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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: 34 SchH 16/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 1036 Abs. 2 | |
ZPO § 1042 | |
ZPO § 1059 Abs. 1 | |
ZPO § 1059 Abs. 2 | |
ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b | |
ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b |
2. Ein Schiedsrichter, dem die steuerliche Beratung einer Gesellschaft obliegt, wird nicht in eigener Sache tätig mit der Folge, dass der von ihm (mit-)erlassene Schiedsspruch aufzuheben ist, wenn der Schiedsspruch die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung des Gesellschaftsvertrags aus wichtigem Grund zum Gegenstand hat und im Hintergrund des Zerwürfnisses unter den Gesellschaftern auch Auseinandersetzungen über die steuerliche Behandlung der Gesellschaft stehen.
3. Die Beurteilung des Schiedsgerichts, die Kündigung eines Praxisgemeinschaftsvertrags aus wichtigem Grund sei wegen vorsätzlicher körperlicher Misshandlung des Mitgesellschafters sowie dessen Ehefrau berechtigt, verstößt nicht deswegen gegen den ordre public, weil das Schiedsgericht es unterlassen hat, die Umstände, die zur Entfremdung der beiden Gesellschafter beigetragen haben, näher aufzuklären.
4. Die Beurteilung der Erheblichkeit von Beweisangeboten ist grundsätzlich Sache des Schiedsgerichts. Ein Unterlassen der Beweiserhebung begründet deshalb in der Regel keinen Verstoß gegen den ordre public.
Gründe:
I.
Die Parteien führen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis ein schiedsgerichtliches Verfahren.
Durch Vertrag vom 28.8.2002 schlossen sich der Antragsteller und der Antragsgegner, die Radiologen sind, unter Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Ausübung ihrer Tätigkeit in einer kassen- und privatärztlichen Gemeinschaftspraxis zusammen. Der Vertrag enthält eine Schiedsklausel, nach der Streitigkeiten aus dem Vertrag, einschließlich etwaiger Streitigkeiten über die Gültigkeit dieses Vertrags, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs von einem Schiedsgericht entschieden werden. Nähere Einzelheiten zum Verfahren regelt die am selben Tag abgeschlossene Schiedsgerichtsvereinbarung. Sie besagt in § 3 u.a., dass das Schiedsgericht in der Gestaltung des Verfahrens frei ist, der Vorsitzende für dessen schnelle Durchführung zu sorgen hat, der Schiedsspruch aufgrund einer mündlichen Verhandlung erlassen werden soll und ergänzend die Bestimmungen der §§ 1025 ff. ZPO gelten. Die Schiedsgerichtsvereinbarung bestimmt in § 2 auch die Besetzung des Schiedsgerichts. Während der Vorsitzende die Befähigung zum Richteramt aufzuweisen hat, haben die Parteien für die Beisitzer folgende Regelung getroffen:
Bis sich die Parteien ggf. auf eine neue Beisitzerregelung einigen, werden hiermit einvernehmlich Steuerberater G. und Wirtschaftsprüfer, Steuerberater M. als Beisitzer bestimmt.
Die Parteien können jederzeit einvernehmlich eine andere Beisitzerregelung vereinbaren.
Bei den beiden Personen handelt es sich um die jeweiligen Steuerberater der Parteien.
Der Antragsgegner hat ab Herbst 2004 den Gesellschaftsvertrag wiederholt aus wichtigem Grund gekündigt und dies damit begründet, das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien sei aufgrund des Verhaltens des Antragstellers völlig zerrüttet, so dass ihm eine Fortsetzung der Gesellschaft nicht zumutbar sei. Insbesondere hat er sich auf Vorfälle vom 19.11.2004 und 30.3.2005 berufen. Die erste Kündigung vom 19.11.2004 begründet er u.a. damit, dass der Antragsteller gegen ihn im Mai 2004 unvermittelt und wahrheitswidrig den Vorwurf der Steuerverkürzung erhoben habe; die weitere fristlose Kündigung vom 7.4.2005 begründet er mit grundlosen Tätlichkeiten des Antragstellers am 30.3.2005 gegen ihn und seine Ehefrau nach verbalen Auseinandersetzungen über Personalfragen.
Im schiedsgerichtlichen Verfahren hat der Antragsgegner festzustellen beantragt, dass die mit Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis vom 28.8.2002 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch verschiedene fristlose Kündigungserklärungen, die erste vom 19.11.2004, die letzte vom 9.1.2006, ihr Ende gefunden und er als Schiedskläger sein auf dem Vertrag vom 28.8.2002 beruhendes Übernahmerecht (§ 18 Ziff. 1) wirksam ausgeübt habe. Ferner hat er die Räumung und Herausgabe der Praxisräume begehrt.
Der Antragsteller hat neben der Abweisung der Schiedsklage widerklagend (Antrag B.I.) die Feststellung begehrt, dass die im Gesellschaftsvertrag unter § 21 geschlossene Konkurrenzschutzklausel unwirksam ist; hilfsweise will er festgestellt wissen, dass die Tätigkeit als Vertreter oder Angestellter eines niedergelassenen Arztes nicht unter die maßgebliche Konkurrenzschutzklausel fällt. Weiter hat er, teils abhängig von der Entscheidung über die Schiedsklage, verschiedene Feststellungs-, Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Zahlungsanträge gestellt.
Das Schiedsgericht hat nach Beweisaufnahme, insbesondere Einvernahme verschiedener Zeugen, aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15.3.2006 am selben Tag folgenden Teilschiedsspruch erlassen:
1. Es wird festgestellt, dass die mit Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis vom 28.8.2002 zwischen dem Schiedskläger und dem Schiedsbeklagten begründete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 7.4.2005, zugegangen am 21.4.2005, ihr Ende gefunden und der Schiedskläger sein Übernahmerecht nach § 18 Ziff. 1 des Vertrags über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis vom 28.8.2002 wirksam ausgeübt hat.
2. Der Schiedsbeklagte wird verpflichtet, die Praxisräume im Anwesen ..., bestehend aus folgenden Räumen ... zu räumen.
3. Der Antrag B. I. der Widerklage, einschließlich des Hilfsantrages, wird abgewiesen.
4. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Unter Vorlage einer anwaltlich beglaubigten Ablichtung des Teilschiedsspruchs, der dem Antragsteller am 29.3.2006 zugegangen ist, hat dieser am 29.6.2006 dessen Aufhebung beantragt.
Der Antragsteller trägt dazu im Wesentlichen vor:
Es lägen Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO vor, weil das Schiedsgericht nicht ordnungsgemäß besetzt sei.
Der Schiedsrichter G. habe in eigener Sache entschieden. Dies bilde einen absoluten Aufhebungsgrund. Bei dem Schiedsrichter G. handle es sich um den Steuerberater des Antragsgegners, der zugleich, mit Einverständnis des Antragstellers, die Buchführung für die Gemeinschaftspraxis sowie die steuerliche Abwicklung übernommen habe. G. habe im Zusammenhang mit dem Erwerb des hälftigen Anteils der Praxis durch den Antragsteller für die Gemeinschaftspraxis eine steuerliche Gestaltung gewählt, die für ihn nicht nur eine steuerliche Benachteiligung bedeute, sondern zugleich eine unwahre Steuererklärung hinsichtlich des vom Antragsgegner zu versteuernden Veräußerungsgewinns beinhalte. Damit werde vom Antragsteller verlangt, an einer Steuerhinterziehung mitzuwirken. In diesem Zusammenhang sei es zu dem Streit um den ersten Jahresabschluss 2002 und die darauf gestützte Kündigung gekommen. Der Schiedsrichter G. sei somit in eigener Sache, nämlich in der Beurteilung seiner eigenen steuerlichen Gestaltung als zulässig oder unzulässig, tätig geworden. Zwar habe das Schiedsgericht die außerordentliche Kündigung vom 19.11.2004 als unwirksam betrachtet. Es sei aber dennoch davon ausgegangen, der Antragsteller habe dem Antragsgegner grundlos strafbare Handlungen vorgeworfen, was geeignet sei, eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Tatsächlich seien die Äußerungen des Antragstellers aber zutreffend gewesen.
Der Antragsteller sei mit seinem Vorbringen nicht präkludiert. Er habe zwar von Anfang an den Schiedsrichter G. für befangen gehalten, sich jedoch zur Bestellung der namentlich in der Schiedsabrede genannten Beisitzer verpflichtet gesehen und gemeint, G. nur im Wege eines anschließenden Befangenheitsgesuchs ablehnen zu können. Dieses Ablehnungsgesuch habe er auch angebracht, sei damit jedoch beim Senat unter Hinweis auf die Präklusion gescheitert (Beschluss vom 6.2.2006 = 34 SchH 010/05). Dass jede Partei ihren jeweiligen Steuerberater als Schiedsrichter bestellt habe, lasse nicht den Schluss zu, eine Parteilichkeit der Beisitzer sei gewünscht gewesen. Den Parteien sei es ausschließlich darum gegangen, der richterlichen Kompetenz des Vorsitzenden die wirtschaftliche und steuerliche Kompetenz der Beisitzer zur Seite zu stellen.
Ein weiterer Mangel des Verfahrens liege in der unzutreffenden Rechtsanwendung. Das Schiedsgericht habe die Kriterien einer wirksamen Kündigung aus wichtigem Grund nicht nach § 723 BGB, sondern verfehlt nach § 626 BGB bestimmt.
Insoweit liege ebenfalls eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Der Antragsteller habe ausführlich zu den die Streitigkeiten auslösenden Differenzen der Parteien sowie auch konkret zu dem provozierenden Vorverhalten des Antragsgegners vorgetragen, ohne dass das Schiedsgericht ersichtlich diesen Vortrag überhaupt zur Kenntnis genommen, geschweige denn erwogen habe. Diesbezügliche Beweisanträge des Antragstellers seien nicht beachtet worden. Er sei auch trotz Antrags nicht persönlich angehört worden. Das betreffe sowohl den konkreten Hergang der behaupteten Tätlichkeit gegen den Antragsgegner, die angebliche Körperverletzung der Ehefrau durch den Antragsteller, das Vorverhalten und Umstände, die belegten, dass der Streit seine Ursache maßgeblich im Verhalten des Antragsgegners habe.
Auch bei der Beurteilung des der ersten außerordentlichen Kündigung zugrunde liegenden Verhaltens sei sein Vortrag vollständig übergangen worden.
Der Antragsgegner verteidigt den Schiedsspruch und begehrt die Zurückweisung des Aufhebungsantrags.
Hinsichtlich der Besetzungsrüge sei der Antragsteller präkludiert. Dieser habe bezüglich des behaupteten Ablehnungsgrundes auch nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe ausgeschöpft. Zudem habe das Schiedsgericht gerade nicht über die Zulässigkeit der steuerlichen Gestaltung durch den Schiedsrichter G. entschieden. Das Schiedsgericht sei lediglich davon ausgegangen, dass der Antragsteller entgegen seinem Vortrag den Vorwurf der Steuerverkürzung erhoben habe. Eine sachliche Bewertung dieser Äußerung habe das Schiedsgericht nicht getroffen und auch die vom Schiedsrichter G. gewählte steuerliche Gestaltung nicht geprüft.
Der Schiedsspruch enthalte, auch wenn es darauf nicht ankomme, auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keine sachlich-rechtlichen Fehler. Die verübte Körperverletzung stelle einen wichtigen Grund zur fristlosen Beendigung des Gesellschaftsvertrags dar. Das rechtliche Gehör des Antragstellers sei nicht verletzt worden; dieser habe zu jedem Zeitpunkt sich schriftlich wie mündlich äußern können und von dieser Möglichkeit auch umfassend Gebrauch gemacht. Das Schiedsgericht habe sich in seinem Schiedsspruch nicht mit allen Einzelheiten des Parteivorbringens auseinandersetzen müssen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 6.11.2006 die mündliche Verhandlung angeordnet, die am 11.12.2006 stattgefunden hat. Wegen des Ergebnisses der Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
II.
1. Für Anträge auf Aufhebung von in Bayern ergangenen inländischen Schiedssprüchen (§ 1059 ZPO) ist das Oberlandesgericht München zuständig (§ 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004, GVBl. S. 471).
Gegen einen den Förmlichkeiten des § 1054 ZPO entsprechenden endgültigen Teilschiedsspruch - wie den in anwaltlich beglaubbigter Ablichtung vorgelegten vom 15.3.2006 - ist der Aufhebungsantrag gemäß § 1059 ZPO statthaft (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 18 Rn. 6). Die Frist des § 1059 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist eingehalten.
In § 1059 Abs. 2 ZPO sind die gesetzlichen Aufhebungsgründe abschließend normiert. Ein Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden, wenn der Antragsteller einen der Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO begründet geltend macht oder wenn das Gericht einen Aufhebungsgrund nach Nr. 2 feststellt (Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. § 1059 Rn. 31). Von den in Nr. 1 enthaltenen Aufhebungsgründen hat der Antragsteller den nach Buchst. d substantiiert geltend gemacht. Danach unterliegt ein Schiedsspruch der Aufhebung, wenn die Bildung des Schiedsgerichts oder das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung des 10. Buchs der ZPO oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.
Soweit der Antragsteller bestimmte Verstöße im Schiedsverfahren unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs rügt, erlangen diese jedenfalls auch im Bereich des ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO) Bedeutung (vgl. BayObLG EWiR 2000, 199; OLG Köln SchiedsVZ 2005, 163/165; Zöller/Geimer § 1059 Rn. 68). Ob daneben auch der (fakultative) Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b 2. Alternative ZPO eine Rolle spielt (verneinend Zöller/Geimer § 1059 Rn. 40; unklar Schwab/Walter Kap. 24 Rn. 11), kann hier auf sich beruhen.
2. Der Antrag hat keinen Erfolg.
a) Ein Verstoß gegen § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO liegt nicht vor.
(1) Die Bildung des Schiedsgerichts entspricht der gesonderten Parteivereinbarung über das Schiedsgericht vom 28.8.2002. Danach haben die Parteien einvernehmlich den Steuerberater G. sowie den Wirtschaftsprüfer/Steuerberater M. als Beisitzer bestimmt und sich vorbehalten, jederzeit einvernehmlich eine andere Beisitzerregelung zu vereinbaren. Dass der Antragsteller eine andere Regelung verlangt hätte, ist nicht ersichtlich. Ebenso wenig bietet sein Vortrag Anlass, die Frage zu vertiefen, ob der Antragsgegner sich jeglichem Vorschlag auf eine Änderung der Beisitzerregelung von vornherein verschlossen hätte.
(2) Mit den nun geltend gemachten Gründen für eine Ablehnung des Schiedsrichters G. (§ 1036 Abs. 2 Satz 2, § 1037 Abs. 2 und 3 ZPO) kann der Antragsteller nicht gehört werden; er ist damit nämlich ausgeschlossen.
aa) Soweit es um Ablehnungsgründe geht, die Gegenstand der Senatsentscheidung vom 6.2.2006 bildeten (34 SchH 010/05), ist der Antragsteller schon deshalb ausgeschlossen, weil die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs materielle Rechtskraftwirkung entfaltet; die Partei kann also dieselben Ablehnungsgründe im Aufhebungsverfahren nicht erneut geltend machen (Reichold in Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. § 1037 Rn. 8; Schwab/Walter Kap. 14 Rn. 25; RGZ 148, 1/2).
Gegenstand der damaligen Schiedsrichterablehnung bildete der Umstand, dass der Schiedsrichter G. mit der Buchführung und der Erstellung der Jahresabschlüsse für die Gemeinschaftspraxis beauftragt war und in dieser Eigenschaft aus der Sicht des Antragstellers im Verdacht stand, strafbare Beihilfe zu Untreuehandlungen des Antragsgegners zu Lasten der Gemeinschaftspraxis begangen zu haben, indem er Personalkosten ausgeschiedener Mitarbeiter zu Lasten der Gesellschaft verbucht und Dritte auf Veranlassung des Antragsgegners und gegen die Weisung des Antragstellers als Angestellte der Gesellschaft angemeldet und verbucht hatte. Der Senat ging in seinem Beschluss vom 6.2.2006 davon aus, dass dem Antragsteller derartige Verfehlungen bereits seit Frühjahr 2005, mithin noch vor Erhebung der Schiedsklage und vor Unterzeichnung des Schiedsrichtervertrags, bekannt waren.
bb) Der nun vorgebrachte Umstand, dass Schiedsrichter G. neben seinem Geschäftsbesorgungsverhältnis für die Gemeinschaftspraxis zugleich Steuerberater des Antragsgegners war, ist unerheblich, weil der Antragsteller mit diesem Einwand ebenfalls präkludiert ist (vgl. § 1036 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die Steuerberatertätigkeit auch für die Gemeinschaftspraxis war dem Antragsteller bekannt; er nahm sie in Kauf, ohne daraus Folgerungen für seine Rechtsposition im Schiedsverfahren zu ziehen. Die gemeinschaftlich vorgenommene Bestellung beruhte gerade auf der von den Parteien angestellten Überlegung, dass die Interessen gleichgewichtig berücksichtigt seien, wenn die jeweiligen Steuerberater dem Schiedsgericht angehörten. Von der dem Antragsteller vertraglich eingeräumten Möglichkeit, eine andere Beisitzerregelung zu verlangen, hat dieser keinen Gebrauch gemacht. Gerade wenn der Antragsteller den Schiedsrichter G. von Anfang an für befangen hielt, ist sein Verhalten, an dessen Bestellung durch Abschluss des Schiedsrichtervertrags vom 26./31.8.2005 mitzuwirken, umso unverständlicher.
(3) Soweit im Rahmen des Aufhebungsantrags ein Besetzungsmangel darauf gestützt wird, dass der Schiedsrichter G. als Richter in eigener Sache tätig geworden sei, kann ein derartiger Umstand nicht nur einen Ablehnungsgrund, sondern auch einen Aufhebungsgrund bilden (BGH NJW 1976, 109; Zöller/Geimer § 1037 Rn. 8). Der erfolgreichen Geltendmachung steht jedoch schon entgegen, dass der Antragsteller mit dem Ablehnungsgrund, Schiedsrichter G. habe sich als Richter in eigener Sache mit der Korrektheit der steuerlichen Gestaltung im Schiedsspruch zu befassen gehabt, präkludiert ist (§ 1037 Abs. 2 Satz 2 ZPO; Zöller/Geimer § 1037 Rn. 8). Denn dass der wahrheitswidrige Vorwurf der Steuerverkürzung vom Schiedsgericht als erheblicher Sachvortrag angesehen wird, ergab sich spätestens aus dessen den Parteien bekannten Beweisbeschluss vom 2.1.2006.
Darüber hinaus können Ablehnungsgründe nur ausnahmsweise noch im Aufhebungsverfahren geltend gemacht werden, wenn ein besonders schwerwiegender und eindeutiger Fall von Befangenheit vorliegt (BGH NJW 1999, 2370; Zöller/Geimer § 1059 Rn. 7). Die Ausnahme dient nicht, wie in der staatlichen Gerichtsbarkeit, dem öffentlichen Interesse, sondern dem Schutz der Partei im Schiedsverfahren gegen eine parteiliche Rechtsprechung und verhilft dem Grundsatz zur Geltung, dass niemand vor einem Richter stehen soll, dem es an der gebotenen Neutralität fehlt (BGH aaO). Dies gilt etwa dann, wenn der Schiedsrichter mögliche gegen ihn bestehende Ablehnungsgründe pflichtwidrig nicht vorab offenbart hat, wobei jeweils eine Abwägung zwischen dem Verstoß einerseits und dem Interesse an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden andererseits vorzunehmen ist (BGH NJW 1999, 2370/2371 f.). So hat es der Bundesgerichtshof im Rahmen einer Gesamtabwägung etwa unbeanstandet gelassen, wenn als Schiedsrichter in einem nach Entstehung eines Streitfalls zur Entscheidung dieses Streits geschlossenen Schiedsvertrag ein mitzeichnungsberechtigter Organvertreter einer der Parteien gemeinsam bestellt wird (BGH NJW-RR 1976, 109).
Nicht anders kann die Abwägung hier ausfallen. Dabei lässt es der Senat offen, ob eine andere Entscheidung gerechtfertigt wäre, wenn das Schiedsgericht die Feststellung der Beendigung der Gesellschaft und die daraus folgende Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Praxisräume auf eine andere als die außerordentliche Kündigung vom 7.4.2005, nämlich auf eine solche, der unmittelbar der Vorwurf steuerstrafrechtlich erheblichen Verhaltens zugrunde lag, gestützt hätte. Gegenstand der schiedsgerichtlichen Befassung bildete nicht der Vorwurf des Antragstellers, "Steuerverkürzung" begangen zu haben. Befasst hat sich das Schiedsgericht, im Wesentlichen im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit des Antragstellers, lediglich mit der Frage, ob ein derartiger Vorwurf in Gegenwart Dritter erhoben wurde. Der vom Schiedsgericht zu beurteilende (und beurteilte) Streitstoff hatte hingegen nicht die zutreffende oder unzutreffende steuerrechtliche Gestaltung zum Gegenstand, sondern das Verhalten des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner als seinem Mitgesellschafter. Insoweit ist der Schiedsrichter G. nicht Richter in eigener Sache, selbst wenn unterstellt wird, die Spannungen unter den Parteien seien durch dessen steuerliche Gestaltung der Gemeinschaftspraxis ausgelöst worden.
(4) Soweit der Antragsteller den Vorsitzenden des Schiedsgerichts nunmehr wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, gründet dies auf tatsächlichen Umständen, die sich zeitlich nach dem Erlass des Teilschiedsspruchs vom 15.3.2006 ereignet haben. Sie wirken sich auf dessen Bestand nicht aus.
b) Auch ein Verstoß gegen den ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO) liegt nicht vor.
(1) Soweit der Antragsteller eine fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts rügt, indem das Schiedsgericht für die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung verfehlt auf § 626 BGB und nicht - wie richtig - auf § 723 BGB abgestellt habe, kann er damit nicht durchdringen. Die materielle Rechtsanwendung unterliegt nämlich nicht der Nachprüfung durch das staatliche Gericht; eine revision au fond findet nicht statt (statt aller Musielak/Voit ZPO 5. Aufl. § 1059 Rn. 18). Im Übrigen ist sowohl dem Dienstvertrag wie dem Gesellschaftsvertrag gemeinsam, dass es sich um Dauerschuldverhältnisse handelt. In beiden Fällen erfordert die Wirksamkeit der Kündigung einen wichtigen Grund, der nach den Besonderheiten des jeweiligen Vertragstyps in umfassender Abwägung zu bestimmen ist (siehe § 314 BGB; dazu Palandt/Grüneberg BGB 66. Aufl. § 314 Rn. 7). Dass dem das Schiedsgericht unter Zugrundelegung der festgestellten Verfehlungen nicht ausreichend Rechnung getragen hätte, ist nicht ersichtlich.
(2) Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Sachverhaltsaufklärung des Schiedsgerichts an Verfahrensmängeln leidet, insbesondere der zum ordre public gehörende Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu Lasten des Antragstellers verletzt wurde.
aa) Das Schiedsgericht hat den Schiedsspruch gemäß § 1054 Abs. 2 ZPO mangels abweichender Parteivereinbarung zu begründen. Es unterliegt dabei aber nicht den gleichen strengen Anforderungen wie ein staatliches Gericht; vielmehr sind die Anforderungen gering (Musielak/Voit § 1054 Rn. 4). Die Begründung dient nicht dazu, eine Nachprüfung unter dem Gesichtspunkt des ordre public sicherzustellen (BGHZ 30, 89; Zöller/Geimer § 1054 Rn. 8). Nach diesen Maßstäben ist die im Schiedsspruch niedergelegte Beweiswürdigung durch das Schiedsgericht nicht zu beanstanden. Unerheblich ist insoweit auch, dass sich das Schiedsgericht in seiner schriftlichen Begründung nicht ausdrücklich mit den Beweisangeboten des Antragstellers und deren Erheblichkeit für die Entscheidungsfindung auseinander gesetzt hat.
bb) Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt nicht darin, dass das Schiedsgericht den Beweisangeboten des Antragsgegners nicht nachgekommen ist.
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Schiedsgericht bei seiner Urteilsfindung nicht an die Beweisregeln der ZPO gebunden ist. Dies ergibt sich aus der Schiedsvereinbarung (§ 3 Abs. 1 Satz 1), die das Gericht in der Verfahrensgestaltung freistellt. Unabhängig hiervon hat es jedoch die in § 1042 ZPO verankerten Mindeststandards einzuhalten.
Den Beweisangeboten des Antragstellers ist im Wesentlichen gemeinsam, dass die als Beweismittel benannten Personen nicht zu den unmittelbaren Tatzeugen des vom Schiedsgericht als ausschlaggebend erachteten Geschehens vom 30.3.2005 zählen. Entscheidungserheblich und damit beweisbedürftig sind auch im staatlichen Gerichtsverfahren grundsätzlich nur Tatsachen, die einen unmittelbaren Bezug zum Streitgegenstand haben (Zöller/Greger § 286 Rn. 9a). Das schließt zwar die Beweiserheblichkeit mittelbarer Tatsachen nicht generell aus. Diese müssen jedoch geeignet sein, logische Rückschlüsse auf den Beweistatbestand, beispielsweise auch entkräftend, zu ziehen.
Das Schiedsgericht hat sich seine Überzeugung vom Ablauf des Vorfalls am 30.3.2005 aufgrund der Aussagen zweier unmittelbarer Tatzeuginnen gebildet und sich dabei mit deren Glaubwürdigkeit auseinander gesetzt. Weitere Anknüpfungspunkte für die Richtigkeit der Zeugenaussagen bildeten für das Schiedsgericht die vorgelegten ärztlichen Atteste, die vom Tag des Vorfalls stammten. Ersichtlich hat das Schiedsgericht unter diesen Umständen den vom Antragsteller angebotenen Zeugen aufgrund der von diesen zu bekundenden Umstände nicht einen solchen Beweiswert beigemessen, der den vom Antragsgegner geführten Hauptbeweis hätte erschüttern können. Diese Beurteilung ist grundsätzlich Sache des Schiedsgerichts und ist vom staatlichen Gericht im Verfahren nach § 1059 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO hinzunehmen.
Auch die unterbliebene Einvernahme des Antragstellers bildet keinen die Aufhebung des Teilschiedsspruchs rechtfertigenden Verstoß. Das für staatliche Gerichte maßgebliche Verfahrensrecht lässt die Beweisführung durch Parteieinvernahme nur eingeschränkt zu (vgl. §§ 445 ff. ZPO). Soweit die Partei selbst beweispflichtig ist, kann sie grundsätzlich nur einvernommen werden, wenn die Gegenseite einwilligt. Eine derartige Einwilligung lag im Schiedsverfahren unstreitig nicht vor. Den Antragsteller nicht "von Amts wegen" vernommen zu haben (vgl. § 448 ZPO) lässt jedenfalls keinen Ermessensfehler des Schiedsgerichts bei der Verfahrensgestaltung erkennen, zumal sich aus der Begründung des Schiedsspruchs entnehmen lässt, dass das Schiedsgericht die Wahrheitsliebe des Antragstellers auch aus anderen Umständen als der Darstellung zum Geschehen am 30.3.2005 in Zweifel zieht.
Das deutsche Verfahrensrecht kennt ferner die der Sachaufklärung, nicht des förmlichen Beweises, dienende Parteianhörung nach § 141 ZPO (Reichold in Thomas/ Putzo Vorbem. §§ 443 - 445 Rn. 2). Eine Verpflichtung des Schiedsgerichts, eine Parteianhörung durchzuführen, bestand nicht. Das rechtliche Gehör (§ 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO) wurde, wie sich den vorgelegten Sitzungsprotokollen des Schiedsgerichts, insbesondere dem vom 15.3.2006, entnehmen lässt, dadurch gewährt, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mehrfach mündlich Stellung nehmen konnte.
(3) Durch das Ergebnis der schiedsgerichtlichen Rechtsanwendung wird die deutsche öffentliche Ordnung nur verletzt, wenn dieses zu den Grundgedanken der staatlichen Rechtsordnung und den darin enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass der Schiedsspruch untragbar erscheint (materieller ordre public; vgl. BGH NJW 1990, 3210/3211; 2002, 960/961). Davon kann keine Rede sein. Grundlose vorsätzliche Tätlichkeiten gegen einen Mitgesellschafter und dessen Angehörige erscheinen nach den allgemeinen Wertvorstellungen geeignet, eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses hervorzurufen, die die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses begründet und damit einen Anlass zur Kündigung aus wichtigem Grund gibt (vgl. BGHZ 4, 108/113; BGH WM 1976, 1030/ 1032). Angesichts der Schwere des Vorwurfs treten dabei Verursachungsbeiträge anderer Art wie etwa verbale Auseinandersetzungen über die richtige steuerliche Behandlung der Gemeinschaft oder über Personalfragen in den Hintergrund. In den konkreten Abwägungs- und Gewichtungsvorgang der maßgeblichen Umstände hat der Senat nicht einzugreifen. Wenn das Schiedsgericht aus dem erwiesen erachteten Vorfall vom 30.3.2005 die Berechtigung zur fristlosen Kündigung des Gesellschaftsvertrags durch den Antragsgegner mit der Folge herleitet, dass der Antragsteller die Praxisräume zu räumen hat, ist dies jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des ordre public unbedenklich.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 91 ZPO.
5. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht (§ 1064 Abs. 2 ZPO).
6. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO. Der Senat legt die übereinstimmenden Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung zugrunde. Der Teilschiedsspruch behandelt die Auseinandersetzung der Parteien nicht umfassend, sondern nur in einem beschränkten Bereich. Dem trägt eine Festsetzung unterhalb des vom Antragsteller bezifferten Gesamtinteresses Rechnung.
Ende der Entscheidung
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