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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 26.07.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 73/07
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG a.F. § 26
WEG a.F. § 27 Abs. 2 Nr. 1
WEG a.F. § 28
1. Ist der Verwalter zur Geltendmachung von Wohngeldforderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im eigenen Namen ermächtigt, so kann er Leistung an sich verlangen.

2. Enthält eine beschlossene Abrechnung Ausgaben, die für eine Maßnahme getätigt wurden, deren Beschließung rechtskräftig für ungültig erklärt wurde, so kann der Wohnungseigentümer im Zahlungsverfahren die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses nicht einredeweise geltend machen und auch nicht aufrechnen.

3. Hat der Verwalter für Fotokopien einen Aufwendungsersatzanspruch, so ist ein Betrag von 0,20 EUR pro Fotokopie nicht unangemessen. Bedenklich erscheint ein Betrag von 0,72 EUR pro Seite.


Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 13. April 2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.692,66 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin ist Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage. Die Antragsgegnerin gehört der Wohnungseigentümergemeinschaft als Wohnungseigentümerin an. Die Antragstellerin begehrt in Prozessstandschaft die Zahlung von Wohngeldbeiträgen an sich. Die Antragsgegnerin hat den Widerantrag gestellt, die Antragstellerin zu verpflichten, der Antragsgegnerin gegen Kostenerstattung alle Abrechnungsbelege der Jahresabrechnungen 2003 bis 2004 mit dem jeweiligen korrespondierenden Bankkontoauszug zum laufenden Gemeinschaftskonto bzw. zum Konto der Instandhaltungsrücklage in Kopie auszuhändigen.

Im Verwalterbetrag ist bestimmt, dass die Verwalterin pro Kopie 0,72 EUR inklusive Mehrwertsteuer verlangen kann.

Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet. Auf den Widerantrag hin hat es die Antragstellerin verpflichtet, der Antragsgegnerin gegen Kostenerstattung in Höhe von 0,20 EUR pro Fotokopie die begehrten Kopien auszuhändigen. Im Übrigen hat es den Gegenantrag abgewiesen.

Die von der Antragsgegnerin eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 13.4.2006 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, soweit sie zur Zahlung verpflichtet wurde und soweit pro Fotokopie ein Betrag von 0,20 EUR festgesetzt wurde.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragstellerin sei aktivlegitimiert. Nach Teil C Ziffer c) der Gemeinschaftsordnung sei der Verwalter beauftragt und bevollmächtigt, die Wohngelder einzuziehen und diese namens der übrigen Eigentümer oder im eigenen Namen für Rechnung der übrigen Eigentümer gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Der vom Amtsgericht ausgesprochene Kostenerstattungsbetrag von 0,20 EUR sei nicht überhöht. Im Übrigen wird auf die Begründung des Beschlusses des Landgerichts Bezug genommen.

2. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30.6.2007 geltenden Fassung zugrunde zu legen (§ 62 WEG n.F.).

a) Die Antragstellerin ist zur Geltendmachung der Forderung im eigenen Namen und zur Forderung der Leistung an sich berechtigt.

Dies ergibt sich aus der Gemeinschaftsordnung, wonach der Verwalter ausdrücklich zur Geltendmachung derartiger Forderungen in Prozessstandschaft berechtigt ist. Die Gemeinschaftsordnung ist wie jede Grundbucheintragung objektiv nach dem Wortlaut und dem Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt, auszulegen (vgl. z.B. BayObLG ZMR 2001, 832). Danach kann der Verwalter zwar Leistung formell an sich verlangen, ist jedoch verpflichtet, die Gelder der Wohnungseigentümergemeinschaft zuzuführen. Die Formulierung "für Rechnung der übrigen Eigentümer" ist somit wirtschaftlich zu verstehen und bedeutet, dass das Geld letztlich der Wohnungseigentümergemeinschaft zugute kommen muss.

Im Übrigen hängt die Frage, ob der Prozessstandschafter Leistung an den Rechtsträger oder an sich verlangen kann, davon ab, ob der Schuldner an den Prozessstandschafter mit befreiender Wirkung leisten kann oder nicht (Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 28. Aufl. § 51 Rn. 39). Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 ist der Verwalter u.a. berechtigt Lasten- und Kostenbeiträge in Empfang zu nehmen. Diese Empfangszuständigkeit hat zur Folge, dass eine Leistung an den Verwalter in jedem Falle schuldbefreiend wirkt, auch wenn sie nicht auf einem für die Gemeinschaft eingerichteten Konto, sondern auf dem allgemeinen Geschäftskonto des Verwalters eingeht (OLG Köln WuM 1998, 249; Rieke/Schmid, KK-WEG/Adramenko § 27 Rn. 23). Da § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG gemäß § 27 Abs. 3 WEG unabdingbar ist, wäre die Empfangszuständigkeit der Antragstellerin selbst dann gegeben, wenn die Gemeinschaftsordnung anders als geschehen auszulegen wäre.

b) Die Antragstellerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Beschluss über die Aufzugsanierung rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist und dass sie deshalb ihre Nichtbeteiligung an diesen Kosten einredeweise gegen den Zahlungsanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen kann. Der Beschluss über die Jahresabrechnung ist nicht rechtskräftig für ungültig erklärt. Die beschlossenen Beträge sind deshalb bindend. Mit Forderungen betreffend die Aufzugsrenovierung kann weder aufgerechnet werden, noch können diese einwendungsweise geltend gemacht werden, da insoweit auch keine rechtskräftige Entscheidung über diese Forderung vorliegt. Es bedarf deshalb an dieser Stelle auch keiner Entscheidung, welche Rechte die Antragsgegnerin in Bezug auf die Zahlung aus der Ungültigerklärung des Beschlusses über die Aufzugsrenovierung herleiten kann. Dass die Antragsgegnerin jedenfalls zunächst zur Zahlung verpflichtet ist, obwohl sie den Beschluss über die zugrundeliegende Maßnahme erfolgreich angefochten hat, mag für die Antragsgegnerin mißlich und schwer verständlich sein, ist aber im System der Zahlungspflichten nach dem Wohnungseigentumsgesetz begründet.

c) Auch hinsichtlich der Entscheidung über die Fotokopiekosten ist die Entscheidung des Landgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Da nur die Antragsgegnerin hinsichtlich der Kosten Rechtsmittel eingelegt hat, steht rechtskräftig fest, dass die Antragstellerin verpflichtet ist, die gewünschten Fotokopien zu erteilen. Desgleichen steht rechtskräftig fest, dass zur Kostentragung nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft oder die Gesamtheit der Wohnungseigentümer verpflichtet sind, sondern die Antragsgegnerin. Diese wendet sich nicht gegen ihre Kostentragungspflicht als solche, sondern nur gegen die Höhe der Kosten.

Eine Bezahlung von 0,20 EUR inklusive Mehrwertsteuer pro Fotokopie ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Zwar ist es bedenklich, dass der Verwaltervertrag einen Betrag von 0,72 EUR vorsieht. Das bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, da die Vorinstanzen diesen Betrag nicht zugesprochen haben. Geht man davon aus, dass die Vereinbarung im Verwaltervertrag unwirksam ist, so ist der Betrag nach billigem Ermessen zu bestimmen, da dem Grunde nach rechtskräftig feststeht, dass ein Auslagenersatz zu leisten ist. Dabei ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin nicht nur darauf abzustellen, welche Kosten für Material anfallen. Das Heraussuchen und Kopieren der Belege erfordert auch einen Arbeitsaufwand, der bei der Schätzung des angemessenen Entgelts zu berücksichtigen ist. Im vergleichbaren Fall der Kopie von Abrechnungsbelegen im Mietrecht gewährt die Rechtsprechung Beträge zwischen 0,05 EUR und 0,50 EUR, wobei ganz überwiegend ein Betrag von 0,25 EUR für angemessen erachtet wird (vgl. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 10. Aufl. Rn. 3318 m.w.N.). Der Senat hat bereits einen Betrag von 0,30 EUR für nicht überhöht angesehen. Im Anschluss an diese herrschende Rechtsprechung erachtet der Senat einen Betrag von 0,20 EUR pro Kopie nicht für überhöht.

d) Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass es nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, ob eine Abänderung der Gemeinschaftsordnung entsprechend der in der Teilungserklärung enthaltenen Öffnungsklausel durch die Genehmigung der Abrechung in 2003 und 2004 stattgefunden hat. Selbst wenn die Abrechnungen, aufgrund derer die Antragstellerin die verfahrensgegenständlichen Beträge geltend macht, einen falschen Abrechnungsmaßstab zugrunde legen würden, hätte dies auf die Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin keinen Einfluss, da die Beschlüsse nicht für ungültig erklärt sind und die Anwendung eines falschen Abrechnungsmaßstabs nicht zur Nichtigkeit des Genehmigungsbeschlusses führt.

3. Es entspricht der Billigkeit, die Antragsgegnerin in vollem Umfang mit den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu belasten (§ 47 WEG). Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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