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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 20.11.2006
Aktenzeichen: 4St RR 210/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 346 Abs. 1
Wird ein amtsgerichtliches Urteil ausdrücklich mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten und der Übergang zur Berufung erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO erklärt, ist die Revision nach § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht fristgerecht begründet wurde.
Gründe:

I.

Das Amtsgericht Rosenheim sprach den Angeklagten mit Urteil vom 1.3.2006 wegen vorsätzlicher Körperverletzung schuldig und verhängte 1 Woche Dauerarrest.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 2.3.2006, eingegangen bei dem Amtsgericht Rosenheim am gleichen Tag, legte der Angeklagte gegen dieses Urteil Revision ein.

Das Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 1.3.2006 wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 6.4.2006 zugestellt. Mit Schreiben vom 24.5.2006, bei dem Amtsgericht Rosenheim am 26.5.2006 eingegangen, teilte er mit, die eingelegte Revision sei als Berufung zu behandeln, da eine Begründung innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht erfolgt sei.

Das Amtsgericht Rosenheim verwarf die Revision mit Beschluss vom 8.6.2006 als unzulässig, da sie nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begründet worden sei.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seinem Antrag nach § 346 Abs. 2 StPO.

II.

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere fristgerecht gestellt (§ 346 Abs. 2 Satz 1 StPO). Der Verwerfungsbeschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 8.6.2006 wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 30.6.2006 zugestellt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 4.7.2006, bei dem Amtsgericht Rosenheim eingegangen am 5.7.2006, beantragte der Angeklagte die Entscheidung des Revisionsgerichts.

2. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

a) Da der Rechtsmittelführer die Entscheidung über das geeignete Rechtsmittel in der Regel erst nach Kenntnis der Urteilsgründe treffen kann, ist es anerkannt (Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 335 Rn. 2-5 m.w.N.), dass ein Urteil derart unbestimmt angefochten werden kann, dass die Wahl zwischen Berufung und Revision zunächst offen gelassen wird. Eine endgültige Wahl kann dann jedoch nur bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nach § 345 Abs. 1 StPO getroffen werden. Wird keine Wahl getroffen, wird das Rechtsmittel als Berufung durchgeführt.

Eine solche unbestimmte Anfechtung des Urteils des Amtsgerichts Rosenheim liegt jedoch nicht vor, da das Rechtsmittel mit Schreiben vom 2.3.2006 eindeutig als Revision bezeichnet wurde.

b) Durch diese Bezeichnung hat der Angeklagte jedoch sein Wahlrecht, innerhalb der Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO zur Berufung überzugehen, noch nicht verloren, da er sich noch nicht endgültig auf dieses Rechtsmittel festgelegt hatte (vgl. Meyer-Goßner aaO § 335 Rn. 9). Allein dadurch, dass der Angeklagte im vorliegenden Fall das amtsgerichtliche Urteil mit einem Rechtsmittel angriff, das er als Revision bezeichnete, hat er nämlich mangels weiterer Anhaltspunkte noch nicht das endgültige Rechtsmittel gewählt und auf den Übergang zur Berufung verzichtet (vgl. BGHSt 13, 388/391 f).

c) Mit Schreiben vom 24.5.2006, das am 26.5.2006 bei dem Amtsgericht Rosenheim eingegangen ist, hat der Angeklagte hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass er nunmehr das Rechtsmittel der Berufung wähle.

Diese Wahl erfolgte jedoch nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO, die am 6.5.2005 ablief. Ein wirksamer Wechsel von dem Rechtsmittel der Revision zur Berufung liegt damit nicht vor.

Abweichend von den Fällen, in denen zunächst ein unbestimmter Rechtsmittelangriff geführt wurde, führt dies nicht dazu, dass das eingelegte Rechtsmittel nunmehr als Berufung zu behandeln wäre, sondern, da im vorliegenden Fall das Rechtsmittel wirksam als Revision bezeichnet worden war, zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Revision (OLG Zweibrücken MDR 1979, 956/957; siehe auch OLG Köln NStZ 1994, 199/200), da diese innerhalb der Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO nicht begründet wurde.

Soweit der Angeklagte seine Rechtsansicht, die von ihm eingelegte Revision sei als Berufung zu behandeln, auf eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGSt 1983, 93) stützt, ist der dort entschiedene Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Dort wurde ein amtsgerichtliches Urteil allgemein ohne nähere Bezeichnung des Rechtsmittels angefochten, das Rechtsmittel dann fristgerecht innerhalb der Revisionsbegründungfrist als Revision bezeichnet und begründet, jedoch gegenüber dem unzuständigen Landgericht. Mangels wirksamen Übergangs zur Revision war der allgemeine Rechtsmittelangriff dort als Berufung zu behandeln. Im hier zu entscheidenden Fall liegt jedoch keine allgemeine, sondern eine als Revision bezeichnete Anfechtung des amtsgerichtlichen Urteils vor.

Die vom Angeklagten vertretene Rechtsauffassung findet auch in der von ihm zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3.12.2003, 5 StR 249/03 (= BGH NJW 2004, 789/790) keine Stütze. Auch dieser Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Er betrifft nämlich die Frage, ob ein Beschwerdeführer, der wirksam gegen ein amtsgerichtliches Urteil ausdrücklich Berufung eingelegt hat, innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erklären kann, er gehe zum Rechtsmittel der Revision über, was der Bundesgerichtshof bejahte. Im hier zu entscheidenden Fall wurde zwar zunächst ebenfalls das gewählte Rechtsmittel ausdrücklich bezeichnet, der Wechsel des Rechtsmittels erfolgte jedoch erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist.

Das Amtsgericht Rosenheim hat damit die Revision der Angeklagten zu Recht als unzulässig verworfen (§ 346 Abs. 1 StPO).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.



Ende der Entscheidung

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