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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 07.08.2006
Aktenzeichen: 4 St RR 142/06
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 86a | |
StGB § 86 Abs. 3 |
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Laufen verurteilte den Angeklagten am 3.4.2006 wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50 Euro.
Dabei legte das Amtsgericht seiner Verurteilung folgenden Sachverhalt zu Grunde:
Der C.-Verlag, dessen verantwortlicher Geschäftsführer der Angeklagte ist, bot im Zeitraum 22.03. bis 19.05.2005 den Einzelhändlern F. A. in R., N. U. in B. sowie D. V. und S. S. in S. am K. von seiner Firma hergestellte Ansichtskarten an, wobei in dem von ihm vertriebenen Ansichtskartenprogramm auch die Ansichtskarten Nr. D und Nr. D enthalten waren. Beide Ansichtskartenmotive enthielten jeweils 5 (Nr. D) bzw. 6 (Nr. D.) im Wesentlichen gleichgroße Abbildungen, wobei jeweils 2 der Felder Außen- oder Innenansichten der Dokumentation Obersalzberg, 2 bzw. 3 Felder Abbildungen zerstörter Gebäude des "Führerbereichs" des sog. Dritten Reiches am Obersalzberg, darunter jeweils eines des Privathauses Adolf Hitlers vor deren Abriss (erg. zeigen). Jeweils eines der ca. 4, 5 bis 5 cm großen Felder enthielt ein farbiges Kopfbild Adolf Hitlers, offensichtlich die Wiedergabe eines Gemäldes, das ihn in grauer Wehrmachtsuniform mit klaren, markanten Zügen im Alter von ca. 45 Jahren darstellen soll. Auf der Vorderseite der beiden Ansichtskarten war jeweils der Aufdruck "Dokumentation Obersalzberg" angebracht; die Rückseite enthielt jeweils den Aufdruck " Berchtesgaden Dokumentation Obersalzberg Orts- und Zeitgeschichte".
Der Verlag des Angeklagten belieferte in der Folge die genannten Einzelhändler im Rahmen der Belieferung mit seinem Ansichtskartensortiment auch mit 500 Exemplaren der beiden Ansichtskarten D und D, von denen 189 verkauft wurden; der Rest wurde von der Polizei sichergestellt bzw. vom Angeklagten zurückgeholt. Insgesamt hatte der Angeklagte ca. 1500 Stück der beiden Ansichtskarten in den Verkauf gebracht.
Der Angeklagte glaubte bei der Herstellung und Auslieferung der Ansichtskarten, dass die Abbildung Hitlers auf den Ansichtskarten zulässig sei ...
Wegen der weiteren Einzelheiten der Abbildungen auf den genannten Postkarten nahm das Amtsgericht Laufen auf die in Augenschein genommenen Ansichtskarten Bezug.
Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Hierzu trägt er im Wesentlichen vor, das Amtsgericht habe allein auf Grund seiner subjektiven Meinung, ohne Rückgriff auf objektive Kriterien, das Kopfbild Hitlers auf den Postkarten als Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB gewertet. Es bedürfe keiner Ausführung, dass eine Abbildung einer Person, noch dazu als Reproduktion eines Gemäldes/Druckes in Farbe als solche kein Kennzeichen im Sinne von § 86a StGB sei. Im Übrigen lasse das Urteil des Amtsgerichts eine Gesamtschau des Bildes Hitlers mit den übrigen Bildern auf den Postkarten, die eine Landschaft und die dort stehenden Gebäude zeigten, vermissen. Das Amtsgericht habe ferner die Tragweite der § 86a Abs. 3, § 86 Abs. 3 StGB verkannt. Die gegenständlichen Postkarten informierten nämlich über den Zustand von Gebäuden vor und nach deren Zerstörung und brächten dem Betrachter in Erinnerung, dass dort Adolf Hitler gelebt hätte. Das Bild Hitlers werde in einem geschichtlichen Zusammenhang, der sich gerade aus der Kombination der 4 bzw. 5 Abbildungen mit dem Bild Hitlers ergäbe, gezeigt, was der staatsbürgerlichen Aufklärung bzw. der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens diene.
Die Revision rügt ferner, das Amtsgericht habe nicht geprüft, ob der Angeklagte auch vorsätzlich gehandelt habe, insbesondere ob für ihn erkennbar gewesen sei, dass ein Portraitfoto bzw. die Wiedergabe eines Gemäldes des Kopfes Hitlers ein Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB sei.
Schließlich macht die Revision geltend, der Angeklagte, habe sich in einem - aus dem Kontext der Rüge ersichtlich - unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden. In dem Museum "Dokumentation Obersalzberg" würden kommerziell Broschüren und Bücher verkauft, in denen unzählige Hitlerbilder aufschienen; an jedem Kiosk im Berchtesgadener Land könnten solche Broschüren ebenfalls käuflich erworben werden. Der Angeklagte sei deshalb davon ausgegangen, dass die von ihm vorgenommene Kombination von Bildern auf den Postkarten ebenfalls straflos sei.
II.
Dem statthaften (§§ 312, 335 Abs. 1 StPO) und auch im Übrigen zulässigen (§ 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO) Rechtsmittel der Revision des Angeklagten bleibt ein Erfolg versagt (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Eine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge hat der Angeklagte nicht erhoben.
2. Eine Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der erhobenen Sachrüge ergab keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
a) Rechtsfehlerfrei geht das Amtsgericht davon aus, dass es sich bei den Bildern Hitlers auf den beiden Postkarten um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen handelt (§ 86a StGB).
Kennzeichen im Sinne dieser Vorschrift sind nach der nicht abschließenden Aufzählung des § 86a Abs. 2 Satz 1 StGB namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Hierzu zählt die Rechtsprechung auch nicht körperliche Erkennungszeichen, wie gesungene Lieder, wenn diese einen für nationalsozialistische Organisationen kennzeichnenden Symbolcharakter aufweisen (vgl. für das "Horst-Wessel-Lied" BayObLGSt 1962, 159 ff.; BGH MDR 1965, 923).
Nach heute einhelliger Rechtsprechung (BGH a.a.O.; BGHSt 28, 394/396; OLG Schleswig MDR 1978, 333; OLG Celle NJW 1991, 1497; OLG Rostock NStZ 2002, 320), der sich der Senat anschließt, stellt auch das Kopfbild Adolf Hitlers ein verfassungswidriges Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB dar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Hitler als Führer der NSDAP, als Reichskanzler oder als Staatsoberhaupt dargestellt wird (BGHSt 28, 394/396). Es ist ferner unerheblich, ob auf der Abbildung zusätzlich ein Hakenkreuz, das Hauptkennzeichen der NSDAP (BGHSt 28, 394/395), oder ein zum "Deutschen Gruß" erhobener Arm zu sehen sind. Die Organisation des damaligen NS-Staates und der diesen mit einer Vielzahl von Unterorganisationen beherrschenden Partei, der NSDAP, sowie die Ausübung aller staatlicher Hoheitsgewalt durch verschiedene Behörden waren zentral auf den "Führer Adolf Hitler" als den Kulminationspunkt aller staatlichen Gewalt ausgerichtet. Die Person Adolf Hitlers als solche repräsentiert, ohne dass es des Hinzutretens weiterer nationalsozialistischer Symbole, Kennzeichen oder Ergänzungen bedarf, den Nationalsozialismus. Allein sein Abbild stellt damit ein Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen im Sinne des § 86a StGB dar.
b) Frei von Rechtsfehlern ist auch die Feststellung des Amtsgerichts, dass der Angeklagte als Geschäftsführer des C.-Verlags die gegenständlichen Postkarten entweder im Inland hergestellt oder aus dem Ausland eingeführt hat, um sie hier zu verbreiten oder zu verwenden (§ 86a Abs. 1 Ziffer 2 StGB).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (vgl. insbesondere BGHSt 28, 394/396; 25, 30; BayObLG NStZ-RR 2003, 233) erfüllt jedes irgendwie geartete Gebrauchmachen von nationalsozialistischen Kennzeichen das Tatbestandsmerkmal des Verwendens, wobei es nicht darauf ankommt, ob die festgestellte Verwendung einen für den Nationalsozialismus werbenden Charakter aufweist. Da es sich bei § 86a StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, entfällt eine Bestrafung nach dieser Vorschrift nicht schon deshalb, weil eine mit der Verwendung verbundene konkrete Gefährdung des politischen Friedens oder die nahe liegende Möglichkeit einer solchen Gefährdung nicht nachgewiesen werden kann. Um eine Überdehnung des Tatbestands des § 86a StGB zu vermeiden, sind jedoch solche Kennzeichenverwendungen vom Tatbestand ausgenommen, die dem Schutzzweck der Vorschrift ersichtlich nicht zuwiderlaufen (BGHSt 25, 30/32). Als Schutzzweck der Strafvorschrift ist dabei im Einzelnen nicht nur die Abwehr einer Wiederbelebung der verbotenen Organisation oder der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Bestrebungen, auf die das Kennzeichen symbolhaft hinweist, zu verstehen. Die Vorschrift dient auch der Wahrung des politischen Friedens dadurch, dass jeglicher Anschein einer solchen Wiederbelebung sowie der Eindruck bei in- und ausländischen Beobachtern des politischen Geschehens in der Bundesrepublik Deutschland vermieden wird, in ihr gäbe es eine rechtsstaatswidrige innenpolitische Entwicklung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen der durch das Kennzeichen angezeigten Richtung geduldet würden. Auch ein solcher Eindruck und die sich daran knüpfenden Reaktionen können den politischen Frieden empfindlich stören. § 86a StGB will auch verhindern, dass die Verwendung von Kennzeichen verbotener verfassungsfeindlicher Organisationen - ungeachtet der damit verbundenen Absicht - sich wieder derart einbürgern, dass das Ziel, solche Kennzeichen aus dem Bild des politischen Lebens in der Bundesrepublik grundsätzlich zu verbannen, nicht erreicht wird, mit der Folge, dass sie schließlich auch wieder von den Verfechtern der politischen Ziele, für die das Kennzeichen steht, gefahrlos gebraucht werden können (BGHSt a.a.O.; BayObLGSt 2002, 43/45).
Eine solche, ersichtlich dem Schutzzweck des § 86a StGB nicht zuwider laufende und damit den Tatbestand ausschließende Kennzeichenverwendung hat der Angeklagte weder beabsichtigt noch vorgenommen.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts lieferte er an vier verschiedene Einzelhändler 500 Exemplare der die Person Adolf Hitlers idealisierenden Ansichtskarten D und D , von denen 189 verkauft wurden.
Angesichts des Umfangs der verkauften Exemplare würde eine Duldung dieses Vorgehens dem Zweck des § 86a StGB zuwiderlaufen, die Verwendung solcher Kennzeichen im Erscheinungsbild der Öffentlichkeit auszuschließen und zu verhindern, dass das mit ihnen verbundene Gedankengut wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung Eingang findet. Diese Gefahr ist gerade im vorliegenden Fall, bei dem ein Medium ersichtlich nicht in einer politischen Auseinandersetzung, sondern im Bereich des Alltags verwendet wird, besonders gegeben, da der Betrachter oder Adressat der Postkarten mit einer ideologischen Beeinflussung in dieser Situation nicht rechnet. Postkarten dienen nämlich in erster Linie der Erinnerung und der Übersendung von Urlaubsgrüßen und nicht der politischen Auseinandersetzung.
c) Beizutreten ist auch der Ansicht des Amtsgerichts, die verkauften Postkarten dienten nicht der staatsbürgerlichen Aufklärung im Sinne der § 86a Abs. 3, § 86 Abs. 3 StGB.
Nach dieser Sozialadäquanzklausel sind Fälle der Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu legitimen Zwecken - zur staatsbürgerlichen Aufklärung, zur Abwehr verfassungswidriger Bestimmungen, zu Zwecken der Kunst, Wissenschaft, Forschung oder Lehre, zur Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens, der Geschichte oder zu ähnlichen Zwecken - von der Strafbarkeit ausgenommen; insoweit ist die Verwirklichung des Tatbestands ausgeschlossen (BGHSt 46, 36/43; 212/217; 47, 278/282).
Die Klausel bezieht ihre praktische Bedeutung daraus, dass der Tatbestand, um seinem Schutzzweck in jedem Fall gerecht zu werden, in formalisierender Weise und daher in Einzelfällen über diesen Zweck hinaus grundsätzlich jedes irgendwie geartete Gebrauchmachen erfasst und lediglich solche Fälle der Verwendung beiseite lässt, die dem Schutzzweck ersichtlich, das heißt ohne weiteres erkennbar, nicht zuwiderlaufen. Sie erfasst also lediglich Handlungen, die über die genannte Einschränkung des Tatbestandes hinaus objektiv, wenn auch nicht ohne weiteres erkennbar, das mit der Vorschrift geschützte Rechtsgut nicht gefährden können und daher straflos bleiben sollen. Eine Kennzeichenverwendung, die diesen Schutzzweck verletzt, kann niemals die Voraussetzungen der Klausel erfüllen (BGHSt 28, 394/398).
Die beiden Postkarten D und D dienen nicht der staatsbürgerlichen Aufklärung i.S. der § 86a Abs.3, 86 Abs. 3 StGB, da sie nicht Wissen zur Anregung der politischen Willensbildung und Verantwortungsbereitschaft der Staatsbürger vermitteln und damit seine politische Mündigkeit fördern (vgl. BGHSt 23, 226 f.; OLG Hamm NJW 1982, 1656/1658).
Es ist schon zweifelhaft, ob sich aus ihnen, wie die Revision meint, die Information ergibt, dass Adolf Hitler auf dem Obersalzberg gewohnt und agiert hat, oder ob zum Erkennen dieses Informationsgehalts ein außerhalb der Karten liegendes zusätzliches Geschichtswissen erforderlich ist. Es erscheint auch fern liegend, dass Postkarten, die, wie ausgeführt, in erster Linie zu Erinnerungszwecken und zur Übermittlung von Urlaubsgrüßen versendet werden, überhaupt der staatsbürgerlichen Aufklärung dienen können. Eine Darstellung Adolf Hitlers im Kontext mit teilweise zerstörten Gebäuden und Landschaften, noch dazu deutlich idealisierend, wie im vorliegenden Fall, dient jedoch in keiner Weise der staatsbürgerlichen Aufklärung.
Das Revisionsgericht ist bei der Beurteilung einer Abbildung im Rahmen der Sachrüge grundsätzlich auf den Urteilsinhalt beschränkt und an die dortigen Feststellungen gebunden. Auf Grund der Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO im vorliegenden Fall kann es jedoch die bei den Akten befindlichen Postkarten aus eigener Anschauung würdigen und prüfen, ob die vom Tatrichter aus der Abbildung gezogenen Schlüsse tatsächlich möglich und rechtlich fehlerfrei sind. Durch die Verweisung werden die Abbildungen nämlich als Ganzes so zum Bestandteil der Urteilsgründe, wie wenn sie in diese aufgenommen worden wären.
Die Abbildung Adolf Hitlers auf den Postkarten D und D zeigen diesen im Alter von etwa 45 Jahren mit markanten Gesichtszügen und einem entschlossenen Gesichtsausdruck. Die Wehrmachtsuniform, bestehend aus weißem Hemd, Krawatte, Uniformjacke und Mantel sowie einer Schirmmütze, sitzt exakt und unterstreicht dadurch die Entschlossenheit der abgebildeten Person. Dies vermittelt einem unbefangenen Betrachter den Eindruck, dass Hitler als Vorbild für Tatkraft, Entschlossenheit und Pflichterfüllung dienen soll, wie dies in der Zeit des Nationalsozialismus der Fall war. Diese idealisierende Darstellung Adolf Hitlers wird bei der Postkarte D zusätzlich dadurch besonders hervorgehoben, dass sie sich zentral in der Mitte befindet.
Eine die Person Adolf Hitlers idealisierende Darstellung läuft ersichtlich dem Schutzzweck des § 86a StGB zuwider und kann damit nicht die Voraussetzungen der Sozialadäquanzklausel des § 86 Abs. 3 StGB erfüllen.
d) Keinen Erfolg hat die Revision ferner mit ihrer Rüge, das Amtsgericht habe keine ausreichenden Feststellungen zum subjektiven Tatbestand des § 86a StGB getroffen.
Zuzugestehen ist der Revision, dass das Amtsgericht ausdrücklich keine Ausführungen zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes gemacht hat. Dies ist jedoch unschädlich. Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen hat der Angeklagte den äußeren Sachverhalt uneingeschränkt eingeräumt; der Angeklagte hat lediglich vorgetragen, er habe keine Kenntnis von dem Verbot der Verbreitung von Kopfbildern Adolf Hitlers gehabt (U.S. 3).
Das Amtsgericht konnte bei dieser Sachlage von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes auf das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes, des Vorsatzes und der Absicht i. S. des § 86a Abs. Ziff. 1 StGB, bei dem Angeklagten schließen (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 267 Rn. 7). Es war somit nicht gehalten, nähere Ausführungen zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes durch den Angeklagten zu treffen.
e) Frei von Rechtsfehlern ist auch die Ansicht des Amtsgerichts, der Angeklagte habe sich bei der Verbreitung der Postkarten in einem vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 Satz 2 StGB befunden (U.S. 3).
Für die Annahme eines Verbotsirrtums reicht es nicht schon aus, dass der Täter in Unkenntnis seiner Strafbarkeit und des anzuwendenden Strafgesetzes gehandelt hat. Schon gar nicht kommt es auf die - noch speziellere - Kenntnis der Strafbarkeit nach deutschem Recht an. Der Verbotsirrtum setzt vielmehr nach seiner gesetzlichen Umschreibung voraus, dass dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun (§ 17 Satz 1 StGB). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem Rechtsgut, das der betreffende Straftatbestand schützt. Demgemäß unterliegt einem Verbotsirrtum, wer die vom verwirklichten Straftatbestand umfasste spezifische Rechtsgutsverletzung nicht als Unrecht erkennt (BGHSt 45, 97/100 f.).
Die Annahme eines Verbotsirrtums ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Angeklagten bewusst war, dass er durch die Verbreitung der gegenständlichen Postkarten in Deutschland den öffentlichen politischen Frieden gefährdet oder dass er sich dieser Erkenntnis rechtsblind verschlossen hätte. Sein Irrtum wäre jedoch vermeidbar gewesen.
Vermeidbar ist ein Verbotsirrtum, wenn dem Täter sein Vorhaben unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten und Kenntnisse hätte Anlass geben müssen, über dessen mögliche Rechtswidrigkeit nachzudenken oder sich zu erkundigen und er auf diese Weise zur Unrechtseinsicht gekommen wäre (BayObLGSt 1988, 139/140).
Es kann für die Frage der Vermeidbarkeit/Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums dahinstehen, ob das Verbreiten der gegenständlichen Postkarten in Ö. straflos ist, wie das der Angeklagte vorträgt (U. S. 3), da er sich hierauf nicht berufen kann. Als Geschäftsführer eines Verlages, der seinen Sitz grenznah in S. hat und der einen nicht unerheblichen Teil seiner Geschäftstätigkeit in B. in D. ausführt, wäre es dem Angeklagten vor dem geschichtlichen Hintergrund des Nationalsozialismus zuzumuten gewesen, sich bei geeigneten Behörden oder einem Rechtsanwalt im Inland über die Rechtslage in Deutschland zu informieren. Dadurch hätte der Angeklagte den von ihm geltend gemachten Verbotsirrtum vermeiden können.
Soweit die Revision darauf abstellt, der Angeklagte sei von der Straflosigkeit seines Verhaltens ausgegangen, da Broschüren und Bücher mit unzähligen Hitlerabbildungen in dem Museum "Dokumentation Obersalzburg" und an Kiosken im Berchtesgadener Raum verkauft würden, kann er damit im Rahmen der Sachrüge nicht gehört werden, da das Amtsgericht diese tatsächlichen Feststellungen in seinem Urteil nicht getroffen hat. Für die sachlich-rechtliche Nachprüfung stehen dem Revisionsgericht alleine die Urteilsurkunde und die Verweisungen nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO zur Verfügung; alle anderen Erkenntnisquellen sind dem Revisionsgericht verschlossen (BGHSt 35, 238/241; Meyer-Goßner a.a.O. § 337 Rn. 22).
f) Auch die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs ergab keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
Zu Recht ist das Amtsgericht unter Hinweis auf die rein kommerziellen Interessen des Angeklagten bei der Verbreitung der gegenständlichen Postkarten davon ausgegangen, dass ein Absehen von einer Bestrafung wegen geringer Schuld des Angeklagten nach § 86a Abs. 3, § 86 Abs. 4 StGB nicht in Betracht kommt (U.S. 4).
Zutreffend geht es davon aus, dass sich der Angeklagte in einem vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 StGB befunden habe (U. S. 3).
Bei den Strafzumessungserwägungen erörtert das Amtsgericht jedoch nicht, ob es auf Grund des vermeidbaren Verbotsirrtums des Angeklagten von der Möglichkeit der Strafrahmenmilderung gemäß §§ 17 Satz 2, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht oder ob es diesen lediglich als allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkt innerhalb des Regelstrafrahmens berücksichtigt hat. Auch bei einer fakultativen Strafrahmenmilderung müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, welchen Strafrahmen das Gericht der Strafzumessung zugrunde gelegt hat (BGH NStZ 1985, 30). Dies hat das Amtsgericht rechtsfehlerhaft unterlassen.
Dass das Amtsgericht den Gesichtspunkt des vermeidbaren Verbotsirrtums bei der Strafzumessung überhaupt nicht berücksichtigt hat, kann der Senat auf Grund der Erwähnung der §§ 17 und 49 StGB bei den angewandten Vorschriften und der verhängten geringen Strafe von 30 Tagessätzen zu je 50 Euro ausschließen.
Der Senat sieht nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO von einer Aufhebung des angegriffenen Urteils auf Grund des genannten Rechtsfehlers bei der Zumessung der Rechtsfolgen ab, da er die verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50 Euro für angemessen erachtet.
Der Revision des Angeklagten war somit der Erfolg in der Sache zu versagen.
Der Senat entscheidet einstimmig nach § 349 Abs. 2 StPO.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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