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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 14.09.2006
Aktenzeichen: 34 Wx 98/06
Rechtsgebiete: GG, AufenthG, FGG, FreihEntzG


Vorschriften:

GG Art. 19 Abs. 4
AufenthG § 106 Abs. 2 Satz 1
FGG § 20a
FGG § 27 Abs. 2
FreihEntzG § 3 Satz 2
Ist die Rechtsbeschwerde gegen eine isolierte Kostenentscheidung ausgeschlossen, bewirkt auch ein vom Rechtsbeschwerdeführer erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren gestellter Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht die Zulässigkeit des Rechtsmittels.
Gründe:

I.

Die Ausländerbehörde betreibt die Abschiebung des Betroffenen, eines türkischen Staatsangehörigen. Der Betroffene wurde im Jahr 2001 ausgewiesen und im Jahr 2003 abgeschoben. Nach eigenen Angaben kehrte er 2004 in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Bis 10.2.2006 verbüßte er eine Restfreiheitsstrafe. Die Ausländerbehörde bemühte sich sodann zunächst, den Betroffenen zur freiwilligen Ausreise zu bewegen. Am 27.3.2006 ordnete sie die Abschiebung des Betroffenen an. Über seinen Verfahrensbevollmächtigten ließ er erklären, nun freiwillig auszureisen, was schließlich am 5.5.2006 geschehen sein solle. Am 20.5.2006 wurde der Betroffene jedoch in N. aufgegriffen und aufgrund eines Haftbefehls vom selben Tag wegen Verdachts des Diebstahls in Untersuchungshaft genommen.

Die Ausländerbehörde hat am 23.5.2006 beim Amtsgericht beantragt, gegen den Betroffenen Abschiebungshaft anzuordnen. Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 1.6.2006 vormittags angehört, die Anhörung jedoch im Hinblick auf die Unerreichbarkeit des zuständigen Sachbearbeiters der Ausländerbehörde und anderweitiger Termine des Verfahrensbevollmächtigten unterbrochen, um sie am 2.6.2006 fortzusetzen.

Am Nachmittag des 1.6.2006 hat die Ausländerbehörde den Haftantrag zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom 2.6.2006 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen beim Amtsgericht beantragt, dem Träger der Ausländerbehörde die notwendigen Auslagen des Betroffenen nach § 16 FreihEntzG aufzuerlegen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7.6.2006 den Antrag abgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 10.7.2006 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen. Für den Fall der Unzulässigkeit des Rechtsmittels beantragt der Betroffene nunmehr festzustellen, dass der Antrag der Ausländerbehörde, ihn zur Sicherung der erforderlichen Abschiebung in Abschiebungshaft für die Dauer von längstens drei Monaten zu nehmen und diese im Anschluss an die bestehende Untersuchungshaft zu vollstrecken, als rechtswidrig hätte abgelehnt werden müssen.

II.

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

1. Der Betroffene wendet sich gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts, mit der sein Rechtsmittel gegen einen isolierten amtsgerichtlichen Kostenbeschluss zurückgewiesen wurde. Über § 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, § 3 Satz 2 FreihEntzG sind die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) anzuwenden. Nach § 27 Abs. 2 FGG i.V.m. § 20a Abs. 2 FGG ist die weitere Beschwerde gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts, die auf selbständige Anfechtung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung ergangen sind, generell ausgeschlossen (vgl. Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 9). Der Gesetzgeber hält insoweit, verfassungsrechtlich unbedenklich, die Überprüfung durch nur eine Instanz für ausreichend.

2. Der erst im Rechtsbeschwerdeverfahren (hilfsweise) gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag ist verfahrensrechtlich unzulässig. Das folgt aus § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. §§ 546, 559 ZPO. Der Verfahrensstoff der Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich kein anderer als der, über den das Beschwerdegericht entschieden hat (BayObLGZ 1996, 58/62; 188/192; BayObLG NJW-RR 1998, 470/471; BayObLG ZMR 1999, 56; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler § 27 Rn. 3; Jansen FGG 2. Aufl. § 27 Rn. 38). Neue Hilfsanträge sowie die Erweiterung früherer Anträge sind demnach unzulässig.

3. Auch das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und die Besonderheiten des Freiheitsentziehungsverfahrens erfordern keine andere Beurteilung. Zwar besteht bei Freiheitsentziehungsmaßnahmen unabhängig von der Haftdauer grundsätzlich ein Rehabilitierungsinteresse (BVerfGE 104, 220/235; BVerfG vom 31.10.2005, 2 BvR 2233/04; Senat vom 23.8.2006, 34 Wx 071/06), weshalb die Erledigung der Hauptsache ein Rechtsschutzinteresse grundsätzlich nicht entfallen lässt. Dieser Umstand kommt hier jedoch schon deshalb nicht zum Tragen, weil der Betroffene bereits beim Amtsgericht hätte beantragen können, die Rechtswidrigkeit des Antrags der Ausländerbehörde vom 23.5.2006 festzustellen. Ob ein solcher Antrag auch deshalb hätte erfolglos bleiben müssen, weil die beantragte Haft zu keinem Zeitpunkt vollzogen wurde (vgl. BayObLGZ 2004, 233), kann auf sich beruhen.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.



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