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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 18.05.2005
Aktenzeichen: 34 Wx 34/05
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 280 | |
BGB § 683 | |
BGB § 812 | |
BGB § 858 | |
BGB § 859 | |
WEG § 14 Nr. 1 | |
WEG § 14 Nr. 3 | |
WEG § 21 Abs. 3 |
2. Beschließen die Wohnungseigentümer, dass auf einer bestimmten Gemeinschaftsfläche künftig keine Krafträder mehr abgestellt werden dürfen und lässt der Verwalter sodann dort stehende Fahrzeuge ohne Zustimmung des betroffenen Wohnungseigentümers entfernen, so handelt er in verbotener Eigenmacht. Ersatzansprüche gegen den Wohnungseigentümer aus dem Abschleppvorgang scheiden deshalb in der Regel aus.
Tatbestand:
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Die Antragsteller hatten ihre Wohnung vermietet. Die Wohnanlage verfügt über eine Tiefgarage. Der Mieter hatte in der Tiefgarage auf einer Gemeinschaftsfläche einen Motorroller und ein Mofa abgestellt. Diese Fahrzeuge wurden auf Veranlassung der Hausverwaltung am 13.6.2003 mit einem Kostenaufwand von rund 2.000 EUR aus der Tiefgarage entfernt und anschließend in Verwahrung genommen. Dem vorausgegangen war ein Beschluss der Wohnungseigentümer vom 20.3.2003, nach dem auf dem fraglichen Stellplatz keine Krafträder, sondern ausschließlich Fahrräder abgestellt werden dürften. Das Protokoll der Eigentümersammlung vom 27.5.2003 enthält noch eine Notiz, nach der die Hausverwaltung aufgefordert wird, künftig dort abgestellte Krafträder abschleppen zu lassen.
In der Eigentümerversammlung vom 18.5.2004 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich folgenden Beschluss:
"Die Eigentümergemeinschaft ... beauftragt und ermächtigt die Hausverwaltung ... sowohl im eigenen Namen als auch in Vertretung für die Eigentümergemeinschaft, nach Zustimmung durch den Verwaltungsbeirat Ansprüche zur Kostenerstattung wegen abgeschleppter Fahrzeuge aus der Tiefgarage gegen die Kraftfahrzeughalter als Verursacher oder ersatzweise gegen die Eigentümer ... der Wohneinheit Nr. 17 (die Antragsteller) ... mit allen rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln zu verwirklichen".
....
Die Hausverwaltung wird ermächtigt, zur Durchsetzung der rechtlichen Ansprüche nach Zustimmung durch die Verwaltungsbeiräte eine Rechtsanwaltskanzlei, ..., zu Lasten der Eigentümergemeinschaft hinzuzuziehen. ...
Vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ist nochmals ein außergerichtliches Schreiben an die Kraftfahrzeughalter und informativ an die betroffenen Wohnungseigentümer mit Hinweis auf Anbringung von Schildern auf den Kraftfahrzeugen und Aushang an den Schwarzen Brettern sowie Androhung rechtlicher Schritte zu senden."
Die Antragsteller haben fristgerecht beim Amtsgericht beantragt, den Beschluss, soweit er sich gegen ihre Inanspruchnahme richtet, für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 11.10.2004 stattgegeben, das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegner am 10.2.2005 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des Landgerichts richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner. Das zulässige Rechtsmittel war nicht begründet.
Gründe:
Das Landgericht hat ausgeführt:
Ein Schadensersatzanspruch gegen die Antragsteller bestehe nicht. Nach § 14 Nr. 2 WEG seien die Antragsteller zwar verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Mieter von dem vermieteten Sondereigentum und dem mitbenutzten Gemeinschaftseigentum nur in solcher Weise Gebrauch machten, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Wenn ein Wohnungseigentümer diese Pflicht verletze, so habe er für den einem anderen Wohnungseigentümer dadurch entstehenden Schaden einzustehen. Es sei aber schon fraglich, ob die entstandenen Abschleppkosten als kausal verursachter Schaden angesehen werden könnten. Das könne aber offen bleiben, weil die Antragsteller kein Schuldvorwurf treffe. Die Antragsteller hätten nämlich vor dem 13.6.2003 nicht gewusst, dass ihr Mieter Halter von Krafträdern war und diese auf Gemeinschaftsflächen abgestellt hatte. Eine Pflicht der Antragsteller, ihren Mieter entsprechend zu befragen, bestehe auch auf Grund der Beschlusslage in der Eigentümergemeinschaft nicht. Die Antragsteller hafteten schließlich nicht über § 278 BGB für ihren Mieter, weil es für dessen Verschulden keine Anhaltspunkte gebe. Ob der Mieter den Aushang am Schwarzen Brett und die an den Krafträdern von der Hausverwaltung angebrachten Hinweise auf ein mögliches Abschleppen überhaupt bemerkt und warum er diese gegebenenfalls nicht beachtet habe, sei unbekannt.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Zu Recht hat das Landgericht den Eigentümerbeschluss vom 20.3.2003 nicht zur Anspruchsbegründung herangezogen, weil er eine Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 2 WEG trifft, sich aber nicht mit der Folge von Verstößen dagegen befasst.
b) Soweit die Hausverwaltung in der Eigentümerversammlung vom 27.5.2003 aufgefordert wurde, künftig in dem Tiefgaragenbereich abgestellte Krafträder abschleppen zu lassen, fehlt es von vornherein an elementaren Voraussetzungen einer rechtlich wirksamen Beschlussfassung, nämlich der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter (vgl. § 24 Abs. 6 WEG; BGHZ 148, 335). Diese konstitutiven Elemente sind mit Rücksicht auf die Schaffung von Rechtssicherheit für die Beteiligten nicht verzichtbar. Die Niederschrift gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Versammlung überhaupt und bejahendenfalls mit welchem Ergebnis die weitere Beteiligte beauftragt hätte, künftig dort aufgestellte Krafträder abschleppen zu lassen. Auf den möglichen Inhalt eines derartigen Beschlusses kommt es nicht an.
c) Der Eigentümerbeschluss vom 18.5.2004 entspricht jedenfalls insoweit nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, als er die weitere Beteiligte beauftragt, Ansprüche zur Kostenerstattung wegen abgeschleppter Fahrzeuge auch gegen die Antragsteller durchzusetzen und zur Durchsetzung der Ansprüche eine Rechtsanwaltskanzlei zu beauftragen. Denn Ansprüche gegen die Antragsteller bestehen offensichtlich nicht. Der Auftrag, mit allen rechtlichen Mitteln offensichtlich aussichtslose Ansprüche geltend zu machen und mit Hilfe von Rechtsanwälten durchzusetzen, widerspricht jedoch einer ordnungsmäßigen Verwaltung (BayObLG WuM 1994, 571; NZM 1999, 175; Weitnauer/Lüke WEG 9. Aufl. § 21 Rn. 16).
(1) § 14 Nr. 1 wie Nr. 2 WEG gewähren keinen Anspruch auf Ersatzvornahme und Kostenerstattung (vgl. BayObLG ZMR 2004, 841). Nichts Weitergehendes enthält die Gemeinschaftsordnung, die die gesetzliche Pflicht zur zurückhaltenden Ausübung der Eigentümerrechte nur konkretisiert, aber nicht verändert.
(2) Ein Ersatzanspruch aus Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) scheitert schon daran, dass das Vorgehen der Verwaltung rechtswidrig war. Mit dem Abschleppen der Krafträder wurde nämlich verbotene Eigenmacht begangen (§ 858 Abs. 1 BGB). Unerheblich ist dabei, ob ein Anspruch der Wohnungseigentümer auf Schaffung des Zustands gegeben ist, wie er nach der Entfernung der Fahrzeuge nun besteht (Palandt/Bassenge BGB 64. Aufl. § 858 Rn. 5), die Besitzentziehung durch das Abstellen von Fahrzeugen (BGH NJW 1967, 46; Palandt/Bassenge § 858 Rn. 3) also rechtswidrig war. Eine gesetzliche Gestattung (dazu Palandt/Bassenge § 858 Rn. 6) ist nicht erkennbar. Insbesondere liegt keine unmittelbare Besitzkehr (§ 859 Abs. 3 BGB; BGH NJW 1967, 46; Palandt/Bassenge § 859 Rn. 6) vor noch sind die Voraussetzungen einer Selbsthilfe nach § 229 BGB erfüllt. Eine ersatzpflichtige Vermögensaufwendung, die auf einem eigenen Willensentschluss des Verletzten beruht, kommt grundsätzlich aber nicht in Betracht, wenn die Aufwendung nicht rechtlich oder sittlich geboten ist (Palandt/Heinrichs Vorb v. § 249 Rn. 78).
cc) Ein Aufwendungsersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus § 683 BGB, weil das Abschleppen dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Antragsteller offensichtlich gerade nicht entsprach. Die Voraussetzungen für eine Notgeschäftsführung nach § 679 BGB oder § 21 Abs. 2 WEG lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt ersichtlich nicht vor.
dd) Ebenso wenig kommt eine Kostenerstattung nach Bereicherungsrecht gemäß §§ 812 ff. BGB in Betracht. Denn eine Bereicherung der Antragsteller durch die Entfernung der Fahrzeuge ist nicht ersichtlich. Im Übrigen würde der Gesetzeszweck umgangen, wenn für Vermögensvorteile die durch bewusst eigenmächtiges Handeln gegen den Willen des Geschäftsherrn und unter Umgehung des Rechtswegs aufgedrängt wurden, Aufwendungsersatz zu leisten wäre (vgl. BGHZ 39, 186; BayObLG ZMR 2004, 841).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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