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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 13.06.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 79/06
Rechtsgebiete: GBO, BGB
Vorschriften:
GBO § 19 | |
BGB § 164 |
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1 war ursprünglich Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstücks. Sie teilte dieses in Miteigentumsanteile nach § 8 WEG auf. In der Anlage zur Teilungserklärung ist folgendes geregelt:
"Am Keller wird ausdrücklich kein Sondereigentum begründet. Die Grundstückseigentümerin behält sich das Recht vor, an sämtlichen Kellerräumen, die in dem Plan für das Kellergeschoss enthalten sind, Sondernutzungsrechte für einzelne Wohnungseigentümer in der Weise zu bilden, dass diese Räumlichkeiten ausschließlich von einem der Wohnungseigentümer genützt werden können. Die Wohnungseigentümer werden aufschiebend bedingt durch Zuweisung der Sondernutzungsrechte vom Gemeingebrauch ausgeschlossen. ..... "
Die Wohnungseigentumsanlage umfasst mehrere Häuser. Aus dem Aufteilungsplan ergibt sich, dass in dem verfahrensgegenständlichen Haus Nr. 41 im Kellergeschoss einer der Räume mit "Fahrräder", ein weiterer mit "Waschen, Trocknen" bezeichnet ist. Die übrigen Räume sind mit "Keller" bezeichnet. Drei der Wohnungen sind bereits im Eigentum von Käufern und teilweise in Abt. III des Grundbuchs belastet.
Zu notariellem Vertrag ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 27.10.2005 verkaufte die Beteiligte zu 1 eine der Wohnungen an die Beteiligte zu 2 und wies gleichzeitig dieser verkauften Wohnung ein Sondernutzungsrecht an den beiden bezeichneten Räumen im Kellergeschoss und einem weiteren mit "Keller" bezeichneten zu. Auf den Vollzugsantrag des Urkundsnotars hin erließ das Amtsgericht München - Grundbuchamt - am 1.3.2006 eine Zwischenverfügung, die die beantragte Eintragung der Zuweisung von Sondernutzungsrechten von der Zustimmung der Wohnungseigentümer und der dinglich Berechtigten der Wohnungen im selben Haus abhängig machte. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten wies das Landgericht mit Beschluss vom 20.4.2006 zurück. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten. Mit dieser wird das Vorbringen der Beschwerdeinstanz wiederholt und weiterhin geltend gemacht, die in den Kaufverträgen erteilten Vollmachten hätten im Außenverhältnis als unbeschränkte Generalvollmacht gelten sollten.
In den Kaufverträgen der bereits als Berechtigte im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer finden sich folgende Regelungen:
"XIII. Vollmacht
Der Käufer bevollmächtigt den Verkäufer bis zum Abverkauf der letzten Einheit unwiderruflich - unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB - und mit Wirkung für etwaige Erben:
a) beliebige Änderungen der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vorzunehmen, es kann insbesondere Sondereigentum zu Gemeinschaftseigentum und Gemeinschaftseigentum zu Sondereigentum umgewandelt werden, es kann das Gemeinschaftseigentum umgestaltet werden, es kann die Lage von Kellerräumen und Hobbyräumen auch hinsichtlich ihrer Größe verändert werden. Weiter können insbesondere einzelne Sondereigentumseinheiten geteilt und zusammengelegt werden. Einzige Einschränkung ist, dass das Sondereigentum von verkauften Einheiten, insbesondere das Sondereigentum des Käufers nebst diesem zugewiesenen Sondernutzungsrechten nicht beeinträchtigt werden dürfen. Weiter darf die Benutzung des übrigen Gemeinschaftseigentums wirtschaftlich gesehen nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
....
Im Innenverhältnis der Vertragsteile dürfen die vorstehenden Vollmachten nur zu solchen Änderungen verwendet werden, durch die die Rechte der Käufer bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht geschmälert werden. Um die unbeschränkte Verwendbarkeit der Vollmachten zu gewährleisten, sind alle Beteiligten darüber einig, dass Beschränkungen, die den obigen Vollmachten beigefügt sind, rein schuldrechtliche Verpflichtungen darstellen, die den Umfang der Vollmachten dem Grundbuchamt gegenüber nicht einschränken sollen. Dem Grundbuchamt gegenüber handelt es sich um eine Generalvollmacht."
II.
Die gemäß § 78 GBO statthafte weitere Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg, da die Ausführungen des Landgerichts im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung standhalten.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Durch die in den Kaufverträgen enthaltene Vollmacht werde die Verkäuferin nicht berechtigt, namens der bisherigen Käufer der Zuweisung von Sondernutzungsrechten zuzustimmen. Die Auslegung der Erklärung in den Kaufverträgen ergebe nach Auffassung der Kammer, dass "Kellerräume" im Sinne der Vollmacht lediglich die in dem der Teilungsurkunde beigefügten Aufteilungsplan mit "Keller" bezeichneten Räume seien, nicht jedoch die mit "Waschen, Trocknen" und "Fahrräder" bezeichneten Räume. Dies ergebe sich zunächst daraus, dass solche Räume üblicherweise gemeinschaftlich benutzt werden. Des Weiteren seien im Aufteilungsplan die mit "Keller" bezeichneten Räume jeweils mit Nummern versehen, die den den Wohneinheiten zugeordneten Nummern entsprächen. Auch dies lasse den Schluss zu, dass die Zuweisung eines Sondernutzungsrechts nicht für die Räume "Fahrräder" sowie "Waschen, Trocknen", sondern nur für die mit Keller bezeichneten Räume beabsichtigt war. Die Erwerber der Wohneinheiten Nr. 19, 23 und 28 haben deshalb nach Auffassung der Kammer Mitgebrauchsrecht an diesen Räumen erworben. Dieses werde beeinträchtigt, wenn die beiden Räume als Sondernutzungsrecht zugewiesen werden.
2. Die rechtlichen Erwägungen der Kammer treffen zu. Zu den vermögenswerten Rechten eines Sondereigentums in einer Wohnanlage gehören nicht nur das Sondereigentum an bestimmten Räumen selbst sowie das in Verbindung mit diesem Sondereigentum eingeräumte Sondernutzungsrecht, sondern auch das Recht, das Gemeinschaftseigentum in bestimmungsgemäßer Weise zu nutzen. Zum Gemeinschaftseigentum zählen nach § 5 Abs. 2 WEG die Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind sowie solche Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen. Gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG ist für die Abgrenzung von Gemeinschaftseigentum zu Sonder- bzw. Teileigentum der Aufteilungsplan maßgeblich. Wenn der Aufteilungsplan - wie hier - Räume ausweist, die typischerweise dem gemeinschaftlichen Gebrauch zuzuordnen sind, erwirbt der Käufer einer Wohnung in einer derartigen Wohnanlage ein vermögenswertes Mitgebrauchsrecht. Er hat nämlich mit der Schaffung derartiger Gemeinschaftsräume die Möglichkeit erhalten, seine eigene Wohnfläche in bestimmten Beziehungen zu entlasten. Aus diesem Grund trifft es zu, dass die Beteiligte zu 1 jedenfalls im Innenverhältnis von der erteilten Vollmacht deswegen keinen Gebrauch machen durfte, weil dies die Benutzung des übrigen Gemeinschaftseigentums in wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich beeinträchtigt hätte.
3. Bei dieser zutreffenden Feststellung hat das Landgericht jedoch übersehen, dass die Vollmachtseinschränkung dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zufolge lediglich im Innenverhältnis gelten sollte. Im Außenverhältnis - also gegenüber dem Grundbuchamt - sollte nach dem Willen der Vertragsparteien diese Vollmacht unbeschränkt bleiben.
a) Hierzu ist jedoch zunächst festzustellen, dass eine derartige Abrede zwar unter Umständen im Verhältnis des teilenden Wohnungseigentümers zu den Erwerbern wirken kann, aber auf jeden Fall nicht für die sonstigen dinglich Berechtigten, also z.B. die Grundpfandgläubiger der Wohnungseigentümer, gilt (BayObLG DNotZ 1996, 297/301). Da der von den Grundpfandrechten erfasste Miteigentumsanteil sich auch auf das gemeinschaftliche Eigentum erstreckt, wird dieses durch die Zuweisung von Sondernutzungen geschmälert. Weil eine Beeinträchtigung der Rechte der in dieser Weise dinglich Berechtigten somit nicht auszuschließen ist, hätte es schon aus diesem Grund der Zustimmung der Grundpfandgläubiger bedurft.
b) Aber auch im Verhältnis zu den Eigentümern der drei bereits verkauften Wohneinheiten kann das Grundbuchamt nicht angewiesen werden, im Hinblick auf die im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht der Beteiligten zu 1 die beantragte Zuweisung von Sondernutzungsrechten vorzunehmen. Wie zuvor dargestellt mag hierfür zwar eine im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht vorliegen, doch durfte die Beteiligte zu 1 hiervon intern keinen Gebrauch machen.
Die Überschreitung der nach außen hin eingeräumten Vollmacht ist hier ausnahmsweise auch für das Grundbuch evident. Es liegt nämlich einerseits auf der Hand, dass die Beteiligte zu 1 nach außen hin befugt sein soll, eine entsprechende Erklärung abzugeben. Andererseits ist sie durch die Einschränkung der Vollmacht in derselben Urkunde mit Wirkung für das Innenverhältnis gehalten, ihre nach außen hin eingeräumte Vollmacht nicht in dieser Weise zu nutzen. Ein Verstoß gegen diese Internabrede würde, sofern ein Vermögensschaden bei den Vertretenen eintritt, die Strafvorschrift der Untreue gemäß § 266 StGB in der Form des Missbrauchstatbestandes erfüllen. Diese Vorschrift schützt denjenigen, der im Außenverhältnis einem anderen eine Dispositionsbefugnis einräumt, welche im Innenverhältnis nicht besteht.
c) Würde nun das Grundbuchamt entsprechend dieser Vollmacht die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondernutzungsrechte tatsächlich eintragen, so entstünde auch den vorhandenen Wohnungseigentümern ein wirtschaftlicher Nachteil durch den Verlust ihres Mitgebrauchsrechts. Es würde also bei dieser Situation zur objektiven Erfüllung eines Straftatbestandes kommen. Eine Anweisung des Grundbuchamts, diese Eintragung vorzunehmen, würde dieses wie das erkennende Gericht zu Beteiligten einer Gesetzesverletzung machen. Sie hat schon aus diesem Grund zu unterbleiben. Im Übrigen dürfte das Grundbuchamt schon wegen des Legalitätsgrundsatzes, der das ganze Grundbuchverfahren beherrscht, an einem Verstoß gegen die in den Kaufverträgen enthaltenen Vollmachtsbeschränkungen nicht mitwirken.
d) Die Eintragungsbewilligung der Beteiligten zu 1 namens der von ihr vertretenen Wohnungseigentümer war schließlich auch wegen des Vollmachtsmissbrauchs, der hier - wie dargelegt - ausnahmsweise für das Grundbuchamt evident ist, unwirksam (BGH NJW 2002, 1488). Das Grundbuchamt konnte daher die in den Kaufverträgen erklärten Vollmachten nicht als ausreichende Grundlage einer Zustimmung zur Eintragung der Zuweisung von Sondernutzungsrechten verwenden. Damit fehlte es an einer ausreichenden Bewilligung durch die Betroffenen im Sinne des § 19 GBO.
e) Es kann deswegen für die Entscheidung auch dahinstehen, ob das Grundbuchamt im Hinblick auf die § 305 ff. BGB zu einer Inhaltskontrolle der erteilten Vollmachten befugt oder gar berufen war (vgl hierzu OLG Frankfurt a.M. OLGR Frankfurt 2005, 35/37; BayObLG ZMR 2003, 518). Der Senat tendiert wegen der bei Demharter (GBO, 25.Auflage, RN 41 zu § 19) aufgezeigten Erwägungen nicht dazu, dies zu bejahen.
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht wurde weder angegriffen noch ist sie von Amts wegen zu ändern.
Ende der Entscheidung
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