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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 25.01.2005
Aktenzeichen: 33 AR 1/05
Rechtsgebiete: FGG, AGGVG


Vorschriften:

FGG § 46
FGG § 65a
FGG § 199
AGGVG Art. 11a
Das Oberlandesgericht München ist gemeinschaftliches oberes Gericht im Sinne des § 46 FGG für alle Gerichte des Freistaates Bayern, die nicht dem gleichen Landgerichtsbezirk angehören, unabhängig davon, ob die beteiligten Gerichte zum Bezirk desselben Oberlandesgerichts gehören.
Tatbestand:

Das Amtsgericht München führt für die Betroffene ein Betreuungsverfahren. Es will dieses an das Amtsgericht Ebersberg abgeben, weil die Betroffene bereits seit Februar 2003 in eine im Bezirk dieses Gerichts gelegene Einrichtung aufgenommen ist. Das Amtsgericht Ebersberg hat sich auf Anfrage zur Übernahme des Verfahrens grundsätzlich bereit erklärt. Die Betreuerin hat sich zu der beabsichtigten Verfahrensabgabe nicht geäußert. Zu einer früheren Anfrage hat sie ausgeführt, der Aufenthalt in der Einrichtung in _ sei nicht auf Dauer angelegt, sondern die Rückkehr nach _ beabsichtigt. Die Betreuertätigkeit beziehe sich im Wesentlichen auf die Verwaltung eines Mietshauses in _ . Eine Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Ebersberg sei mit Mehrkosten verbunden.

Die Betroffene hat sich mit der Abgabe des Verfahrens nicht einverstanden erklärt. Sie behalte ihre Wohnung in _ als Hauptwohnsitz. Für ihre Betreuerin liege das Amtsgericht München günstiger. Das Amtsgericht München hat die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung über die Abgabe vorgelegt. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Akten zuständigkeitshalber an das Oberlandesgericht München weitergeleitet. Der Senat hält die Abgabe an das Amtsgericht Ebersberg für gerechtfertigt.

Gründe:

1. Das Oberlandesgericht München ist zur Entscheidung berufen (§ 65a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 46 Abs. 2 Satz 1, § 199 Abs. 2 Satz 2 FGG, Art. 11a AGGVG).

Aufgrund des gemäß § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Staatsanwaltschaft bei diesem Gericht (BayObLGAuflG) zum 1.1.2005 in Kraft getretenen Art. 11a AGGVG ist anstelle des Bayerischen Obersten Landesgerichts das Oberlandesgericht München für die Entscheidung über die weiteren Beschwerden in Grundbuchsachen und in den anderen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch für die Bezirke der Oberlandesgerichte Nürnberg und Bamberg zuständig. Es ist daher gemäß § 199 Abs. 2 Satz 2 FGG auch gemeinschaftliches oberes Gericht im Sinne des § 46 FGG für alle Gerichte des Freistaates Bayern, die nicht dem gleichen Landgerichtsbezirk angehören, unabhängig davon, ob die beteiligten Gerichte - wie hier - zum Bezirk desselben Oberlandesgerichts gehören.

Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bayer. Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 1989,1) und der in der genannten Entscheidung mitgeteilten Rechtsprechung des OLG Zweibrücken an. Die beiden anderen bayerischen Oberlandesgerichte in Nürnberg und Bamberg sind wie bisher auch mit Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nicht befasst. Gerade bei Streitigkeiten nach § 5 FGG und Abgabestreitigkeiten nach § 46 FGG sind aber nicht selten Fragen zu beurteilen, die in gleicher Weise auch bei der Sachprüfung auftreten. Dies könnte dann zu dem unbefriedigenden Ergebnis führen, dass es zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem Oberlandesgericht, welches das örtlich zuständige Gericht bestimmt oder den Abgabestreit entscheidet, und dem Oberlandesgericht München, das für die Sachprüfung zuständig ist, bei gleich gelagerten Sach- und Rechtsfragen kommt. Dies muss auch in Zukunft vermieden werden.

2. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung über die Abgabe nach § 46 Abs. 2 Satz 1, § 65a Abs. 1 Satz 1 FGG liegen vor. Die Betreuerin hat zwar der mit Schreiben vom 3. August 2004 mitgeteilten beabsichtigten Abgabe nicht widersprochen, doch kann ihre fehlende Äußerung im Hinblick auf ihre frühere ablehnende Äußerung nicht als Zustimmung gewertet werden. Auch die Betroffene selbst hat der Abgabe widersprochen.

3. Gemäß § 65a Abs. 1 Satz 1, § 46 Abs. 1 Satz 1 FGG kann ein Betreuungsverfahren aus wichtigen Gründen an ein anderes Vormundschaftsgericht abgegeben werden. Ob solche Gründe vorliegen, richtet sich nach Zweckmäßigkeitserwägungen. Es kommt auf die gesamten Umstände an. Maßgebend ist, ob das um Übernahme angegangene Gericht das Verfahren voraussichtlich leichter und sachdienlicher führen kann als das abgebende Gericht. Im Vordergrund hat das Wohl des Betreuten zu stehen. Aber auch das Interesse des Betreuers an einer möglichst einfachen Gestaltung seiner Amtsführung ist zu berücksichtigen, soweit dadurch die Belange des Betreuten nicht beeinträchtigt werden (BayObLGZ 1996, 274/276 und 1998, 1/2 m.w.N). Hat sich der gewöhnliche Aufenthalt des Betreuten geändert und sind die Aufgaben des Betreuers im Wesentlichen am neuen Aufenthaltsort zu erfüllen, ist dies in der Regel als wichtiger Grund anzusehen (§ 65a Abs. 1 Satz 2 FGG).

3. Nach diesen Grundsätzen ist die Abgabe der Betreuungssache an das Amtsgericht Ebersberg gerechtfertigt.

Die Betroffene lebt nunmehr seit fast zwei Jahren in einem Heim im Bezirk dieses Gerichts. Sie hat dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne eines Lebensmittelpunkts, auch wenn sie ihre Wohnung in _. beibehalten hat. Eine konkrete Absicht, den Lebensmittelpunkt wieder zurück nach zu verlagern, ist nicht ersichtlich.

Soweit die Aufgaben der Betreuerin einen persönlichen Kontakt mit der Betroffenen erfordern, sind sie daher grundsätzlich im Bezirk des Gerichts zu erfüllen, in welchem nunmehr der gewöhnliche Aufenthalt der Betroffenen liegt. Auch können Anhörungen der Betroffenen im Zusammenhang mit anstehenden Entscheidungen über den Fortbestand der Betreuung bzw. erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigungen einfacher vom Amtsgericht Ebersberg durchgeführt werden.

Anhaltspunkte dafür, dass durch die Abgabe des Verfahrens Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden könnten, sind nicht ersichtlich. Ebenso ist nicht zu besorgen, dass durch die Abgabe des Betreuungsverfahrens an das Amtsgericht Ebersberg die Amtsführung der Betreuerin nennenswert erschwert wird. Der Verkehr zwischen ihr und dem Vormundschaftsgericht ist bereits seit längerem weitestgehend schriftlich oder telefonisch abgewickelt worden. Es ist nicht erkennbar, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern würde. Die Verwaltung des Mietshauses in _. kann weiterhin von der Betreuerin in gleicher Weise wie bisher geführt werden. Entsprechend sind Mehrkosten für die Betroffene durch die Abgabe des Betreuungsverfahrens nicht in nennenswertem Umfang zu erwarten.

Ein wichtiger Grund für die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Ebersberg liegt daher vor.

Ende der Entscheidung

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