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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 13.08.2007
Aktenzeichen: 34 Wx 75/07
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 5 Abs. 2 | |
WEG § 16 Abs. 2 | |
WEG § 21 Abs. 3 |
34 Wx 75/07
Beschluss
Der 34. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Lorbacher, der Richterin am Oberlandesgericht Paintner und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Stoll
am 13. August 2007
in der Wohnungseigentumssache
wegen Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen,
beschlossen:
Tenor:
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 14. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer größeren Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Wohnanlage verfügt über zwei Bauteile (B I und B II) sowie eine teilweise unter den beiden Gebäuden gelegene zweigeschossige Tiefgarage mit 110 Duplex- und 87 Normalstellplätzen. Nach der Teilungserklärung bildet die Tiefgarage selbständiges Sondereigentum, verbunden mit einem Miteigentumsanteil von 50,000/1000.
Die Tiefgarage ist sanierungsbedürftig. Die Beteiligten streiten über die Umlegung der Instandsetzungskosten. Dem Antragsteller gehört eine Wohnung, er verfügt jedoch über keinen Stellplatz.
Nach der Teilungserklärung (§ 3) sind Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums (Wohnungs- wie Teileigentums) u.a. die Fundamente, die Kellermauern, Kellerabgänge, Umfassungsmauern, die tragenden Zwischenwände, die Mauern oder sonstigen festen Bestandteile, welche Sondereigentumsräume von denen eines anderen Sondereigentums oder von gemeinschaftlichen Räumen abgrenzen, sowie sämtliche Geschoßdecken. Hingegen rechnen zum Sondereigentum der Fußbodenbelag und die Deckenbeschichtung der im Sondereigentum stehenden Räume, die Wandbeschichtung und die Wandverkleidung sämtlicher zum Sondereigentum gehörenden Räume, auch soweit die putztragenden Wände nicht zum Sondereigentum gehören, schließlich auch Zu- und Ableitungen der Versorgungsanlagen von den Hauptleitungen an (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 GO).
Die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums tragen nach § 7 Nr. 5 Gemeinschaftsordnung (GO) die Wohnungs- bzw. Teileigentümer gemeinschaftlich im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile, wobei bestehende Sondernutzungsrechte entsprechend zur Kostenbeitragung verpflichtet sind. Gemäß § 11 Abs. 2 GO fallen die Lasten und Kosten des Sondereigentums dem Sonder- bzw. Teileigentümer allein, die des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungs- bzw. Teileigentümern gemeinschaftlich nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu.
Die Wohnungseigentümer fassten in der Eigentümerversammlung vom 15.12.2005 mehrheitlich folgende Beschlüsse:
Tagesordnungspunkt (TOP) 2
Information über erhebliche Mängel im Bestand der Tiefgarage: Decke zwischen 1. und 2. UG mit Beschlussfassung über erforderliche Sanierungsarbeiten, Finanzierung der Maßnahme.
Beschlussfassung:
Die Mängel an der Betondecke zwischen dem 1. und 2. Geschoß der Tiefgarage sollen gemäß Variante 2 bearbeitet werden, d.h. Bearbeitung der gesamten Fläche, Kosten ca. 325.000 EUR, Kosten werden aus Rücklage entnommen oder durch Sonderumlage finanziert - Beschlussfassung zu Finanzierung erfolgt unter TOP 4.
TOP 3
Information über erhebliche Mängel im Bestand der Tiefgarage: Brandschutzdecke über dem 1. UG mit Beschlussfassung über erforderliche Sanierungsarbeiten, Finanzierung der Maßnahme.
Beschlussfassung:
Die Mängel an der Betondecke über dem 1. Geschoß der Tiefgarage (Brandschutz) sollen gemäß Variante 1 bearbeitet werden, d.h. Aufbringen von Spritzbeton, Kosten ca. 160.000 EUR.
Kosten werden aus Rücklage entnommen oder durch Sonderumlage finanziert - Beschlussfassung unter TOP 4.
TOP 4:
Beschluss über Entnahme aus der Rücklage oder Sonderumlage zur Finanzierung von TOP 2 und 3.
Beschlussfassung:
Die Finanzierung der in TOP 2 und 3 beschlossenen Maßnahmen mit Kosten in Höhe von ca. 485.000 EUR soll durch Entnahme aus der Rücklage in Höhe von ca. 230.000 EUR (verbleiben ca. 100.000 EUR) finanziert werden, der Rest in Höhe von 255.000 EUR soll durch eine Sonderumlage, fällig zum 01.02.2006, finanziert werden.
Der Antragsteller hat die Beschlüsse fristgerecht angefochten. Das Amtsgericht hat den Antrag am 19.5.2006 abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 14.5.2007 zurückgewiesen. Gegen die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Für das Verfahren ist das bis 30.6.2007 geltende Recht anzuwenden (vgl. § 62 Abs. 1 WEG n. F.).
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die angeführten Beschlüsse entsprächen ordnungsmäßiger Verwaltung. Es sei nicht bestritten, dass eine Sanierung der Tiefgarage wegen vorhandener Schäden erforderlich sei. Der Antragsteller werde zu Recht an den Sanierungskosten beteiligt, obwohl er selbst keinen Stellplatz habe. Die tragenden Teile der Tiefgarage seien zwingend Gemeinschaftseigentum. Dementsprechend sehe die Teilungserklärung vor, dass sämtliche Fundamente, tragenden Mauern sowie die Geschoßdecken Gemeinschaftseigentum seien, und verweise darauf, dass dies auch für Teileigentum, mithin auch für die Tiefgarage gelte. Die Decken müssten auch deshalb im Gemeinschaftseigentum stehen, weil über einem Teil des Tiefgaragendachs die allgemein zugängliche Hoffläche liege. Würde das Tiefgaragendach einstürzen, so beträfe dies unmittelbar die Hoffläche und würde eine Gefahr für die gesamte Gemeinschaft darstellen. Wo die Tiefgarage überbaut sei, gelte dies für das gesamte Gebäude.
Notausgänge und Elektroinstallationen seien ebenfalls Gemeinschaftseigentum. Für die Elektrohauptleitungen ergebe sich dies wiederum aus der Teilungserklärung. Soweit die Gemeinschaftsordnung die Ableitungen der Versorgungsleitungen innerhalb der Sondereigentumsräume als Sondereigentum bezeichne, könne dahin stehen, ob derartige abgezweigte Leitungen von der Sanierung betroffen seien. Für diese ebenso wie für den Neuanstrich und die Neubeschriftung von Stellplätzen gelte, dass solche Maßnahmen Inhalt der Gesamtsanierung seien. Wenn Decken, die gleichzeitig Böden von Stellplätzen seien, saniert würden, sei es auch Gemeinschaftsaufgabe, diese nach der Sanierung wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Auch eine Reparatur der Sprinkleranlage diene letztlich der gesamten Gemeinschaft. Die vom Antragsteller dazu vorgelegte Aufstellung angefallener Sanierungskosten im Jahr 2005/2006 spreche ebenfalls dafür, dass es sich um Kosten des Gemeinschaftseigentums handele.
Selbst wenn im Zug der Tiefgaragensanierung noch zusätzlich Arbeiten an einzelnen Sondernutzungsflächen durchgeführt worden sein sollten, die mit der Generalsanierung nicht unmittelbar zusammenhingen, berühre dies die Wirksamkeit der angefochtenen Beschlüsse nicht. Denn diese hätten lediglich die Sanierung von Gemeinschaftseigentum zum Gegenstand.
Der Beschluss zur Finanzierung (TOP 4) widerspreche nicht deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil er den Verteilungsmaßstab nicht selbst nenne. Zwar sei die Sonderumlage eine Ergänzung zum Wirtschaftsplan. Die betragsmäßige Festsetzung der einzelnen Beiträge sei jedoch ausnahmsweise entbehrlich, wenn die Einzelbeträge nach objektiven Maßstäben eindeutig bestimmbar seien und von den Eigentümern ohne weiteres selbst errechnet werden könnten. Dies gelte selbst dann, wenn der Maßstab für die Verteilung nicht angegeben werde. Hier sei der anzuwendende Verteilungsschlüssel zweifelsfrei; es reiche aus, wenn der Verwalter diese Aufteilung in den Zahlungsaufforderungen in nachvollziehbarer Weise vornehme. Dies sei hier geschehen und im Protokoll sogar vermerkt.
Der Geschäftswert sei für beide Rechtszüge auf 20.000 EUR zu bemessen. Der Geschäftswert richte sich zwar an den Kosten der beschlossenen Arbeiten aus, könne aber bei erheblich geringerem Einzelinteresse ermäßigt werden. Hier sei eine deutliche Herabsetzung vorzunehmen. Während sich die Sanierungskosten auf 485.000 EUR beliefen, betrage der Miteigentumsanteil des Antragstellers nur 5,21/1000, und der Beschluss sei lediglich hinsichtlich der eigenen Kostenbelastung angefochten. Wegen des Interesses auch der übrigen Wohnungseigentümer verbiete sich allerdings ein Ansatz nur nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers, weil, wäre der Antragsteller zu Unrecht belastet worden, der gesamte Kostenverteilungsschlüssel fehlerhaft wäre. Unter diesen Umständen sei eine Bewertung mit 20.000 EUR angemessen.
2. Die angefochtene Entscheidung hält der auf Rechtsfehler (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 546, 559 Abs. 2 ZPO) beschränkten Nachprüfung durch den Senat stand.
a) Rechtsfehlerfrei ist die Auffassung des Landgerichts, dass die tragenden Teile der Tiefgarage zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen. Das folgt aus § 5 Abs. 1 und Abs. 2 WEG, wonach Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, nicht Gegenstand des Sondereigentums sein können, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Die Wohnungseigentümer können darüber auch keine abweichenden Vereinbarungen treffen (§ 5 Abs. 3 WEG). Auf konstruktive Gebäudeteile ist die Erstreckung von Sondereigentum ausgeschlossen (vgl. BGHZ 50, 56; BGH NJW-RR 2001, 800). Auch die Teilungserklärung erwähnt in § 3 als Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums und ausdrücklich neben Fundamenten, Wänden und Mauerwerk sämtliche Geschoßdecken. Für die Instandhaltung von Gemeinschaftseigentum, zu dem die Geschoßdecken demnach rechnen, bestimmt § 7 Abs. 5 GO eine Kostenverteilung, ebenso wie das Gesetz in § 16 Abs. 2 WEG, nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile.
b) Der Sanierungsbeschluss zu TOP 2 betrifft die Betondecke zwischen 1. und 2. Untergeschoß. Geschoßdecken sind Gemeinschaftseigentum (vgl. auch BayObLG NJW-RR 1994, 82; OLG Hamm ZMR 1997, 193), auch wenn sie sich vollständig im Bereich eines Sondereigentums befinden. Für die Geschoßdecke einer zweigeschossigen Tiefgarage gilt nichts anderes wie für Geschoßdecken innerhalb eines Wohngebäudes.
c) Der Sanierungsbeschluss zu TOP 3 betrifft die Decke über dem 1. Untergeschoß. Es gilt das zu b) Gesagte. Der Beschluss betrifft keine nur der Optik dienenden Malerarbeiten, sondern, wie sich aus dem Protokoll unzweifelhaft und für jeden Dritten ersichtlich erschließt, die insbesondere aus Brandschutzgründen erforderliche Betonüberdeckung der Bewehrungseisen. Die Anbringung der Betonüberdeckung ist Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum. Die Maßnahme unterfällt nicht der Zuordnung in § 3 Abs. 2. Nr.1 a oder c GO, nach der Wand- und Deckenbeschichtungen zum Sondereigentum der jeweiligen Räume rechnen (vgl. § 5 Abs. 1 WEG). Die Betonüberdeckung ist schon deshalb zwingend Gemeinschaftseigentum, weil ihr eine Schutzfunktion für das Gemeinschaftseigentum und das übrige Sondereigentum zukommt (BayObLG NJW-RR 1994, 598/599; Palandt/Bassenge BGB 66. Aufl. § 5 WEG Rn. 5); die Maßnahme ist nämlich aus Gründen des Brandschutzes zwingend notwendig.
d) Weil beide Maßnahmen das Gemeinschaftseigentum zum Gegenstand haben, ist die Finanzierung nach dem Verteilungsschlüssel in § 7 Nr. 5 GO vorzunehmen. Ob die Wohnungseigentümer die Maßnahme aus Rücklagen, mittels Sonderumlage oder aus einer Kombination beider Aufbringungsarten finanzieren, liegt in deren pflichtgemäßem Ermessen. Dieses bestimmt sich nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG). Insoweit bestehen gegen den Finanzierungsbeschluss keine Bedenken. Insbesondere muss nicht unbedingt erst die Instandsetzungsrücklage ausgeschöpft werden (vgl. BayObLG ZMR 2003, 694). Was die Frage des aus dem Beschluss nicht ohne weiteres ersichtlichen Verteilungsmaßstabs angeht, verweist der Senat auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts und die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (WE 93, 27; NZM 1998, 337; NJW 2003, 2323), der er sich anschließt.
e) Gegenstand des Verfahrens bildet die Wirksamkeit der drei angegriffenen Eigentümerbeschlüsse zur Tiefgaragensanierung und deren Finanzierung. In diesem Rahmen ist nicht zu entscheiden, welche konkreten Rechnungsposten der Sanierung von Gemeinschaftseigentum zuzuordnen sind. Es ist durchaus denkbar, dass im Zusammenhang mit der Abrechnung der Instandsetzungsmaßnahme sich Streitigkeiten daran entzünden können, ob bestimmte Kostenpositionen (noch) die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums oder schon den Betrieb des Sondereigentums Tiefgarage betreffen (siehe § 11 Nr. 2 GO), wobei die Letzteren nicht vom Antragsteller aufzubringen sind, weil er nicht Teileigentümer der Tiefgarage ist und auch kein Sondernutzungsrecht hat. An dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, dass zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums an den beiden Geschoßdecken etwa auch solche Kosten auf die Gesamtheit der Wohnungseigentümer entfallen können, die das Sondereigentum betreffen (vgl. § 14 Nr. 4, § 16 Abs. 4 WEG a. F. = § 16 Abs. 7 WEG n. F.; KG WE 1997, 66; NZM 2000, 284/285). Dazu können z.B. zählen der Neuanstrich nach erfolgter Betonsanierung, die Erneuerung der innerhalb des Teileigentums verlegten Elektroinstallation (Zu- und Ableitungen; siehe § 3 Abs. 2 Nr. 1 GO), soweit es zu Beschädigungen beim Abtrag von Betonschichten kam, ferner die Demontage und Neuinstallation von Anlagen wie Beleuchtungskörper und Sprinkleranlage.
Im Übrigen wäre ein erstmals im Rechtsbeschwerdezug verfolgter Antrag, der die Feststellung zum Gegenstand hat, welche einzelnen Kostenpositionen der Sanierung und welche dem Betrieb der Tiefgarage zuzuordnen sind, unzulässig. Denn Verfahrensgegenstand der weiteren Beschwerde ist nur, worüber die Vorinstanz entschieden hat (Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 3; Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler § 25 Rn. 9).
3. Dem Senat erscheint es nach § 47 WEG (a. F.) angemessen, dem in allen Rechtszügen unterlegenen Antragsteller neben den gerichtlichen auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Der Streitstoff war, jedenfalls in der Beschwerdeinstanz, hinreichend aufbereitet. Es war deshalb absehbar, dass der Antrag auch im Rechtsbeschwerdezug erfolglos bleiben wird.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Sätze 1 und 2 WEG (a. F.). Der Senat übernimmt insoweit die vom Landgericht getroffene Bewertung, die ihm angemessen erscheint und auch von den Beteiligten nicht beanstandet wurde.
Ende der Entscheidung
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