Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: 6 U 2448/03
Rechtsgebiete: PatG


Vorschriften:

PatG § 139
PatG § 140b
PatG § 141
Erteilt ein Patentinhaber eine ausschließliche Lizenz, die dem Lizenznehmer das Recht gibt, an Dritte mit Zustimmung des Patentinhabers Unterlizenzen zu erteilen und gegen Patentverletzer vorzugehen, so bleibt der Patentinhaber berechtigt, aus eigenem Recht gegen Patentverletzer vorzugehen, insbesondere gegen Dritte, denen ohne seine Zustimmung eine Unterlizenz erteilt wurde.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen 6 U 2448/03

Verkündet am 11. September 2003

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richterinnen am Oberlandesgericht und auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11.9.2003

folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I, Az.: 7 O 3806/02, vom 13.2.2003 wird zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass in Ziffer 1.1. des Tenors der Passus "oder dergleichen herzustellen" entfällt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen behaupteter Patentverletzung geltend.

Der Kläger ist Inhaber des Europäischen Patents EP O 692 942 B1 "Behälter zur Aufnahme von Gegenständen". Die zugrunde liegende Erfindung wurde am 26.3.1994 zur Eintragung in die Patentrolle angemeldet, die Veröffentlichung erfolgte am 27.12.1996.

Der hier maßgebliche Patentanspruch 1 des Patents lautet wie folgt:

Behälter zur Aufnahme von Gegenständen, insbesondere Brillenetui oder dergleichen, bestehend aus zwei sich gegenüberliegenden Halbschalen zur Bildung eines Hohlkörpers, die über ein Gelenk miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Halbschalen (1, 2) eine räumliche Kurve bilden und über wenigstens ein Kreuzbandgelenk (18, 19) miteinander verbunden sind, wobei das Kreuzbandgelenk (18, 19) aus gegenläufigen, auf der Halbschalenoberfläche (11, 12) verlaufenden, sich überkreuzenden Gelenkbänder (13, 14 bzw. 13', 14') besteht, die ein Abwälzen der Halbschalenoberflächen (11, 12) aufeinander ermöglichen.

Die Beklagte bietet an und lässt herstellen Brillenetuis, die von den zuvor beschriebenen Merkmalen des Patentanspruchs 1 wortlautgemäß Gebrauch machen.

Mit Schreiben vom 25.9.2001 machte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte die Beklagte auf sein Schutzrecht aufmerksam (Anlage K 2) und forderte sie mit Anwaltsschreiben vom 10.1.2002 (Anlage K 4) erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Die Beklagte hat ihrerseits zuvor mit der Fa. D GmbH (nachfolgend Fa. D), am 17.12.2001 den als Anlage K 5 vorgelegten Lizenzvertrag betreffend die Herstellung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Brillenetuis abgeschlossen.

Mit der Fa. D hatte der Kläger seinerseits am 12.7./16.7.2001 einen Lizenzvertrag (Anlage K 6) abgeschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

"4. Lizenz

4.1 Der Lizenzgeber erteilt dem Lizenznehmer ein ausschließliches Recht, Vertragserzeugnisse unter Benutzung der Vertragsschutzrechte selbst herzustellen oder in der "verlängerten Werkbank" herstellen zu lassen, Vertragserzeugnisse anzubieten und/oder im Vertragsgebiet einzuführen und dort zu vertreiben. Ausgenommen hiervon sind Vereinbarungen mit der Fa. R München.

4.2 Unterlizenzen

Der Lizenznehmer ist nur mit Zustimmung des Lizenzgebers berechtigt, Unterlizenzen zu vergeben.

...

9. Verfolgung von Verletzungen

9.1 Der Lizenznehmer ist berechtigt, auf eigene Kosten gegen Verletzer des Vertragsschutzrechtes vorzugehen .... Der Lizenzgeber ist berechtigt, auf eigene Kosten dem Streitverfahren beizutreten ...."

Mit Schreiben der patentanwaltlichen Vertretung der Fa. D vom 3.12.2001 wurde der Kläger über die Kontakte der Fa. D zur Beklagten informiert (Anlage B 1). Dieser sprach sodann mit Schreiben vom 21.12.2001 die außerordentliche Kündigung seines Lizenzvertrages mit der Fa. D zum 31.12.2001 wegen nicht genehmigter Vergabe von Unterlizenzen an Dritte aus (Anlage K 7). Eine Abmahnung war dieser Kündigung nicht vorausgegangen.

Unter dem 1.8.2001 hatte der Kläger ferner eine Lizenzvereinbarung betreffend die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz am Klagepatent mit der Fa. O betreffend die Länder Frankreich, Italien, Japan und die USA abgeschlossen. In Ziffer 3 dieses Vertrages ist festgehalten, dass die Lizenz auch für Deutschland erteilt werde, sollten die Rechte für Deutschland frei werden (Anlage B 3). Mit Schreiben vom 13.2.2002 teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers der Fa. O mit, dass sich der Lizenzvertrag vom 1.8.2001 nunmehr auch auf Deutschland erstrecken solle (Anlage B 4).

Unter § 12 des Lizenzvertrages lautet es dort auszugsweise wie folgt:

"1. ... Die Lizenznehmerin ist verpflichtet, gegen Patentverletzer vorzugehen, die das Patent in dem ihr lizenzierten Umfang verletzen.

2. ... Der Lizenzgeber kann auf Seiten der Lizenznehmerin einem Verletzungsstreit beitreten. ...

3. Führt die Lizenznehmerin den Verletzungsstreit allein und fließt ihr Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns oder als fiktive Lizenzgebühr zu, so erhält der Lizenzgeber hiervon 25 %. Tritt der Lizenzgeber bei, so erhält er 50 % des Schadensersatzes."

Der Kläger ist der Auffassung, als Schutzrechtsinhaber sei er aktivlegitimiert. Auf die Vereinbarung mit der Fa. D könne sich die Beklagte nicht berufen, da dieser Vertrag wegen wirksamer fristloser Kündigung beendet sei. Überdies schließe Ziffer 9 des Lizenzvertrages vom 12.7./16.7.2001 (Anlage K 6) ein eigenes Vorgehen des Klägers gegen Patentverletzer gerade nicht aus. Im übrigen habe O mit dem Kläger vereinbart, dass dieser den hiesigen Prozess führen solle.

Die Fa. D habe mit der Beklagten ohne Zustimmung des Klägers einen Unterlizenzvertrag geschlossen. Es bestehe daher keine wirksame Lizenz für die Beklagte, da ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich sei, eine Zustimmung des Klägers fehle und die Nichtreaktion des Klägers nicht als Zustimmung gelte.

Der Kläger hat daher beantragt;

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,- (in Worten: EUR zweihundertfünfzigtausend), ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, zu Zwecken des Wettbewerbs Behälter zur Aufnahme von Gegenständen, insbesondere Brillenetuis oder dergleichen herzustellen, zu werben, zu verkaufen, in den Verkehr zu bringen und/oder herstellen, verkaufen, bewerben und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, die die folgenden Merkmale aufweisen:

Zwei gegenüberliegende Halbschalen zur Bildung eines Hohlkörpers, die über ein Gelenk miteinander verbunden sind, wobei die Halbschalen eine räumliche Kurve bilden und über wenigstens ein Kreuzbandgelenk miteinander verbunden sind. Das Kreuzbandgelenk besteht aus gegenläufige, auf der Halbschalenoberfläche verlaufenden, sich überkreuzenden Kreuzbändern, die ein Abwälzen der Halbschalenoberflächen aufeinander ermöglichen.

2. Dem Kläger Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter vorstehend Ziff. 1 beschriebenen Erzeugnisse seit 27.12.1996 zu erteilen, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und deren Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftragnehmer sowie unter Angaben der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,

3. Dem Kläger über den Umfang der vorstehend zu Ziff. 1 beschriebenen Handlungen seit 27.12.1996 Rechnung zu legen und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten sowie der einzelnen Lieferungen unter Nennung

a) der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummer, Lieferzeiten, Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer

b) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns

und

unter Angabe der einzelnen Angebote und der Werbung unter Nennung

c) der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten- und Angebotspreise sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger

d) der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

wobei

e) der Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden und ihm gegenüber zu Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie die durch seine Einschaltung entstandenen Kosten tragen kann und ihn ermächtigt, dem Kläger auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer und/oder Lieferungen in der erteilten Rechnung enthalten sind

4. Die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse entsprechend vorstehend Ziff. 1 zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von dem Kläger zu bezeichnenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben.

5. Dem Kläger all denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die vorstehend zu Ziff. 1 bezeichneten Handlungen seit 27.12.1996 entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert. Gemäß Ziffer 9.1 des als Anlage K 6 vorgelegten Lizenzvertrages zwischen dem Kläger und der Fa. D sei allein diese zur Verfolgung von Rechtsverletzungen berechtigt, der Kläger dagegen könne lediglich dem Streit beitreten. Dies gelte auch, soweit der Kläger zwischenzeitlich einen wirksamen Lizenzvertrag mit der Fa. O abgeschlossen habe. Insoweit sei auf § 12 Ziffer 2 der Anlage B 3 zu verweisen.

Dem Vorwurf der Patentverletzung könne die Beklagte ihr von der Fa. D eingeräumte Nutzungsrechte entgegenhalten. D sei aufgrund des mit dem Kläger abgeschlossenen Lizenzvertrages gemäß Anlage K 6 zur Vergabe einer Unterlizenz an die Beklagte berechtigt gewesen. Der Kläger habe auch dem Abschluss des Unterlizenzvertrages zugestimmt. Unabhängig davon hätte er seine Zustimmung auch nicht verweigern können, da die Fa. P aufgrund der mit dem Kläger getroffenen Vereinbarungen verpflichtet gewesen sei, gegen Patentverletzer vorzugehen und der Abschluss einer Lizenzvereinbarung mit der Beklagten die einzige Möglichkeit gewesen sei, ein gerichtliches Vorgehen zu vermeiden. Deshalb sei die vom Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam gewesen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme der klägerischen Prozessbevollmächtigten zum Beweisthema gemäß Bl. 60 d. A..

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 9.1.2003 (Bl. 59/62 d. A.) verwiesen.

Mit Endurteil vom 13.2.2003 hat das Landgericht München I der Klage nahezu vollständig stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht insbesondere ausgeführt, dass der Kläger als Patentinhaber aktivlegitimiert sei. § 12 des Lizenzvertrages mit der Fa. O stehe dem nicht entgegen, da der Vertrag keinen Verzicht enthalte, selber gegen Patentverletzer vorzugehen.

Dem Patentinhaber verbleibe auch bei Vergabe einer ausschließlichen Lizenz das Klagerecht, soweit er ein eigenes, schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung habe. Unstreitig machten die von der Beklagten auf dem Markt angebotenen Brillenetuis vom Anspruch 1 des Klagepatents wortlautgemäß Gebrauch, Dies habe zur Folge, dass gemäß § 9 PatG die Nutzung der patentierten Erfindung der Zustimmung des Klägers bedurft habe und im Falle der Zuwiderhandlung die Beklagte gemäß § 139 Abs. 1 PatG Unterlassung schulde. Eine Zustimmung zur Nutzung seiner patentgemäßen Erfindung habe der Kläger gegenüber der Beklagten jedoch unstreitig nicht erteilt. Die Beklagte könne sich auch nicht auf den zwischen ihr und der Fa. D am 17.12.2001 abgeschlossenen Lizenzvertrag berufen und diesen dem Kläger entgegenhalten, da die Fa. D sich durch diesen Lizenzvertrag zwar schuldrechtlich zur Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts verpflichtet habe, mangels Verfügungsberechtigung diese Verpflichtung aber nicht habe erfüllen können. Die Beklagte habe daher kein Nutzungsrecht am Klagepatent erlangt, da auch ein gutgläubiger Erwerb von Rechten gesetzlich nicht vorgesehen sei. Der Kläger habe auch keine Zustimmung zur Vergabe einer Unterlizenz gegenüber der Fa. D erklärt. In dem Schweigen auf das Schreiben des Patentanwalts Dr. R vom 3.12.2001 (Anlage B 1) sei keine Zustimmung zu sehen. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, dem Abschluss des Unterlizenzvertrages zuzustimmen. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers habe die Kammer ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht erkennen können. Da auch Wiederholungsgefahr bestehe, sei die Beklagte nach § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung im Umfang des gestellten Klageantrags verpflichtet. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch bestehe ebenfalls, allerdings mit der im Tenor zum Ausdruck kommenden zeitlichen Beschränkung (für Verletzungshandlungen ab 27.1.1997). Der geltend gemachte Rechnungslegungsanspruch, der Anspruch auf Vernichtung patentverletzender Vorrichtungen sowie der Schadensersatzfeststellungsantrag seien gegeben. Die Voraussetzungen seien gegeben. Insbesondere bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens aufgrund begangener Verletzungshandlungen und ein schuldhaftes Handeln der Beklagten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit welcher sie unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Sachvortrags die Klageabweisung weiterverfolgt.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, der Lizenzvertrag zwischen dem Kläger und der Fa. D sei nicht wirksam gekündigt worden und laufe daher weiter. Wegen der Regelung in Ziffer 9.1 des Lizenzvertrages zwischen der Klägerin und der Fa. D sei der Kläger nicht aktivlegitimiert. Lediglich die Fa. D sei klagebefugt. Der Kläger könne dem Streit lediglich beitreten. Gemäß Ziffer 4.2 des Lizenzvertrages zwischen der Klägerin und der Fa. D sei diese zur Vergabe von Unterlizenzen berechtigt. Der Unterlizenzvertrag zwischen ihr und der Beklagten sei auch wirksam, da er als Vergleich am Ende einer Patentverletzungsstreitigkeit geschlossen worden sei. Dazu sei die Fa. D berechtigt gewesen. Der Kläger sei auch zur Zustimmung verpflichtet gewesen.

Auch im Lizenzvertrag zwischen der Klägerin und der Fa. O, sei in § 12 geregelt, dass der Lizenznehmer verpflichtet sei, gegen Verletzer vorzugehen. Daraus ergebe sich, dass der Kläger kein eigenes Recht habe, gegen Patentverletzer vorzugehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 13.2.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass im Klageantrag I 1 der Passus "oder dergleichen herzustellen" gestrichen wird.

Der Kläger Verteidigt die landgerichtliche Entscheidung und verweist auf den umfangreichen Sachvortrag in erster Instanz. Er ist der Auffassung, dass dem Lizenzgeber stets das Recht auf Geltendmachung der eigenen Rechte am Schutzrecht verbleibe, wenn er ein eigenes schutzwürdiges Interesse habe.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien und seiner Einzelheiten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 11.09.2003 Bezug genommen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 17.07.2003 Hinweise erteilt.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache im Wesentlichen keinen Erfolg.

A.

Soweit der Kläger den Klageantrag in der Berufungsinstanz beschränkt hat ("oder dergleichen herzustellen"), liegt eine teilweise Klagerücknahme gemäß § 264 Nr. 2 i.V.m. § 269 ZPO vor. Die Beklagte hat dieser zumindest konkludent dadurch zugestimmt, dass sie Kostenantrag gestellt hat.

B.

Im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg.

Das Landgericht hat der Klage mit im Ergebnis zutreffender Begründung im Wesentlichen stattgegeben. Der Senat schließt sich den Ausführungen an und verweist hierauf. Die diesbezüglichen Angriffe der Berufungsklägerin vermögen nicht durchzugreifen.

Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:

1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung gemäß § 139 Abs. 1 i.V.m. § 9 PatG, Art. 67, 64 Abs. 1 EPÜ zu.

1.1 Der Kläger ist eingetragener Inhaber des Klagepatents, an dem er eine ausschließliche Lizenz erteilt hat. Trotz dieser Lizenzerteilung verbleibt dem Kläger jedoch das Recht, sich - gegebenenfalls neben dem Lizenznehmer, aber nicht notwendig neben ihm - ebenfalls gegen Verletzungen des lizenzierten Schutzrechts zur Wehr zu setzen. Dem Patentinhaber steht nämlich auch bei Vergabe einer ausschließlichen Lizenz das Klagerecht zu, soweit er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung hat (Bartenbach-Gennen, Patentlizenz- und Know-How-Vertrag, 5. Aufl., Rdnr. 2278; Busse-Keukenschrijver, Patentgesetz, 5. Aufl., § 139 Rdnr. 19 m.w.N.; BGH GRUR 1992, 697 - Alf; BGH GRUR 1994, 191 - Asterix-Persiflagen, OLG München, GRUR 1984, 524 - Nachtblende).

Das eigene Interesse des Klägers an der Rechtsverfolgung resultiert dabei im vorliegenden Fall aus dem Umstand, dass er umsatzabhängige Lizenzeinnahmen bezieht und der von ihm angegriffene Patentverletzer durch den Vertrieb patentverletzender Produkte zu Lasten des Lizenznehmers Marktanteile erwirbt, die zu einer Verringerung der Lizenzeinnahmen auf Seiten des Patentinhabers, also des Klägers führen.

Weder in dem Lizenzvertrag mit der Fa. D noch in dem mit der Fa. O ist ein Verzicht auf das genannte Klagerecht enthalten. Allein aus der Tatsache, dass der ausschließliche Lizenznehmer laut Lizenzvertrag verpflichtet ist, gegen Patentverletzer vorzugehen und dem Kläger als Patentinhaber die Möglichkeit eingeräumt ist, bei entsprechenden gerichtlichen Verletzungsstreitigkeiten dem Verfahren auf eigene Kosten beizutreten, kann ein Verzicht des Klägers in eigener Person aus eigenem Recht gegen Patentverletzer vorzugehen, nicht entnommen werden.

Dass dem Patentinhaber ein eigenständiges Klagerecht verbleiben muss, zeigt sich schon am vorliegenden Fall. Vergibt der ausschließliche Lizenznehmer ohne Zustimmung des Patentinhabers eine Unterlizenz und geht er folgerichtig seinerseits nicht gegen den "Unterlizenznehmer" vor, könnte der Patentinhaber gegen solche Patentverletzer, mit denen ohne seine Zustimmung ein Unterlizenzvertrag abgeschlossen wurde, nicht vorgehen, verbliebe nicht bei ihm ein Klagerecht.

Die mit der Fa. O bzw. der Fa. D. in den Lizenzverträgen getroffenen Vereinbarungen berühren daher die Aktivlegitimation des Klägers nicht.

Es kommt daher für die Aktivlegitimation auch nicht darauf an, ob die Kündigung des Lizenzvertrages mit der Fa. D rechtswirksam erfolgt ist oder nicht.

1.2 Unstreitig machen die von der Beklagten auf den Markt angebotenen Brillenetuis von Anspruch 1 des Klagepatents gemäß Anlage K 1 wortlautgemäß Gebrauch mit der Folge, dass gemäß § 9 PatG die Nutzung der patentierten Erfindung der Zustimmung des Klägers bedurfte und im Falle der Zuwiderhandlung die Beklagte gemäß § 139 Abs. 1 PatG Unterlassung schuldet.

1.2.1 Gegenüber der Beklagten hat der Kläger unstreitig keine Zustimmung zur Nutzung seiner patentgemäßen Erfindung erteilt.

1.2.2 Eine Unterlizenz wurde an die Beklagte nicht wirksam erteilt. Die Beklagte kann daher ein Nutzungsrecht nicht aus dem mit der Fa. D abgeschlossenen Unterlizenzvertrag ableiten.

Mit Lizenzvertrag vom 17.12.2001 (Anlage K 5) verpflichtete sich die Fa. D, gegenüber der Beklagten zur Einräumung eines einfachen Nutzungsrechtes. Diese Verpflichtung konnte und hat sie jedoch nicht erfüllt, da sie diesbezüglich nicht verfügungsberechtigt war.

Gemäß Ziffer 4.2 des Lizenzvertrages zwischen dem Kläger und der Fa. D ist der Lizenznehmer, hier die Fa. D nur mit Zustimmung des Lizenzgebers, mithin des Klägers, berechtigt, Unterlizenzen zu vergeben. Dabei handelt es sich nicht nur um eine schuldrechtliche Vereinbarung, die das Entstehen des Nutzungsrechtes bei der Beklagten unberührt lassen würde, sondern um eine Vereinbarung mit dinglicher Wirkung mit der Folge, dass die Fa. D, dinglich nicht berechtigt war, eine Unterlizenz an die Beklagte zu erteilen. Im Zustimmungsvorbehalt der Ziffer 4.2 des Hauptlizenzvertrages ist nämlich eine über die rein schuldrechtliche Wirkung hinausreichende Beschränkung des Inhalts des Nutzungsrechts zu sehen mit der Folge, dass eine gleichwohl erteilte Unterlizenz patentrechtlich unwirksam war und kein Benutzungsrecht am Patent verlieh (vgl. Bartenbach-Gennen, a.a.O., Rdnr. 53; Benkard-Ullmann, PatG, 9. Aufl., § 15 Rdnr. 59; Busse-Keukenschrijver, a.a.O., § 15 Rdnr. 70 ff.).

Der Kläger hat keine Zustimmung zur Vergabe einer Unterlizenz an die Fa. D erteilt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch im Schweigen auf das Sehreiben des Patentanwalts Dr. R vom 3.12.2001 (Anlage B 1) keine Zustimmung des Klägers zu sehen.

Bei der Zustimmung handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung nach § 182 BGB. Im Schweigen auf eine Erklärung ist in der Regel keine Willenserklärung zu sehen, vielmehr setzt der, der schweigt im allgemeinen keinen Erklärungstatbestand, sondern bringt weder Zustimmung noch Ablehnung zum Ausdruck (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, Kommentar, 62. Aufl., Einf. v. § 116 Rdnr. 7). Lediglich in gesetzlich normierten Ausnahmefällen, und ein solcher liegt hier nicht vor, kann Schweigen als Erklärungshandlung gesehen werden.

Eine Zustimmung ist somit durch das Schweigen des Klägers nicht erteilt worden.

Der Kläger war auch nicht verpflichtet, dem Abschluss des Unterlizenzvertrages zuzustimmen.

Dem Vortrag der Parteien sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die eine solche Verpflichtung begründen könnten. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers vermag der Senat nicht zu erkennen.

Soweit die Beklagte ausführt, der Abschluss eines Unterlizenzvertrages sei für die Fa. D die einzige Möglichkeit gewesen, ein gerichtliches Verfahren abzuwenden und aufgrund der zwischen dem Kläger und der Fa. D getroffenen Vereinbarungen sei letztere zum Vorgehen gegen Patentverletzer verpflichtet gewesen, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Denn selbstverständlich ist der Abschluss eines Unterlizenzvertrages zwar eine Möglichkeit, jedoch nicht die einzige und bei Weitem nicht die gebräuchlichste.

1.3 Wiederholungsgefahr ist gegeben. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen in Ziffer 13 der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen.

2. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch steht dem Kläger in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang zu. Diesbezüglich schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an. Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Ein Anspruch auf Nennung von Vorbesitzern und Abnehmern ist in § 140 b PatG geregelt. Unabhängig davon, gewährt die Rechtsprechung dem Verletzten als Hilfsanspruch zur Verwirklichung seines Schadensersatzanspruchs einen Anspruch gegen den Verletzer auf Auskunft und Rechnungslegung. Damit soll dem Verletzten die Prüfung ermöglicht werden, ob und in welcher Höhe ihm Ansprüche gegen den Verletzer zustehen (vgl. Benkard-Rogge, a.a.O., § 139, Rdnr. 88, 92, m.w.N.).

Als Hilfsanspruch für den Schadensersatzanspruch ist der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch anders als der Anspruch aus § 140 b PatG nur gegeben, wenn und soweit auch die Voraussetzungen des dahinter stehenden Anspruchs vorliegen. Im Zusammenhang mit einem Schadensersatzanspruch ist er insbesondere nur dann gegeben, wenn den Verletzer ein Verschulden trifft (Benkard-Rogge, a.a.O., § 139 Rdnr. 88).

2.1 Unstreitig ist, dass die von der Beklagten auf dem Markt angebotenen Brillenetuis von Anspruch 1 des Klagepatents wortlautgemäß Gebrauch gemacht haben. Die Beklagte ist daraufhin sowohl von dem Kläger als auch von der Fa. D abgemahnt worden. Mit der Fa. D kam es zu Vertragsverhandlungen, die in dem Abschluss des Unterlizenzvertrages vom 7.12.2001 mündeten. Die Beklagte führt nun aus, sie sei davon ausgegangen, die Fa. D sei zur Vergabe von Unterlizenzen berechtigt gewesen. Daher sei ein Verschulden ihrerseits nicht gegeben. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Beklagte hätte sich in diesem Zusammenhang zumindest durch Vorlage des Lizenzvertrages zwischen dem Kläger und der Fa. D Vergewissern müssen, dass die Fa. D zur Vergabe von Unterlizenzen berechtigt war. Keinesfalls durfte sie sich auf die pauschale Angabe ihres Vertragspartners, zur Vergabe von Unterlizenzen berechtigt zu sein, verlassen. Dadurch, dass sie dies getan hat, ist ihr jedenfalls fahrlässiges Handeln vorzuwerfen. Ein Verschulden ist somit gegeben.

2.2 Der Ansicht der Beklagten, dass erst ab Kenntniserlangung des Klägers von der Verletzungshandlung Auskunft geschuldet wird, ist nicht zu folgen. Nach allgemeiner Auffassung ist vielmehr von einer schuldhaften Verletzung von Patentrechten und damit einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung ab einem Monat nach Veröffentlichung des Patents, hier dem 27.12.1996, auszugehen und mithin ab diesem Zeitpunkt Auskunft geschuldet. Damit sollen die Prüfpflichten eines Verletzers hinsichtlich des Vorhandenseins eines Schutzrechts nicht überspannt werden.

Nach den vom BGH im Patentrecht entwickelten Grundsätzen ist der Beginn der Verletzungshandlung nicht nachzuweisen. Die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Verletzers besagt nur, dass der Verletzer dem Patentinhaber den durch die schuldhafte rechtswidrige Verletzung des Patents entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen hat. Durch die Verurteilung zur Rechnungslegung wird der Verletzer genötigt, über die erfolgten Verletzungshandlungen Rechnung zu legen. Einer zeitlichen Abgrenzung bedarf es lediglich insoweit, als der Zeitraum, innerhalb dessen eine Benutzungshandlung erfolgt ist, für deren Kennzeichnung als schuldhaft rechtswidrige Verletzungshandlungen bestimmend ist. Es ist daher nur auf die Verletzungshandlungen (abzustellen, ohne dass dabei der Zeitpunkt, zu dem sie vorgenommen worden sind, eine Rolle spielt (BGHZ 117, 264, 275 ff. - Nicola). Der BGH hat sich in dieser Entscheidung ausdrücklich von der Entscheidung des 1. Zivilsenats "Gaby" (GRUR 1988, 307, 308) abgesetzt.

Wie oben bereits ausgeführt, trifft die Beklagte von Anfang an ein Verschulden, so daß sie unabhängig vom Zeitpunkt der Kehntniserlangung des Klägers von der Patentverletzung ab 27.01.1997 Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen hat.

2.3 Der Auskunftsanspruch ist auch nicht verjährt.

Gemäß § 141 PatG beträgt die Verjährungsfrist 3 Jahre ab Kenntniserlangung von der Patentverletzung und der Person des Verletzers.

Der Kläger hat unbestritten spätestens mit der Abmahnung der Beklagten mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 25.9.2001 (Anlage K 2) Kenntnis von der Patentverletzung durch die Beklagte erlangt. Die Klage des Klägers vom 1.2.2002, eingegangen bei Gericht am 26.2.2002, wurde der Beklagten am 13.3.2002 zugestellt. Die geltend gemachten Ansprüche wurden damit weit vor Ablauf der Verjährungsfrist rechtshängig gemacht.

Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Verjährungsvorschrift sei zu entnehmen, dass längstens für die vergangenen 3 Jahre Auskunftsansprüche geltend gemacht werden können, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Dieser Gedankenweg ist für den Senat in keiner Weise nachvollziehbar.

3. Hinsichtlich des Vernichtungsanspruches sowie des Schadensersatzfeststellungsanspruches wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Urteilsgründen verwiesen sowie auf die oben gemachten Ausführungen zum Verschulden und der Verjährung.

Eine Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Erteilung einer Freistellungserklärung durch die Fa. O kam nicht in Betracht, da die Fa. O als neue ausschließliche Lizenznehmerin neben dem Kläger eigene Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte haben und geltend machen kann. Die Ansprüche beider sind voneinander unabhängig und können grundsätzlich nebeneinander bestehen und geltend gemacht werden.

4. Soweit der Kläger den Klageantrag in der Berufungsinstanz beschränkt hat ("oder dergleichen herzustellen"), liegt eine teilweise Klagerücknahme gemäß § 264 Nr. 2 i.V.m. § 269 ZPO vor, der die Beklagte zugestimmt hat. Es handelt sich dabei jedoch nur um eine geringfügige Zuvielforderung, so daß die Kosten insgesamt der Beklagten gemäß § 92 Abs. 2 ZPO aufzuerlegen waren.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

Zurück