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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 06.06.2007
Aktenzeichen: 33 Wx 73/07
Rechtsgebiete: BGB, FGG, GG


Vorschriften:

BGB § 1897
FGG § 20
GG Art. 12
Dem vom Betroffenen vorgeschlagenen, aber vom Gericht nicht bestellten berufsmäßigen Betreuer kann ausnahmsweise dann ein eigenes Beschwerderecht nach § 20 FGG gegen die Auswahlentscheidung zustehen, wenn ihm darin die generelle Eignung zur Führung von Betreuungen abgesprochen wird und deshalb konkret zu besorgen ist, dass die Entscheidung die faktische Wirkung eines Berufsverbots entfaltet.
Gründe:

I.

Für den Betroffenen besteht seit dem 18.12.2000 eine Betreuung für alle Angelegenheiten einschließlich Entgegennahme und Öffnen der Post. Er ist strafrechtlich in der Bezirksklinik A. untergebracht. Nachdem er zunächst durch seine Ehefrau betreut worden war, wurde für ihn am 18.1.2005 die berufsmäßige Betreuerin S. bestellt. Am 7.2.2006 hat der Betroffene beantragt, wegen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses die Betreuerin S. zu entlassen und den Beteiligten als seinen Betreuer zu bestellen. Mit Beschluss vom 28.3.2006 hat das Amtsgericht den Betreuerwechsel abgelehnt. Auf die hiergegen vom Betroffenen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht am 23.3.2007 die Betreuerin wegen Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen entlassen und den jetzigen Betreuer bestellt. Soweit der Betroffene die Bestellung des Beteiligten beantragt hatte, hat es die Beschwerde zurückgewiesen Der Betroffene hatte außerdem die Feststellung beantragt, dass die Führung der Betreuung durch die erste und die zweite Betreuerin pflichtwidrig gewesen sei. Insoweit hat die Kammer die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Betroffene sein Beschwerdeziel der Bestellung des Beteiligten als Betreuer und der Feststellung der Pflichtwidrigkeit der Betreuungsführung durch die beiden ehemaligen Betreuerinnen weiter. Die Beschwerde des Beteiligten, der in den Tatsacheninstanzen teilweise als Bevollmächtigter des Betroffenen tätig war, richtet sich vor allem gegen die Würdigung seiner Person und seiner Eignung als Betreuer im Beschluss des Landgerichts.

II.

Die weiteren Beschwerden sind zulässig, insbesondere statthaft und in der erforderlichen Form eingelegt (§§ 27, 29 FGG).

Auch der Beteiligte ist gemäß § 20 FGG beschwerdeberechtigt, weil die Entscheidung in sein Grundrecht auf Freiheit der Berufsausübung und Berufswahl (Art. 12 GG) eingreift.

Nach § 20 Abs. 1 FGG steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist. Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn unmittelbar nachteilig in dessen Rechtsstellung eingegriffen wird, indem Rechte aufgehoben, beschränkt, gemindert oder deren Ausübung gestört oder erschwert wird. Diese Beeinträchtigung muss im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung vorhanden gewesen sein und im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde fortbestehen (BGH FamRZ 1958, 416; OLG Köln FamRZ 1971, 190; KG FGPrax 1995, 120).

Grundsätzlich hat der abgelehnte Betreuerbewerber kein Beschwerderecht, weil ihm kein subjektives Recht zusteht, als Betreuer bestellt zu werden. Auch kann eine Beschwer in der Regel nur aus dem Inhalt der Entscheidungsformel und nicht aus der Art der Begründung der angefochtenen Entscheidung hergeleitet werden (BayObLGZ 1975, 420/424; KG FamRZ 1977, 65; Bumiller/Winkler FGG 8. Auflage 2006 § 20 Rn. 7). Der Senat hält an diesen Grundsätzen fest.

Diese Grundsätze können in Ausnahmefällen bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen jedoch nicht uneingeschränkt gelten. In krassen Einzelfällen kann eine Entscheidung unter Heranziehung der Gründe eine Wirkung entfalten, die der einer behördlichen Anordnung oder einer gerichtliche Entscheidung gleichkommt.

Das Landgericht hat hier dem Beteiligten als berufsmäßigen Betreuer generell und absolut die Eignung zur Führung von jeglichen Betreuungen abgesprochen. Dies kann sich als faktisches Berufsverbot auswirken und so existentiell in das Recht des Beteiligten auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG eingreifen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Auswirkungen der landgerichtlichen Entscheidung auf den konkreten Einzelfall beschränken. Dem Senat ist aus einem Parallelverfahren bekannt, dass sich die zuständige Behörde auch in anderen Fällen zur Ungeeignetheit des Beteiligten auf die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts beruft. Der Beteiligte hat im Verfahren der weiteren Beschwerde auch Schreiben anderer Betreuungsstellen vorgelegt, in denen auf Aufforderung durch die hier zuständige Behörde alleine unter Bezugnahme auf die Beschwerdeentscheidung in diesem Verfahren seine Entlassung als Betreuer in anderen Fällen beantragt wird und die teilweise bereits formularmäßig ein Ankreuzfeld bezüglich seiner Ungeeignetheit enthalten.

In einem solchen Ausnahmefall ist der Beteiligte als beschwerdeberechtigt gemäß § 20 Abs. 1 FGG anzusehen, um ihm Gelegenheit zu geben, den Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit bereits fachgerichtlich und nicht erst verfassungsgerichtlich überprüfen zu lassen.

III.

Die Beschwerden sind auch in der Sache überwiegend begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

a) Zahlreiche Schreiben des Beteiligten ließen nur den Schluss zu, dass dieser an einer psychischen Erkrankung leide oder aber ihm jeglicher Respekt und Anstand anderen gegenüber völlig fehle, so dass ein Tätigwerden zu Wohle des Betroffenen ausgeschlossen sei. Die Kammer maße sich zwar nicht an, das Vorliegen einer psychischen Erkrankung diagnostizieren zu wollen, doch sei ihr bekannt, dass bestimmte Formulierungen des Beteiligten für das Vorliegen eines Wahnsystems sprechen und Ausdruck einer behandlungsbedürftigen Psychose sein könnten. Nachdem der Beteiligte zunächst die Beschwerdekammer in einem anderen Verfahren noch als die Kammer angesehen habe, die die angeblich rechtswidrige Entscheidung des Amtsgerichts zu Fall bringen werde, bringe er nunmehr in jenem Verfahren unverhohlen die Missachtung gegenüber der Kammer zum Ausdruck. Die der Betreuungsstelle vorliegenden beiden Atteste von Dr. T. und Dr. R. aus dem Jahre 2005 hätten demgegenüber keine Bedeutung, weil sie nicht aktuell und nicht von einem gerichtlich bestellten Gutachter gefertigt seien. Auch die Einstellung des "gegen" den Beteiligten geführten Betreuungsverfahrens spreche nicht gegen seine psychische Erkrankung, da die Einstellung nur auf der Vorlage einer Generalvollmacht beruhte.

Selbst wenn die Äußerungen des Beteiligten nicht Ausfluss einer psychischen Erkrankung sein sollten, käme seine Bestellung als Betreuer nicht in Betracht. Da der Betreuer sich häufig mit Angehörigen, Dritten und Mitarbeitern von Ämtern und Behörden auseinandersetzen müsse, könne es keinesfalls zum Wohle des Betroffenen sein, wenn er immer die Menschen als Lügner darstelle, die anderer Meinung seien als er. Der Beteiligte habe nicht nur mit einem einzelnen Mitarbeiter der Betreuungsstelle Probleme, sondern mit allen Mitarbeitern. Das gipfle in der Forderung, die Betreuungsstelle N. müsse abgeschafft werden. Auch die Abschaffung der Betreuungsstelle R. habe er schon verlangt. Wer Betreuungsstellen abschaffen wolle, nur weil sie ihm nicht genehme Auffassungen vertreten, setze sich klar in Widerspruch zum Betreuungsgesetz.

b) Der Beteiligte manipuliere die schutzbedürftigen Betroffenen. So habe er einen Betroffenen veranlasst, Beschwerde gegen eine Vergütungsfestsetzung einzulegen, in der lediglich die gesetzliche Vergütung und nicht eine höhere vereinbarte Vergütung festgesetzt wurde. Es werde als äußerst perfide empfunden, dass der Beteiligte den Betroffenen gegen das Gericht mit der Behauptung aufgehetzt habe, dieses ignoriere die freie Entscheidung des Betroffenen. Dieses Verhalten sei unverantwortlich und skrupellos. Ähnlich kritisch sei, dass der Beteiligte geschäftsunfähige Personen von ihm vorformulierte Betreuungsverfügungen unterschreiben lasse, wobei diese nur mit Mühe oder gar nicht in der Lage seien, den Inhalt des Schreibens zu verstehen. Auch habe er sich eine Vollmacht unterschreiben lassen und im Namen einer Betroffenen sich gegen die Aufhebung ihrer Betreuung gewandt, obwohl dies nicht dem Willen der Betroffenen entsprochen hätte.

c) Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass es bedenklich sei, wenn ein Berufsbetreuer nicht nur mit Geldstrafen für begangene Delikte belegt worden sei, sondern gegen ihn weitere Strafverfahren liefen. Gerade ein Berufsbetreuer solle seine Zeit nicht mit der Verteidigung in seinen Strafverfahren verschwenden, so dass ihm dies von der Zeit für die Betreuungstätigkeit abgehe. Bedenklich sei auch, dass der Beteiligte gegenüber einem Kammermitglied angegeben habe, er habe sich bisher nur einmal etwas zuschulden kommen lassen, obwohl das Bundeszentralregister drei Eintragungen aufweise. Auch seien die zahlreichen Namensvarianten, die der Beteiligte in der Vergangenheit geführt habe, nicht nachzuvollziehen. Ein Betreuer sei nicht geeignet, wenn er noch auf der Suche nach seiner Identität sei. Es erschließe sich der Kammer auch nicht, warum der Beteiligte bis vor kurzem noch die Anschrift in der A.-Straße angab und mittlerweile die K.-Straße angibt und daneben noch eine Adresse in London, bei der es sich um eine Briefkastenadresse handle. Die Inhaber von solchen Briefkastenadressen zeichneten sich üblicherweise durch Betrügereien aus, ein Berufsbetreuer sollte so etwas nicht nötig haben. Bezeichnend sei auch, dass der Beteiligte früher in seinem Briefkopf die Berufsbezeichnungen "Dipl.-Jurist, Bachelor of Law, Bankkaufmann, professionelle Betreuung, Schuldenberatungen" geführt habe, während sich in den von ihm übergebene Unterlagen lediglich ein von der Universität Moskau ausgestelltes Diplom als "Bachelor of Law, LLB in international right" befinde, welches weder ein Bachelor-Diplom darstelle, noch dem Titel Diplom-Jurist entspreche. Es bestehe hier der Verdacht, dass diese Titel verwendet wurden, um bei Vergütungsabrechnungen eine höhere Vergütung zu erlangen.

d) Gegen die Geeignetheit des Beteiligten spreche auch, dass er im vorliegenden Verfahren dem Betroffenen zahlreiche Schreiben vorgelegt habe, die eine erhebliche Kritik an der Betreuerin enthielten. Dies stelle bei der Erkrankung des Betroffenen eine erhebliche Gefährdung der Betreuerin dar, da nach einem Sachverständigengutachten vom 2.7.2005 beim Betroffenen eine hirnorganische Persönlichkeitsveränderung mit paranoider Symptomatik festzustellen sei und bei erheblich eingeschränkter Kritik- und Urteilsfähigkeit impulsive und aggressive Persönlichkeitsanteile mit einem komplexen Wahngebäude vorlägen. Daher sei nach Ansicht des Gutachters die Gefahr sehr hoch, dass der Betroffene in Zukunft schwere Straftaten, insbesondere Körperverletzungen begehe und es bestehe auch die Gefahr, dass Menschen zu Tode kämen. Die Kammer schließe sich dem an und könne daher nicht ausschließen, dass der Betroffenen nach dem Lesen der Schreiben des Beteiligten die Betreuerin in sein Wahngebäude einbaue und ihr gegenüber gewalttätig werde.

e) Bedenklich sei auch, dass der Beteiligte in einem anderen Verfahren Betreuervergütung für Fahrten beantragt habe, die er gar nicht durchgeführt hatte. Entscheidungserhebliche Einwände habe der Beteiligte hiergegen nicht vorgebracht.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Da das Landgericht die frühere Betreuerin entlassen hat, richtet sich die Auswahl des neuen Betreuers nach § 1897 BGB (vgl. BayObLG FamRZ 2001, 252). Gemäß § 1897 Abs. 1 BGB ist als Betreuer eine natürliche Person zu bestellen, die geeignet ist, die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen.

Schlägt der Volljährige eine Person vor, die zum Betreuer bestellt werden kann, so ist diesem Vorschlag zu entsprechen, wenn es dem Wohl des Volljährigen nicht zuwiderläuft (§ 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB).

An den Vorschlag des Betroffenen ist das Gericht grundsätzlich gebunden, auch wenn der Betroffene nicht geschäftsfähig ist, aber seinen Wunsch mit natürlichem Willen kundtun kann (BayObLG BtPrax 2002, 36). Insofern hat das Gericht kein Auswahlermessen (BayObLG FamRZ 1996, 1374 = Rpfleger 1997, 19).

Dem Vorschlag braucht dann nicht entsprochen zu werden, wenn der Vorschlag nicht auf einer eigenständigen und dauerhaften Willensbildung des Betroffenen beruht (BayObLG FamRZ 2003, 1871 [LS] = ZFE 2004, 92; FamRZ 2004, 978; FamRZ 2005, 548). Der ernsthafte und durch seinen natürlichen Willen getragene Wunsch auch eines willensschwachen Betroffenen nach einem bestimmten Betreuer ist nur dann nicht zu beachten, wenn die Bestellung des gewünschten Betreuers dem Wohl des Betroffenen widerspricht.

Die Annahme, ein Vorschlag des Betroffenen laufe seinem Wohl zuwider, bedarf konkreter tatsächlicher Feststellungen (BayObLG FamRZ 1994, 323,/324; OLG Düsseldorf BtPrax 1995, 110) und einer umfassenden Abwägung aller Umstände (BayObLGZ 1996, 136 = FamRZ 1996, 1374). Erst konkrete Gefahren rechtfertigen es, einen Vorschlag zu übergehen (OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 1373). Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des Wohls des Betroffenen unterliegt der vollen rechtlichen Überprüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde.

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeentscheidung nicht.

aa) Die Ausführungen des Landgerichts zur psychischen Gesundheit des Beteiligten können dessen Ungeeignetheit nicht begründen. Wie die Kammer selbst angedeutet hat, fehlt ihr insoweit die fachpsychiatrische Sachkunde. Im Übrigen stellen sich die vom Beschwerdegericht zitierten Textpassagen aus den Schreiben des Beteiligten bei nüchterner Betrachtung als oft überspitzte scharfe Kritik an der Betreuungsstelle und an den Gerichten dar. Der Senat kann nicht erkennen, dass solche Formulierungen nur von psychisch Kranken gebraucht würden. Auch das bezüglich des Beteiligten zeitweilig geführte Betreuungsverfahren erlaubt keine Schlüsse auf dessen psychischen Zustand, da derartige Verfahren auf bloße Anregungen hin eingeleitet werden und erst im weiteren Verlauf die Voraussetzungen einer Betreuung geprüft werden.

Dass der Beteiligte Mitarbeiter der Betreuungsstelle beleidigt und auch gegenüber der Beschwerdekammer seine Missachtung zum Ausdruck gebracht hat, kann seine Ungeeignetheit als Betreuer für den Betroffenen nicht begründen. Es ist nicht ersichtlich, dass sich diese Verhaltensweisen des Beteiligten nachteilig auf andere Betroffene ausgewirkt hätten und dass zu besorgen sei, dies würde sich im vorliegenden Verfahren künftig zum Nachteil des Betroffenen auswirken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es zwischen einem Betreuer nach seiner Bestellung und der zuständigen Behörde nur wenige Berührungspunkte gibt, die das Wohl des Betroffenen beeinträchtigen könnten. Die Kammer hat keine Feststellungen getroffen, dass der Beteiligte sich auch gegenüber anderen Personen so verhalten habe, die für das Wohl des Betroffenen wichtig sind, wie etwa die behandelnden Ärzte oder Bekannte und Verwandte des Betroffenen. Vielmehr hat der behandelnde Arzt in der Bezirksklinik bei der Anhörung durch die Kammer im Dezember 2006 mitgeteilt, es klappe gut mit dem Beteiligten. Er habe auch einige weitere Betreuungen auf der Station. Es laufe bei allen Betreuungen durch den Beteiligten gut.

bb) Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts tragen die Schlussfolgerungen nicht, der Beteiligte manipuliere Betroffene und zwinge ihnen seinen Willen auf. Allein der Umstand, dass der Betroffene die Festsetzung einer höheren als der gesetzlichen Vergütung für die Betreuung eines bemittelten Betroffenen begehrte, die auf einer Vereinbarung mit dem geschäftsfähigen Betroffenen beruhte, lässt diesen Schluss nicht zu. Es ist durchaus möglich, dass der Betroffene mit der Betreuung durch den Beteiligten so zufrieden war, dass er ihm eine höhere als die gesetzliche Vergütung zukommen lassen wollte. Auch in anderen Gebieten sind Honorarvereinbarungen, die über den gesetzlichen Gebühren liegen, durchaus üblich und werden auch vereinbart. Zwar gehen sowohl die herrschende Rechtsprechung als auch die überwiegende Literaturmeinung davon aus, dass der Betreuer derartige Vereinbarungen auch nicht mit einem geschäftsfähigen Betroffenen schließen kann und dass eine Festsetzung höherer Vergütungen deshalb nicht möglich sei. Jedoch wird teilweise in der Literatur die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen und der darauf gestützten Vergütungsfestsetzungen bejaht (so Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1836 BGB Rn. 60; vgl. hierzu auch - im Ergebnis ablehnend - Staudinger/Engler BGB Neubearb. 2004 § 1836 Rn. 142 mwN. zum Streitstand).

Soweit die Kammer zwei andere Betreuungsverfahren anführt, in denen der Beteiligte von ihm vorgefertigte Schreiben von Betroffenen unterzeichnen lassen habe, die nicht dem Willen der Betroffenen entsprochen hätten, reichen die Feststellungen der Kammer nicht aus, um daraus negative Schlüsse auf die Eignung des Beteiligten zu ziehen. Nach Lage der Akten stehen zwar die Schreiben in Widerspruch zu späteren oder früheren Äußerungen der Betroffenen. Doch bedürfen die Aussagen von psychisch kranken Menschen der besonders sorgfältigen Prüfung, da immer damit zu rechnen ist, dass beispielesweise plötzliche unmotivierte Sinneswandel vorkommen oder sich die Betroffenen an Früheres nicht erinnern oder Personen verwechseln. Den Ausführungen der Kammer ist nicht zu entnehmen, an welchen Krankheiten die Betroffenen in diesen Fällen litten. Es hätte sich insoweit angeboten, den Beteiligten zu den Widersprüchen zu befragen und ihm Gelegenheit zu geben, zur Sachaufklärung beizutragen oder auch die Betroffenen hierzu anzuhören. Die bloße Gegenüberstellung von Aussagen und Schreiben der Betroffenen aus jeweils unterschiedlichen Zeiträumen erlaubt noch nicht den Vorwurf der Manipulation.

Der Senat verkennt nicht, dass der gegen den Beteiligten erhobene Vorwurf der Manipulation auch auf dem in einigen Fällen entstandenen Eindruck beruhen mag, er trete an Betroffene heran mit dem Ziel der Beeinflussung, um von ihnen zum Betreuer vorgeschlagen zu werden. Zumindest im vorliegenden Fall bestätigt der Akteninhalt eine solche Vermutung nicht, da sowohl nach Angaben des Betroffenen als auch des angehörten Klinikarztes der Beteiligte anfangs sinngemäß erklärt habe, er wolle sich nicht in das bestehende Betreuungsverhältnis einmischen.

Im übrigen obliegt es jeweils dem über die Betreuerbestellung bzw. einen Betreuerwechsel entscheidenden Gericht, im Rahmen einer persönlichen Anhörung des Betroffenen die Ernsthaftigkeit eines solchen Wunsches zu überprüfen.

cc) Die Verurteilungen des Beteiligten wegen Beleidigungsdelikten und das laufende Strafverfahren wegen Beleidigung stellen ebenfalls keinen Grund dar, der die Eignung des Beteiligten als Betreuer des Betroffenen beeinträchtigen könnte. Insbesondere die Vermutung des Landgerichts, der Beteiligte würde seine Zeit mit der Verteidigung in seinen Strafverfahren verschwenden so dass ihm dies von der Zeit für die Betreuung abgehe, beruht auf keinen tatsächlichen Feststellungen der Kammer. Im Gegenteil weist der Akteninhalt auf ein sehr umfangreiches Engagement des Beteiligten in dieser Sache hin. Eine zeitliche Belastung durch Strafverfahren ist nicht ersichtlich.

Welchen Einfluss die wechselnde Namensführung auf die Betreuereignung hat, erschließt sich nicht. Es finden sich auch keine Feststellungen des Beschwerdegerichts, ob der Beteiligte nicht rechtmäßig seinen Namen geändert hat. Nach Mitteilung des Betroffenen hat er auf seine deutsche Staatsangehörigkeit verzichtet und ist nun ausschließlich britischer Staatsangehöriger. Der Name des Betroffenen unterliegt daher gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB dem britischen Recht.

Die Angabe einer zusätzlichen britischen Adresse auf den Briefbögen des Betroffenen erscheint auch dann unbedenklich, wenn es sich um eine reine Briefkastenanschrift handelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Identität des Beteiligten nie zweifelhaft war und ihn offenbar alle Schreiben von Gerichten und Behörden erreicht haben. Der Hinweis der Kammer auf betrügerische Machenschaften bei der Verwendung von Briefkastenadressen geht daher fehl. Auch der Schluss der Kammer, der Beteiligte befinde sich noch auf der Suche nach seiner Identität, ist nicht nachvollziehbar.

Es mag sein, dass Einzelheiten des Auftretens des Beteiligten wie seine Namensführung, Gestaltung von Briefbögen, Verwendung bestimmter Tätigkeitsbezeichnungen oder einer möglicherweise fiktiven ausländischen Adresse geeignet sein können, den Eindruck eines erhöhten Geltungsbedürfnisses nahezulegen. Dies rechtfertigt aber noch nicht den Rückschluss auf eine seine Eignung zur Betreuungsführung beeinträchtigende Persönlichkeitsstörung.

Soweit die Kammer aus der Führung von Berufsbezeichnungen schließt, der Beteiligte wolle sich dadurch eine höhere Vergütung verschaffen, stellt dies ebenfalls keinen Grund dar, seine Eignung in Frage zu stellen. Tragfähige Feststellungen, der Beteiligte führe diese Bezeichnungen zu Unrecht, fehlen. Ein Betreuer hat überdies Anspruch auf eine höhere Vergütung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Deshalb hatte auch das BayObLG im Verfahren 3Z BR 267/03 dem Beteiligten aufgrund der seinerzeit vorgelegten Vorbildungsnachweise eine Vergütung nach § 1 Abs 2 Nr. 2 BVormVG zugesprochen.

dd) Rechtlichen Bedenken begegnet auch die Feststellung des Landgerichts, der Beteiligte habe das Wohl und die Gesundheit der bisherigen Betreuerin gefährdet, weil er dem Betroffenen Schreiben vorgelegt habe, die eine Kritik an der Betreuerin enthielten und so die Gefahr bestünde, der Betroffene könne bei Einbau der Betreuerin in sein Wahnsystem ihr gegenüber gewalttätig werden. Hierzu fehlt es schon an Feststellungen, ob diese Schreiben inhaltlich vom Beteiligten initiiert waren und nicht auf den Wunsch des Betroffenen zurückzuführen sind. Für letzteres spricht neben den Angaben des Betroffenen selbst vor allem der Akteninhalt, aus dem zu entnehmen ist, dass das Verhältnis zwischen der ehemaligen Betreuerin S. und dem Betroffenen schon sehr bald gestört und von Vorwürfen des Betroffenen geprägt war. Aber auch die Schlussfolgerung, Kritik an der ehemaligen Betreuerin gefährde diese, beruht auf einer ungenügenden Würdigung des festgestellten Sachverhalts. Die Kammer stützt sich bei dieser Schlussfolgerung ausschließlich auf ein bereits am 2.7.2005 erstelltes Gutachten und lässt die zeitnahe Stellungnahme des behandelnden Facharztes für Psychiatrie bei der gerichtlichen Anhörung am 13.12.2006 völlig unberücksichtigt. Dieser hatte erklärt, aufgrund der Angaben der Betreuerin über die Gefährlichkeit des Betroffenen habe er Sicherheitsmaßnahmen veranlasst. Tatsächlich sei der Betroffene jedoch nie gewalttätig geworden. Vielmehr sei er während der Unterbringung selbst zweimal geschlagen worden und habe sich dabei nicht gewehrt.

Unabhängig hiervon verkennt der Senat nicht, dass grundsätzlich bei psychischen Erkrankungen mit Wahninhalten die nicht zu unterschätzende Gefahr bestehen kann, ein bestehendes Aggressionspotential in Richtung auf bestimmte Personen aufzustauen, wenn leichtfertig wahnhafte Vorstellungen des Erkrankten durch Dritte verstärkt oder durch konkrete schriftliche Ausformulierung nach außen hin fixiert werden sollten. Insoweit kann durchaus einem substantiierten Vorwurf eines "Aufhetzens" in einem solchen Fall ernstliches Gewicht zukommen. Der Senat vermag aber hier nicht zu erkennen, dass das Verhalten des Beteiligten hierzu objektiv geeignet war und subjektiv eine entsprechende Zielrichtung hatte. Es mag hier dahinstehen, ob sämtliche offensichtlich vom Beteiligten für den Betroffenen formulierten Anforderungen an die frühere Betreuerin nach Aufklärung über vermögensbezogene Vorgänge in der Vergangenheit berechtigt waren. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass zumindest teilweise ein Informationsbedarf, etwa bezüglich des Verbleibs eines abgemeldeten Pkw, bestand und insoweit konkrete Fragen nicht als unziemlich abgetan werden konnten.

ee) Zutreffend führt das Landgericht aus, dass falsche Vergütungsabrechnungen einen Eignungsmangel eines Betreuers begründen können. Um im konkreten Falle auf die Ungeeignetheit des Beteiligten als Betreuer schließen zu können, hätte es jedoch der Prüfung bedurft, ob es sich hierbei nicht um ein einmaliges Versehen gehandelt hatte. Der Beteiligte hatte in jenem Verfahren vorgetragen, es habe sich bei der Abrechnung der Fahrten um einen Übertragungsfehler aus dem Fahrtenbuch gehandelt. Es fehlt eine Begründung des Beschwerdegerichts, warum es dieses Vorbringen für unbeachtlich hält. Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei nicht nur um einen Einzelfall gehandelt hat, sind den Akten nicht zu entnehmen. Im Übrigen sind nach der aktuellen Rechtslage wegen der Pauschalierung des Betreuungsaufwandes solche Stundenabrechungen ohnehin nicht mehr erforderlich.

ff) Auch die Zusammenschau der vom Beschwerdegericht angeführten Gründe, soweit sie auf zureichender Sachverhaltsermittlung beruhen, zwingt nicht zur ernsthaften Besorgnis, der Beteiligte werde die Betreuung nicht zum Wohle des Betroffenen führen. Allerdings wird der Beteiligte künftig ernstlich zu bedenken haben, dass überspitzte und teilweise beleidigende Angriffe auf Betreuungsbehörden und Gerichte durchaus dann einen Einfluss auf Entscheidungen zur Betreuerauswahl haben können, wenn dem Gericht ein Auswahlermessen bei der Bestellung eines Betreuers zusteht, etwa wenn kein nach § 1897 Abs. 4 oder § 1908 b Abs. 3 BGB grundsätzlich zu beachtender Vorschlag eines Betroffenen vorliegt. Sollte sich zudem zeigen, dass derartiges Verhalten des Beteiligten doch negative Auswirkungen auf das Wohl von Betroffenen mit sich bringt, wird dies auch in Fällen ohne Auswahlermessen bei der Betreuerauswahl oder der Betreuerentlassung zu berücksichtigen sein.

3. Soweit die Kammer die Beschwerde als unzulässig verworfen hat, sind die weiteren Beschwerden unbegründet. Das Gesetz kennt kein isoliertes Verfahren auf Feststellung der Pflichtwidrigkeit von Handlungen eines Betreuers. Wenn der Betroffene in der Beschwerdebegründung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 6.3.2006 (BtPrax 2006, 115) die Zulässigkeit eines solchen Feststellungsverfahrens im Hinblick auf die Vergütungsansprüche eines neuen Betreuers für gegeben ansieht, kann dem nicht gefolgt werden. Die Frage, ob etwa wegen der Betreueraufgabe der Überprüfung von pflichtwidrigen Handlungen früherer Betreuer von einem Neubeginn des Berechnungszeitraums beim neuen Betreuer auszugehen wäre, wird sich erst im Zuge des Vergütungsfestsetzungsverfahrens des neuen Betreuers stellen und ist dort zu prüfen.

III.

1. Der Senat hält es für zweckmäßig, das Verfahren an das Amtsgericht zurück zu verweisen (vgl. Keidel/Meyer-Holz 15. Aufl. § 27 Rn. 61). Der vom Amtsgericht festgesetzte Überprüfungszeitpunkt liegt nun schon etwa ein halbes Jahr zurück. Führt die Überprüfung zu dem Ergebnis, dass die Betreuung aufzuheben ist, bedarf es keiner Entscheidung über den vom Betroffenen gewünschten Betreuerwechsel mehr. Wird die Betreuung verlängert, hat das Amtsgericht ohnehin zeitnah nach den Grundsätzen des § 1897 Abs. 4 BGB darüber zu befinden, ob der Beteiligte als der vom Betroffenen gewünschte Betreuer in der Lage ist, zum Wohle des Betroffenen die Betreuung zu führen.

2. Von einer Entlassung des vom Landgericht bestellten Betreuers hat der Senat abgesehen. Wird der Betreuer entlassen und ein neuer Betreuer bestellt, so ist der Nachfolgebetreuer zwar grundsätzlich wieder zu entlassen, wenn die Entlassung des ursprünglichen Betreuers auf die Beschwerde hin aufgehoben wird (BayObLGZ 1995, 267/269).

Im vorliegenden Fall ist jedoch die Entlassung des ursprünglichen Betreuers nicht aufgehoben worden. Die Entlassung des vom Landgericht bestellten Betreuers vor einer neuen Entscheidung über die Betreuerauswahl würde auch dem Wohle des Betroffenen zuwiderlaufen, da er dann ohne Betreuer wäre.

3. Für das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, dass das bereits vom Amtsgericht erholte Gutachten zur Verlängerung der Betreuung lediglich ein früheres Gutachten und Auskünfte Dritter würdigt. Der Sachverständige führte aus, der Betroffene habe eine Mitarbeit bei der Exploration verweigert, weil er dies erst mit seinem Anwalt besprechen wolle. Es dürfte sich daher anbieten, dass der Sachverständige erneut die Exploration des Betroffenen versucht. Sollte der Betroffene sich dem wieder verweigern, käme auch eine Anwesenheit des Sachverständigen bei einer richterlichen Anhörung des Betroffenen in Betracht. Einem Betreuer, gegen dessen Eignung Bedenken bestehen, ist Gelegenheit zu geben, zu diesen Bedenken Stellung zu nehmen, da andernfalls in der Regel eine fehlerfreie Sachverhaltsermittlung (§ 12 FGG) nicht möglich ist. Eine Einsicht in die Aktenteile, die sich mit seiner Eignung befassen, kann ihm nicht verwehrt werden, soweit nicht überwiegende Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen entgegenstehen.

IV.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 und Abs. 2 KostO.

Die Entscheidung zur Prozesskostenhilfe beruht auf § 14 FGG i.V.m. § 114, § 115, § 119, § 121 ZPO. Der Betroffene ist mittellos. Das Rechtsmittel hatte überwiegend Erfolg.

Ende der Entscheidung

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