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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 30.03.2001
Aktenzeichen: 4 UF 16/01
Rechtsgebiete: Regelbetrag-Verordnung, BGB, ZPO
Vorschriften:
Regelbetrag-Verordnung § 1 | |
BGB § 1612 a | |
BGB § 1612 b Abs. 5 | |
ZPO § 655 | |
ZPO § 654 Abs. 1 |
Vereinfachtes Verfahren
Im vereinfachten Verfahren ist grundsätzlich ein Unterhalt von 135 % nach der Regelbetrags-Verordnung abzüglich des bezifferten halben Kindergelds festzusetzen.
OBERLANDESTGERICHT MÜNCHEN - ZIVILSENATE IN AUGSBURG -
Aktenzeichen: 4 UF 16/01 050 FH 00013/00 AG Kaufbeuren
Beschluß
des 4. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg
vom 30. März 2001
in der Familiensache
wegen Unterhalts (vereinfachtes Verfahren)
Gründe:
5. Obwohl der Antragsgegner nur leistungsfähig ist, 121 % des Regelbetrags nach § 1 Regelbetrag-Verordnung zu zahlen, ist für die Zeit ab 1.7.2001 ein Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags abzüglich des hälftigen Kindergeldes in Höhe von 135 DM (für das Kind B) und in Höhe von 150 DM (für die Kinder M und P) festzusetzen. Dies ist notwendig, weil der dynamisiert festzusetzende Unterhalt im Tenor ansonsten nicht ausreichend klar bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
a) Die vorgeschlagenen Möglichkeiten der Tenorierung,
"... 121 % des Regelbetrags der ersten Altersstufe nach § 1 Regelbetrag-Verordnung. Auf den Unterhalt ist das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind anzurechnen, soweit dieses zusammen mit dem Unterhalt 135 % des Regelbetrags übersteigt" oder
"... 121 % des jeweiligen Regelbetrags nach § 1 Regelbetrag-Verordnung abzüglich des anrechenbaren hälftigen Kindergeldanteils für ein erstes Kind. Nicht anrechenbar ist der hälftige Kindergeldanteil in der Höhe, in der der geschuldete Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrags unterschreitet (Kittel, Der Amtsvormund, 2000, 825) enthalten zwei variable Größen (Höhe des Regelbetrags und anrechenbarer Kindergeldanteil).
Wenngleich beide in Bezug genommenen Größen dem Bundesgesetzblatt zu entnehmen sind, ist es den an der Vollstreckung Beteiligten, z.B. dem Arbeitgeber des Antragsgegners, nicht zuzumuten, den konkret geschuldeten Unterhalt zu errechnen und zu beziffern (Grabs, NJW 2001, 249 (254)). Im Interesse auch der unterhaltsberechtigten Kinder und des unterhaltspflichtigen Antragsgegners darf im Falle der Pfändung der Arbeitgeber des Antragsgegners nicht unnötig mit Verwaltungsaufwand belastet werden. Angesichts der Haftung für fehlerhafte Abrechnungen könnte der unliebsame Verwaltungsaufwand den Arbeitgeber veranlassen, dem Unterhaltspflichtigen zu kündigen. Dies muss vermieden werden.
Die Tenorierung der Zahlung von Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags nach § 1 Regelbetrag-Verordnung und des Abzugs des bezifferten halben Kindergeldes entspricht der bisherigen Praxis (Johannsen/Henrich/Grabe, Eherecht, 3. Aufl. § 1612 a Rd.Nr. 11 a.A. OLG Stuttgart, Der Amtsvormund, 1999, 771) mit nur einer auf § 1612 a BGB gestützten Variablen (Höhe des Regelbetrags). Diese Praxis beruht auf der Bestimmung des § 655 ZPO, die eine vereinfachte Abänderung des Titels zulässt, wenn sich die Höhe des Kindergelds ändert. Eine Dynamisierung der Kindergeldanrechnung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Sie wurde, obgleich das Problem bekannt war, anlässlich der Änderung des § 1612 b V BGB vom Gesetzgeber nicht eingeführt. Es ist auch schwierig vorauszusehen, wann sich etwa das Kindergeld für ein drittes Kind auf den Betrag für ein zweites Kind ermäßigt. Für diese Prognose ist kein Raum im vereinfachten Verfahren.
Die Tenorierung trägt den Bedenken Rechnung, wonach ein dynamisierter Titel gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB nicht ausreichend bestimmt sei (Scholz FamRZ 2000, 1541 (1546); Vossenkämpfer, FamRZ 2000, 1547 (1551)).
b) Der Antragsgegner erleidet keinen Rechtsnachteil, wenn trotz bestehender Leistungsfähigkeit von nur 121 % ein Kindesunterhalt in Höhe von 135 % festgesetzt wird. Da das halbe Kindergeld nur anzurechnen ist, soweit dieses zusammen mit dem Unterhalt 135 % des Regelbetrags übersteigt, hat der Antragsgegner in der ersten Altersstufe von 100 % bis 135 % des Regelbetrags, in der zweiten Altersstufe von 107 % bis 135 % und in der dritten Altersstufe von 114 % bis 135 jeweils den gleichen Zahlbetrag als Unterhalt zu leisten (vgl. Tabelle, erarbeitet von Kittel a.a.O.). Der Antragsgegner kann in diesem Bereich nicht vorbringen, er sei in eine falsche Einkommensgruppe, eingestuft öder das Kindergeld sei unrichtig angerechnet worden. Ihm fehlt eine Beschwer (BGH FamRZ 1995, 729 (730)), solange der Antragsgegner nicht wegen eingeschränkter Leistungsfähigkeit einen niedrigeren Zahlbetrag zu entrichten hat. Der Unterhaltsberechtigte ist erst beschwert, wenn die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners es erlaubt, einen höheren Unterhalt als 135 % des Regelbetrags festzusetzen. Die Tenorierung erspart damit der Praxis unnötige Abänderungen von Unterhaltstiteln, wenn der Zahlbetrag unverändert bleibt.
c) Demzufolge ist die Festsetzung des Unterhalts in Höhe von 135 % des Regelbetrags abzüglich hälftigen Kindergeld richtig, solange sich nur der Tabellenunterhalt/oder der anzurechnende Kindergeldanteil ändert, nicht aber der Zahlbetrag. In Rechtskraft erwächst nur der titulierte Zahlbetrag, nicht der geschuldete Tabellenunterhalt und der angerechnete oder von der Anrechnung ausgeschlossene Kindergeldanteil (Graba NJW a.a.O. unter Hinweis auf BGH FamRZ 1995, 729). Auch wenn nicht nur über den Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Unterhalt, sondern auch über den Ausgleichsanspruch der Eltern wegen des Kindergeld rechtskräftig entschieden wird (BGH FamRZ 1988, 834), eröffnet dies nicht die Möglichkeit der Abänderung (§§ 323; 656 ZPO), da eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nicht vorliegt (Graba a.a.O.).
Gleiches gilt für das Abänderungsverfahren nach § 654 Abs. 1 ZPO. Eine Korrektur des festgesetzten Unterhalts kann der Antragsgegner oder der Unterhaltsberechtigte nur verlangen, wenn sich der Unterhaltszahlbetrag ändert.
d) Der Tenorierung steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin beantragt, Unterhalt jeweils in Höhe von 121 % des Regelbedarfs ohne hälftigen Abzug des Kindergelds festzusetzen, weil der festgesetzte Zahlbetrag dem Antrag entspricht bzw. ihn unterschreitet (§ 648 I Nr. 3 b ZPO).
III.
Prozesskostenhilfe war nur zu gewähren, soweit die Beschwerde Aussicht auf Erfolg hat (§§ 119 I 1, 114 ZPO). Im Übrigen war Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu versagen.
Ende der Entscheidung
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