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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 06.02.2006
Aktenzeichen: 34 SchH 10/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1037
1. Über den Antrag auf Ablehnung eines Schiedsrichters entscheidet das Schiedsgericht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters.

2. Bei der Entscheidung des staatlichen Gerichts über das Ablehnungsgesuch kommt es die fehlerhafte Besetzung des Schiedsgerichts regelmäßig nicht an.


Gründe:

I.

Die Parteien sind Ärzte, die sich durch Vertrag vom 28.8.2002 unter Gründung einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts zur Ausübung ihrer Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis zusammengeschlossen haben. In der am selben Tag abgeschlossenen Schiedsgerichtsvereinbarung für mögliche Streitigkeiten aus dem Vertrag wurde zum Vorsitzenden des Schiedsgerichts eine namentlich nicht benannte zum Richteramt befähigte Person bestimmt. Hinsichtlich der Beisitzer wurde folgende Regelung getroffen:

§ 2

2. Bis die Parteien sich ggf. auf eine neue Beisitzerregelung einigen, werden hiermit einvernehmlich

Steuerberater E.W.G. ... und Wirtschaftsprüfer, Steuerberater M.M. ... als Beisitzer bestimmt.

Die Parteien können jederzeit einvernehmlich eine andere Beisitzerregelung treffen.

Bei dem Beisitzer E.W.G. handelt es sich um den Steuerberater des Schiedsklägers, bei M.M. um den Steuerberater des Schiedsbeklagten.

Der Schiedskläger hat am 20.7.2005 einen Antrag auf Durchführung des Schiedsverfahrens gestellt. Zuvor hatte er wegen angeblicher Verfehlungen des Schiedsbeklagten den Gesellschaftsvertrag mehrfach fristlos aufgekündigt und vom Schiedsbeklagten Räumung der Praxis verlangt. Der Schiedsbeklagte hatte sich dem Begehren des Schiedsklägers widersetzt.

Inzwischen haben die in der Schiedsvereinbarung genannten Beisitzer einen Vorsitzenden bestimmt. Dieser veranlasste, dass beide Parteien und alle drei Schiedsrichter mit Datum vom 26.8.2005 bis 31.8.2005 einen Schiedsrichtervertrag abschlossen, wobei die Unterschriften beider Schiedsparteien vom 31.8.2005 datieren.

Mit Schriftsatz vom 9.9.2005 hat der Schiedsbeklagte den Schiedsrichter E.W.G. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluss vom 4.10.2005, beim früheren Verfahrensbevollmächtigten des Schiedsbeklagten laut Eingangsstempel eingegangen am 10.10.2005, hat das Schiedsgericht ohne Mitwirkung des abgelehnten Schiedsrichters diesen Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

Mit am 10.11.2005 bei der allgemeinen Einlaufstelle der Justizbehörden in M. eingegangenem, an das Oberlandesgericht adressiertem Schriftsatz seines früheren Verfahrensbevollmächtigten vom 9.11.2005 hat der Schiedsbeklagte eine gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung beantragt. Der Schiedsbeklagte rügt, dass das Schiedsgericht am 4.10.2005 in fehlerhafter Besetzung entschieden habe. Ferner habe das Schiedsgericht den Ablehnungsantrag zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen; eine Präklusion möglicher Ablehnungsgründe sei nicht eingetreten.

Der Schiedskläger hat beantragt, den Antrag des Schiedsbeklagten zurückzuweisen.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist gemäß § 1036 Abs. 2, § 1037 Abs. 2, Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Antragstellerseite, wie auf dem Schriftstück durch Eingangsstempel vermerkt, von der Entscheidung des Schiedsgerichts vom 4.10.2005 am 10.10.2005 Kenntnis erlangt hat. Der Antrag wurde somit fristgerecht innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung gestellt (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Maßgebend ist der Eingang bei der allgemeinen Einlaufstelle der Justizbehörden am 10.11.2005 (vgl. BGH Report 2003, 1035). Örtlich zuständig ist das Oberlandesgericht München (§ 8 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz i. d. F. vom 16.11.2004, GVBl. S. 471).

2. Das Schiedsgericht hat über den Ablehnungsantrag ohne Mitwirkung des abgelehnten Schiedsrichters beschlossen. Dies entspricht zwar dem allgemeinen Grundsatz des § 45 Abs. 1 ZPO, nach dem über ein Ablehnungsgesuch das Gericht ohne Mitwirkung des Abgelehnten entscheidet. Dieser Grundsatz gilt aber vorliegend nicht. Nach § 1037 Abs. 2 Satz 2 ZPO entscheidet über die Ablehnung zunächst das Schiedsgericht. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt sich, dass der abgelehnte Schiedsrichter an der Entscheidung mitwirkt (Mankowski SchiedsVZ 2004, 304/305; so auch Reichold in Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. § 1037 Rn. 4; Zöller/Geimer ZPO 25. Aufl. § 1037 Rn. 2; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 14 Rn. 22; vgl. BAG MDR 2002, 343).

Das Gesetz besagt indes nichts über die Rechtsfolgen der unterbliebenen Mitwirkung des abgelehnten Richters. Nach § 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann der Antragsteller innerhalb eines Monats das staatliche Gericht anrufen, wenn der Ablehnungsantrag erfolglos bleibt. Nach dem Wortlaut des § 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO entscheidet dieses nicht über die nach § 1037 Abs. 2 ZPO ergangene Entscheidung des Schiedsgerichts zur Ablehnungsfrage, sondern über die Ablehnung selbst. Bei dem Antrag an das staatliche Gericht handelt es sich somit nicht um ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts, sondern um ein eigenständiges gerichtliches Verfahren über das Ablehnungsgesuch. Die fehlerhafte Besetzung des Schiedsgerichts im Vorschaltverfahren und sonstige denkbare Verfahrensfehler können für den Beschluss des Gerichts also nur eine Rolle spielen, wenn sie ihrerseits berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des abgelehnten Richters aufkommen lassen. Bei der unterbliebenen Mitwirkung aber ist dies gerade nicht der Fall.

3. Die Ablehnung greift nicht durch, da die Ablehnungsgründe nicht rechtzeitig geltend gemacht wurden.

Eine Partei kann einen Schiedsrichter, den sie bestellt oder an dessen Bestellung sie mitgewirkt hat, nur aus Gründen ablehnen, die ihr erst nach der Bestellung bekannt geworden sind (§ 1036 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Darüber hinaus hat nach § 1037 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen will, innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihr die Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder ein Umstand, der berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters aufkommen lässt, bekannt geworden ist, dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen.

Sämtliche Gründe, auf die sich der Schiedsbeklagte in seinem Ablehnungsgesuch stützt, waren ihm seit Frühjahr 2005 bekannt. Zwar wurde der hier abgelehnte Schiedsrichter bereits in der Schiedsvereinbarung vom 28.8.2002 namentlich bezeichnet, den Parteien war aber die Möglichkeit eingeräumt worden, einvernehmlich eine andere Beisitzerregelung zu treffen. Unstreitig hat der Schiedsbeklagte trotz Kenntnis der von ihm jetzt geltend gemachten Ablehnungsgründe zu keinem Zeitpunkt, auch nicht nach Erhalt des Antrags des Schiedsklägers auf Durchführung des Schiedsverfahrens vom 20.7.2005, versucht, eine Änderung der Beisitzerregelung zu erreichen. Dem Schiedsbeklagten wäre es ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, die Ablehnungsgründe jedenfalls rechtzeitig vor der spätestens mit Abschluss des Schiedsvertrages erfolgten endgültigen Konstituierung des Schiedsgerichts geltend zu machen. Durch seine Unterschrift am 31.8.2005 hat der Schiedsbeklagte die Bestellung des Beisitzers E.W.G. als Schiedsrichter noch ausdrücklich bestätigt. Hierzu konnte er sich auch nicht vertraglich verpflichtet fühlen, da er nicht einmal versucht hatte, die Bestellung eines anderen Beisitzers zu erreichen. Durch die spätere Ablehnung hat sich der Schiedsbeklagte letztlich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch gesetzt. Auf eine Beurteilung der behaupteten Ablehnungsgründe kommt es infolgedessen nicht an.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Geschäftswert bestimmt sich nach dem Interesse des Antragsstellers an der Nichtteilnahme des abgelehnten Richters am Verfahren(zu den unterschiedlichen Auffassungen insoweit vgl. Zöller/Herget § 3 Rn. 16 "Ablehnung"). Der Senat legt insoweit einen Bruchteil von 1/10 des vom Schiedsgericht festgesetzten vorläufigen Streitwerts zugrunde.

Ende der Entscheidung

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