Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.07.2006
Aktenzeichen: 33 Wx 238/05
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1365 Abs. 2
FGG § 19
Hat das Amtsgericht die Zustimmung eines Ehegatten zur Teilungsversteigerung nach § 1365 BGB ersetzt, erledigt sich die Hauptsache des Beschwerdeverfahrens mit der Rechtskraft der Scheidung (im Anschluss an OLG Celle FamRZ 1983, 591).
Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin waren verheiratet. Mit Teilanerkenntnis- und Endurteil vom 10.3.2005, rechtskräftig seit 19.4.2005, hat das Amtsgericht ihre Ehe geschieden. Antragsteller und Antragsgegnerin sind Eigentümer je zur Hälfte einer Immobilie in G. Dabei handelt es sich um das wesentliche Vermögen der Beteiligten. Der Antragsteller hat die Teilungsversteigerung der Immobilie beantragt. Die Antragsgegnerin verweigerte die Zustimmung hierzu. Mit Beschluss vom 4.4.2005 ersetzte das Amtsgericht die Zustimmung der Antragsgegnerin zur Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Eine sofortige Beschwerde gegen diese Entscheidung verwarf das Landgericht mit Beschluss vom 20.10.2005 kostenpflichtig und unter Zurückweisung des Antrags der Antragsgegnerin auf Prozesskostenhilfe. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Ein Erstbeschwerdeführer, dessen Beschwerde verworfen wurde, ist ohne Rücksicht auf die Zulässigkeit der Erstbeschwerde zur Erhebung der sofortigen weiteren Beschwerde berechtigt im Sinne von § 29 Abs. 4, § 20 FGG (BayObLGZ 1993, 253/255; 1991, 1/4).

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

Mangels Rechtsschutzbedürfnisses für eine Entscheidung in der Hauptsache sei die sofortige Beschwerde unzulässig. Demgemäß sei auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.

Das Landgericht sei für die Beschwerdeentscheidung zuständig, da in erster Instanz die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts gegeben gewesen sei. Nach der derzeitigen Gesetzeslage sei § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO unanwendbar auf Streitigkeiten, die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betreffen und für die das Vormundschaftsgericht zuständig sei. Die vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vorgelegten Entscheidungen zur Zuständigkeit des Familiengerichts beträfen jeweils anders gelagerte Rechtsfälle.

Die Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens bedürfe nach der Rechtskraft der Scheidung nicht mehr der Zustimmung. Zwar sei der Antrag eines Ehegatten auf Teilungsversteigerung nach § 1365 BGB zustimmungsbedürftig. Die Kammer folge nicht der Auffassung, wonach mit der Rechtskraft der Scheidung auch die Zustimmungsbedürftigkeit entfalle, ein ohne Zustimmung abgeschlossenes und somit bis dahin schwebend unwirksames Rechtsgeschäft mit diesem Zeitpunkt wirksam werde. Die Regelung des § 1365 Abs. 1 BGB bezwecke zunächst die Erhaltung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Familiengemeinschaft und darüber hinaus den Schutz des anderen Ehegatten vor der Gefährdung seiner Anwartschaft auf Zugewinnausgleich bei Beendigung des Güterstandes. Die Erhaltung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Familiengemeinschaft könne vorliegend nicht mehr erfüllt werden, weil infolge der rechtskräftigen Ehescheidung keine Familiengemeinschaft mehr existiere. Die Zustimmung des nicht verfügenden Ehegatten bleibe nach der Scheidung schon dann erforderlich, wenn die Gefährdung eines etwa bestehenden Ausgleichsanspruchs sich nicht ausschließen lasse. Daran fehle es jedoch im vorliegenden Fall. Die streitgegenständliche Immobilie stehe im hälftigen Miteigentum beider geschiedenen Ehegatten. Da unstreitig ein freihändiger Verkauf nicht möglich sei, sei die Teilungsversteigerung der einzig mögliche Weg, das gebundene Vermögen zu liquidieren. Es sei ausgeschlossen, dass ein etwa bestehender Ausgleichsanspruch der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller dadurch gefährdet werde, da beiden Miteigentümern aus dem Erlös derselbe Betrag zufließen würde.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) im Ergebnis stand.

a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde der Antragsgegnerin nach Rechtskraft der Scheidung nicht mehr besteht. Hierdurch ist nämlich die Erledigung der Hauptsache eingetreten.

Im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Hauptsache erledigt, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach- oder Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, so dass eine Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann (vgl. BGH NJW 1982, 2505/2506; BayObLGZ 1990, 130/131; Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 85). Nach Erledigung der Hauptsache im Beschwerdeverfahren ist eine Entscheidung über den erledigten Verfahrensgegenstand nicht mehr zulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür fehlt. Beschränkt der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel auf die Kosten, hat das Gericht nur noch über die Kosten des gesamten Verfahrens zu befinden (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 783; Keidel/Zimmermann FGG 15. Aufl. § 13a Rn. 47 m.w.N.).

aa) Durch die Rechtskraft des Scheidungsverfahrens ist Erledigung der Hauptsache im vorliegenden Verfahren eingetreten. Bei einer vor der Ehescheidung beantragten, jedoch erst danach durchzuführenden Teilungsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Miteigentümergemeinschaft entfällt die Zustimmungspflicht aus § 1365 BGB mit Rechtskraft der Scheidung (vgl. OLG Celle FamRZ 1983, 591; MünchKomm/Koch 4. Aufl. § 1365 BGB Rn. 60; Böttcher ZVG 4. Aufl. 180 Rn. 50; Stöber ZVG 18. Aufl. § 180 Anm. 3.13 l). Soweit das Bayerische Oberste Landesgericht hierzu eine andere Auffassung vertreten hat (vgl. FamRZ 1981, 46/47), wird diese Auffassung vom Senat, der infolge des Gerichtsauflösungsgesetzes (BayObLGAuflG vom 25.10.2004 GVBl S. 400) insoweit Rechtsnachfolger geworden ist, nicht mehr aufrecht erhalten. Eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG ist somit entbehrlich.

Die Tatsache, dass die Frage des Zugewinnausgleichs zwischen den Beteiligten noch nicht abschließend geklärt ist, steht einer Erledigung der Hauptsache nicht entgegen. Zwar kann nach Auffassung der Oberlandesgerichte Celle und Köln die Zustimmungspflicht nach § 1365 BGB auch nach Eintritt der Scheidungsrechtskraft fortbestehen, wenn die Scheidungsfolgesache Zugewinnausgleich zunächst im Scheidungsverbund anhängig gemacht worden und später abgetrennt worden ist und die Verfügung eines Ehegatten über sein (zumindest im Wesentlichen) ganzes Vermögen noch vor rechtskräftigem Abschluss des Zugewinnausgleichsverfahrens getroffen wird (OLG Celle FamRZ 2004, 625/626; OLG Köln FamRZ 2001, 176). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Zwar ist der Zugewinnausgleich zwischen den Beteiligten noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Vielmehr ist eine entsprechende Auskunftsklage der Beschwerdeführerin anhängig. Diese wurde jedoch nicht im Verbund, sondern selbständig geltend gemacht. Eine Ausdehnung von § 1365 BGB auch auf eine derartige Fallkonstellation würde jedoch den Rahmen einer zulässigen Analogie sprengen. Bei § 1365 BGB handelt es sich um eine Verfügungsbeschränkung, die erheblich in die Rechte des Eigentümers eingreift. Es erscheint schon fraglich, ob man über den Wortlaut von § 1365 BGB hinaus bei einem abgetrennten Zugewinnausgleichsverfahren die Verfügungsbeschränkung fortwirken lassen kann (kritisch hierzu Janke FamRZ 2004, 627 ff.). Jedenfalls dann, wenn der Zugewinnausgleich nicht im Verbund geltend gemacht wurde und es dann im freien Belieben des geschiedenen Ehegatten steht, wann er seine Ansprüche geltend macht, kann § 1365 BGB jedenfalls nicht mehr entsprechend angewandt werden, weil dies ohne hinreichende gesetzliche Grundlage zu weitgehend in die Rechte des Eigentümers eingreifen würde. Im vorliegenden Fall ist daher die Zustimmungspflicht mit Rechtskraft der Scheidung entfallen und der Antragsteller nicht mehr gehindert, die Teilungsversteigerung weiter zu betreiben.

bb) Mit Erledigung der Hauptsache ist ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses entfallen, weil dies eine Verbesserung der Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nicht herbeiführen könnte. Der Antrag der Beschwerdeführerin, den amtsgerichtlichen Beschluss aufzuheben, ist daher unzulässig. Im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit findet auch eine im Tenor zum Ausdruck gebrachte Feststellung, dass die Hauptsache erledigt sei, - anders als u.U. im Zivilprozess - nicht statt, so dass auch diesem Hilfsantrag der Beschwerdeführerin nicht zu folgen ist. Vielmehr hätte die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf die Kosten beschränken müssen oder u.U. einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses stellen müssen (wobei fraglich ist, ob insoweit ein hinreichendes Feststellungsinteresse gegeben gewesen wäre). Die Beschwerdeführerin hat jedoch ihren Antrag nicht umgestellt, so dass das Landgericht zu Recht ihre Beschwerde als unzulässig verworfen hat.

b) Auch in der Sache wäre die sofortige weitere Beschwerde im Übrigen ohne Erfolg geblieben.

aa) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass das Amtsgericht als Vormundschaftsgericht für die Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung zuständig war (vgl. BGH NJW 1982, 2556; BayObLG FamRZ 1996, 1013/1014). Die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Entscheidungen betrafen andere rechtliche Konstellationen (Drittwiderspruchsklage gegen den Teilungsversteigerungsantrag).

bb) Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung war auch nicht rechtsmissbräuchlich. Auch wenn ein Scheidungsurteil bereits ergangen war, so war es doch nicht ausgeschlossen, dass das Urteil im Rechtsmittelweg angefochten und nicht nach Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig werden würde.

cc) Ob die Teilungsversteigerung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, richtet sich nach dem Familieninteresse. Dies erfordert eine Abwägung der Interessen aller Familienangehörigen unter Berücksichtigung aller Umstände. Leben die Ehegatten dauernd getrennt, können nach Lage des Falles die Anforderungen an die Ersetzung der Zustimmung geringer zu bemessen sein (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 1013/1014 f m.w.N.). Die Würdigung des Tatrichters, ob die angestrebte Teilungsversteigerung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht oder die Beschwerdeführerin ihre Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert, kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).

Die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts sind in rechtlich einwandfreier Weise zustande gekommen. Der Inhalt der genannten unbestimmten Rechtsbegriffe wurde nicht verkannt und die oben dargelegten Grundsätze wurden beachtet. Insbesondere ist die erforderliche Interessenabwägung vorgenommen worden, alle wesentlichen Umstände wurden berücksichtigt und relevante Umstände nicht unvertretbar über- oder unterbewertet (vgl. BayObLG aaO).

Die Argumente der Beschwerdeführerin greifen insoweit nicht durch. Auf die Erfolgsaussichten des Zwangsversteigerungsverfahrens kommt es nicht an, zumal im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des Amtsgerichts ein freihändiger Verkauf der Immobilie nicht möglich war und damit die Teilungsversteigerung die einzige Möglichkeit zur Übertragung der Immobile darstellt. Wenn es mangels hinreichend hoher Gebote nicht zu einer Veräußerung der Immobilie kommt, wird dadurch der Schutzzweck des § 1365 BGB nicht verletzt, weil der Zugewinnausgleichsanspruch dann gerade nicht gefährdet wird. Wohninteressen der Beschwerdeführerin sind nicht berührt, weil diese bereits aus dem Anwesen ausgezogen ist. Eine Gefährdung ihres Zugewinnausgleichsanspruchs bei einer erfolgreichen Versteigerung erscheint im Übrigen abgeschlossen. Unstreitig stellt die Immobilie das wesentliche Vermögen der beiden Ehegatten dar. Dieses steht je zur Hälfte im Miteigentum der Ehegatten, so dass der Erlös aus einer Teilungsversteigerung beiden in gleicher Weise zufließt, ohne dass insoweit Ausgleichsansprüche zwischen beiden Ehegatten entstehen könnten.

III.

1. Die beantragte Prozesskostenhilfe kann nicht bewilligt werden, weil das Rechtsmittel von vorneherein keine hinreichende Erfolgsaussicht hatte (§ 14 FGG, § 114 ZPO).

2. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

3. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 und 2 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück