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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 06.12.2001
Aktenzeichen: 6 U 2352/01
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 13 Abs. IV
Wenn selbständige Einzelmärkte eine Gemeinschaftswerbung absprechen und damit eine Werbeagentur beauftragen, kann die dahinterstehende Holdinggesellschaft bei entsprechenden Verflechtungen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, auch wenn sie die konkrete Werbung nicht kennt.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 2352/01

Verkündet am 6. Dezember 2001

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S und die Richter am Oberlandesgericht N und Dr. H aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 30.1.2001 abgeändert.

II. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit den Angaben:

"Tiefpreisjubiläum zum 50, S"

und/oder

"Jubiläumspreise! 50. S"

und/oder

"Sternklare Jubiläumspreise. 50. S"

und/oder

"Sternenklare Jubiläumspreise! 50. S"

wie in den Werbebeilagen im Anlagenkonvolut K 1

den Absatz einer Vielzahl von im Preis reduzierten Waren ankündigen zu lassen und/oder solche Verkaufsveranstaltungen im Einzelhandel ankündigungsgemäß durchführen zu lassen.

III. Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

IV. Die Beklagten haben von den Kosten des Verfahrens 2/3 zu tragen, der Kläger 1/3.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 19.000,- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.500,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

VI. Der Wert der Beschwer übersteigt für jede der Beklagten 60,000,- DM, für den Kläger liegt der Wert der Beschwer unter diesem Betrag.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten für eine bundesweite, nach § 7 Abs. 1 UWG unzulässige, Werbung der 50 rechtlich selbstständigen S-Märkte passiv legitimiert sind.

Im November 1999 wurde für alle 50 S-Märkte, die jeweils in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet sind, in einer Vielzahl von Tageszeitungen und Werbebeilagen bundesweit mit Angaben wie

"Tiefpreisjubiläum zum 50. S"

und/oder

"Jubiläumspreise! 50. S"

und/oder

"Sternklare Jubiläumspreise. 50. S"

und/oder

"Sternenklare Jubiläumspreise! 50. S"

geworben.

Der Kläger hat vorgetragen, daß die Beklagten zentral für die konzerngebundenen S-Märkte handelten, deren Einnahmen und Gewinne ihnen zuflössen. Die Beklagte zu 2) halte 90 bis 100 % der Anteile der S-Märkte, während die Beklagte zu 1) ihrerseits mit 5 bis 10 % Gesellschafterin der Märkte sei. Die Beklagten nähmen nicht nur maßgeblichen Einfluß auf sämtliche Geschäfte der einzelnen Märkte, sondern würden auch das Personal auswählen und die Geschäftsführer bestellen. Die Beklagte zu 1) wickle zudem den gesamten Zahlungsverkehr, die Buchhaltung und die EDV-Warenwirtschaft ab. Es gebe sogar eine eigene Werbeabteilung, die für die gesamte Werbung der 50 Märkte zuständig sei. Diese Abteilung sei am 1.8.1996 abgespalten und auf die "F S" Werbeagentur übertragen worden, welche ihre Gewinne an die sie beherrschende Beklagte zu 2) abführen müsse. Die in der Zentrale in Ingolstadt erarbeiteten Werbestrategien würden bundesweit unter der Marke "S" durchgeführt, die der Beklagten zu 2) zustünde und von dieser als Lizenzgeberin zur Verfügung gestellt werde.

Ohne diese Marke hätten die S-Märkte die beanstandete Werbung nicht vornehmen können.

Von 1995 bis 2000 hätten die M- bzw. S-Märkte in mindestens acht Fällen bundesweit unzulässig Sonderveranstaltungen durchgeführt und hierfür geworben. Aufgrund ihrer beherrschenden Stellung wären die Beklagten in Kenntnis dieser Umstände verpflichtet gewesen, sich die von den Märkten geplanten bundesweiten Werbemaßnahmen zur Kontrolle vorlegen zu lassen und bei Verstößen gegen das UWG zu unterbinden. Tatsächlich hätten die Beklagten jedoch das wettbewerbswidrige Verhalten der einzelnen Märkte gefördert und für sich ausgenutzt.

Die Klägerin hat folgenden Antrag gestellt:

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

mit Angaben wie:

"Tiefpreisjubiläum zum 50. S"

und/oder

"Jubiläumspreise! 50. S"

und/oder

"Sternklare Jubiläumspreise. 50. S"

und/oder

"Sternenklare Jubiläumspreise! 50. S"

wie in den Werbebeilagen im Anlagenkonvolut K 1

den Absatz einer Vielzahl von im Preis reduzierten Waren anzukündigen und/oder ankündigen zu lassen und/oder an derartigen Ankündigungen mitzuwirken und/oder solche Verkaufsveranstaltungen im Einzelhandel ankündigungsgemäß durchzuführen und/oder durchführen zu lassen und/oder an der Durchführung mitzuwirken.

Die Beklagten haben

kostenpflichtige Klageabweisung beantragt.

Sie haben geltend gemacht, daß die Klage auf Vermutungen, überholte Unterlagen und unzutreffende Presseberichte gestützt sei.

Tatsächlich handle es sich bei der Beklagten zu 2) um eine reine Vermögensverwaltungsgesellschaft, die zwar in der Regel 90 % der Gesellschaftsanteile an den einzelnen Märkten halte, sich mit der Werbung jedoch nicht befasse. Die Beklagte zu 1), die an den Märkten nicht beteiligt sei, sondern bei der Neugründung eines S- oder M-Marktes kurzfristig allenfalls 10 % Geschäftsanteile treuhänderisch halte, sei eine Dienstleistungsgesellschaft für Buchführung usw. und habe mit der Werbung nichts zu tun. Sie nehme ebensowenig wie die Beklagte zu 2) Einfluß auf die Märkte und wähle auch nicht das Personal und die Geschäftsführung aus. Lediglich bei einer Neugründung laufe in der Anfangsphase die Personalwerbung über sie. Soweit sie den Zahlungsverkehr abwickle, sei sie mit einem von den Markten eingeschalteten Geldinstitut vergleichbar. Die Beklagten erhielten keinesfalls alle Einnahmen der Märkte. Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträge zwischen ihnen und den einzelnen Märkten existierten nicht. Die Geschäftsführer der S-Märkte hätten turnusmäßig wechselnde Sprecher von verschiedenen regionalen Gruppen, die das Meinungsbild ihrer Gruppe mit den jeweils anderen Gruppensprechern abstimmten. In diesem Gremium werde gemeinschaftlich darüber befunden, ob, wann und wie bundesweit geworben werden solle. Die Entscheidung werde dann wiederum in den jeweiligen regionalen Gruppen vorgestellt und gegebenenfalls gebilligt. Auf diese Entscheidungen hätten die Beklagten keinen Einfluß. Es treffe auch nicht zu, daß sie die Werbeagentur "F S" beherrschten und mit der Durchführung der beanstandeten Werbung beauftragt hätten. An dieser Werbeagentur seien sie derzeit nicht beteiligt.

Das Landgericht hat gemäß Beweisbeschluß vom 11.4.2000 Beweis erhoben durch Einvernahme des Mitgeschäftsführers der Beklagten, R W gemäß Protokoll vom 20.6.2000.

Mit Endurteil vom 30.1.2001 hat das Landgericht die Klage kostenpflichtig abgewiesen, da der Kläger nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht habe, daß die Beklagten die beanstandete Werbung zentral geplant, gesteuert und finanziert hätten oder zumindest rechtlich in der Lage gewesen wären, die gegen § 7 Abs. 1 UWG verstoßende Werbeaktion zu verhindern. Nach der Aussage des Herrn W wickle die Beklagte zu 1) nämlich lediglich wie ein Geldinstitut den Zahlungesverkehr für die einzelnen Märkte ab. Da das behauptete Werbeverhalten der S-Märkte nicht ganz unrealistisch sei, stehe nicht fest, daß die Beklagten die Aktion zentral geplant und gesteuert hätten. Bezüglich der zurechenbaren Aktivitäten der "F S" Werbeagentur habe der Kläger keinen Beweis angetreten. Eine Haftung nach § 13 Abs. 4 UWG scheide aus, weil die Handlung nicht innerhalb des Betriebsorganismus der Beklagten begangen worden sei; auch sei die Möglichkeit eines bestimmenden Einflusses nicht bewiesen. Eine Störerhaftung komme ebenfalls nicht in Frage. Der Kläger habe weder schlüssig dargelegt noch unter Beweis gestellt, daß es der Beklagten zu 1) aufgrund einer Weisungsbefugnis oder geringen Beteiligung rechtlich möglich gewesen sei, die Werbung zu unterbinden. Die Beklagte zu 2) habe als Mehrheitsgesellschafterin zwar ein Recht nach § 45 GmbHG, hätte aber nur bei rechtzeitiger Kenntnis, die nicht vorgetragen worden sei, Einfluß nehmen können auf die Werbeaktion. Wegen früherer Verstöße habe keine Kontrollpflicht bestanden, da jene Verstöße von M-Märkten und nicht S-Märkten begangen worden seien. Deshalb scheitere auch eine Inanspruchnahme wegen der Duldung der Marke "S". Die Darlegungen des Klägers zur Organschaft seien nicht unter Beweis gestellt. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung in anderen Verfahren (Werbung von M-Märkten) bedeute kein Eingeständnis der Passivlegitimation für die Beklagten.

Mit seiner Berufung greift der Kläger diese Entscheidung an und trägt weitere Einzelheiten vor.

So macht er u.a. geltend, die gesamte streitgegenständliche Werbung sei veranlaßt von der ehemaligen Werbeabteilung der Beklagten zu 1), die im Rahmen eines Spaltungsvertrages ausgegliedert worden sei, und nunmehr als "R B M GmbH" tätig sei. Diese GmbH sei eine hundertprozentige Tochter der Beklagten zu 1) und führe ein Ergebnis an diese ab. Die Beklagte zu 1) führe wiederum einen eventuellen Gewinn an die Beklagte zu 2) ab. Die Firma R B M GmbH habe des weiteren die Werbung nicht nur veranlaßt, sondern dabei auch im Auftrag der Beklagten zu 1) und 2) gehandelt.

Im übrigen beherrschten die Beklagten alle M- und S-Märkte, ihnen flössen alle Einnahmen zu 100 % zu. Sie duldeten die Benutzung der Marke S bzw. die Marken S und M würden gemeinsam von den Beklagten über die R B M GmbH beworben.

Die Beklagte zu 1) habe schließlich alle Rechnungen bezahlt, also die Werbung finanziert. Damit sei sie Gehilfe, Mittäter oder jedenfalls Störer. Die Beklagte zu 2) habe nach § 45 GmbHG das Recht zur Einflußnahme; dieses Recht sei auch in § 7 Abs. 5 der Satzung aller örtlichen S-Märkte verankert. Die Beklagte zu 2) habe die Pflicht, daß die von ihr gehaltenen Marken, die sie der Beklagten zu 1) und der Firma F B zur Ausübung überlasse, nicht mißbraucht werden.

Die Firma R B sei Beauftragte im Sinne von § 13 Abs. 4 DWG, weil sie aufgrund eines Vertragsverhältnisses im Geschäftsbetrieb der Beklagten tätig sei. Im übrigen reiche es, daß die Werbung den Beklagten zugute komme und diese eine Einflußnahmemöglichkeit hätten bzw. sich ein Mitspracherecht hätten sichern können.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Ingolstadt vom 30.01.2001 die Beklagten zu verurteilen, wie in 1. Instanz beantragt.

Die Beklagten beantragen

kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.

Sie werfen dem Kläger weiterhin vor, zu pauschal vorzutragen und sich lediglich auf Vermutungen, die zudem falsch seien, zu stützen.

Die streitgegenständliche Werbung sei zwar von der Firma R B veranlaßt, aber nicht im Auftrag der Beklagten zu 1) oder 2) durchgeführt worden. Die Beklagte zu 1) sei eine reine Dienstleistungsgesellschaft, die sich mit der Buchhaltung befasse ohne eigene Entscheidungsbefugnis. Sie nehme z. B. nach Abzeichnung seitens des jeweiligen einzelnen Marktes Buchungen zu dessen Lasten vor. Die Beklagte zu 2) sei eine reine Vermögensverwaltungsgesellschaft und sei in der Regel Mehrheitsgesellschafterin bei den einzelnen örtlichen Märkten, Beide Beklagten würden die Marken aber nicht bewerben, die Werbung nicht zentral lenken und auch auf die Werbung keinen Einfluß nehmen. Vielmehr erfolge die Marken- und sonstige Werbung allein durch die selbständigen örtlichen Märkte. Deren Geschäftsführer hätten wechselnde Sprecher verschiedener regionaler Gruppen. Diese Gruppen stimmten sich mit anderen Gruppen ab. So kämen Entscheidungen für überörtliche oder bundesweite Werbung zustande. Zumindest einen Teil der streitgegenständlichen Werbung habe allerdings die Firma R B geschaltet. Alleiniger Gesellschafter der P B Marketing GmbH sei zwar die Beklagte zu 1), jedoch gebe es keinen Beherrschungsvertrag mit der Gesellschafterin und auch keinen Konzernabschluß mit ihr. Es handele sich auch nicht um die ausgelagerte Werbeabteilung der Beklagten zu 1), da die Firma R B M GmbH nicht im Auftrag oder für die Beklagten zu 1) oder 2) werbe. Es gebe auch keinen Lizenzvertrag zwischen ihr und der Beklagten zu 2) bezüglich der Marke S.

Wie der Kläger wisse, gebe es keine Beherrschungsverträge seitens der Beklagten mit den einzelnen S-Märkten und keine hundertprozentige Vereinnahmung von deren Gewinnen. Während im Verhältnis der Beklagten zu 1) zur Beklagten zu 2) Ergebnisabführungsverträge beständen, bestünden solche nicht im Verhältnis zu den einzelnen Märkten. Die jährlichen Ausschüttungen beruhten hier vielmehr auf gesellschaftsrechtlichen Beschlüssen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 27.9.2001 durch uneidliche Einvernahme der Zeugen S und J gemäß Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Einzelheiten in den eingereichten Schriftsätzen nebst Anlagen, die angefochtene Entscheidung und die Sitzungsniederschrift vom 27.09.2001 (Bl. 211/218 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat zum Teil Erfolg, da die beiden Beklagten nach § 13 Abs. 4 UWG und die Beklagte zu 2) zusätzlich als Störerin für die streitgegenständliche Werbung haften.

Eine direkte eigene Mitwirkung ließ sich allerdings nicht feststellen, so daß es insoweit bei der Klageabweisung verbleibt.

Im einzelnen tragen folgende Überlegungen die Entscheidung des Senats:

1. Die beanstandete Werbung verstößt als unzulässige Sonderveranstaltung gegen § 7 Abs. 1 UWG, ohne daß es insoweit näherer Ausführungen bedarf.

2. Der Kläger hat nicht den Beweis erbracht, daß die Beklagte zu 1) oder die Beklagte zu 2) an der streitgegenständichen Werbung aktiv mitgewirkt hat oder daß eine der Beklagten von deren Inhalt Kenntnis und die Pflicht gehabt hätte, die konkrete Werbung zu verhindern. Die Vernehmung der Zeugen S und J vor dem Senat hat nichts Derartiges ergeben. Andere Beweismittel für diese Behauptung der Klägerin liegen nicht vor.

3. Die beiden Beklagten haften jedoch nach § 13 Abs. 4 UWG auf Unterlassung aus folgenden Gründen:

a) Die Firma R B M GmbH hat die fragliche Werbung geschaltet.

Während der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dies lediglich bezüglich eines Teils der Schaltung einräumte und der Zeuge S ohne Kenntnis des Inhalts der konkreten Werbung nur die Fläche in einem Medium reserviert und schon von daher keine genauen Angaben machen konnte, erklärte der Geschäftsführer J von R B M GmbH bei seiner Einvernahme vor dem Senat glaubwürdig, daß die R B M GmbH die streitgegenständliche Werbung für die damals 50 S-Märkte bundesweit im Auftrag der Geschäftsführer der einzelnen Märkte durchgeführt habe. Zwar sei der Inhalt für die Werbung jeweils, so auch im vorliegenden Fall, vorgegeben, jedoch produziere R B die Druckunterlagen und setze die Werbeideen lediglich technisch um, wobei die Beklagte zu 1) und zu 2) allerdings weder eine Freigabe erklärten noch Kenntnis von den Druckvorlagen erhielten.

b) Die Produktion der Druckvorlagen sowie die Platzreservierung in den Medien durch die R B M GmbH, die eine hundertprozentige Tochter der Beklagten zu 1) ist, erfolgte zwar im Auftrag der einzelnen selbständigen S-Märkte, jedoch ist die R B M GmbH Beauftragte im Sinne von § 13 Abs. 4 UWG ihrer Alleingesellschafterin, der Beklagten zu 1), die wiederum mittels eines Ergebnisabführungsvertrages mit der Beklagten zu 2) verbunden ist.

Diese Würdigung der Aktivitäten und Verbindungen entspricht Sinn und Zweck des § 13 Abs. 4 UWG:

Der Betriebsinhaber haftet hiernach für Wettbewerbsverstöße, die auch ohne sein Wissen und eventuell sogar gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangen werden. Durch diese Haftungsregelung soll nämlich verhindert werden, daß sich der Inhaber eines Betriebes bei wettbewerbswidrigen Handlungen, die ihm zugute kommen, hinter von ihm abhängigen Dritten verschanzt (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., 2001, § 13 UWG, Rn 60, BGH GRUR 95, 606, 607, "Franchise-Nehmer").

aa) Die beanstandete Handlung erfolgte im geschäftlichen Betrieb der Beklagten zu 1) und 2), weil sie im Rahmen der von den Unternehmen ausgeübten gewerblichen Tätigkeit liegt und ihnen zugute kommt (Baumbach/Hefermehl, aaO, Rn 63). Es handelt sich, nicht um eine private Tätigkeit der Firma R B M GmbH.

Die Mitwirkung von R B M GmbH bei der Werbung kommt der Beklagten zu 1) zugute als ihrer Alleingesellschafterin und dann der Beklagten zu 2) infolge ihres Gewinnabführungsvertrages mit der Beklagten zu 1).

bb) Die Fa. R B M GmbH ist beauftragt im Sinne von § 13 Abs. 4 UWG, da als "Geschäftsbetrieb" der gesamte Betriebsorganismus zu sehen ist und dabei Beauftragter jeder ist, dessen Arbeitsergebnis dem Betriebsorganismus zugute kommt und auf dessen Handeln die Beklagten zu 1) und 2) sowohl einen bestimmenden Einfluß nehmen können als auch die Macht haben, ihren Willen und Einfluß durchzusetzen (Baumbach/Hefermehl, aaO, Rn 66, BGH GRUR 95, 607).

Angesichts der Gesellschafterstellung der Beklagten zu 1) und des Vertrages zwischen der Beklagten zu 1) und 2) ist das jeweils der Fall. Danach ist nicht nur die Beklagte zu 1), sondern auch die Beklagte zu 2) verantwortlich und haftet für das Handeln der R B M GmbH.

Die Einbindung und Zugehörigkeit der Fa. R B M GmbH zur Beklagten zu 1) wird noch dadurch unterstrichen, daß ihre heutige Rechtsform (GmbH) seit 13.12.1995 besteht, die Firma "M-Markt IV TV-Hifi-Elektro-GmbH Ingolstadt" gelautet hat, der Sitz am 19.8.1996 vom identischen Geschäftssitz der Beklagten zu 1) und 2) nach München verlegt wurde und die Beklagte zu 1) ihren Teilbetrieb "Werbeabteilung" gemäß Spaltungsvertrag vom 1.8.1996 auf diese Gesellschaft übertragen hat. Schließlich besteht mit der Beklagten zu 1) ein Gewinnabführungsvertrag (unstreitiger Vortrag, vgl. auch Anlage K 54).

cc) Unter diesen Umständen rechnen ausgegliederte Unternehmensteile, z.B. für Werbung, zu der betrieblichen Organisation (so auch Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage Rn 45).

dd) Ergänzend wird auf die Darlegungen des BGH's in der Entscheidung GRUR 95, 606 "Franchise-Nehmer" verwiesen, S. 607 Abschnitt 2 a.

Bezüglich der Einflußnahme des Betriebsinhabers kommt es letztlich sogar nur darauf an, welchen Einfluß der Betriebsinhaber sich sichern konnte und mußte, nicht dagegen, welchen Einfluß er, sich tatsächlich gesichert hat. Vorliegend besteht jedoch die tatsächliche Einflußmöglichkeit der Beklagten zu 1) als Alleingesellschafterin der R B M GmbH und der Beklagten zu 2) auf Grund ihres Gewinnabführungsvertrages wiederum mit der Beklagten zu 1).

Die weiteren Ausführungen des BGH's unter 2 b) zum Franchiseverhältnis sind vorliegend ebenfalls zutreffend: Wie nachfolgend unter Abschnitt 4 ausgeführt werden wird, sind die selbständigen S-Märkte in vergleichbarer Weise eingebunden, die Herausstellung der Marke durch die R B M GmbH kommt der Beklagten zu 2) zugute und der konzernverbundenen Beklagten zu 1). Danach haften die Beklagten neben dem unmittelbar Handelnden und es entlastet die beiden Beklagten nicht, wenn sie nicht - von vornherein - die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Dritte sicherstellen (BGH a.a.O., S. 608).

ee) Die R B M GmbH ist für die streitgegenständliche Werbung verantwortlich, auch wenn der Inhalt der Werbung vorgegeben wird. Als Werbeagentur haftet sie auf alle Fälle für auf den ersten Blick unzulässige Werbung (vgl. dazu BGH bezüglich Presseunternehmen, GRUR 97, 313, 316, bzw. GRUR 97, 909, 911 und WRP 99, 211, 212 (II 2 (2)), die eher weniger als eine Werbeagentur in die Haftung zu nehmen sind.

4. Die Beklagte zu 2) haftet daneben auch als Störerin:

Der Kläger konnte zwar nicht nachweisen, daß die fragliche Werbung zentral veranlaßt wurde von der Beklagten zu 1) oder der Beklagten zu 2), jedoch muß zumindest die Beklagte zu 2) sich das System zurechnen lassen, nach welchem eine bundesweit einheitliche Werbung zustande kommt.

Die rechtlich selbständigen S-Märkte, inzwischen über 50, verwenden die von der Beklagten zu 2) verwaltete Marke "S" und treten bei Werbung einheitlich auf. Im Gegensatz zur rot gehaltenen M-Markt-Werbung ist die S-Werbung stets, und zwar bundesweit einheitlich, von blauer Farbe geprägt.

Das Absprechen einer einheitlichen Werbekampagne durch 50 bundesweit verteilte Geschäftsführer ist zwar möglich, entspricht jedoch nicht dem natürlichen Handeln und der Willensbildung völlig selbständiger Unternehmer. Auch wenn die Beklagte zu 2) hierbei nicht zentral die Werbemaßnahmen steuert, ist das fragliche Verhalten, auch die Aktivität wechselnder Sprecher verschiedener regionaler Gruppen, nicht ein angeborenes, sondern ein gekorenes Verhalten. Ein solches Verhalten ist nur nachvollziehbar, wenn jeder S-Markt in ein derartiges System eingebunden wird, denn ansonsten sind weder die Festlegung regionaler Gruppen, die Bestimmung und der Wechsel eines Sprechers einer solchen Gruppe, noch die Abstimmung der Sprecher untereinander verständlich und glaubhaft.

Der Kläger glaubt offensichtlich an diese Verfahrensweise nicht. Der Senat hält sie durchaus für möglich, allerdings nur mit einer dahinterstehenden, nicht näher bekannten rechtlichen Konstruktion. Dies spielt jedoch für die Entscheidung keine Rolle. Es wäre in einem solchen Falle im Wege der Darlegungs- und Beweislastumkehr Sache der Beklagten darzutun, warum dieses Verhalten auch ohne entsprechende rechtliche oder andersartig organisierte Bindung zustande kommen kann.

Wenn die Beklagte zu 2) den rechtlich selbständigen S-Märkten bei ihrer Werbung mit derartigen Regelungen für eine gemeinsame Werbung freie Hand läßt, haftet sie als Störerin. Sie hat nämlich dadurch letztlich willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der fraglichen Werbung, die im vorliegenden Falle rechtswidrig ist, mitgewirkt (BGH GRUR 97, 909, 911 "Branchenbuch-Nomenklatur"). Ihr kommt auch der Erfolg der unzulässigen Werbung zugute, die unter Verwendung der von ihr gehaltenen Marke "S" erfolgt, da ihr schließlich die Gewinne, wenn auch nicht zu 100 %, zufließen. Eines Beherrschungsvertrages mit jedem S-Markt, zentraler Handlungen oder einer hundertprozentigen Vereinnahmung der Gewinne bedarf es für die Haftung als Störerin nicht.

Da die Beklagte zu 1) nach dem vorliegenden Prozeßstand eine reine Dienstleistungsgesellschaft ist, die in das Gesamtkonzept nur in dieser Funktion eingebunden ist, kann ihr das Konzept für das Handeln der einzelnen Märkte ohne Vorliegen weiterer Fakten nicht zugerechnet werden.

Die Stellung als Alleingesellschafterin der R B M GmbH verleiht ihr zwar die rechtliche Einwirkungsmöglichkeit auf diese Gesellschaft. Das reicht jedoch nicht für eine Haftung als Störerin. Sie haftet insoweit nur, wenn sie willentlich und adäquat kausal unter Beteiligung ihrer Tochter an der streitgegenständlichen unzulässigen Werbung mitwirkt. Hierfür fehlt es aber an den erforderlichen Anknüpfungspunkten.

Anders verhält es sich bei der Beklagten zu 2): Ihr kommen, wenn auch nicht automatisch, sondern über Gesellschafterbeschluß - zwischen den Geschäftsführern der einzelnen Märkte und der Beklagten zu 2) - die Gewinne der einzelnen Märkte zugute. Sie kann als jeweilige Mehrheitsgesellschafterin der einzelnen Märkte oder auch auf andere Weise deren Werbeverhalten steuern. Ob sie das macht, ist vorliegend aus Rechtsgründen irrelevant. Bei der Störerhaftung werden zwar Prüfungspflichten vorausgesetzt, deren Einhaltung zur Vermeidung einer Inanspruchnahme geboten ist. Der BGH läßt hier auch den Einwand zu, daß der in Anspruch Genommene ausnahmsweise geltend machen kann, ihn treffe keine Prüfungspflicht, weil eine Störung für ihn nicht ohne weiteres oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand erkennbar und daher eine Prüfungspflicht nicht zumutbar gewesen sei (BGH GRUR 97, 911 "Branchenbuch-Nomenklatur"). Vorliegend handelt es sich zwar unwiderlegt um den ersten Wettbewerbsverstoß bei einer S-Werbung. Da jedoch die M-Märkte in gleicher Weise den Beklagten zu 1) und 2) zugeordnet sind und hier bereits mehrere Werbeverstöße vorgelegen haben, konnte die Beklagte zu 2) nicht ohne weiteres darauf vertrauen, daß die S-Märkte sich stets wettbewerbskonform verhalten werden (BGH, a.a.O.). Von daher durfte die Beklagte zu 2) sich nicht damit begnügen, auf jegliche Überprüfung der Werbung der Märkte zu verzichten. Selbst wenn sie dies als reine Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft nicht selber vornehmen will oder kann, hätte sie organisatorisch für eine entsprechende Prüfeinrichtung sorgen müssen. Schlichte Untätigkeit mit dem Hinweis, sie habe andere Aufgaben, führt sie nicht aus der Haftung heraus.

Mit dieser Auffassung steht der Senat im Einklang mit der herrschenden Lehre. So weisen Baumbach/Hefermehl, a.a.O., UWG-Einleitung Rn 326 a darauf hin, daß z.B. ein Geschäftsinhaber infolge fehlender Unterrichtung für falsche Auskünfte seines Personals bei Verkaufsgesprächen haftet.

5. Die Klage ist nur begründet, soweit sie ein Handeln Dritter betrifft, welches die Beklagten unterbinden müßten. Ein aktives Handeln der Beklagten konnte der Kläger nicht nachweisen. Der Klageantrag erfaßt aber, wie die Klagebegründung ergibt, ausdrücklich auch einen solchen Vorgang. Er ist insoweit zu Recht abgewiesen worden.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 und 97 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf § 708 Nr. 10, § 711 und § 546 II ZPO.

Ende der Entscheidung

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