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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 31.07.2007
Aktenzeichen: 34 Wx 69/07
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 23 Abs. 2 | |
WEG § 29 Abs. 1 |
Tenor:
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 23. April 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen samtverbindlich die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Die Antragsteller, ein Ehepaar, und die Antragsgegner zu 1 sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin zu 2 verwaltet wird. In der Eigentümergemeinschaft besteht ein dreiköpfiger Verwaltungsbeirat.
Der Antragsteller verlangte mit Schreiben vom 21.1.2005, dass in die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung der Punkt: "Der Beirat wird neu gewählt" aufgenommen wird. Die Einladung vom 18.4.2005 zur Eigentümerversammlung am 10.5.2005 enthielt als Tagesordnungspunkt 4 "Neuwahl/Wiederwahl des Verwaltungsbeirats lt. Antrag Wohnungseigentümer G." (= Antragsteller). In der Eigentümerversammlung stimmten die Wohnungseigentümer nach ausführlicher Diskussion sodann über folgenden Antrag ab:
Der Verwaltungsbeirat soll neu gewählt werden.
Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Anschließend bestellte die Wohnungseigentümergemeinschaft wegen Amtsniederlegung eines Beiratsmitglieds mit Mehrheit die Wohnungseigentümerin Frau H. zum neuen Mitglied.
Weder durch die Gemeinschaftsordnung noch durch Beschlüsse der Wohnungseigentümer ist die Amtszeit des Verwaltungsbeirats geregelt.
Soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch bedeutsam, haben die Antragsteller beantragt, den Beschluss der Eigentümerversammlung zu Punkt 4, nämlich Ablehnung des Antrags auf Neuwahl des Verwaltungsbeirats, für ungültig zu erklären, sowie die Antragsgegnerin zu 2 (Verwalterin) zu verpflichten, eine neue Eigentümerversammlung einzuberufen und den Antrag des Antragstellers auf Neuwahl des Verwaltungsbeirats der Wohnanlage zuzulassen.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15.1.2007 den Antrag abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde der Antragsteller am 23.4.2007 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Anfechtungsantrag sei unbegründet. Für die Ungültigerklärung des ablehnenden Beschlusses bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, weil dieser im Fall seiner Bestandskraft jedenfalls derzeit einem erneuten Antrag auf Neuwahl entgegenstehe. Denn die Beschlussablehnung beinhalte gleichzeitig, dass es zurzeit bei der aktuellen Besetzung des Verwaltungsbeirats verbleiben solle.
Der gefasste Beschluss sei nicht wegen eines Einladungsmangels für ungültig zu erklären. Abstimmung und Beschlussfassung hielten sich in dem Rahmen, wie ihn die Einladung vorgegeben habe. Tatsächlich sei über das "Ob" der Neuwahl abgestimmt worden. Die Einladung erfasse ihrem Wortlaut nach mehrere Alternativen der Beschlussfassung, nämlich z.B. die Durchführung einer Wahl, ob überhaupt gewählt werden solle oder ob überhaupt kein Beschluss zu fassen sei. Da die Einladung darauf hinweise, dass der Tagesordnungspunkt auf Antrag eines Miteigentümers aufgenommen worden sei, habe es nahe gelegen, zunächst über die Frage des "Ob" abzustimmen.
Es sei auch unschädlich, dass die Beschlussfassung nicht der Intention des Eigentümerantrags entsprochen habe. Zwar habe der Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, dass sein Antrag auf die Tagesordnung gesetzt würde, sofern dessen Aufnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Der Anspruch gehe jedoch nicht dahin, dass die Verwaltung an den Wortlaut gebunden sei. Wäre der Antrag nur dahingehend zu verstehen, eine Neuwahl ohne vorherige Willensbildung über das "Ob" durchzuführen, so hätte die Aufnahme eines solchen Antrags nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen. Denn mangels bestimmter Laufzeit der Beiratsbestellung sei eine Neuwahl nicht grundsätzlich notwendig gewesen. Die Eigentümer bestimmten mit Stimmenmehrheit über die Abberufung des Verwaltungsbeirats; diese könne nicht von einem Eigentümer einseitig durchgesetzt werden.
Der Beschluss entspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Die ordentliche Abberufung sei ohne Vorliegen eines Grundes möglich; die Gemeinschaft besitze insoweit ein Ermessen. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, die Abberufung des Verwaltungsbeirats zu verweigern. Differenzen des Beirats mit dem Hausmeister genügten hierfür nicht.
Anderes ergebe sich auch nicht aus dem zweiten Beschluss zu jenem Tagesordnungspunkt, nämlich der Neubestellung eines der drei Beiratsmitglieder. Dieser Beschluss sei nicht fristgerecht angefochten worden. Es komme auch nicht darauf an, ob er nichtig sei. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit jener Beschluss, egal ob gültig oder nichtig, etwas an der Gültigkeit oder Ungültigkeit des ersten Beschlusses ändere.
Die Antragsteller hätten keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin zu 2 auf Einberufung einer weiteren Eigentümerversammlung zur Durchführung einer Neuwahl des Verwaltungsbeirats. Aufgrund des ordnungsmäßigen ersten Beschlusses vom 10.5.2005 stehe fest, dass die Gemeinschaft derzeit eine Neuwahl des Verwaltungsbeirats nicht wünsche. Eine Neuwahl komme daher innerhalb eines angemessenen Zeitraums nur in Frage, sofern einzelne oder alle Mitglieder aus anderen Gründen aus dem Verwaltungsbeirat ausschieden oder neue Umstände diese erforderlich machten. Dagegen würde es nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, innerhalb von kurzen Zeitabständen wiederholt über dieselben Fragen abzustimmen.
2. Dies hält der auf Rechtsfehler beschränkten Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 546, 559 Abs. 2 ZPO) in vollem Umfang stand.
a) Zutreffend hält das Landgericht den Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses, mit dem der Antrag auf Neuwahl des Verwaltungsbeirats abgelehnt wurde, für unbegründet.
(1) Auch einer Willensbildung der Wohnungseigentümer mit negativem Abstimmungsergebnis kommt Beschlussqualität zu (BGHZ 148, 335; siehe auch BayObLGZ 2002, 247). Damit wird nämlich der gemeinschaftliche Wille festgelegt, dass die beantragte Änderung des Gemeinschaftsverhältnisses nicht eintreten solle. Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Ungültigerklärung ist hier jedenfalls deshalb zu bejahen, weil die Antragsteller gleichzeitig in Form eines Verpflichtungsantrags die Vornahme der abgelehnten Handlung begehrt haben (BayObLG FGPrax 2005, 106; OLG Hamm NJW-RR 2004, 805; siehe auch Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 43 Rn. 69; Wenzel ZWE 2000, 382/386 m.w.N.; a.A. Weitnauer/Mansel WEG 9. Aufl. § 43 Rn. 28). Erst die Verbindung der Anträge erlaubt es, über den materiellen Anspruch der Antragsteller auf positive Beschlussfassung zu entscheiden. Ob den Antragstellern auch in zukünftigen Eigentümerversammlungen noch der im Mai 2005 gefasste Negativbeschluss, gleichsam in Form einer fortdauernden Sperrwirkung, entgegengehalten werden könnte, ist an dieser Stelle unerheblich.
(2) Ein Einberufungsmangel liegt nicht vor; denn der Gegenstand der Beschlussfassung war bei der Einberufung hinreichend bestimmt.
Mit der gesetzlichen Regelung in § 23 Abs. 2 WEG soll erreicht werden, dass jeder Wohnungseigentümer sich schon vor der Versammlung entscheiden kann, ob er an dieser überhaupt teilnehmen will, und dass er sich für den Fall der Teilnahme auf den zu entscheidenden Sachverhalt vorbereiten kann. Die Regelung soll daher auch vor Überraschungen schützen. Entscheidend für die Anforderungen an die Genauigkeit der Bezeichnung ist jeweils das Informationsbedürfnis der einzelnen Wohnungseigentümer. Genaue Einzelheiten des Beschlussgegenstands brauchen jedoch nicht angegeben zu werden (Niedenführ/Schulze § 23 Rn. 9 m.w.N.; siehe auch Senat vom 29.6.2005, 34 Wx 049/05 = OLG-Report 2005, 606 f.).
Dem genügt die Bezeichnung. Aus ihr wird ersichtlich, dass Fragen der Beiratsbestellung zur Diskussion und Abstimmung stehen. Weil ein Beirat existierte und eine automatische oder gewillkürte Beendigung des Amtes jedenfalls sämtlicher drei Beiratsmitglieder nicht im Raum stand, umfasst die Bezeichnung in der Ladung bei ungezwungener Betrachtung auch eine der Bestellung (Wahl) notwendigerweise vorausgehende Befassung, ob eine solche überhaupt durchgeführt werden soll.
(3) Angesichts des Umstandes, dass ein Verwaltungsbeirat gemäß § 29 Abs. 1 WEG mit unbeschränkter Amtszeit bestellt war, verlangt die beantragte Neuwahl denknotwendig die Beendigung der Tätigkeit des bisherigen Beirats. Ebenso wie die Bestellung können die Wohnungseigentümer auch die Abberufung durch einfachen Mehrheitsbeschluss vornehmen, und zwar entweder des Beirats im Ganzen oder auch eines einzelnen Beiratsmitglieds (KG ZMR 1997, 544/545; OLG Hamm ZMR 1999, 280/281; Armbrüster ZWE 2001, 412/413). Auch wenn in der Bestellung eines neuen Verwaltungsbeirats (Neuwahl) in der Regel schlüssig die Abberufung des früheren Verwaltungsbeirats gesehen werden kann (Staudinger/Bub WEG Bearb. 2005 § 29 Rn. 43; siehe LG Nürnberg-Fürth ZMR 2001, 746), handelt es sich doch um in der Sache unterschiedliche Akte. Schon deshalb unterliegt es keinen Bedenken, bei Bestehen eines entsprechenden Gremiums den Tagesordnungspunkt "Neuwahl des Verwaltungsbeirats" in zwei Beschlussgegenstände aufzugliedern und vom Ausgang der ersten Abstimmung die anschließende Bestellung (Neuwahl) eines neuen Verwaltungsbeirats abhängig zu machen.
(4) Die in der Ablehnung der Neuwahl enthaltene Entscheidung der Wohnungseigentümer, den bestehenden Verwaltungsbeirat nicht abzuberufen, entsprach ordnungsmäßiger Verwaltung. Insbesondere sind Ermessensfehler bei der Willensbildung, am bisherigen Verwaltungsbeirat festzuhalten, nicht erkennbar.
(5) Für das gegenständliche Verfahren spielt es keine Rolle, ob der nicht angefochtene weitere Beschluss über die Bestellung eines einzelnen Beiratsmitglieds nichtig ist. Denn auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses, die Neubestellung des gesamten Gremiums abzulehnen, wirkt sich dies nicht aus. Ein Antrag, die Nichtigkeit der Beschlussfassung insoweit gerichtlich festzustellen, ist in diesem Verfahren von den anwaltlich vertretenen Antragstellern ausdrücklich nicht gestellt worden.
b) Die Antragsteller haben keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin zu 2 auf Einberufung einer Eigentümerversammlung mit dem Tagesordnungspunkt "Neuwahl des Verwaltungsbeirats". Denn dieser Tagesordnungspunkt war Gegenstand der Eigentümerversammlung vom 10.5.2005. Über die beantragte Neuwahl wurde ordnungsgemäß abgestimmt.
Davon unberührt bleibt es den Antragstellern unbenommen, gemäß dem Minderheitenquorum analog § 24 Abs. 2 WEG oder unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 WEG (vgl. Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums 4. Aufl. Rn. 700 und 702 m.w.N.) zukünftig wiederum zu verlangen, die Neubestellung des Verwaltungsbeirats auf die Tagesordnung zu setzen. Ob einem derartigen Verlangen noch die Sperrwirkung des ablehnenden Beschlusses vom 10.5.2005 erfolgreich entgegen gehalten werden könnte, bedarf hier keiner Erörterung.
c) Die nach § 47 WEG vom Landgericht getroffene Kostenentscheidung ist als tatrichterliche Ermessensentscheidung für den Senat nur auf Rechtsfehler überprüfbar, nämlich darauf, ob der Tatrichter von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat, oder ob er von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden oder die Grenzen des eingeräumten Ermessens überschreitenden und damit rechtlich fehlerhaften Gebrauch gemacht hat (Müller Rn. 1361 m.w.N.). Derartige Fehler sind nicht erkennbar. Insbesondere ist hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Beschwerde, welche die Abrechnung von Kosten für den notwendigen Austausch der Warmwasseruhren betraf, die Rechtsansicht des Landgerichts nicht zu beanstanden, dass die Kosten für die Warmwasserzähler als Teil des Gemeinschaftseigentums (§ 5 Abs. 2 WEG; KG WuM 1994, 38; KK-WEG/Förth § 5 Rn. 54) über den allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 2 WEG i.V.m. § 1 und § 2 der Gemeinschaftsordnung umzulegen sind.
III. Der Senat hält es nach § 47 WEG für angemessen, den mit den noch gegenständlichen Anträgen in allen Rechtszügen unterlegenen Antragstellern neben den gerichtlichen Kosten auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens samtverbindlich aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Angemessen ist die insoweit vom Landgericht für die beiden Gegenstände noch angesetzte Bewertung von je 1.000 EUR.
Ende der Entscheidung
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