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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 19.10.2005
Aktenzeichen: 33 Wx 130/05
Rechtsgebiete: BGB, FGG
Vorschriften:
BGB § 1906 | |
FGG § 27 | |
FGG § 70g |
Tatbestand:
Für den Betroffenen, der an einer paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsstörung leidet, ist eine Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Sorge für die Gesundheit, Entscheidung über die Unterbringung, Wohnungsangelegenheiten einschließlich Entmüllung, Vermögenssorge, soweit zur Entmüllung erforderlich und einschließlich Feststellung der Kontenstände, bestellt.
Nach vorangegangenen Unterbringungsverfahren beantragte die Betreuerin im Januar 2005 erneut die Genehmigung zur Unterbringung des Betroffenen. Nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens und Anhörung des Betroffenen lehnte das Amtsgericht dies mit Beschluss vom 25.4.2005 ab und stellte das Unterbringungsverfahren ein.
Hiergegen erhob die Betreuerin Beschwerde, die das Landgericht mit Beschluss vom 14.6.2005 zurückwies. Unabhängig davon regte das Bezirkskrankenhaus am selben Tag die Unterbringung des Betroffenen an. Am 15.6.2005 hörte das Amtsgericht den Betroffenen an und lehnte es erneut ab, eine Genehmigung zur Unterbringung des Betroffenen zu erteilen.
Mit Schreiben vom 30.6.2005 legten die Verfahrensbevollmächtigten der Betreuerin gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 14.6.2005 sofortige weitere Beschwerde ein. Diese wurde verworfen.
Gründe:
Die sofortige weitere Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Aufgrund der neuen Entscheidung des Amtsgerichts vom 15.6.2005 hat sich im Hinblick auf die angegriffene Entscheidung des Landgerichts vom 14.6.2005 die Hauptsache erledigt.
1. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Hauptsache erledigt, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, so dass eine Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann (vgl. BGH NJW 1982, 2505/2506; BayObLGZ 1990, 130/131; Bassenge/Herbst/Roth FGG/RPflG 10. Aufl. Einl. FGG Rn. 120 f.; Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 85).
Eine Erledigung der Hauptsache tritt insbesondere ein, wenn eine gerichtliche Verfügung durch die spätere Fortentwicklung des Verfahrens und insbesondere eine neue gerichtliche Entscheidung bedeutungslos wird mit der Folge, dass eine Beschwerdeentscheidung über die frühere Verfügung den Beschwerdeführer nicht mehr besser stellen könnte (Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses durch so genannte verfahrensrechtliche Überholung; vgl. Keidel/Kahl § 19 FGG Rn. 87 Stichwort "prozessuale Überholung" m.w.N.). Tritt die Erledigung der Hauptsache bereits vor Einlegung der weiteren Beschwerde ein, so ist dieses Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (Bassenge Einl. FGG Rn. 130; Keidel/Kahl § 19 FGG Rn. 93).
2. Die Erledigung der Hauptsache ist hier dadurch eingetreten, dass das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom 15.6.2005 einen neuen Antrag auf Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen abgelehnt und das Unterbringungsverfahren eingestellt hat. Dieser Entscheidung lag eine neue Entwicklung des Sachverhalts zugrunde, die im Verfahren vor dem Landgericht noch nicht berücksichtigt werden konnte. Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde nicht mit Rechtsmitteln angefochten, so dass sie formell rechtskräftig geworden ist (§ 70m Abs. 1, § 70g Abs. 3, § 22 Abs. 1 FGG).
Prüfungsgrundlage für das Gericht der weiteren Beschwerde ist grundsätzlich der Sachverhalt zur Zeit des Erlasses der Beschwerdeentscheidung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. Bassenge § 27 FGG Rn. 33). Die zeitliche Zäsur durch die landgerichtliche Entscheidung verwehrt es dem Gericht der weiteren Beschwerde daher, neue Sachverhaltsentwicklungen nach der landgerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Andererseits könnte eine auf überholter Sachverhaltsgrundlage ergangene Entscheidung durch den Senat - etwa eine Unterbringungsgenehmigung - die aufgrund späterer Sachverhaltsentwicklungen ergangene und damit auf aktuellerer Sachkenntnis beruhende Entscheidung des Amtsgerichts vom 15.6.2005 (die ja eine Unterbringung ablehnte) nicht überspielen. Durch die Fortentwicklung des Verfahrens könnte eine Entscheidung über die sofortige weitere Beschwerde die Beschwerdeführerin damit nicht mehr besser stellen. Das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde ist damit entfallen.
Da die Erledigung der Hauptsache bereits vor Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde eingetreten ist, ist das Rechtsmittel daher als unzulässig zu verwerfen.
3. Einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidungen des Amtsgerichts vom 25.4.2005 und des Landgerichts vom 14.6.2005 hat die Beschwerdeführerin, die vom Senat auf die Erledigung der Hauptsache hingewiesen wurde, nicht gestellt. Ein Rechtsschutzinteresse für eine derartige Feststellung wäre nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts (vgl. NJW 1998, 2432 f.; NJW 2002, 2456) ohnehin wohl nicht gegeben, nachdem im Hinblick auf die Ablehnung der Unterbringungsgenehmigung ein tief greifender Grundrechtseingriff gerade nicht vorliegen kann.
Ende der Entscheidung
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