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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 07.09.2005
Aktenzeichen: 34 Sch 21/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1059 Abs. 3 Satz 4
ZPO § 1060
Die Frage, ob der Schiedsspruch, der für vollstreckbar erklärt werden soll, eine vollstreckbare Verurteilung, insbesondere eine hinreichend bestimmte Gegenleistung, zu der Zug um Zug verurteilt wurde, enthält, kann im Vollstreckbarerklärungsverfahren grundsätzlich offen bleiben. Sie ist erst im Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu prüfen.
Tatbestand:

In dem zwischen den Parteien geführten Schiedsverfahren machte der Antragsteller gegen den Antragsgegner Vergütungsansprüche für die Durchführung von Schweißarbeiten an Bauvorhaben geltend. Der Antragsgegner wandte im Schiedsverfahren unter anderem ein, der Antragsteller sei im Besitz eines Schraubstocks und einer Bohrmaschine, die dem Antragsgegner gehören würden. Das Schiedsgericht erließ am 25. November 2004 einen Schiedsspruch, der u.a. wie folgt lautete:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.692,40 EUR - nebst 7 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2003 - zu bezahlen und zwar Zug um Zug gegen Herausgabe des Schraubstocks und der Bohrmaschine (Marke Bosch, PSB 680-ZRE).

Unter Vorlage des Schiedsspruchs im Original hat der Antragsteller beantragt, diesen für vollstreckbar zu erklären.

Der Antragsgegner widersetzt sich dem Antrag. Er wendet ein, dass der Schiedsspruch dem Bestimmtheitserfordernis nicht genüge und damit nicht vollstreckbar sei. Zwar habe der Antragsteller mittlerweile die Bohrmaschine zurückgegeben, nicht jedoch den im Tenor des Schiedsspruchs nicht näher umschriebenen Schraubstock. Der vom Antragsteller übersandte Schraubstock sei nicht der richtige gewesen und deshalb vom Antragsgegner wieder zurückgeschickt worden. Offenbar habe der Antragsteller den fraglichen Schraubstock bereits während des Schiedsverfahrens nicht mehr identifizieren können und lediglich "ins Blaue hinein" die Herausgabe angeboten. Dies stelle einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung dar, so dass der Schiedsspruch aufzuheben sei. Außerdem sei dem Antragsteller die Herausgabe des Schraubstocks unmöglich, damit sei der vom Schiedsgericht zu Unrecht angenommene Annahmeverzug des Antragsgegners beendet. Auch dies stehe der Vollstreckbarerklärung entgegen.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die vom Antragsgegner vorgebrachten Einwände ausschließlich im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 756 ZPO, nicht jedoch bei der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zu beachten seien. Zudem habe er den Schraubstock, den er vom Antragsgegner erhalten habe, zurückgegeben. Der zulässige Antrag erwies sich als begründet.

Gründe:

1. Für Anträge auf Vollstreckbarerklärung von in Bayern erlassenen Schiedssprüchen ist seit 1.1.2005 das Oberlandesgericht München zuständig (§ 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz i.d.F. vom 16.11.2004 = GVBl. Seite 471).

2. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat der Antragsteller durch Vorlage des Schiedsspruchs vom 25.11.2004 im Original (§ 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO) erfüllt.

3. Versagungs- oder Aufhebungsgründe im Sinne von § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die vom Antragsgegner geltend gemachten Einwendungen stehen der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 25.11.2004 nicht entgegen (§ 1060 Abs. 2 ZPO).

a) Zwar wurde im Schiedsspruch der Schraubstock, der u.a. Zug um Zug gegen Zahlung von EUR 16.692, 40 nebst Zinsen herauszugeben ist, nicht näher beschrieben. Für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs kommt es jedoch nicht darauf an, ob dieser einen vollstreckungsfähigen, nämlich hinreichend bestimmten Inhalt hat. Der Sinn der Vollstreckbarerklärung liegt auch in der Präklusionswirkung des § 1059 Abs. 3 Satz 4 ZPO, wonach der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs nicht mehr gestellt werden kann, wenn der Schiedsspruch von einem deutschen Gericht für vollstreckbar erklärt worden ist. Deshalb kann die Frage, ob ein Schiedsspruch eine vollstreckbare Verurteilung enthält, im Vollstreckbarerklärungsverfahren offen bleiben. Sie ist erst im Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu prüfen (BayObLG vom 27.7.1999, 4 Z Sch 31/ 99 = BB 1999, 1948, m.w.N.).

b) Auch führt die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht zu einem Ergebnis, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO). Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils (§ 1055 ZPO). Er unterliegt grundsätzlich nicht einer inhaltlichen Nachprüfung ("révision au fond") durch ein staatliches Gericht. Fehlentscheidungen des Schiedsgerichts werden ebenso hingenommen, wie bei unanfechtbaren Entscheidungen deutscher staatlicher Gerichte. Denn weder das Aufhebungsverfahren noch das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eröffnen ein Rechtsmittel zur Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs. Nur in Ausnahmefällen, in denen die Hinnahme des Schiedsspruchs schlechthin unerträglich wäre, greift der ordre public ein. Ein Schiedsspruch verstößt dann gegen den ordre public, wenn er eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er mit deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 30 Rn. 21 m.w.N.). Hierzu zählen beispielsweise die Verurteilung zu einer verbotenen oder offensichtlich sittenwidrigen Handlung, zur Erfüllung eines offensichtlich sittenwidrigen Vertrags oder die Erwirkung des Schiedsspruchs durch Betrug.

Die pauschale und bestrittene Behauptung des Antragsgegners, der Antragsteller habe im Schiedsverfahren "ins Blaue hinein" die Herausgabe des überlassenen Schraubstocks angeboten, trägt nicht die Annahme eines Verstoßes gegen den ordre public. Selbst wenn der Antragsteller im Schiedsverfahren nicht hinreichend sorgfältig geprüft haben sollte, ob er den vom Antragsgegner überlassenen Schraubstock noch im Besitz hat, würde dies weder den Vorwurf des Betrugs noch der Sittenwidrigkeit rechtfertigen.

Im Übrigen ist die Rechtsposition des Antragsgegners aufgrund der Verurteilung zur Zahlung Zug um Zug gegen die Herausgabe des Schraubstocks hinreichend gesichert.

Soweit sich der Antragsgegner gegen die Bejahung eines Annahmeverzugs in den Gründen des Schiedsurteils wendet, zielt dies auf eine Überprüfung der sachlichen Richtigkeit der Entscheidung ab, die, wie dargelegt, im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ausgeschlossen ist.

Ende der Entscheidung

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