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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 03.04.2009
Aktenzeichen: 5 U 5240/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 216 Abs. 2
BGB § 252
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 314 Abs. 4
BGB § 490
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 5 U 5240/08

Verkündet am 3. April 2009

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung

erlässt der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., Richterin am Oberlandesgericht ... und Richter am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2009 folgendes Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.10.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf € 60.444,63 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren Feststellung, dass sie der Beklagten aus zwei Darlehensverträgen vom 15.11.2000 nichts mehr schuldig sind. Erstinstanzlich haben sie darüber hinaus die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigungen zweier notarieller Schuldanerkenntnisse vom 20.11.2000 und vom 4.12.2000 verlangt.

Am 15.11.2000 gewährte die Beklagte den Klägern Darlehen in Höhe von 200.000 DM und 500.000 DM zum Zwecke der Immobilienfinanzierung.

Besichert wurden die beiden Darlehen mit zwei Buchgrundschulden im Betrag von 625.000 DM und 75.000 DM, die ab dem Zeitpunkt ihrer Bestellung mit 16 % p.a. zu verzinsen waren. In beiden Grundschuldbestellungsurkunden lautet Ziff. 5 "Übernahme der persönlichen Haftung" wortgleich übereinstimmend:

"Herr Harald Z. und Frau Katarina B. übernimmt/übernehmen die persönliche Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe der vereinbarten Grundschuld (Kapital und Zinsen) entspricht. Mehrere Schuldner haften als Gesamtschuldner. Jeder einzelne unterwirft sich wegen dieser Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen.

In der zur Darlehensfinanzierung am 30.11.2000 abgeschlossenen "Zweckbestimmungserklärung (Sicherungsvereinbarung)" heißt es unter Ziff. 1.1 wörtlich:

"Die Grundschuld und die sonstigen der Bank nach der Grundschuldbestellungsurkunde zustehenden Rechte, insbesondere die Übernahme der persönlichen Haftung sowie die Abtretung der Rückgewähransprüche, dienen zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank mit ihren sämtlichen in- und ausländischen Geschäftsstellen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen den Sicherungsgeber zustehen. ..."

Mit Schreiben vom 10.9.2004 kündigte die Beklagte beide Darlehen aufgrund von Leistungsrückständen der Kläger. Bei der in der Folge von der Beklagten betriebenen Zwangsversteigerung der finanzierten Immobilie konnte ein Erlös in Höhe von 284.000,00 € erzielt werden. Durch die Verwertung von Lebensversicherungen des Klägers zu 2) konnte die Beklagte darüber hinaus 84.378,15 € erzielen.

Mit Schreiben vom 25.03.2008 bezifferte die Beklagte ihre Restforderungen aus den beiden Darlehen auf 21.704,72 € und 38.739,91 € (insgesamt: 60.444,63 €). In diese Beträge eingerechnet sind Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von 3.693,60 € und 30.714,00 €.

Die Kläger sind der Auffassung, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht geschuldet sei, da diese Rechtsfolge vom Gesetz nur für den Fall der Kündigung des Darlehensnehmers vorgesehen sei. Darüber hinaus führe das Erlöschen der Grundschulden aufgrund der durchgeführten Zwangsversteigerung zu einem Wegfall der persönlichen Haftung durch die Kläger. Schließlich seien Ansprüche der Beklagten auf Darlehensrückzahlung verjährt, da die Kündigung der Beklagten aus dem Jahre 2004 datiere (§§ 195, 199 BGB).

Die Kläger haben erstinstanzlich beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass die Kläger der Beklagten aus den Darlehensverträgen vom 15.11.2000 nichts mehr schulden.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die vollstreckbaren Ausfertigungen der notariellen Schuldanerkenntnisurkunden vom 20.11.2000 (URNr. 10...W/2000/- ...) und 04.12.2000 (URNr. 11...W/2000/...) des Notars Dr. Wolfgang W. an die Kläger herauszugeben.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Sowohl Grundschuld als auch die Übernahme der persönlichen Haftung dienten nach der Zweckbestimmungserklärung zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Beklagten, wozu auch der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung als Schadensersatzanspruch zu rechnen sei. Die Verjährungseinrede verhelfe der Klage nicht zum Erfolg, da § 216 Abs. 2 S. 1 BGB analog auf notarielle Schuldanerkenntnisse anwendbar sei.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Klageantrag I sei unbegründet, da der Beklagten selbst bei Herausrechnung der strittigen Vorfälligkeitsentschädigung unter Anrechnung des Verwertungserlöses noch Restforderungen aus den beiden Darlehensverträgen zustünden, die sich nach klägerischer Berechnung auf € 37.120,93 beliefen. Die geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigung stehe der Beklagten als Schadensersatzanspruch gemäß § 314 Abs. 4 i.V.m. § 280 Abs. 1 u. 2 und § 286 BGB zu. Der Eintritt der Verjährung vernichte den Anspruch nicht, sondern begründe lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht.

Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigungen der Schuldanerkenntnisse schulde die Beklagte nicht. Dies ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 216 Abs. 2 S. 1 BGB.

Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Berufung der Kläger mit den Anträgen,

festzustellen, dass die Kläger der Beklagten aus den Darlehensverträgen vom 15.11.2000 nichts mehr schulden,

hilfsweise:

festzustellen, dass die Kläger gegenüber dem Rückforderungsbegehren der Beklagten aus den Darlehensverträgen vom 15.11.2000 zur Leistungsverweigerung berechtigt sind.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 3.3.2009 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger bleibt ohne Erfolg. Das landgerichtliche Urteil weist Rechtsfehler nicht auf. Der als Hauptantrag im Berufungsverfahren formulierte Feststellungsantrag ist unbegründet, der Hilfsantrag unzulässig.

1. Soweit mit der Berufung als Hauptantrag verfolgt wird, festzustellen, dass die Kläger der Beklagten aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen vom 15.11.2000 nichts mehr schulden, erweist sich die Klage als unbegründet.

Insoweit kann zunächst auf die rechtsfehlerfreien Darlegungen des Erstgerichts auf Seiten 7/8 der Urteilsgründe Bezug genommen werden, wonach zum einen die Kündigung der Darlehensverträge wegen bestehender Leistungsrückstände unstreitig wirksam war und zum anderen sich auch nach klägerischer Berechnung (Abzug der beanstandeten Vorfälligkeitsentschädigungen) für die beiden Darlehen ein Restsaldo von zusammen € 405.499,08 ergibt, der unstreitig durch die Erlöse aus der durchgeführten Zwangsvollstreckung nicht vollständig abgedeckt ist. Hiergegen werden auch keine Berufungsrügen erhoben.

Zu Recht ist das Erstgericht darüber hinaus davon ausgegangen, dass die Beklagte die beanspruchte Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann. Soweit die Berufung darauf beharrt, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung nur beansprucht werden könne, wenn der Darlehensnehmer selbst das Darlehen kündigt, was sich aus der systematischen Stellung des § 490 Abs. 2 S. 3 BGB ergebe, geht diese Rechtsmeinung fehl. Vielmehr kann die Beklagte für beide Verträge angesichts der noch laufenden Zinsbindung Vorfälligkeitsentschädigung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Pflichtverletzung verlangen. Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei der Vorfälligkeitsentschädigung, wovon das Landgericht zu Recht ausgegangen ist und wofür bereits der Wortlaut dieses Instituts spricht - dem Wesen nach um einen besonderen Schadensersatzanspruch handelt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.11.1997, XI ZR 13/97, Juris-Umdruck Rdnrn. 14 ff., 22; Urteil vom 8.10.1996, XI ZR 283/95, Leitsatz 3 und Juris-Umdruck Rdnr. 13 zum Parallelfall des Verbleibs eines unverbrauchten Disagios im Falle einer außerordentlichen Kündigung der Bank).

In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Landgericht ferner dargetan, weshalb § 490 Abs. 2 S. 3 BGB dem Anspruch der Beklagten auf Vorfälligkeitsentschädigung nicht entgegengehalten werden kann. Dies ergibt sich aus § 490 Abs. 3 BGB, wonach die Regelungen des § 314 BGB in vollem Umfange unberührt bleiben. Mithin gilt auch § 314 Abs. 4 BGB, der klarstellt, dass das Recht, Schadensersatz zu verlangen, durch die außerordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen wird. Mithin steht der Beklagten der Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu. Dabei ist der von der Beklagten erhobene Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns nach § 252 BGB zu ersetzen.

Was die Höhe der beanspruchten Vorfälligkeitsentschädigung anbelangt, hat die Beklagte bereits erstinstanzlich (als Anlagen B 4 und B 5) für beide Darlehen in übersichtlicher und ohne Weiteres nachvollziehbarer Weise den entgangenen Gewinn berechnet. Die Ermittlung des entgangenen Gewinns steht auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11.11.1997 a.a.O. Rdnr. 18 f.), wonach die sog. Aktiv-/Passivmethode zulässig ist, in Übereinstimmung. Die auch mit der Berufung weiter verfolgte Rüge, dass die Schadensberechnung der Beklagten nicht nachvollziehbar sei, geht daher fehl. Substantiierte Einwendungen gegen die Berechnung der Beklagten haben die Kläger nicht erhoben.

2. Der mit der Berufung hilfsweise verfolgte Antrag auf Feststellung, "dass die Kläger gegenüber dem Rückforderungsbegehren der Beklagten aus den Darlehensverträgen vom 15.11.2000 zur Leistungsverweigerung berechtigt sind", ist unzulässig. Hierauf wurden die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 03.03.2009 hingewiesen. Den Klägern fehlt das insoweit erforderliche rechtliche Interesse an der Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO), da die Beklagte selbst die Verjährung ihrer Darlehensansprüche anerkennt. Dies ergibt sich aus Seite 1 der Berufungserwiderung vom 16.01.2009, wonach seitens der Beklagten nie bestritten worden sei, dass die Forderungen aus den Kreditverträgen verjährt sind, erstinstanzlich aus Seite 4 der Klageerwiderung vom 26.8.2008, wo es unter Ziff. 4 wörtlich heißt:

"Schließlich besteht ein Anspruch der Kläger auf Herausgabe der Grundschuldbestellungsurkunden auch nicht aufgrund einer Verjährung des Darlehensrückzahlungsanspruchs.

Auch wenn die Darlehensforderung verjährt ist, bleibt es der Beklagten unbenommen, das notarielle Schuldanerkenntnis zu verwerten, insbesondere sind die Kläger nicht berechtigt, dieses zu kondizieren."

Von daher hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht auch keine Feststellung getroffen, dass den Klägern ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Zwar liegt in einer solchen Feststellung ein Weniger gegenüber der begehrten Feststellung, dass dem Vertragspartner ein weitergehender Anspruch nicht zustehe, mit der Folge, dass ein solcher Ausspruch in Einklang mit § 308 ZPO als Minus getroffen werden kann (BGH, Urteil vom 10.11.1982, NJW 1983, 392, 393). Jedoch fehlte hier für eine solche Feststellung, wie ausgeführt, bereits erstinstanzlich das erforderliche Feststellungsinteresse.

3. Der Senat sieht sich veranlasst, entsprechend den Ausführungen auf Seite 1 der Berufungserwiderung noch Folgendes anzumerken:

Nachdem auch die Beklagte anerkennt, dass Ansprüche aus den Darlehensverträgen verjährt und die Grundpfandrechte durch Verwertung erledigt sind, kann es den Klägern ersichtlich nur um die Feststellung gehen, dass die Beklagte auch aus den notariellen Schuldanerkenntnissen Zahlung nicht mehr verlangen kann.

Die gestellten Berufungsanträge umfassen dieses Ziel jedoch nicht. Von daher erscheint es sachgerecht, darauf hinzuweisen, dass die hierzu vom Landgericht auf Seiten 9-12 angestellten Erwägungen zum Weiterbestand der Haftung der Kläger aus den notariell beurkundeten abstrakten Schuldversprechen zutrifft. Insoweit ist zunächst auf die analoge Anwendbarkeit des § 216 Abs. 2 BGB zu verweisen sowie auf die vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Urteil vom 11.7.2007 (NJW 2008, 379, 380) in einem gleichgelagerten Fall angestellten Erwägungen, die eine entsprechende Anwendung des § 216 Abs. 2 BGB geboten erscheinen lassen.

Darüber hinaus wird in der Berufungserwiderung vom 16.01.2009 (Seite 3 f.) zutreffend darauf abgestellt, dass der Sicherungszweck für die abgegebenen Schuldanerkenntnisse durchaus nicht weggefallen ist. Entscheidend ist, dass hier unstreitig die persönliche Haftung nicht für die Darlehensforderungen, sondern für Kapital und Zinsen der Grundschuld übernommen wurde. Unzweifelhaft wurden Beträge in einem solchen Umfang von der Beklagten nicht vereinnahmt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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