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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 08.09.2005
Aktenzeichen: 32 Wx 58/05
Rechtsgebiete: GBO


Vorschriften:

GBO § 22
GBO § 52
Bei Prüfung des Nachweises der Unrichtigkeit eines Testamentsvollstreckervermerks ist das Grundbuchamt durch die Erteilung eines die Testamentsvollstreckung ausweisenden Erbscheins und eines Testamentsvollstreckerzeugnisses seitens des Nachlassgerichts nicht gehindert, die Beendigung der Testamentsvollstreckung festzustellen.
Tatbestand:

Das verfahrensgegenständliche Wohnungseigentum gehörte ursprünglich dem Großvater des Beteiligten zu 1 (Schwiegervater der Beteiligten zu 2). Zu Urkunde des Notars Dr. J in W vom 12.7.1971 schloss er mit seiner Ehefrau einen notariellen Erbvertrag. Die Eheleute setzten hierin ihren Sohn - Vater des Beteiligten zu 1 und Ehemann der Beteiligten zu 2 - als befreiten Vorerben hinsichtlich ihres gesamten Nachlasses ein. Nacherben sollten die ehelichen Kinder des Sohnes zu gleichen Teilen sein.

Der Nacherbfall sollte mit den Tode des Vorerben eintreten, jedoch schon vor diesem Zeitpunkt, wenn Gläubiger des Sohnes in den Nachlass wegen Forderungen gegen den Sohn Vollstreckungsmaßnahmen einleiten sollten. Die Einsetzung der Nacherben wurde von der Bedingung abhängig gemacht, dass der Sohn als Vorerbe keine anderweitige Verfügung trifft.

Weiter wurde mit folgenden Worten Testamentsvollstreckung angeordnet:

Sollte bei dem Eintritt der Nacherbfolge unser Sohn oder seine Ehefrau noch leben, ordnen wir Testamentsvollstreckung mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfolge an. Testamentsvollstrecker ist unser Sohn oder, falls dieser das Amt nicht ausüben kann, seine Ehefrau. Der Testamentsvollstrecker ist von allen Beschränkungen, soweit dies gesetzlich zulässig ist, befreit. Er hat insbesondere auch das Recht der Verwaltung des Nachlasses.

Die Testamentsvollstreckung endet mit dem Tode des Testamentsvollstreckers. Er ist aber berechtigt, auch schon vorher sein Amt aufzugeben.

Nach dem Tod des Großvaters des Beteiligten zu 1 am 9.1.1978 wurde zunächst dessen Sohn gemäß Erbschein des Amtsgerichts Wiesbaden vom 11.12.1979 Vorerbe. Aufgrund des Eintrags einer Zwangssicherungshypothek zu Gunsten des Landes H auf dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz am 20.11.1980 trat der Nacherbfall spätestens zu diesem Zeitpunkt ein; bereits vorher hatte es Vollstreckungsmaßnahmen in andere Grundstücke des Nachlasses gegeben. Das Amtsgericht Wiesbaden erteilte dann am 12.12.2002 einen gemeinschaftlichen Erbschein, in dem der Beteiligte zu 1 und seine drei Geschwister als Erben zu je 1/4 ausgewiesen wurden. Es folgte die Angabe, dass Testamentsvollstreckung angeordnet sei. Die Testamentsvollstreckung hatte ausweislich eines Testamentsvollstreckerzeugnisses des Amtsgerichts Wiesbaden - Nachlassgericht - der Sohn des Erblassers inne.

Er hatte bereits zu Urkunde des Notars Dr. N vom 24.6.2002 den Eintritte des Nacherbfalls anerkannt und erklärt, dass Nacherbe nur der Beteiligte zu 1 sein solle. In einer weiteren notariellen Urkunde vor demselben Notar vom 14.9.2002 setzten sich die Geschwister des Beteiligten zu 1 mit diesem hinsichtlich des Nachlasses dahingehend auseinander, dass sie ihm zum Zwecke der Nachlassteilung ihre Erbanteile verkauften. Sie bewilligten und beantragten, die Erbteilsabtretung im Wege der Grundbuchberichtigung in das Grundbuch einzutragen. Bei der Beurkundung dieses Vertrages nahm der Vater des Beteiligten zu 1 teil. Er erklärte am Ende der Beurkundung:

Als Testamentsvollstrecker stimme ich zu.

Der Beteiligte zu 1 wurde am 4.2.2003 als Alleineigentümer des verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentums eingetragen. Er beantragte mit Schreiben vom 24.8.2004 die Löschung des immer noch eingetragenen Testamentsvollstreckervermerks. Mit Zwischenverfügung vom 20.9.2004 verlangte das Grundbuchamt die Vorlage einer Zustimmung des Testamentsvollstreckers. Es wurde eine Frist bis 20.10.2004 gesetzt. Mit Schreiben vom 9.11.2004 legte der Beteiligte zu 1 gegen die Zwischenverfügung Beschwerde ein. Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Mit Beschluss vom 19.4.2005 wies das Landgericht die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurück. Hiergegen legte der Beteiligte zu 1 mit Schriftsatz seiner anwaltschaftlichen Vertreter weitere Beschwerde ein.

Der Vater des Beteiligten zu 1 war am 20.10.2003 verstorben. Mit Testamentsvollstreckerzeugnis vom 28.5.2004 bestätigte das Amtsgericht W - Nachlassgericht, dass die Beteiligte zu 2 zur neuen Testamentsvollstreckerin ernannt wurde. Der Senat hat sie am Verfahren beteiligt. Sie ist der Auffassung, dass der Testamentsvollstreckervermerk nicht zu löschen sei. Das statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 erwies sich als begründet.

Gründe:

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Beschwerde sei zulässig, jedoch unbegründet. Der Testamentsvollstrecker habe auf die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks nicht verzichten können; deswegen komme nur eine Löschung des Vermerks wegen Unrichtigkeitsnachweises in Betracht. Der Vermerk sei jedoch nicht unrichtig, weil das verfahrensgegenständliche Wohnungseigentum weder gemäß § 2217 BGB vom Testamentsvollstrecker den Erben zur freien Verfügung überlassen worden ist noch durch den Testamentsvollstrecker veräußert worden sei.

2. Diese Ansicht hält rechtlicher Überprüfung nicht stand: Bei seiner Entscheidung würdigt das Landgericht nämlich nicht, dass im Sinne des § 22 GBO die Unrichtigkeit des Testamentsvollstreckervermerks feststeht, weil die Testamentsvollstreckung bereits erloschen ist.

a) Gemäß § 2225 BGB erlischt zunächst das Amt des Testamentsvollstreckers, wenn dieser stirbt. Damit ist noch nicht automatisch auch eine Beendigung der Testamentsvollstreckung als solche verbunden. Sie endet nämlich dann nicht, wenn entweder ein weiterer Testamentsvollstrecker vorhanden ist (§ 2224 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder der Erblasser durch Ersatzbestimmungen vorgesorgt hat. Solche Ersatzbestimmungen sind in §§ 2197 Abs. 2, 2199 Abs. 2 oder 2200 BGB geregelt (vgl. MüKo BGB/Zimmermann, 4.Auflage 2004, RN. 6 zu § 2225 BGB), aber durch den Erbvertrag vom 12.7.1971 nicht getroffen worden. Sie sind auch nicht anzunehmen, da der Erbvertrag ausdrücklich das Ende der Testamentsvollstreckung mit dem Tod des in ihm ernannten Testamentsvollstreckers anordnet (vgl. Palandt/Edenhofer, § 2200, RN. 3).

b) Das Grundbuchamt muss im Rahmen des Unrichtigkeitsnachweises nach § 22 GBO die Beendigung der Testamentsvollstreckung auch dann berücksichtigen, wenn im erteilten Erbschein noch die Testamentsvollstreckung ausgewiesen ist und sogar dann, wenn - wie vorliegend - ein Testamentsvollstreckerzeugnis für die Beteiligte zu 2 erteilt ist. Die Ernennung der neuen Testamentsvollstreckerin durch das Nachlassgericht am 28.5.2004 war nämlich gegenstandslos, da es einerseits an einem entsprechenden Ersuchen des Erblassers fehlte und andererseits die Aufgaben des Testamentsvollstreckers mit der Erwerb aller Erbteile durch den Beteiligten zu 1 restlos ausgeführt waren (BGHZ 41, 23/29). Die Ernennung der neuen Testamentsvollstreckerin war also dieser gegenüber wirksam, aber ohne Inhalt. Eine weitergehende Bindung des Grundbuchamts an die Ernennung der Testamentsvollstreckerin durch das Nachlassgericht besteht nicht (BayObLG FamRZ 1999, 124/125).

c) Es ergibt sich nämlich aus den vorliegenden öffentlichen Urkunden im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO, dass die Testamentsvollstreckung nicht mehr besteht. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht durch öffentliche Urkunden erbracht werden könnte (BayObLG MittBayNot 1970, 161/162). Das wäre z.B. der Fall, wenn sich aus einem privatschriftlichen Testament Anhaltspunkte für fortbestehende Aufgaben des Testamentsvollstreckers ergäben (BGHZ a.a.O.).

3. Selbst wenn jedoch die Testamentsvollstreckung noch nicht erloschen wäre, wäre das verfahrensgegenständliche Wohnungseigentum aus der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers deswegen ausgeschieden, weil der Testamentsvollstrecker in der Urkunde vom 14.9.2002 den gesamten Grundbesitz dem nunmehr einzigen Erben zur freien Verfügung überlassen hat.

a) Es kann dahinstehen, ob der Testamentsvollstrecker gemäß § 2217 BGB verpflichtet war, dies zu tun. Maßgeblich ist jedoch, dass die Überlassung nach dieser Vorschrift grundsätzlich keiner besonderen Form - vor allem nicht der Form der Auflassung - bedarf. Sie kann sich auch konkludent aus den Umständen ergeben (BGHZ 12, 100), ist jedoch dem Grundbuchamt gegenüber in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Dies ist auch erfolgt. Die Erklärung des Vaters des Beteiligten zu 1 in der Urkunde vom 14.9.2002 ist auszulegen. Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage, welchen Inhalts diese Erklärung eigentlich hätte sein sollen, wenn nicht darin die Überlassung der Nachlassgegenstände an den Beteiligten zu 1 hätte liegen sollen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum der Vater des Beteiligten zu 1 sonst diese Erklärung hätte abgeben sollen. Die einzige sachgerechte Auslegung dieser Erklärung kann daher nur darin gesehen werden, dass der Vater des Beteiligten zu 1 dem nunmehr einzigen Nacherben die Nachlassbestandteile zur freien Verfügung überlassen wollte.

b) Zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung war der Vater des Beteiligten zu 1 allerdings noch nicht Testamentsvollstrecker, weil er zwar nach § 2197 Abs. 1 BGB in der letztwilligen Verfügung ernannt worden war, aber seine in der Urkunde enthaltene Annahmeerklärung noch nicht dem Nachlassgericht zugegangen war, § 2202 BGB. Sie ist dem Nachlassgericht jedoch später zugegangen, was sich bereits aus der Tatsache der Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses am 12.12.2002 ergibt. Unter diesen Umständen kann § 185 Abs. 2 BGB entsprechende Anwendung mit der Auswirkung, dass die Erklärung zum Zeitpunkt des Zugangs der Annahmeerklärung beim Nachlassgericht wirksam wurde, finden (vgl. BGHZ 46, 221/229).

4. Da das Grundbuchamt lediglich eine Zwischenverfügung erlassen hat, war nicht abschließend über den Eintragungsantrag zu befinden. Das Grundbuchamt hat unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nunmehr erneut darüber zu entscheiden (BayObLG NJW-RR 1991, 465).

Ende der Entscheidung

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