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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 29.05.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 77/07
Rechtsgebiete: GBO
Vorschriften:
GBO § 47 |
Gründe:
I.
Zu Urkunde ihres Verfahrensbevollmächtigten übergab die Beteiligte zu 1) den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz an ihre Tochter. In Ziffer II. 6. der notariellen Urkunde wurde ein Rückforderungsrecht dahingehend vereinbart, dass die Übernehmerin verpflichtet ist, das an sie übergebene Grundstück auf Verlangen an die Beteiligten zu 1) und 2) zum Miteigentum zu je 1/2 unentgeltlich herauszugeben, falls bestimmte, im Vertrag aufgeführte Bedingungen eintreten. Das Übertragungsverlangen kann der Vereinbarung zufolge nur zur Urkunde des amtierenden Notars oder seines Rechtsnachfolgers erklärt werden und ist der Übernehmerin in Ausfertigung zu übermitteln. Zur Sicherung dieses bedingten Anspruchs auf Rückübereignung bzw. Übereignung bewilligten und beantragten die Vertragsteile eine Vormerkung gemäß § 883 BGB für die Beteiligten zu 1) und 2) als Mitberechtigte gemäß § 432 BGB am Hausanwesen einzutragen.
Der Urkundsnotar stellte den Eintragungsantrag beim Grundbuchamt. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - erließ am 27.12.2006 eine Zwischenverfügung. Es verlangte die Bezeichnung der konkreten Art der gemeinschaftlichen Berechtigung der Beteiligten zu 1) und 2). Ein bloßer Verweis auf § 432 BGB genüge nicht.
Die gegen diese Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde wies das Landgericht zurück. Gegen die Zurückweisung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten, eingelegt durch Schriftsatz ihres verfahrensbevollmächtigten Notars.
II.
Die eingelegte weitere Beschwerde ist gemäß § 78 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache Erfolg:
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordere, dass Art und Inhalt des Gemeinschaftsverhältnisses im Grundbuch angegeben werden. § 47 GBO gelte für alle Rechte, bei denen ein Gemeinschaftsverhältnis möglich sei und zwar nicht nur für dingliche Rechte, sondern auch für Rechte im weitesten Sinn wie die Vormerkung. Diese Vormerkung schütze zwar nur den schuldrechtlichen Anspruch auf die dingliche Rechtsänderung und sei deshalb kein dingliches Recht, sondern ein Sicherungsmittel eigener Art. Hieraus könne aber nicht gefolgert werden, dass die sichernde Wirkung nur das Forderungsrecht betreffe und für die Ausübung dieses Rechts ein Verweis auf § 432 BGB genüge. Welches Gemeinschaftsverhältnis vorliege, könne auch durch Auslegung ermittelt werden. Ginge die beantragte Eintragung dahin, dass der Anspruch den Beteiligten zu gleichen Anteilen zustehen solle, so könne hierin eine Bruchteilsgemeinschaft mit ideellen Anteilen in gleicher Höhe gesehen werden. Im vorliegenden Fall seien jedoch Anhaltspunkte für eine eindeutige Auslegung nicht erkennbar.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass § 47 GBO Anwendung findet. Es liegt nämlich ein gemeinschaftlicher Anspruch der Beteiligten vor und nicht etwa die Situation, dass unabhängige Rechte der beiden Beteiligten nebeneinander stehen (BayObLG DNotZ 2002, 784/785). Das Herausgabeverlangen kann zwar von jedem der Beteiligten isoliert von der Handlung des anderen geäußert werden, doch wirkt es damit automatisch auch für den anderen Beteiligten.
b. Zutreffend stellt auch das Landgericht darauf ab, dass im Interesse der grundbuchrechtlichen Bestimmtheit das für die Gemeinschaft maßgebliche Rechtsverhältnis so präzise wie möglich zu bezeichnen sei, ein Gesamthandsverhältnis also konkret - beispielsweise als ungeteilte Erbengemeinschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts - anzugeben ist. Sofern die Berechtigung sich aus der Mitgliedschaft in einer Wohnungseigentümergemeinschaft ergibt, ist dies prägend für die notwendige Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses (vgl. KG Rpfleger 1985, 435/436).
c. Bei einem Anspruch auf Eigentumsverschaffung, der durch eine Eigentumsvormerkung im Grundbuch gesichert werden soll, ist zwischen der Rechtsmacht zur Abgabe des Übertragungsverlangens und dem schuldrechtlichen Anspruch auf Eigentumsübertragung zu unterscheiden (BayObLG, Beschluss vom 9.6.1986 - NJW-RR 196, 1209/1210).
Die Befugnis, die entsprechende Willenserklärung abzugeben, kann zwar vom hier maßgeblichen Vertragsinhalt her nur einheitlich geltend gemacht werden, denn die Geltendmachung durch einen Berechtigten wirkt jeweils auch für den anderen. Das besagt allerdings noch nicht, dass hinsichtlich dieser Befugnis eine Bruchteilsgemeinschaft ausgeschlossen wäre (vgl. BayObLG a.a.O.). Ebenso wenig aber ist die Annahme einer Bruchteilsgemeinschaft hinsichtlich der durch Vormerkung zu sichernden Befugnis schon aus dem Grunde zwingend, weil die Berechtigten später in Bruchteilsgemeinschaft Eigentümer werden sollen. Maßgeblich ist der Inhalt der Eintragungsbewilligung, die der Senat als Grundbucherklärung selbst auslegen kann.
d. Sie ergibt, dass die Beteiligten hier ein dem Vor- bzw. Wiederkauf angenähertes Verfahren für den Vollzug des Rückforderungsrechts vereinbaren wollten. Wie bei jenen Rechtsinstituten ist die Geltendmachung des Anspruchs in formeller Hinsicht so festgelegt, dass Beweisprobleme vermieden werden. Wichtiger noch ist aber, dass hier - anders als in dem vom Bayerischen Obersten Landesgericht am 9.6.1986 entschiedenen Fall - das Bestehen des Anspruchs von der Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung der Beteiligten abhängig gemacht wird. Nur sie löst den Übertragungsanspruch aus, sofern die vertraglichen Bedingungen dafür vorliegen.
e. Natürlich können mehrere Personen, ohne dass eine Rechtsgemeinschaft zwischen ihnen begründet ist, nicht zusammenhanglos nebeneinander als Eigentümer desselben Grundstücks in das Grundbuch eingetragen werden (vgl. hierzu BayObLGZ 1963, 128/129). Entscheidend ist jedoch, dass zwischen den mehreren Rückforderungsberechtigten keine Bruchteilsgemeinschaft besteht, sondern ein gesamthandartiges Verhältnis hinsichtlich der aus der Ausübung des Rechts entstehenden Befugnis zur Geltendmachung (vgl. dazu BayObLGZ 1967, 275/278).
f. Die vom Urkundsnotar aufgenommene Erklärung der Beteiligten und ihr Antrag ist demnach die bestmögliche Bezeichnung des Gemeinschaftsverhältnisses, das für den Anspruch auf Eigentumsverschaffung gilt. Deswegen ist auch die Literatur überwiegend der Auffassung, dass in einer Situation wie der vorliegenden eine derartige Bezeichnung ausreichend und zulässig sei (vgl. dazu Demharter, GBO, 25. Auflage. Rn. 23 zu § 47; KEHE, Grundbuchrecht, 5. Auflage, Rn. 12 f. zu § 47 GBO; Meikel/Böhringer, Rn. 131 zu § 47 GBO; a.A. Bauer/von Oefele/Wegmann, Rn. 42 zu § 47 GBO).
Die hiergegen von der Rechtsprechung teilweise erhobenen Einwände haben sich nicht durchgesetzt oder bezogen sich auf Sondersituationen wie den Fall, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Sinne des § 47 GBO gemeinschaftlich berechtigt war (KG a.a.O.). Die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 01.08.2002 (DNotZ 2002, 784 = MittBayNot 2002, 396 = FamRZ 2003, 1480) betrifft einen gänzlich anderen Sachverhalt.
Die Ansicht des Kammergerichts (DNotZ 1997, 744), das in den durchaus vergleichbaren Fällen des § 472 BGB (=§ 513 BGB a. F.) die weiter gehende Angabe eines Gemeinschaftsverhältnisses mehrerer Berechtigter für erforderlich gehalten hat, setzte sich nicht durch. Auf diesen Vorlagebeschluss hin schloss sich nämlich der BGH (NJW 1997, 3235) der Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 1967, 275) an, von welcher das Kammergericht hatte abweichen wollen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Ein Anlass zu einer Anordnung nach § 13 a FGG besteht nicht.
Ende der Entscheidung
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