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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: 33 Wx 146/05
(1)
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 13a Abs. 2 Satz 1 |
Gründe:
I.
Aufgrund Bescheides der Beteiligten zu 1 vom 5.4.2005 wurde der Betroffene am gleichen Tag in die geschlossene Abteilung des Bezirkskrankenhauses eingeliefert. Am folgenden Tag ordnete das Amtsgericht die vorläufige Unterbringung bis längstens 18.5.2005 an und bestellte eine Verfahrenspflegerin. Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen stellte das Landgericht die Erledigung der Hauptsache sowie die Rechtmäßigkeit der Anordnung der vorläufigen Unterbringung fest. Der Senat stellte auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen am 28.10.2005 fest, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 6.4.2005 und der Beschluss des Landgerichts vom 8.6.2005, soweit sie die Rechtmäßigkeit der Unterbringung festgestellt hatten, rechtswidrig waren. Mit Schriftsatz vom 17.11.2005 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen, die Kostenentscheidung nachzuholen und die Kosten des Verfahrens der Staatskasse aufzuerlegen. Der Beteiligte zu 2 hatte Gelegenheit, sich zu dem Antrag zu äußern.
II.
Der zulässige Antrag ist in dem im Tenor ausgesprochenen Umfang begründet. Eine darüber hinausgehende Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die Regelung über Gebühren und Auslagen in Unterbringungssachen (§ 128 b KostO) entbehrlich.
1. Das Gesetz regelt die Auslagenerstattung in Unterbringungsangelegenheiten in § 13 a Abs. 2 FGG. Eine Verpflichtung der Staatskasse zum Auslagenersatz ist dabei lediglich für die Fälle der zivilrechtlichen Unterbringung in § 13 a Abs. 2 Satz 1 FGG vorgesehen. In dem hier gegebenen Fall einer Unterbringung nach öffentlichem Recht hat das Gericht unter bestimmten, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen die Auslagen des Betroffenen nach § 13 a Abs. 2 Satz 3 FGG der Körperschaft aufzuerlegen, der die den Unterbringungsantrag stellende Behörde angehört. Nach diesen Bestimmungen kommt daher eine Auslagenerstattung nicht in Betracht.
2. Ob und in welchem Umfang eine Auferlegung der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen auf die Staatskasse in Frage kommt, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beurteilt.
a) Weitgehend Einigkeit besteht dahin, dass eine analoge Anwendung des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG zu diesem Zweck nicht in Betracht komme, da "die Staatskasse" nicht Person und (formell) Beteiligte im Sinne der Vorschrift sei (vgl. Keidel/Zimmermann FGG 15. Aufl. § 13 a Rn. 14; Bassenge/Herbst/Roth FGG 10. Aufl. § 13 a Rn. 5; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 3. Aufl. § 13 a FGG Rn. 45; Knittel BtG § 13 a FGG Rn. 8). Die Entscheidung des Landgerichts Heilbronn (JurBüro 1993, 480) betraf den inzwischen gesetzlich geregelten Fall der Kosten eines Verfahrenspflegers für einen nicht mittellosen Betreuten. Das OLG Frankfurt hat entgegen dem insoweit missverständlich weit gefassten Leitsatz (nur dieser ist in FamRZ 1996, 558 abgedruckt) in seinem Beschluss vom 26.10.1995 (OLG Report 1995, 264) über eine analoge Anwendung des § 13 a Abs. 1 FGG gar nicht entschieden. Auch die Entscheidung des BayObLG vom 2.12.1993 (BayObLGZ 1993, 381 f.) betrifft nicht die Kostenerstattung bei Erledigung einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung schlechthin, sondern die Überbürdung der Auslagen des Betroffenen auf den Träger der zuständigen Behörde. Das gleiche gilt für den Beschluss des BayObLG vom 29.4.2003 (FamRZ 2003, 1777).
b) Der Erstattungsanspruch des Betroffenen ist jedoch in entsprechender Anwendung des § 13 a Abs. 2 Satz 1 FGG begründet.
Der hier gegebene Sachverhalt zeichnet sich dadurch aus, dass sich im Beschwerdeverfahren die Hauptsache erledigt hat, indem die Unterbringung nicht mehr auf den amtsgerichtlichen Unterbringungsbeschluss, sondern auf einen Haftbefehl nach § 126 a StPO gestützt wurde. Auf die sofortige weitere Beschwerde hat der Senat festgestellt, dass die amts- und die sie bestätigende landgerichtliche Entscheidung rechtswidrig waren, weil ein grundrechtsrelevanter Verfahrensverstoß durch verspätete Anhörung des Betroffenen in erster Instanz vorlag. Anders als in den in § 13 a Abs. 2 Satz 3 FGG ausdrücklich geregelten Fällen wurde hier die Unterbringung nach Landesrecht zunächst angeordnet, wobei nach dem Akteninhalt aufgrund des damals bekannten Sachverhalts für die Behörde ein ausreichend begründeter Anlass für die Antragstellung vorlag. Eine Überbürdung der Kosten auf die Trägerkörperschaft im Wege des Rechtsgedankens des § 13 a Abs. 2 Satz 3 FGG im Rahmen der analogen Anwendung des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG kommt daher nicht in Betracht.
Der Sachverhalt, dass die Rechtswidrigkeit einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung nicht auf einem fehlerhaften Antrag der zuständigen Behörde, sondern auf Rechtsfehlern der Instanzgerichte beruht, ist in § 13 a FGG nicht ausdrücklich geregelt. Der Gedanke, dass in Betreuungs- und Unterbringungssachen faktischer Gegner des Betroffenen der Staat ist, hat jedoch in § 13 a Abs. 2 Satz 1 FGG Niederschlag gefunden; obsiegt der Betroffene, muss ihm daher die Staatskasse seine Kosten ersetzen (Damrau/Zimmermann aaO § 13 a FGG Rn. 16). Dem entspricht es, dass im ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung zum Betreuungsgesetz (BT-Drucks. 11/4528) § 70 n i.V.m. § 69 k und § 70 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 (jeweils in der Fassung des Entwurfs) eine einheitliche Regelung zur Auslagenerstattung für alle Unterbringungsmaßnahmen traf, unabhängig davon, ob es sich um eine zivilrechtliche Unterbringung oder eine solche nach Landesrecht handelte. Demgegenüber schlug der Bundesrat (BT-Drucks. 11/4528 S. 212) die Streichung dieser Vorschriften bei gleichzeitiger Aufnahme der nunmehr Gesetz gewordenen Formulierung des § 13 a Abs. 2 FGG vor. Neben rechtssystematischen Erwägungen geht aus der Begründung hervor, dass die Auslagenerstattung in den in § 13 a Abs. 2 Satz 3 FGG geregelten Fällen aufgrund Verantwortlichkeit der Behörde nicht der Staatskasse auferlegt werden sollte. Die Absicht, den Betroffenen in den sonstigen Fällen einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung, in denen letztendlich eine Entscheidung zu seinen Gunsten ergangen ist, seine Auslagen selbst tragen zu lassen, ist weder den Gesetzesmaterialien noch den sonst geltenden Grundsätzen des Kostenrechts zu entnehmen. Es liegt die Vermutung nahe, dass die weiteren Sachverhalte im Gesetzgebungsverfahren nicht mehr bedacht wurden, wobei die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zur möglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit ergangener Entscheidungen nach Erledigung der Hauptsache in Unterbringungssachen erst mehrere Jahre nach Inkrafttreten des § 13 a FGG entstanden ist. Die analoge Anwendung des § 13 a Abs. 2 Satz 1 FGG führt im hier vorliegenden Fall zu einer angemessenen Verteilung des Kostenrisikos.
Ende der Entscheidung
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