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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 34 Wx 21/07
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 16 Abs. 2 a.F. | |
WEG § 21 Abs. 3 a.F. | |
WEG § 28 a.F. |
2. Die Festlegung des Umlageschlüssels kann nicht im Rahmen der Kostenverteilung in der Jahreseinzelabrechnung erfolgen (Vorlage an den Bundesgerichtshof wegen Abweichung von OLG Hamm ZMR 2004, 774).
Gründe:
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Dem Antragsteller gehört das Sondereigentum an einer Wohnung und an einer Garage, verbunden mit Miteigentumsanteilen von 716/10.000 bzw. 42/10.000, mithin von insgesamt 758/10.000 Anteilen. Soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch erheblich, wurde in der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.6.2005 die Jahresgesamt- und Jahreseinzelabrechnung 2004 gegen die Stimme des Antragstellers mehrheitlich genehmigt. Die Jahresabrechnung weist in der Gesamtabrechnung Kabelgebühren von 1.723,84 EUR und in der Einzelabrechnung des Antragstellers von 130,67 EUR aus. Umgelegt wurden die Gebühren nach Miteigentumsanteilen. Der Antragsteller hat die Jahresabrechnung insgesamt angefochten. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Umlage der Kabelgebühren nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel nicht korrekt sei. Umzulegen sei vielmehr nur nach der Anzahl der Wohneinheiten.
Die maßgebliche Gemeinschaftsordnung enthält zur Umlage von Kabelgebühren keine ausdrücklichen Regelungen. Sie bestimmt in § 4 lediglich, dass die Kosten und Lasten für das Gemeinschaftseigentum die Eigentümer nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile tragen, soweit in der Gemeinschaftsordnung nichts anderes bestimmt ist. Nur für die Verwaltungskosten ist als Maßstab bestimmt, dass auf jede Wohnung und auf jedes Teileigentum ein gleicher Teil unabhängig von der Größe des Miteigentumsanteils entfällt.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Ungültigerklärung mit Beschluss vom 8.6.2006 abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 1.2.2007 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Auf die zu entscheidende Sache sind die bis 30.6.2007 geltenden materiellen und verfahrensmäßigen Vorschriften anzuwenden (§ 62 Abs. 1 WEG n.F.)
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, weil der Wert der Beschwer für den Antragsteller 750 EUR übersteigt (§ 45 Abs. 1 WEG).
Der Antragsteller hat die Jahresabrechnung 2004 insgesamt angefochten. In der Begründung hat er sich zwar nur mit den Kabelgebühren auseinander gesetzt; weil die Beschlussanfechtung jedoch überhaupt keiner Begründung bedarf, kann allein aus den vorgetragenen Rügen im Zweifel auch dann keine Beschränkung auf einzelne Beschlusselemente angenommen werden, wenn der anfechtende Wohnungseigentümer nur Einzelpositionen beanstandet (BayObLG ZMR 2003, 692; OLG München ZMR 2006, 949; KK-WEG/Abramenko § 43 Rn. 13).
Der Antragsteller hat in der Beschwerde wie in der Rechtsbeschwerde ausdrücklich die Jahreseinzel- wie auch die Jahresgesamtabrechnung in Kenntnis des damit verbundenen Kostenrisikos angegriffen. Schon weil die Beschränkung des Antrags auf Ungültigerklärung nur einzelner Elemente der Jahresabrechnung die Ausnahme bildet und eine derartige Möglichkeit letztlich im Interesse des anfechtenden Wohnungseigentümers dessen Kostenrisiko beschränken soll, ist von der Dispositionsfreiheit des Anfechtenden auszugehen mit dem Ergebnis, dass die Jahresabrechnung hier insgesamt angefochten ist. Das hat zur Folge, dass bei der den Antragsteller treffenden Gesamtkostenbelastung von 3.018,80 EUR die notwendige Beschwer erreicht ist.
2. Das Landgericht hat, soweit noch erheblich, ausgeführt:
Angefochten sei die Jahresabrechnung insgesamt. Eine Beschränkung habe der anwaltlich vertretene Antragsteller ausdrücklich nicht vorgenommen.
Die Jahresgesamtabrechnung sei ordnungsgemäß. Auch die Einzelabrechnung enthalte keine Fehler. Die Kabelkosten seien zu Recht nach Miteigentumsanteilen verteilt worden.
In der Rechtsprechung werde zwar die Meinung vertreten, dass es sich bei Kosten für die Nutzung des Kabelanschlusses nicht um Kosten des Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern um Kosten handele, die allein durch die Nutzung im Bereich des Sondereigentums anfielen und für diese der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel der Teilungserklärung daher nicht herangezogen werden könne. Demzufolge entspreche nur eine Verteilung nach Wohneinheiten ordnungsmäßiger Verwaltung. Dafür sei ausschlaggebend, dass die Kosten im Bereich des jeweiligen Sondereigentums veranlasst worden seien.
Die Kammer schließe sich dieser Ansicht jedoch nicht an. Die Kabelnutzungskosten seien vielmehr nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen. Denn die Gemeinschaft sei Vertragspartner der Kabelbetreiber, diese schulde also die vereinbarten Nutzungsentgelte, die aus dem Gemeinschaftsvermögen beglichen werden müssten. Dass sich die Höhe des Nutzungsentgelts im Kabelvertrag nach der Anzahl der angeschlossenen Wohneinheiten richte, wirke sich nicht auf die Kostenverteilung innerhalb der Eigentümergemeinschaft aus.
Grundsätzlich gelte der gesetzliche Verteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG oder die davon abweichende Regelung der Gemeinschaftsordnung. § 4 der Gemeinschaftsordnung regele die Verteilung in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 WEG. Die Kabelkosten seien daher nach Miteigentumsanteilen umzulegen.
3. Der Senat möchte die Rechtsbeschwerde zurückweisen, sieht sich hieran jedoch durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 4.5.2004 (ZMR 2004, 774) gehindert. Er legt deshalb die Sache nach § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.
a) Das Oberlandesgericht Hamm vertritt in der angeführten Entscheidung die Auffassung, dass es sich bei den Kosten für die Nutzung des Kabelanschlusses nicht um Kosten des Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums handele, sondern um solche, die allein durch die Nutzung im Bereich des Sondereigentums anfielen. Der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel der Teilungserklärung könne für Kabelnutzungsentgelte nicht herangezogen werden. Werde im Rahmen des Vertragsverhältnisses mit dem Kabelnetzbetreiber das Nutzungsentgelt nach Wohneinheiten erhoben, so entspreche nur eine entsprechende Verteilung auch im Verhältnis der Wohnungseigentümer ordnungsmäßiger Verwaltung. Das Oberlandesgericht Hamm zieht daraus den Schluss, dass Kabelgebühren in der Jahresabrechnung nach den tatsächlich angeschlossenen Wohneinheiten automatisch weiterzugeben sind und nicht nach Miteigentumsanteilen umgelegt werden dürfen.
b) Der Senat kann sich dieser Meinung so nicht anschließen. Dabei kommt es nicht einmal entscheidend darauf an, ob Kabelanschlussgebühren Kosten eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, also solche nach § 16 Abs.. 2 WEG, darstellen, wovon der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 7.10.2004 ausgegangen sein dürfte (BGH NJW 2004, 3414/3418 = NZM 2004, 870/874, insoweit nicht in BGHZ 160, 354 abgedruckt; ferner BayObLG ZMR 2006, 139; AG Hannover ZMR 2007, 226; siehe auch OLG München NJW-RR 2006, 1674). Selbst wenn die Kabelanschlussgebühren nämlich nicht zu den in § 16 Abs. 2 WEG geregelten Lasten und Kosten zählen, kann ein anderer Verteilungsmaßstab nicht unmittelbar über die Jahresabrechnung eingeführt werden. Allerdings folgert Hogenschurz (ZMR 2003, 901/902) aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Kostenverteilung bei Kaltwasser (BGHZ 156, 192), dass die Regelung des § 16 Abs. 2 WEG auch für Kabelanschlussgebühren nicht anwendbar ist und die Eigentümergemeinschaft daher grundsätzlich gemäß § 21 Abs. 3 WEG nach dem Maßstab ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) über die Verteilung entscheiden kann. Selbst wenn dem zu folgen wäre, was - wie aufgezeigt - sich nicht mit der Auffassung des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 7.10.2004 in Einklang bringen lässt, kann der Senat nicht dem daraus gezogenen Schluss folgen, dass nur eine Kostenverteilung auf die vorhandenen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten nach dem Verhältnis ihrer Anzahl einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspräche und ein davon abweichender Kostenverteilungsschlüssel im Beschluss über die Jahresabrechnung der erfolgreichen Anfechtung unterliege. Zutreffend ist vielmehr, dass darüber jedenfalls nicht in der Jahresabrechnung beschlossen werden kann. Die Jahresabrechnung ist nicht dazu bestimmt, neue Kostenverteilungsmaßstäbe einzuführen. Vielmehr gilt insoweit die allgemeine Kostenverteilungsregelung in der Gemeinschaftsordnung. Ähnlich wie bei den Kaltwasserkosten kann allerdings für die Zukunft gesondert ein Mehrheitsbeschluss über die verbrauchsabhängige, d.h. einheitenbezogene Abrechnung der Kabelanschlussgebühren herbeigeführt werden (KG NJW-RR 2005, 813; ausdrücklich auch Röll ZWE 2005, 344; unklar Hügel ZWE 2005, 213; Derleder ZWE 2005, 259/266).
c) Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Kammergerichts, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kompetenz für die Kostenverteilung der Kabelnutzung hat. Es geht dabei - wie beim Kaltwasser - nicht um den individuellen Fernsehkonsum, sondern um die Verteilung der durch den Anschluss an einzelnen Stellen in der Wohnanlage verursachten Kosten. Die Kostenverteilung ist jedenfalls dann eine Angelegenheit der Gemeinschaft, wenn die Wohnungseigentümer mehrheitlich beschlossen haben, einen gemeinsamen Kabelanschluss in ihrer Wohnanlage zu installieren (vgl. BGH NZM 2007, 403), und gegenüber dem Anbieter mit dem Abschluss eines solchen Vertrags eine gemeinschaftliche Verpflichtung eingegangen sind. Soweit die Gemeinschaftsordnung keine Regelung zur Verteilung der Kosten auf die mit Kabelanschluss versorgten Sondereigentumseinheiten enthält, kann die Gemeinschaft über diese Frage gemäß § 21 Abs. 3 WEG durch Mehrheitsbeschluss entscheiden (BGHZ 156, 192). Bis zu einer entsprechenden Beschlussfassung gilt jedoch der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel.
Ende der Entscheidung
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