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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 20.09.2005
Aktenzeichen: 33 Wx 105/05
Rechtsgebiete: FGG, ZPO


Vorschriften:

FGG § 14
FGG § 27
ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
1. Ein Rechtsmittel gegen die Prozesskostenhilfe ablehnende Entscheidung des Oberlandesgerichts im Verfahren der weiteren Beschwerde in Betreuungs- und Unterbringungssachen ist in entsprechender Anwendung von § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO nicht statthaft.

2. Jedenfalls im Rechtsmittelverfahren kommt es auch in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels an.


33 Wx 104/05 33 Wx 105/05

Tatbestand:

Mit Beschluss vom 13.1.2005 hat das Amtsgericht die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses angeordnet. In der Folge bestellte das Amtsgericht mit Beschlüssen vom 17.2.2005 die derzeitige Betreuerin als endgültige Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über die Unterbringung sowie Sorge für die Gesundheit und genehmigte die weitere Unterbringung des Betroffenen bis zum 16.2.2006.

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die beiden Beschlüsse des Amtsgerichts vom 17.2.2005 wies das Landgericht am 25.4.2005 zurück. Der Betroffene legte dagegen sofortige weitere Beschwerde bzw. weitere Beschwerde ein und beantragte Prozesskostenhilfe. Der Senat wies die Rechtsmittel mit Beschluss vom 25.7.2005 zurück und lehnte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Mit einem als "Beschwerde" bezeichneten Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 29.7.2005 wendet sich der Betroffene gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe. Dieser Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg.

Gründe:

1. Gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe in der Entscheidung des Senats vom 25.7.2005 ist ein Rechtsmittel in entsprechender Anwendung von § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO nicht statthaft.

a) Nach § 14 FGG finden die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe auf Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung. Danach ist grundsätzlich gegen eine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnende Gerichtsentscheidung die sofortige Beschwerde statthaft (§ 127 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz ZPO). Eine Ausnahme hiervon sieht der 2. Halbsatz der genannten Vorschrift für den Fall vor, dass der Wert des Streitgegenstandes in der Hauptsache die Wertgrenze für die Zulässigkeit der Berufung nicht übersteigt (§ 511 ZPO).

b) Der Rechtsgedanke des § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO ist - unabhängig von der Frage einer Wertgrenze - entsprechend auf Verfahren anzuwenden, in denen der Rechtszug zum Beschwerde- oder Berufungsgericht von vornherein nicht eröffnet ist. Dies hat der BGH (FamRZ 2005, 790 = MDR 2005, 823/824) für einstweilige Unterhaltsanordnungen gemäß § 620 Nr. 4, § 644 ZPO entschieden. Zur Begründung hat der BGH darauf verwiesen, dass schon vor der ZPO-Reform die weit überwiegende Rechtsprechung dem Grundsatz gefolgt sei, dass der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren wie dem der Prozesskostenhilfe nicht über den Rechtsweg in der Hauptsache hinausgehen könne. Damit solle auch vermieden werden, dass Instanz- und Rechtsmittelgericht in abgeschlossenen Hauptsacheverfahren und mehrstufigen Nebenverfahren zu einander widersprechenden Entscheidungen gelangen können (BGH aaO m.w.N.). Bei der Vorbereitung der ZPO-Reform sei diese ständige Rechtsprechung bekannt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber ihr durch die mit Wirkung zum 1.1.2002 in Kraft getretene Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO teilweise den Boden hätte entziehen wollen, nämlich für Verfahren, in denen eine zweite Instanz von vorneherein nicht eröffnet sei, seien nicht ersichtlich (BGH aaO).

c) Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten: Der Senat hat im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde und der weiteren Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts, der Unterbringungs- und Betreuungsbeschlüsse des Amtsgerichts betraf, in der Sache entschieden und Prozesskostenhilfe für diese Verfahren abgelehnt. In der Hauptsache ist ein weiteres Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht eröffnet. In einem solchen Falle kann in entsprechender Anwendung von § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO auch die Prozesskostenhilfeentscheidung des Senats nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden.

2. Das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 29.7.2005 ist daher als Gegenvorstellung gegen die Entscheidung des Senats anzusehen. Es enthält jedoch keine Gesichtspunkte, die zu einer Änderung des Beschlusses vom 25.7.2005 führen könnten. Darin wurde ausführlich dargelegt, weshalb die sofortige weitere Beschwerde und die weitere Beschwerde keinen Erfolg haben konnten. Diese Würdigung rechtfertigt den Schluss, dass im vorliegenden Fall von vornherein die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsmittel und damit eine wesentliche Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe fehlte (§ 14 FGG, § 114 Satz 1 ZPO). Jedenfalls im Rechtsmittelverfahren kommt es auch in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels an (vgl. BayObLG Beschluss vom 27.4.2004 - 3Z BR 084/04; Senatsbeschluss vom 13.4.2005 - 33 Wx 063/05). Anders als u.U. in erster Instanz kann die Erfolgsaussicht im Rechtsmittelverfahren unschwer anhand des Vergleichs zwischen der angegriffenen Entscheidung und dem Ziel des Rechtsmittels festgestellt werden, so dass insoweit kein Grund für eine Modifizierung des Begriffs der Erfolgsaussicht besteht (vgl. zur Problematik für die erste Instanz Keidel/Zimmermann FGG 15. Aufl. § 14 Rn. 9a; LG Karlsruhe FamRZ 1999, 1091/1092; Knittel, BtG, § 67 FGG Rn. 19; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 3. Aufl. § 67 FGG Rn.19).

Das Erfordernis der Erfolgsaussicht kann auch nicht etwa mit der Erwägung vernachlässigt werden, dass nach § 67 Abs.1 Satz 6 und § 70b Abs. 3 FGG von der Bestellung eines Verfahrenspflegers abgesehen bzw. eine Bestellung aufgehoben werden könne, wenn der Betroffene von einem Rechtsanwalt oder anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werde. Zwar dauert die Bestellung eines Verfahrenspflegers in Unterbringungssachen regelmäßig bis zum Abschluss des Verfahrens an (vgl. § 70b Abs. 4 FGG); es wird also im allgemeinen nicht geprüft, ob dessen zunächst erfolgte Bestellung nach Abschluss der jeweiligen Instanz auch weiterhin erforderlich ist, was andernfalls auch die Prüfung der Erfolgsausicht eines Rechtsmittels voraussetzen würde. Jedoch kann hieraus nicht gefolgert werden, dass der Betroffene, wenn er statt der Vertretung durch den Verfahrenspfleger die Beauftragung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten vorzieht, stets Anspruch auf dessen Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe ohne die Voraussetzungen des § 114 ZPO hätte. Die Beiordnung ist zwar grundsätzlich zulässig, aber nur unter Beachtung ihre allgemeinen Voraussetzungen, wozu - neben der Erforderlichkeit im Sinne von § 121 Abs. 2 ZPO bei schon bestehender Verfahrenspflegschaft (vgl. hierzu Bienwald Betreuungsrecht 3. Aufl. § 70b FGG Rn. 20 und FamRZ 1992, 1125/1129 f.) - jedenfalls im Rechtsmittelverfahren auch die Prüfung der Erfolgsausicht und fehlenden Mutwilligkeit gehört.

Im vorliegenden Fall wurden vom Senat entgegen dem Vortrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen auch keine überzogenen Anforderungen an die Erfolgsaussicht gestellt: Die aktuellen Gutachten waren in ihren wesentlichen Aussagen eindeutig und aus der Sicht des Rechtsbeschwerdegerichts nicht zu beanstanden. Auf der nicht vom Beschwerdeführer vorgetragenen, sondern erst vom Senat festgestellten Verletzung des rechtlichen Gehörs (durch fehlende Übermittlung eines Schreibens der Betreuerin und eines Vermerks der Berichterstatterin der Kammer an den Betroffenen) beruhte die landgerichtliche Entscheidung nicht.

Deshalb kann nicht angenommen werden, dass unter Würdigung des Inhalts dieses Beschlusses und des Beschwerdevorbringens in nur vorausschauender Sicht das Rechtsmittel eine hinreichende Erfolgsaussicht hatte und deshalb die Bewilligung von Prozesskostenhilfe angezeigt war.

Ende der Entscheidung

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