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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 22.12.2005
Aktenzeichen: 34 Wx 121/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2
WEG § 23 Abs. 4
Befasst sich die Eigentümergemeinschaft zunächst ablehnend mit dem Begehren eines Eigentümers, auf Kosten der Gemeinschaft die Außenwände seiner Kellerräume mit dem Ziel einer Nutzung zu Wohnzwecken mit einer Wärmedämmung versehen zu lassen, muss der betroffene Eigentümer grundsätzlich eine weitere Beschlussfassung herbeiführen, wenn er nunmehr die Anbringung einer Wärmedämmung an den Außenwänden verlangt, die eine Nutzung dieser Räume als Keller ermöglichen soll.
Tatbestand:

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Das Wohnungseigentum wurde aufgrund Teilungserklärung vom 16.6.1989 mit Nachtrag vom 30.10.1989 gebildet. Nach § 10 Abs. 3 der Nachtragsurkunde kann das Teileigentum Nr. 17 und Nr. 22 (jetzt Nr. 14) nach Wahl ihrer Eigentümer auch als Wohn- oder Aufenthaltsraum benutzt werden. Die zum Teileigentum Nr. 14 gehörenden Räumlichkeiten mit einer Nutzfläche von 56,59 m² befinden sich im Kellergeschoß. Sie haben eine lichte Höhe von unter 2,4 m; außer einer Balkontüre haben sie zur Belichtung und Belüftung nur Oberlichtfenster.

Mit Kaufvertrag vom 21.2.1992 erwarb der Antragsteller das Teileigentum, das zu diesem Zeitpunkt bereits zu Wohnzwecken genutzt wurde. Inzwischen ist zumindest eine Außenwand dieser Räume feucht; es tritt eine erhebliche Schimmelbildung auf.

Am 13.12.2004 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der über den Antrag des Antragstellers, die Außenwände seiner Wohnung zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit mit einer vorschriftsmäßigen Wärmedämmung (Verbundsystem) unter Kostenbeteiligung der Eigentümergemeinschaft zu versehen, beraten und folgender Beschluss gefasst wurde:

Beschlussvorschlag:

Nach längerer Diskussion sind sich alle beteiligten Versammlungsteilnehmer insofern einig, dass eine Entscheidung, wie auch immer, heute nicht gefällt werden soll.

Herr Z. (Antragsteller) möchte zunächst beim Landratsamt abklären, ob die von ihm erworbenen Räume überhaupt als Wohnung mit dem Recht zum dauernden Aufenthalt gilt.

Die Situation wurde ausreichend diskutiert. Sollte es möglich sein, eine Bewohnbarkeit und Luftzirkulation durch bestimmte Umbaumaßnahmen zu erreichen, kann die Genehmigung zur Vornahme zumutbarer Änderungen in Aussicht gestellt werden.

Eine finanzielle Beteiligung der Eigentümergemeinschaft im Sinne des Antrages von Herrn Z. kommt nicht in Betracht.

Abstimmungsergebnis: ohne Gegenstimme, bei Stimmenthaltung des Eigentümers Z., zugestimmt.

Die Beteiligten gehen davon aus, über die finanzielle Beteiligung eine abschließende Entscheidung getroffen zu haben.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären und festzustellen, dass die Antragsgegner verpflichtet sind, die Außenwände der Wohnung des Antragstellers zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit mit einer vorschriftsmäßigen Wärmedämmung (Verbundsystem) auf Kosten der Eigentümergemeinschaft versehen zu lassen. Das Amtsgericht hat die Anträge am 26.4.2005 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht mit Beschluss vom 15.8.2005 zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers, mit der er nunmehr neben der Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 13.12.2004 die Feststellung beantragt, dass die Antragsgegner verpflichtet sind, die Außenwände seiner Eigentumseinheit zur Wiederherstellung der Benutzbarkeit mit einer vorschriftsmäßigen Wärmedämmung auf Kosten der Eigentümergemeinschaft versehen zu lassen. Das zulässige Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Gründe:

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antragsteller habe keinen Anspruch gegen die Antragsgegner, eine Isolierung der Außenwände seiner Räume anzubringen, die eine Nutzung zu Wohnzwecken ermögliche. Die gewünschte Maßnahme entspreche nicht einer ordnungsmäßigen Verwaltung nach § 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 WEG. Zwar könne auch die erstmalige Schaffung eines ordnungsmäßigen Zustandes dazu gehören. Jedoch müsse die Isolierung der Kelleraußenwände nach der maßgeblichen Teilungserklärung nicht den Anforderungen einer ständigen Wohnraumnutzung genügen und entsprechend wärmegedämmt sein. Bei dem Sondereigentum handle es sich nämlich um Kellerräume. So seien diese auch in der Baugenehmigung behandelt worden. Die Außenwände müssten in ihrer Dämmung nur den Anforderungen an Kellerräume entsprechen. Der Nachtrag zur Teilungserklärung vom 30.10.1989 gebe den jeweiligen Eigentümern nur das Recht, die Räume auch als Wohn- oder Aufenthaltsräume zu nutzen und gegebenenfalls herzurichten. Daraus ableitbar sei aber keine Verpflichtung der Wohnungseigentümer, einen entsprechenden Zustand zu schaffen. Auch dem Kaufvertrag des Antragstellers liege diese Sichtweise zugrunde.

Der Antragsteller habe mit seinen Anträgen das Ziel verfolgt, eine Isolierung der Außenwände zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit der Kellerräume zu erreichen. Wenn der Antragsteller nunmehr im Beschwerderechtszug vortrage, die Außenmauern hätten konstruktive Mängel, die auch einer Nutzung der Räume als Keller entgegenständen, verhelfe ihm dies nicht zum Erfolg. Selbst wenn die Mängel vorlägen, sei der angefochtene Eigentümerbeschluss nicht für ungültig zu erklären. Denn die Eigentümerversammlung habe sich ausdrücklich damit befasst, ob die Gemeinschaft sich an den zur Herstellung der Bewohnbarkeit notwendigen Kosten beteilige. Darauf sei der Antrag gerichtet gewesen und darüber sei beraten und entschieden worden. Über die nun behaupteten konstruktiven Mängel sei keine Entscheidung getroffen worden. Der Feststellungsantrag könne überdies nicht dahin ausgelegt werden, zumindest auch eine Herstellung der Außenwände zur Nutzbarkeit als Keller zu erreichen. Wäre dem so, wäre der Antrag auch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil sich damit die Eigentümerversammlung noch nicht befasst habe. Vor einer Anrufung des Gerichts müsse erst eine Willensbildung in der Eigentümerversammlung stattfinden.

2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht kommt zu dem zutreffenden Ergebnis, dass der angefochtene Eigentümerbeschluss vom 13.12.2004 nicht nach § 23 Abs. 4 Satz 1, § 43 Abs. 4 Nr. 4 WEG für ungültig zu erklären ist. Der Beschluss, soweit er zum finanziellen Teil eine Regelung enthält, ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen und entspricht inhaltlich einer ordnungsmäßigen Verwaltung nach § 21 Abs. 3 und Abs. 5 Nr. 2 WEG.

Das Landgericht geht davon aus, dass die Eigentümer durch den Beschluss entschieden haben, sich finanziell nicht an der Anbringung einer Wärmedämmung für die Außenwände der fraglichen Räume zum Zweck der Bewohnbarkeit zu beteiligen. Das entspricht dem Wortlaut und dem Sinn des Beschlusses, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung ergibt (vgl. BGHZ 139, 288/292 f.). Dass Maßnahmen zur Herstellung der Bewohnbarkeit den Beschlussgegenstand bildeten, folgt auch aus der festgehaltenen Absicht des Antragstellers, beim Landratsamt abzuklären, ob die Räume überhaupt als Wohnung mit dem Recht zum dauernden Aufenthalt genutzt werden dürfen. Überdies wurden im Zusammenhang mit der Beschlussfassung Umbaumaßnahmen angesprochen, die neben der Luftzirkulation auch eine Bewohnbarkeit zum Ziel haben. Darauf käme es nicht an, wenn die Beschlussfassung die kostenmäßige Beteiligung für die Sanierung von Wänden beträfe, die zu nur als Keller genutzten Räumen gehören.

Ob es sich inhaltlich um einen Negativbeschluss handelt, kann dahinstehen. Denn auch die Ablehnung eines Beschlussantrags durch die Wohnungseigentümer hat Beschlussqualität (BGHZ 148, 335). Ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers ist jedenfalls deshalb anzuerkennen, weil er mit der Anfechtung den Feststellungs-/ Verpflichtungsantrag verbunden hatte, die entsprechende Baumaßnahme auf Kosten der Wohnungseigentümer vorzunehmen (Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 23 Rn. 160; Deckert ZMR 2003, 153/158; siehe auch BGHZ 152, 46).

Es entspricht einer ordnungsmäßigen Verwaltung, dass sich die Eigentümergemeinschaft an den Kosten der Wärmedämmung nicht beteiligt. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine derartige Dämmung auf der Grundlage der maßgeblichen Teilungserklärung nicht zur erstmaligen Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands gehört (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 21 Rn. 66). Denn es handelt sich bei dem Teileigentum um Kellerräume. Dies folgt aus ihrer Zweckbestimmung in der maßgeblichen Teilungserklärung (§ 15 Abs. 1 WEG; siehe Palandt/Bassenge BGB 65. Aufl. § 15 WEG Rn. 12 m.w.N.). Der Zustand der Außenwände muss nur eine solche Nutzung gewährleisten. Einen Anspruch gegen die Gemeinschaft aus § 21 Abs. 4 WEG, die Räume auf einen Standard zu bringen, der Wohnzwecken genügt, hat der Antragsteller nicht. Die öffentlich-rechtliche Genehmigung, die Räume als Wohnung nutzen zu dürfen, ändert daran nichts. Die Frage, ob der Antragsteller gegen die Gemeinschaft einen Anspruch auf ordnungsmäßige Isolierung der Wände als Kellerräume besitzt, hat auf das Ergebnis des Anfechtungsbegehrens keinen Einfluss, Denn darüber verlautbart der allein maßgebliche Beschlussinhalt nichts.

b) Daraus folgt, dass der zuerst gestellte weitere Antrag, festzustellen, dass die Antragsgegner verpflichtet sind, die Außenwände der Räume zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit mit einer vorschriftsmäßigen Wärmedämmung auf Kosten der Gemeinschaft versehen zu lassen, erfolglos bleiben musste.

Der Antragsteller hat denselben Antrag so ausdrücklich auch im Beschwerderechtszug gestellt. Soweit er in der Begründung der Beschwerde sein Antragsziel dahingehend umrissen hat, einzig und allein den im Rahmen der technischen Möglichkeiten machbaren Zustand eines trockenen Außenmauerwerks herstellen zu lassen, nicht aber die Räumlichkeiten auf Kosten der Eigentümergemeinschaft in eine Möglichkeit der Nutzung als Wohnräume zu versetzen, hätte das Landgericht zwar aufklären müssen, ob der Antragsteller nun verfahrensrechtlich im Weg einer Antragserweiterung oder Antragsänderung entsprechend §§ 533, 263 ZPO ein anderes Rechtsschutzziel verfolgen will. Der Mangel ist jedoch unerheblich, weil das Gericht jedenfalls mit zutreffenden Hilfserwägungen den Antrag als unzulässig behandelt hat. Denn es fehlt an der vorangegangenen Befassung der Eigentümergemeinschaft mit dieser veränderten Fragestellung. Es würde einen Eingriff in den Willensbildungsprozess innerhalb der Eigentümergemeinschaft bedeuten, wenn ein mit den übrigen Wohnungseigentümern streitendes Mitglied unter Verzicht auf die Befassung der Eigentümerversammlung sein Anliegen gegen die übrigen Wohnungseigentümer sogleich in einem gerichtlichen Verfahren geltend machen könnte, wenn die Wohnungseigentümer nicht schon außerhalb der Versammlung seinem Begehren gefolgt sind (OLG Hamburg ZMR 1993, 536/537; Weitnauer/Lüke WEG 9. Aufl. § 21 Rn. 21; siehe auch BGHZ 106, 222/226 f.).

Ende der Entscheidung

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