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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: 33 Wx 84/08
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1908 b Abs. 1 Satz 1
FGG § 68 a Abs. 4
Hört das Landgericht nach Beschwerde des Betreuers gegen seine Entlassung wegen zerrüttetem Vertrauensverhältnis zum Betroffenen diesen persönlich an, ist es nicht verfahrensfehlerhaft, wenn der ehemalige Betreuer hierzu nicht geladen wird.
Gründe:

I. Für den Betroffenen ist seit Jahren ein Betreuer bestellt. Auf Anregung des Betroffenen hat das Amtsgericht am 18.7.2007 den bisherigen Betreuer entlassen und den jetzigen berufsmäßigen Betreuer bestellt.

Die sofortige Beschwerde des bisherigen Betreuers hiergegen hat das Landgericht am 18.3.2008 zurückgewiesen.

Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde gegen diesen Beschluss greift der ehemalige Betreuer weiterhin seine Entlassung an und rügt vor allem Verfahrensfehler der ersten und zweiten Instanz und trägt vor, es sei kein wichtiger Grund für seine Entlassung erkennbar.

II. Die gemäß § 69g Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FGG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

Der ehemalige Betreuer sei zu entlassen, weil hierfür ein wichtiger Grund vorliege. Das Vertrauensverhältnis des Betroffenen zum ehemaligen Betreuer sei nach dessen Angaben bei der Anhörung durch die Kammer am 14.2.2008 völlig zerstört. Der Betroffene habe angegeben, der Beschwerdeführer habe ihm nie zugehört und sei auf seine Probleme nie eingegangen. Bei einem Gespräch über seinen Auslandskrankenschutz habe der ehemalige Betreuer nicht zugehört sondern nur an seinem Handy herumgespielt. Er wolle immer nur die Vermögensangelegenheiten regeln, dies sei dem Betroffenen aber nicht recht. Er wolle von dem ehemaligen Betreuer in Ruhe gelassen werden. Falls dieser wieder zum Betreuer bestellt würde, werde er das sofort ablehnen. Der Betroffene fühle daher durch den Beschwerdeführer nicht ausreichend betreut und ernst genommen. Er lehne deshalb jede Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Betreuer zwischenzeitlich ausdrücklich ab. Eine weitere Bestellung des Beschwerdeführers könnte daher nachteilige Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Betroffenen haben. Die Führung der Betreuung durch ihn wäre auch tatsächlich unmöglich, weil der Betroffene jegliche Zusammenarbeit ablehne.

Bedenken gegen die Eignung des neuen Betreuers bestünden nicht. Er sei der Kammer aus zahlreichen Betreuungsverfahren als zuverlässig und erfahren bekannt. Der Betroffene habe bei seiner Anhörung durch die Kammer angegeben, mit dem neuen Betreuer gut zurecht zu kommen. Dieser sei für ihn immer telefonisch erreichbar und habe ein offenes Ohr für ihn. Der Betreuer reagiere sehr schnell und nehme, wenn notwendig, sofort Kontakt mit ihm auf. Es sei ein großer Unterschied zur Situation mit dem ehemaligen Betreuer.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung (§ 27 Abs. 1, § 546 ZPO) stand. Das Landgericht durfte den bisherigen Betreuer wegen tiefgreifender Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses entlassen.

a) Das Vormundschaftsgericht hat den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB).

Die Eignung eines Betreuers kann auch dann nicht mehr gewährleistet sein, wenn -selbst ohne eigenen Pflichtverstoß - das Vertrauensverhältnis zwischen dem Betroffenen und seinem Betreuer gestört ist und der Betroffene aus diesem Grund eigenständig und ernsthaft einen anderen Betreuer wünscht (BayObLG BtPrax 2005, 31). Hierfür sind auch Wunsch und Wille einer geschäftsunfähigen oder in ihrer geistigen Leistungskraft eingeschränkten Person zu berücksichtigen (OLG Köln FamRZ 1999, 1169), da regelmäßig der vom Betroffenen akzeptierte und gewünschte Betreuer das für die Führung der Betreuung erforderliche Vertrauensverhältnis leichter aufbauen und bewahren kann. Wesentlich ist, dass durch den neuen Betreuer das Wohl des Betroffenen erheblich besser gewahrt ist (BayObLG FamRZ 2000,1457/1458). Die Entlassung eines Betreuers nach § 1908b Abs. 1 BGB setzt damit voraus, dass das Wohl des Betroffenen bei Beibehaltung des bisherigen Betreuers nicht oder erheblich schlechter gewahrt ist als bei einem Austausch des Betreuers (vgl. BayObLG aaO. und BtPrax 2004, 240 sowie Beschluss vom 22.9.2004 - 3Z BR 150/04, zitiert nach Juris).

b) Hier hat das Landgericht die Voraussetzungen einer entfallenen Eignung des Beteiligten im wesentlichen daraus abgeleitet, dass sich der Betroffene bei seiner Anhörung durch die Kammer am 14.2.2008 nachdrücklich gegen eine Fortführung der Betreuung durch den Beteiligten und für die Amtsführung durch den neuen Betreuer ausgesprochen hat. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.

Diese Wertung samt der hierauf beruhenden Entscheidung kann der Senat nur auf Rechtsfehler überprüfen, nämlich dahingehend, ob das Landgericht von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, gegen Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet hat (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 1589 m.w.N.).

Solche Rechtsfehler sind nicht erkennbar.

aa) Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass der in der Anhörung bekundete natürliche Wille der Betroffenen zur Person des Betreuers schwankend oder nicht frei gebildet sei, zumal er mit eigenständig formulierter Begründungen seine Ablehnung des bisherigen und die Zufriedenheit mit dem neuen Betreuer ausgedrückt hat. Dies steht auch im Einklang mit den früheren Äußerungen des Betroffenen, der bereits am 21.6.2007 einen Betreuerwechsel angeregt hatte.

bb) Diese tatsächlichen Feststellungen der Kammer samt der daraus gezogenen Schlussfolgerung einer Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses binden den Senat, da sie ohne Rechtsfehler getroffen wurden.

(1) Entgegen dem Vortrag in der sofortigen weiteren Beschwerde hat das Landgericht den Verfahrenspfleger zweiter Instanz zum Anhörungstermin geladen.

(2) Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass der ehemalige Betreuer nicht zur Anhörung des Betroffenen durch die Kammer geladen wurde.

Gemäß § 68 Abs. 4 FGG kann das Gericht einen Sachverständigen zur Anhörung hinzuziehen, wenn es den Betroffenen persönlich anhört und sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm verschafft. Auf Verlangen des Betroffenen ist einer Person seines Vertrauens die Anwesenheit zu gestatten. Anderen Personen kann das Gericht die Anwesenheit gestatten, jedoch nicht gegen den Willen des Betroffenen.

Bereits hieraus ergibt sich, dass eine Pflicht des Gerichts zur Hinzuziehung anderer Personen nicht besteht. Bei der Anhörung des Betroffenen handelt es sich nicht um eine dem Zivilprozess vergleichbare mündliche Verhandlung. Es ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass die Kammer den Beschwerdeführer nicht zur Anhörung des Betroffenen geladen hat.

Zwar ist richtig, dass die persönliche Anhörung auch der Sachaufklärung im Sinne von § 12 FGG diente, das heißt dem Gericht einen unmittelbaren Eindruck von der Klarheit und Beständigkeit der Willensäußerungen der Betroffenen bezüglich des Betreuerwechsels verschaffen konnte und sollte. Es wäre deshalb kein fern liegender Gedanke gewesen, hierzu auch den ehemaligen Betreuer zu laden, um ihm ggf. mit Einverständnis des Betroffenen Gelegenheit zu Fragen an den Betroffenen zu geben. Jedoch ergibt sich hieraus keinesfalls ein zwingendes Anwesenheitsrecht des Beteiligten. Im Übrigen wäre es nicht unwahrscheinlich gewesen, dass der Betroffene wegen seiner stark negativen Einstellung zum Betroffenen dessen Anwesenheit widersprochen hätte.

Dem Beschwerdeführer wurde auch rechtliches Gehör gewährt. Einerseits hat das Landgericht ihm am 19.2.2008 eine Abschrift des Anhörungsprotokolls übersandt und ihm auch antragsgemäß am 26.2.2008 Akteneinsicht bewilligt. Bis zur Kammerentscheidung am 18.3.2008 bestand daher für den Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit, zum Ergebnis der Anhörung des Betroffenen Stellung zu nehmen.

(3) Die Rügen des Beschwerdeführers bezüglich des amtsgerichtlichen Verfahrens greifen nicht durch.

Es kann dahinstehen, ob das Amtsgericht die Anhörung des Betroffenen ohne Rechtsfehler durchgeführt hat, denn der Senat überprüft im Verfahren der (sofortigen) weiteren Beschwerde lediglich die Entscheidung des Landgerichts, die an die Stelle der amtsgerichtlichen Entscheidung getreten ist.

Nur dort, wo das Beschwerdegericht seine Entscheidung auf das Ergebnis erstinstanzlicher Verfahrenshandlungen stützt (vgl. § 69g Abs. 5 Satz 3 FGG) und diese nicht selbst vornimmt, unterliegt das amtsgerichtliche Verfahren der inzidenten Überprüfung durch den Senat.

Dies ist hier nicht der Fall, da das Landgericht die Anhörung des Betroffenen wiederholt hat. Rechtsfehler sind dabei, wie oben ausgeführt, nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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