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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 34 Wx 8/05
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 10 Abs. 1 Satz 2 | |
WEG § 15 |
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die als Ferienwohnanlage errichtet ist.
Durch notarielle Urkunde vom 9.2.1996 wurde die Gemeinschaftsordnung als Anlage zur Teilungserklärung wie folgt geändert:
§ 3
Nutzung
Die Ferienwohnungen dienen zur touristischen Nutzung in einem fremdenverkehrsgewerblichen Beherbergungsbetrieb mit ständig wechselnder Belegung.
Diese Zweckbindung ist Auflage in der Baugenehmigung und in der Gemeinschaftsordnung sicherzustellen.
Die Nutzung der Ferienwohnungen wird daher wie folgt geregelt:
1. Jedem Sondereigentümer ist es untersagt, sein Sondereigentum über einen längeren Zeitraum als sechs Wochen im Jahr selbst zu bewohnen oder durch ein- und denselben Dritten bewohnen zu lassen.
Der unmittelbare Besitz an dem Sondereigentum darf somit durch ein- und dieselbe Person nicht länger als sechs Wochen im Jahr ausgeübt werden.
2. Jedem Sondereigentümer ist es untersagt, sein Sondereigentum zu anderen beruflichen oder gewerblichen Zwecken als denen eines fremdenverkehrsgewerblichen Beherbergungsbetriebes mit ständig wechselnder Belegung zu nutzen.
3. Eine Eigennutzung durch den Sondereigentümer im Sinne der Abschnitte 1 und 2 kann durch Vereinbarung mit dem jeweiligen Vermietungsunternehmen konkretisiert werden.
4. Eine andere Nutzung des Sondereigentums als die vorstehende unter 1. bis 3. genannte ist ausgeschlossen.
5. Die gewerbliche Nutzung der im Kellergeschoss gelegenen Räume hat im Zusammenhang mit dem Betrieb der Ferienwohnanlage zu erfolgen.
Die Eintragung der vorgenannten Änderungen des § 3 der Gemeinschaftsordnung als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch wird hiermit bewilligt und beantragt.
Im Kellergeschoss der Anlage befinden sich der Antragsgegnerin gehörende Räumlichkeiten, die als Schwimmbad mit Sauna, Dampfbad und Solarium genutzt werden.
Der Zutritt zu diesen Räumlichkeiten erfolgt über Gemeinschaftsflächen.
Den Antragstellern gehören Ferienwohnungen, die sie u.a. vermieten. Die Antragsgegnerin, ein Hotelunternehmen, vermietet auf Grund von Vermietungsverträgen in der Wohnanlage ebenfalls Ferienappartements. In der Nähe liegt ein von der Antragsgegnerin betriebenes "Aparthotel". In ihren Prospekten wirbt die Antragsgegnerin damit, dass das Schwimmbad in der Wohnanlage mit den Nebeneinrichtungen den Hotelgästen des "Aparthotels" zur freien Verfügung steht.
In der Eigentümerversammlung vom 11.4.2003 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass es der Antragsgegnerin untersagt sei, Dritten, die nicht Mieter bzw. Eigentümer in der Wohnungseigentümergemeinschaft sind, den Zutritt zum Schwimmbad und Saunabereich über das gemeinschaftliche Grundstück zu gestatten.
Die Antragsgegnerin stellte in der Folgezeit das in der Ferienwohnanlage befindliche Schwimmbad weiterhin den Gästen des "Aparthotels" zur Verfügung.
Daraufhin haben die Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, die Schwimmbadnutzung anderen als den Eigentümern der Wohnanlage und deren Mietern zu gestatten. Das Amtsgericht hat dem Antrag durch Beschluss vom 2.9.2004 stattgegeben. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht durch Beschluss vom 17.12.2004 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Zweckbestimmung der Anlage sei es, Ferienwohnungen zur touristischen Nutzung mit ständig wechselnder Belegung zu vermieten. Zu diesem Zweck betreibe die Antragsgegnerin, die selbst Appartements an ständig wechselnde Gäste vermiete, die Räumlichkeiten im Kellergeschoss. Dass derzeit wegen uneinheitlicher Vermarktung der Wohnanlage aus dem Schwimmbad nicht der gewünschte Gewinn erzielt werden könne, ermögliche es der Antragsgegnerin nicht, die Räume im Untergeschoss in Abweichung zur Teilungserklärung anderen Gästen zur Verfügung zu stellen. Zudem sei der in der Eigentümerversammlung vom 11.4.2003 gefasste Beschluss, der im Zusammenhang mit der Teilungserklärung zu sehen sei, bestandskräftig. Durch die Nutzung der Anlage durch andere Hotelgäste werde das Miteigentum der Antragsteller über Gebühr beeinträchtigt.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Antragsteller haben gegen die Antragsgegnerin nach § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Unterlassung einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung der im Kellergeschoss gelegenen Teileigentumseinheiten.
(1) Die im Nachtrag zur Teilungserklärung vom 9.2.1996 enthaltenen Änderungen, die zum Grundbuchinhalt geworden sind (§ 874 BGB), stellen Zweckbestimmungen mit Vereinbarungscharakter nach § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG (st.Rsp., vgl. BayObLG OLG-Report 2005, 21 und ZMR 2001, 51/52) dar. Demnach dürfen die in der Anlage befindlichen Wohnungen nur als Ferienwohnungen mit ständig wechselnder Belegung genutzt werden. Für die im Untergeschoss gelegenen Räume der Antragsgegnerin ist in § 3 Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung festgehalten, dass die gewerbliche Nutzung im Zusammenhang mit dem Betrieb der Ferienanlage zu erfolgen hat. Das schließt, wie das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, die Nutzung durch die Gäste anderer Ferienanlagen der Antragsgegnerin aus, mag es sich hierbei auch um eine Nutzung im Rahmen eines fremdenverkehrsgewerblichen Beherbergungsbetriebes handeln.
(2) Ohne Rechtsfehler geht das Landgericht ferner davon aus, dass das Gemeinschaftseigentum durch die Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen durch die Gäste der auswärtigen Hotelanlage stärker beeinträchtigt wird als durch eine zweckbestimmungsgemäße Nutzung nur durch Bewohner im eigenen Gebäude. Denn die Eigentümergemeinschaft hat weder auf die Anzahl der Personen Einfluss, die die Zugangsflächen zum Schwimmbadbereich nutzen, noch auf deren Auswahl.
(3) Die Entscheidung des Landgerichts schränkt die Rechte der Antragsgegnerin auch nicht über das zumutbare Maß hinaus ein. Diese kann ihre Rechte als Eigentümerin nur in dem Rahmen ausüben, den die Gemeinschaftsordnung vorgibt. Die Antragsgegnerin hat ihr Eigentum auf Grund eines Kaufvertrags vom 17.12.1997 erworben; dieser Vertrag beinhaltet eine Verweisung auf die geänderte Teilungserklärung. Dass der derzeitige Betrieb des Schwimmbads ausschließlich mit Gästen, denen innerhalb der Wohnanlage die Antragsgegnerin Appartements vermietet, bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht den gewünschten Gewinn bringt, rechtfertigt keine andere Auslegung der Teilungserklärung.
b) Grundlage des Unterlassungsanspruchs der Antragsteller ist allerdings nicht der bestandskräftige Eigentümerbeschluss vom 11.4.2003. Nach Wortlaut und Sinn, wie er sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (BGHZ 139, 288/292), hat dieser Beschluss keinen die Rechtslage gestaltenden oder verbindlich festlegenden Inhalt, so dass sich die Frage der etwa fehlenden Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung (vgl. BGHZ 145, 158; BayObLG NZM 2005, 21 und Beschluss vom 1.12.2004 - 2Z BR 166/04) nicht stellt.
Wie sich aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 11.4.2003 ergibt, lag den Eigentümern die Stellungnahme eines Notariats bezüglich des Zugangs von Dritten zum Schwimmbadbereich vor. Die Richtigkeit dieser Stellungnahme wurde von der Mehrheit der Eigentümer angezweifelt. Die Beschlussfassung diente daher nicht der Begründung selbständiger Ansprüche, sondern sie stellt, im Vorfeld einer etwaigen gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzung, lediglich eine Aufforderung an die Antragsgegnerin dar, eine aus Sicht der Mehrheit der Wohnungseigentümer gemeinschaftsordnungswidrige Nutzung zu unterlassen. Hierfür aber besteht eine sich aus der Regelungsbefugnis der Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 2 WEG ergebende Beschlusskompetenz (BayObLG OLG-Report 2005, 21).
c) Der Unterlassungsanspruch ist nicht verwirkt.
Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte sein Recht nicht längere Zeit geltend gemacht hat und der Anspruchsgegner nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dieser werde sein Recht auch in Zukunft nicht ausüben (Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 22 Rn. 277 m.w.N.). Der Gesichtspunkt der Verwirkung ist auf Ausnahmefälle zu beschränken. Er kann nur durchgreifen, wenn über das bloße Verstreichenlassen von Zeit hinaus Umstände vorliegen, die den Schluss darauf zulassen, der Gläubiger wolle sich nicht mehr auf seinen Anspruch berufen (zuletzt BayObLG Beschluss vom 8.3.2005, 2Z BR 239/04).
Auch wenn die Antragsgegnerin, wie sie vorträgt, das Schwimmbad nebst Sauna seit Inbetriebnahme der Anlage im Jahr 1998 den Gästen des "Aparthotels" zur Verfügung gestellt haben sollte, ist die Dauer von allenfalls fünf Jahren bis zur Beanstandung der Nutzung spätestens im April 2003 mangels Hinzukommens weiterer Umstände hier jedenfalls nicht geeignet, einen besonderen Vertrauenstatbestand zu begründen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Im Hinblick auf die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels entspricht es der Billigkeit, der Antragsgegnerin auch die notwendigen außergerichtlichen Auslagen aufzuerlegen.
Die Geschäftswertfestsetzungen des Landgerichts wie des Amtsgerichts werden abgeändert (§ 31 Abs. 1 Satz 2 KostO). Die Festsetzung des Landgerichts (25.000 EUR) erscheint übersetzt, die des Amtsgerichts (5.000 EUR Hauptsache) zu gering. Die gegenständliche Anlage umfasst 67 Wohnungen, das "Aparthotel" der Antragsgegnerin weitere 55 Ferienwohnungen für 2 bis 6 Personen. Dies bedingt eine erhebliche zusätzliche Belastung des Gemeinschaftseigentums durch auswärtige Gäste und damit einen fühlbar über der amtsgerichtlichen Festsetzung liegenden Geschäftswert. Der Senat veranschlagt diesen gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG unter Berücksichtigung aller Interessen, insbesondere der wirtschaftlichen Vorteile der Antragsgegnerin an einer Mitbenutzung durch die Gäste des Hauses und dem Interesse der Antragsteller, von außenstehenden Benutzern ungestört zu sein, mit 15.000 EUR. Eine gesonderte Bewertung für die einstweilige Anordnung erübrigt sich, weil sie zum Hauptsacheverfahren gehört (§ 44 Abs. 3 WEG).
Dementsprechend ist auch der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren mit 15.000 EUR festzusetzen (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).
Ende der Entscheidung
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