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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 05.07.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 50/07
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 15 Abs. 2
Es kann nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 15 Abs.2 BNotO sein, vom Notar die Rücknahme oder den Widerruf einer bereits den Vertragsparteien übermittelten notariellen Fälligkeitsbestätigung zu verlangen.
Gründe:

I.

Die im Rubrum bezeichneten Notare sind Amtsinhaber eines Notariats in München. Der Beteiligte war Gesellschafter einer GmbH (BTG II). Er schied mit notariellem Vertrag vom 13.10.1994 aus dieser GmbH aus und übertrug seinen Geschäftsanteil auf diese. Die GmbH verpflichtete sich, ihm im Hinblick auf höhere geleistete Einlagen eine Entschädigung von 1.317.000,-- DM zu gewähren. Diese sollte durch Verrechnung mit einem Grundstückskauf des Beteiligten von einer anderen GmbH mit denselben Gesellschaftern (BTG I) erfolgen. Der Grundstückskauf bezog sich auf mehrere Wohnungen, Hobbyräume und Tiefgaragenplätze auf mehreren Grundstücken im Wert von insgesamt 2.912.260,-- DM. Notar Dr. T. beurkundete daraufhin einen Vertrag zwischen der Vorgänger-GmbH - nachstehend nur mit BTG I bezeichnet - und dem Beteiligten. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings noch nicht die BTG I, sondern waren andere Personen Eigentümer der kaufvertragsgegenständlichen Grundstücke. Im notariellen Kaufvertrag war dieser Sachverhalt lediglich damit umschrieben, dass die BTG I Alleineigentümerin der Grundstücke werde. Die Auflassung der Grundstücke an die BTG I wurde am 21.11.1994 beurkundet, aber erst am 09.10.1996 ins Grundbuch eingetragen.

Am 27.10.1995 beurkundete Notar Dr. P. eine vom Beteiligten im Namen der BTG I als derzeitige Eigentümerin und im eigenen Namen als zukünftiger Eigentümer erklärte Bestellung einer Grundschuld in Höhe von 1.600.000,-- DM. Die dem Grundbuchamt am 06.11.1995 zum Vollzug vorgelegte Grundschuld wurde erst nach Eintragung der Auflassung an die BTG I am 09.10.1996 ins Grundbuch eingetragen.

Gemäß Ziffer II. der Anlage 1 zum notariellen Kaufvertrag vom 13.10.1994 war Fälligkeitsvoraussetzung für die Kaufpreisraten eine Notarbestätigung des Notars Dr. T., dass

- die bestellte Auflassungsvormerkung an vereinbarter Rangstelle im Kaufobjekt eingetragen ist,

- der Vertrag nach § 3 MaBV wirksam ist und die zum Vollzug erforderlichen Genehmigungen vorliegen,

- Negativzeugnis der Gemeinde wegen der gesetzlichen Vorkaufsrechte vorliegt und

- die vertragsgemäße Lastenfreistellung im Sinne der MaBV durch ein qualifiziertes Pfandfreigabeversprechen des Globalgläubigers gesichert ist.

Notar Dr. T. wurde beauftragt, den Vertragsteilen das Vorliegen dieser Voraussetzungen unverzüglich schriftlich zu bestätigen. Dies geschah mit Schreiben vom 20.11.1995.

Die Abnahme der Wohnungen und des Gemeinschaftseigentums erfolgte am 18.07.1996. Der Beschwerdeführer machte Baumängel und ein Zurückbehaltungsrecht inklusive einem Druckzuschlag am Kaufpreis geltend. Die Auflassung von der BTG I an ihn ist bis heute nicht erfolgt.

Der Beteiligte macht geltend, Notar Dr. T. hätte die Notarbestätigung nicht erteilen dürfen, weil deren vertragliche Voraussetzungen nicht gegeben gewesen seien. Er erhob am 24.12.2005 eine Notarbeschwerde gemäß § 15 Abs. 2 BNotO mit der er - soweit für das Verfahren der weiteren Beschwerde noch von Bedeutung - beantragte,

1. Notar Dr. T. anzuweisen, seine Notarbestätigung vom 20.11.1995 dahingehend zu widerrufen und zu erklären, dass die in der Urkunde vom 13.10.1994, Anlage I zu II genannten Voraussetzungen der Fälligkeit am 20.11.1995 nicht gegeben waren,

2. seine Kostenrechnung vom 13.10.1994 dahingehend abzuändern, dass diese um den Betrag von 449,-- DM zuzüglich 15 % Umsatzsteuer zu kürzen ist, und diesen Betrag zu erstatten,

3. Notar Dr. P. anzuweisen, die von ihm beurkundete Grundschuldbestellungsurkunde durch eine gesonderte notarielle Niederschrift richtig zu stellen,

4. die Kostenrechnung des Notars Dr. P. dahingehend abzuändern, dass die darin enthaltenen Gebühren von 2.924,45 DM niedergeschlagen werden, und diesen Betrag zu erstatten.

Das Landgericht hat am 17.10.2006 mündlich verhandelt. Der Eintrag des Verhandlungsprotokolls, es sei in öffentlicher Sitzung verhandelt worden, wurde mit Berichtigungsbeschluss vom 29.12.2006 berichtigt. Nach der mündlichen Verhandlung wechselte die Besetzung der Kammer, so dass an dem abschließenden Beschluss der Kammer vom 07.02.2007 drei andere Richter teilnahmen als diejenigen, die an der mündlichen Verhandlung beteiligt waren.

Mit der weiteren Beschwerde, die durch Anwaltsschriftsatz eingelegt und begründet wurde, verfolgt der Beteiligte die bezeichneten Beschwerdeziele weiter. Er macht die Verletzung von Verfahrensrecht geltend. Insbesondere beanstandet er, dass an dem Beschluss andere Richter mitgewirkt hätten, als an der mündlichen Verhandlung, dass diese nicht öffentlich gewesen sei und dass das Vorbringen des Beteiligten nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Ergänzend wird auf die Schriftsätze des Beteiligten vom 9.3.2007, 15.6. und 28.6.2007 sowie auf dessen Vorbringen in der Beschwerdeinstanz Bezug genommen. Der Senat hat auf die in diesem Beschluss vertretenen Rechtsansichten in einem Aufklärungsbeschluss hingewiesen und dem Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zwar grundsätzlich statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist allerdings unzulässig, soweit sie sich gegen die Kostenrechnungen der beiden Notare richtet. Insoweit kommt - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - nur der Rechtsbehelf gemäß § 156 KostO in Betracht. Diese Vorschrift stellt eine abschließende Sonderregelung für alle Ansprüche dar, die das Verhältnis des Notars zum Kostenschuldner betreffen (vgl. Korinthenberg/Lappe/Bengel/Tiedke, Kostenordnung, 16. Aufl., Rn. 1 bis 6 zu § 156 KostO; ebenso Hartmann, Kostengesetze, Rn. 3 und 5 zu § 156 KostO). Gemäß § 156 Abs. 2 Satz 1 KostO ist die weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts nur dann zulässig, wenn das Beschwerdegericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zulässt. An einer derartigen Zulassung fehlt es, weshalb die weitere Beschwerde in diesen Punkten ohne Sachprüfung zu verwerfen war.

2. Das Landgericht hat ausgeführt: Die vertraglich vereinbarte Fälligkeitsmitteilung des Notars sei nach dem Willen der Vertragsparteien nur als deklaratorisch anzusehen, mit der Folge, dass die Prozesssituation des den Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzung bestreitenden Beteiligten durch einen Widerruf der Notarbestätigung nicht verbessert werde. Zum Antrag 3. erstrebe der Beteiligte eine Berichtigung nach § 44 a Abs. 2 BeurkG. Hierfür fehlten jedoch deswegen die Voraussetzungen, weil entgegen der Annahme des Beteiligten dieser wirksam bevollmächtigt gewesen sei. Die beiden Begehren auf Änderung der Kostenrechnungen seien unbegründet, weil die Gebührentatbestände objektiv erfüllt worden seien.

3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nur im Ergebnis stand:

a) In Ziffer 1. war die Beschwerde bereits unzulässig. Es kann hier dahinstehen, ob die vom Notar Dr. T. nach dem Inhalt der Anlage zum Kaufvertrag abzugebende Notarbestätigung eine deklaratorische oder konstitutive war. Jedenfalls handelte es sich um eine Betreuungstätigkeit im Sinne des § 24 Abs. 1 BNotO. Diese Betreuungstätigkeit hatte der Notar im Vertrag übernommen. Mit Übersendung der Notarbestätigung - ob zutreffend oder nicht - war diese Betreuungstätigkeit hingegen beendet. Eine weitere notarielle Tätigkeit war im Zusammenhang mit einer solchen Fälligkeitsbestätigung nicht vorgesehen. Der Notar kann im Verfahren nach § 15 BNotO nicht dazu angewiesen werden, seine ursprüngliche, aber bereits abgeschlossene Betreuungstätigkeit wieder aufzunehmen und in ihr Gegenteil zu verkehren. Dies mag zwar im Hinblick auf die Vermeidung oder Minderung einer eventuellen Schadensersatzpflicht nach § 19 BNotO sinnvoll, ja sogar angezeigt sein, kann aber nicht auf diesem Wege erzwungen werden. Diese Lösung mag ein Vergleich veranschaulichen: Wer einen Titel auf Auskunft erstritten hat und vom Schuldner eine ihm nicht genehme Auskunft erhält, kann nicht weiter vollstrecken, bis er eine Auskunft bekommt, die ihm zusagt.

Es ist zwar richtig, dass der Notar eine Fälligkeitsbescheinigung nur ausstellen darf, wenn die vereinbarten Voraussetzungen erfüllt sind (BGH WM 1985, 1109). Richtig ist auch, dass bei Verletzung dieser Pflicht eine Haftung des Notars nach § 19 BNotO droht (BGH DNotZ 1985, 48, Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 04.07.2002 - 5 U 175/01). Die sich aus einer derartigen Haftung ergebende Schadensersatzforderung der Vertragspartei ist jedoch nicht im Verfahren nach § 15 BNotO, sondern im Schadensersatzverfahren nach § 19 BNotO geltend zu machen (Gummer, DNotZ 1991, 689 in Anmerkung zu OLG Hamm, DNotZ 1991, 687). Aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken (Rpfleger 2002, 261) ergibt sich nichts Gegenteiliges: Im dort entschiedenen Fall hatte der Notar es abgelehnt, eine für den Vollzug des Vertrages erforderliche Erklärung abzugeben. Im Gegensatz dazu war hier die Erklärung bereits abgegeben, der Beteiligte begehrt ihren Widerruf. Der Senat muss daher vorliegend nicht im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG von der veröffentlichten Meinung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen.

c) Die Beschwerde war auch unzulässig, soweit sie sich in III. darauf bezog, vom Notar Dr. P. die Erstellung einer Berichtigungsurkunde zu verlangen. Lehnt es nämlich der Urkundsnotar ab, eine Berichtigung der Urkunde in Gang zu setzen, so findet gegen diese Entschließung kein Rechtsmittel statt (OLG Frankfurt, DNotZ 1997, 79). Die Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt in der zitierten Entscheidung vom 14.03.1996, der sich der Senat auch für den Fall des § 44a Abs.3 BeurkG anschließt, stellt zutreffend darauf ab, dass wie in § 319 Abs. 3 ZPO der Beschluss, eine Berichtigung nicht vorzunehmen, dem Rechtsweg entzogen sei. Eine Urkundsperson kann nämlich nicht gegen ihren Willen dazu gezwungen werden, eine andere Beurkundung aufzunehmen als von ihr gewünscht.

d) Da hinsichtlich der beiden Anträge nach § 15 BNotO die Beschwerde schon unzulässig war und eine sachliche Nachprüfung der Entscheidung hinsichtlich der Notarkosten wegen § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO nicht stattfindet, kommt es auf die geltend gemachten Verfahrensfehler nicht an. Nur am Rande sei deshalb erwähnt, dass die behaupteten Verfahrensfehler in Wirklichkeit nicht gegeben sind:

aa. Ein Verfahrensfehler liegt nicht schon darin, dass die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts nicht von denselben Richtern getroffen wurde, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben. Die mündliche Verhandlung in FGG-Sachen hat nicht die gleiche Funktion wie im Zivilprozess. Während dort gemäß § 128 Abs. 1 ZPO immer mündlich zu verhandeln ist, wenn nicht das schriftliche Verfahren angeordnet wird und die mündliche Verhandlung die alleinige Grundlage der Entscheidung ist, muss im FGG-Verfahren schriftliches Vorbringen des Beteiligten in jedem Fall berücksichtigt werden, auch wenn es erst nach der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingeht (BayObLGZ 1988, 436/439). Deshalb hat das Bayerische Oberste Landesgericht mehrfach entschieden, dass sogar in den echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie den Verfahren nach dem WEG oder nach dem Landwirtschaftsgesetz ein Verfahrensfehler nicht darin gesehen werden kann, dass andere Richter als die an der mündlichen Verhandlung teilnehmenden den Beschluss unterschreiben. Der Senat hält diese Ansicht für zutreffend und schließt sich ihr an.

bb. Vom Beteiligten wird weiter gerügt, an dem angefochtenen Beschluss hätten auch Richter, die zum Zeitpunkt der Verhandlung Mitglieder der Kammer waren und es noch zum Zeitpunkt des Beschlusses waren, nicht mitgewirkt. Hierzu hat der Vorsitzende der Kammer festgestellt, dass eine Richterin durch Erkrankung verhindert war und eine weitere wegen Mutterschutz ausgeschieden ist. Vom Beteiligten wurde nicht vorgebracht, dass dies der kammerinternen Geschäftsverteilung widerspräche.

cc. Ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz nach § 169 GVG i. V. m. § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG liegt ebenfalls nicht vor. Zwar gilt § 169 GVG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht direkt, da § 8 FGG hierauf nicht verweist. Die Regelung des FGG wird jedoch überlagert von Art. 6 Abs. 1 MRK bei sogenannten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (BayObLG MDR 1988, 411; BGHZ 124, 204). Solche Streitverfahren sind z.B. das Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz und das Verfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz (BGH a. a. O.). Das Verfahren nach § 15 BNotO ist kein solches, weil es die hoheitsähnliche Tätigkeit der Notare zum Gegenstand hat (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14.12.1989, NJW 1990, 1794/1795). Art. 6 Abs. 1 MRK greift bei derartigen Verfahren nicht.

dd. In die Sachdarstellung einer Beschwerdeentscheidung des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind auch diejenigen Umstände aufzunehmen, die objektiv oder nach Ansicht des Beschwerdegerichts Einfluss auf die Entscheidung haben (BayObLG in FamRZ 1984, 534/536; 1994, 324/325). Das Beschwerdegericht ist nicht gehalten, eine Stoffsammlung des Vorbringens der Beteiligten zu erstellen.

4. Die Kostenfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Für die Festsetzung des Geschäftswerts hinsichtlich der Anträge 1 und 3 - das Verfahren hinsichtlich der Notarkostenbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei - hat der Senat das Interesse des Beteiligten an der Vornahme der begehrten Amtshandlung (vgl. Senat OLGR München 2006, 46) herangezogen. Er schätzt dieses auf jeweils ein Viertel des Kaufpreises bzw. des Grundschuldnennbetrages, also - nach Umrechnung der DM-Beträge in Euro - auf 372.253 EUR und 204.255 EUR.

Ende der Entscheidung

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