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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 24.07.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 77/06
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 278 | |
WEG § 27 Abs. 1 Nr. 4 |
Tenor:
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. April 2006 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 31.539,85 EUR festgesetzt.
IV. Der Antrag der Wohnungseigentümerin Wolf auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Der Antragsgegner war Verwalter der Antragstellerin. In den Jahren 2001 und 2002 wurden vom Konto der Antragstellerin zu Unrecht Überweisungen und zu Lasten dieses Konto Barabhebungen getätigt. Im Rechtsbeschwerdeverfahren sind nur noch die Belastungen des Jahres 2002 verfahrensgegenständlich.
Insoweit hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 8.7.2005 dem Antrag auf Zahlung von 31.539,85 EUR stattgegeben. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde am 11.4.2006 zurückgewiesen. Nach der Entscheidung des Landgerichts wurde unter dem Druck des Zwangsvollstreckungsverfahrens ein Betrag von 10.000 EUR bezahlt. Die Antragstellerin hat insoweit die Hauptsache für erledigt erklärt. Der Antragsgegner hat nicht zugestimmt. Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsgegner weiterhin sein Ziel auf Abweisung des Antrags.
Die Antragstellerin W. hat für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde Prozesskostenhilfe beantragt.
II. 1. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren war zurückzuweisen. Das Landgericht hat nunmehr im angegriffenen Beschluss materiell-rechtlich zutreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband als Antragstellerin bezeichnet. Hiergegen wurden keine Einwendungen erhoben, so dass von einer stillschweigenden Zustimmung zur Rubrumsberichtigung auszugehen ist. Die im Beschluss des Senats vom 1.12.2005 angesprochene Frage, ob eine Rubrumsberichtigung auch dann erfolgen kann, wenn ein Beteiligter widerspricht, bedarf deshalb keiner Entscheidung mehr. Dass das Landgericht die Verwalterin nicht nur als Vertreterin, sondern auch als weitere Beteiligte angeführt hat, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.
2. Das Landgericht hat ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob die unberechtigten Verfügungen über das Konto der Antragstellerin vom Antragsgegner selbst oder seiner Mitarbeiterin durchgeführt worden seien. Im letzteren Fall habe der Antragsgegner wegen Verletzung des Verwaltervertrags in Verbindung mit § 278 BGB für das Verschulden der Mitarbeiterin vollumfänglich einzustehen. Die Mitarbeiterin habe nicht nur bei Gelegenheit der Erfüllung einer Verbindlichkeit des Schuldners gehandelt, sondern ihr schuldhaftes Fehlverhalten sei in Ausübung der ihr insoweit übertragenen Hilfstätigkeit erfolgt. Aufgabe der Mitarbeiterin sei es gewesen, mit den Bankkarten Kontoauszüge abzuholen, und sie habe auch beruflich Zugang zu den Ordnern mit den Geheimzahlen gehabt. Ein innerer sachlicher Zusammenhang zwischen den Kontoverfügungen und der Erfüllung der Verbindlichkeit des Antragsgegners sei deshalb gegeben. Ein Mitverschulden müsse sich die Antragstellerin nicht zurechnen lassen. Ein etwaiges Verschulden des Verwaltungsbeirats im Hinblick auf eine nicht hinreichend sorgfältige Prüfung der Abrechnungsunterlagen sei der Antragstellerin nicht gemäß § 278 BGB zuzurechnen, da der Verwaltungsbeirat nicht Erfüllungsgehilfe der Antragstellerin sei.
3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Dass der Antragsgegner schadensersatzpflichtig ist, wenn er - wie das Amtsgericht angenommen hat - die unberechtigten Verfügungen selbst vorgenommen hat, bedarf keiner weiteren Erörterung.
b) Aber auch, wenn man den Sachvortrag des Antragsgegners zugrunde legt, dass die Verfügungen von seiner Mitarbeiterin vorgenommen worden seien, besteht die Schadensersatzpflicht des Antragsgegners, da er für das Verhalten seiner Mitarbeiterin gemäß § 278 BGB einzustehen hat. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Person nur dann Erfüllungsgehilfe im Sinn des § 278 BGB ist, wenn die schadensverursachende Handlung in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Schuldner dem Erfüllungsgehilfen im Hinblick auf die Vertragserfüllung zugewiesen hat. Die Abgrenzung, wann dies der Fall ist, ist im Einzelfall schwierig und unsicher. Entschiedene Einzelfälle können deshalb nicht auf anders gelagerte Sachverhalte übertragen werden, so dass es dahinstehen kann, wie die vom Landgericht und von den Beteiligten angeführten Entscheidungen interpretiert werden können. Der Senat folgt der Auffassung, dass § 278 BGB anzuwenden ist, wenn dem Gehilfen die Schädigung durch die übertragene Tätigkeit erheblich erleichtert worden ist (Palandt/Heinrichs BGB 65. Aufl. § 278 Rn. 22 m.w.N.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Mitarbeiterin des Antragsgegners als Erfüllungsgehilfin anzusehen. Bereits die Tatsache, dass die Mitarbeiterin im Besitz der EC-Karte war und es zu ihren Aufgaben gehörte, Kontoauszüge abzuholen, begründet eine unmittelbare Verbindung zur Verwalterpflicht der Kontoführung und Überwachung. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiterin Zugang zu dem Ordner hatte, in dem die Geheimzahl aufbewahrt war. Damit hat der Antragsgegner die Schädigung der Antragstellerin in einer Weise erleichtert, die man durchaus auch bereits als eigene Fahrlässigkeit ansehen könnte. Zu den Aufgaben eines Verwalters gehört es auch, die Konten der Wohnungseigentümergemeinschaft regelmäßig, spätestens bei Rechnungsabschlüssen, zu kontrollieren. Hätte dies der Antragsgegner selbst getan, hätten ihm die unberechtigten Buchungen auffallen müssen. Hat er dies seiner Mitarbeiterin überlassen, so ist dies ein weiterer Punkt, der den inneren Zusammenhang mit den Verwalteraufgaben herstellt.
c) Außerdem ist der Anspruch aus § 831 BGB, § 823 Abs. 2 BGB, § 263a StGB begründet. Der Antragsgegner hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine Exkulpation nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben würde.
d) Die Antragstellerin muss sich kein Mitverschulden nach § 254 BGB zurechnen lassen. Dass der Verwaltungsbeirat im Jahr 2001 die Unregelmäßigkeiten nicht bemerkt hat, ist der Antragstellerin nicht zuzurechnen. Es ist Aufgabe des Verwalters, die Konten ordnungsgemäß zu führen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht verpflichtet, eine Kontrolle der Konten durchzuführen. Zwar gehört die Prüfung der Abrechnung zu den Aufgaben des Verwaltungsbeirats nach § 29 Abs. 3 WEG. Dabei handelt es sich aber nur um eine Sollvorschrift. Zudem ist die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht verpflichtet, einen Verwaltungsbeirat zu bestellen. Wenn aber schon keine Verpflichtung zur Überprüfung der Abrechnung besteht, kann der Verwalter keine Rechte daraus ableiten, dass bei dieser Überprüfung ein Fehler nicht aufgedeckt wird. Darüber hinaus würde ein eventuelles Mitverschulden gegenüber dem schweren Schuldvorwurf, den eine vorsätzlich begangene Straftat darstellt, völlig in den Hintergrund treten.
4. Es entspricht der Billigkeit, den Antragsgegner in vollem Umfang mit den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu belasten (§ 47 WEG).
Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Eine Ermäßigung des Geschäftswerts gegenüber der landgerichtlichen Entscheidung ist nicht eingetreten. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin wurde der Betrag von 10.000 EUR unter dem Druck der Zwangsvollstreckung geleistet, so dass eine Erledigung der Hauptsache tatsächlich nicht eingetreten ist. Es liegt auch keine übereinstimmende Erledigterklärung vor, da der Antragsgegner nicht zugestimmt hat.
Ende der Entscheidung
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