner Ermessensentscheidung, wie sich aus der unterbliebenen Teilabweisung und der Geschäftswertfestsetzung ergibt, das Teilunterliegen nicht in Betracht gezogen hat (vgl. BayObLGZ 1975, 284/286; Niedenführ/Schulze WEG 7. Auflage § 47 Rn. 4).
Der Wert des Interesses der Antragstellerin an der begehrten Feststellung wurde in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf 1.500 EUR geschätzt (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG). Da der Feststellungsantrag in der ersten Instanz bei der Geschäftswertfestsetzung keine Berücksichtigung fand, wurde die amtsgerichtliche Entscheidung insoweit gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO von Amts wegen abgeändert.
Ende der Entscheidung
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