Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: 6 U 2499/07
Rechtsgebiete: ArbNErfG


Vorschriften:

ArbNErfG § 5
ArbNErfG § 6
1. Bereitet ein Arbeitnehmererfinder auf Weisung des Arbeitgebers die Anmeldung der Erfindung zum Patent vor, die der Arbeitgeber sodann an den Patentanwalt weiterleitet, so kann darin eine ordnungsgemäße Meldung i.S.d. § 5 ArbNErfG liegen. Eine Übertragung der Erfindung auf den Arbeitgeber ist damit nicht verbunden.

2. Die Frist des § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG zur Inanspruchnahme der Erfindung beginnt in diesem Fall spätestens mit der Anmeldung des Schutzrechts zu laufen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 2499/07

Verkündet am 10. Juli 2008

In dem Rechtsstreit

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2008 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 29. November 2006, Az. 21 O 13270/04, wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Übertragung verschiedener Schutzrechte bzw. Schutzrechtsanmeldungen sowie auf Auskunft und Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch.

Der Kläger ist diplomierter Wirtschaftsingenieur. Bereits zwischen 1970 und 1983 war er bei der Beklagten beschäftigt gewesen, zuletzt als Leiter des Bereichs Verfahrenstechnik. Im Anschluss daran war er in der Tabakindustrie tätig, wo er sich bis zu seinem Ausscheiden vornehmlich mit der Weiterentwicklung von Verfahren und Anlagen zur Herstellung von Zigaretten befasste, ein Bereich bei welchem u.a. thermische Prozesse von Bedeutung sind. Ab Anfang 1999 fungierte er als freier Unternehmensberater. Zum 01.01.2001 trat er erneut in die Dienste der Beklagten, nunmehr als "Managing Director Business Development". Das Dienstverhältnis wurde durch Kündigung der Beklagten vom 31. März 2003 (Anlage K 3) bzw. aufgrund eines vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Aufhebungsvergleichs (Anlage K 4) zum 30. Juni 2003 beendet.

Die Beklagte, heute Teil des im Jahr 2002 gebildeten AK.-Konzerns, befasst sich als Zulieferer der Automobilindustrie u.a. mit der Herstellung von Schallschutz-, Absorptions- und Innenverkleidungsteilen für Fahrzeugkabinen. Im Jahr 2000 hatte sie die Fa. Ec. GmbH übernommen und deren Werk in R., wo sie Baumwollvliese herstellt und zu Innenausstattungsteilen sowie Motorkapseln verarbeitet, als Zweigwerk in ihr Unternehmen eingegliedert.

Die Beklagte ist Inhaberin der vom 10. April 2001 datierenden, am 17. Oktober 2001 offengelegten Patentanmeldung DE ...64 betreffend ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von Vliesen (Anlage K 1a). Als Erfinder war zunächst allein der Kläger benannt. Nachträglich wurde auch der damalige Mitgeschäftsführer der Beklagten, Herr G. K., als Miterfinder angezeigt (Anlage K 22). Hauptanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

1. Verfahren zur Herstellung von Vliesen, bei dem insbesondere faserförmiges Vliesmaterial (1) mit insbesondere körnigem Bindemittel (2) und/oder anderen Zusatzstoffen auf einem insbesondere bandförmigen Transportorgan (4) ausgebreitet wird und einer Verpressstation zuführbar ist, in der das Gemisch aus Vliesmaterial und Bindemittel/Zusatzstoffen im erwärmten Zustand zu einer Vliesbahn oder zu einer Vliesmatte verpresst wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Bindemittel (2) und/oder die anderen Zuatzstoffe in einem Gasstrom unter hohem Druck bzw. mit hoher Strömungsgeschwindigkeit derart auf und/oder in eine Schicht (5) aus Vliesmaterial (1) geblasen wird, dass eine Strömungskomponente (A) des Bindemittel-Gas-Stromes (6) in gleicher Richtung wie die Förderrichtung (F) der Vliesmaterialschicht (5) auf insbesondere einem Förderorgan (3) ausgerichtet ist.

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 5, sowie der Vorrichtungsansprüche 6 bis 13 wird auf Anlage K 1a Bezug genommen.

Die Beklagte ist des Weiteren Inhaberin des am 14. Dezember 2001 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE ...64 vom 14. April 2000 angemeldeten EP ...62 betreffend ebenfalls ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von Vliesen (Anlage K 1), dessen Erteilung am 04. Februar 2004 bekanntgemacht wurde. Als Erfinder sind wiederum der Kläger sowie Herr K. angegeben. Hauptanspruch 1 lautet wie folgt (wegen der weiteren Ansprüche wird auf Anlage K 1 verwiesen):

Verfahren zur Herstellung von Vliesen, bei dem insbesondere faserförmiges Vliesmaterial (1) mit insbesondere körnigem Bindemittel (2) und eventuell anderen Zusatzstoffen auf einem insbesondere bandförmigem Transportorgan (4) ausgebreitet wird und einer Verpressstation zuführbar ist, in der das Gemisch aus Vliesmaterial (1) und Bindemittel (2) und gegebenenfalls Zusatzstoffen insbesondere im erwärmten Zustand zu einer Vliesbahn oder Vliesmatte verpresst wird, bei dem das Vliesmaterial (1) und das Bindemittel (2) in Anwesenheit eines Gasstromes, der eine Strömungskomponente (A) in gleicher Richtung wie die Bewegung des Vliesmaterials (1) aufweist, vermischt werden,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Vliesmaterial (1) in Form einer Schicht (5) vorwärts bewegt wird,

dass der Gasstrom mit dem Bindemittel (2) zu einem Bindemittel-Gas-Strom (6) gemischt wird,

dass der Bindemittel-Gas-Strom (6) auf und/oder in die Vliesmaterialschicht (5) geblasen wird,

und dass die Strömungsgeschwindigkeit des Bindemittel-Gas-Stroms (6) so hoch gewählt wird, dass Bindemittel (2) in die Vliesmaterialschicht (5) hineingerissen wird und sich dadurch die Fördergeschwindigkeit des Vliesmaterials (1) erhöht.

Schließlich hält die Beklagte das am 18. Mai 2001 angemeldete und am 14. August 2002 eingetragene Gebrauchsmuster DE ...79 betreffend eine Vorrichtung zur Herstellung von Vliesen (Anlage K 1 b) mit folgendem Wortlaut von Hauptanspruch 1:

1. Vorrichtung zur Herstellung von Vliesen mit einem Zufuhrorgan (11) für Vliesmaterial (1), mit einem Zufuhrorgan (12) für Bindemittel (2) und/oder andere Zusatzstoffe, mit einem Mischaggregat (13) zum Vermischen des Vliesmaterials (1) mit dem Bindemittel (2) und mit einem Transportorgan (4), von dem das Gemisch des Vliesmaterials (1) und des Bindemittels (2) und ggf. anderen Zusatzstoffen insbesondere bandförmig einer Verpressstation zuführbar ist, in der das Gemisch zu einer Vliesbahn oder Vliesmatte ggf. unter Erwärmung verpressbar ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Zuführorgan (12) für das Bindemittel (2) bzw. andere Zusatzstoffe als ein mindestens zu einer Düse (8) führender Zuführkanal (9) ausgebildet ist, durch den ein unter hohem Druck stehender und/oder hoher Geschwindigkeit zugeführter Gasstrom das Bindemittel (2) mitreißt, und dass die Düse (8) den Bindemittel-Gas-Strom (6) mit einer Strömungskomponente (A) unter einem Anstellwinkel a von bis zu 60° zur Bewegungsrichtung (F) einer Vliesmaterialschicht (5) auf und/oder in das Vliesmaterial (1) einbläst bzw. mit diesem vermischt.

Hintergrund dieser Anmeldungen war der Umstand, dass im Sommer 2000 bei der Vliesproduktion in R. erhebliche technische (und in der Folge auch wirtschaftliche) Schwierigkeiten aufgetreten waren: Die dort vorhandene Anlage und das eingesetzte Verfahren hatten sich hinsichtlich der Einbringung von Harz insofern als unzulänglich erwiesen, als das - ausweislich Anlage K 20 über Walzen dosierte und sodann über ein Transportband direkt und unkontrolliert der vorgepressten Baumwolle zugeführte - Harz einerseits sehr ungleichmäßig auf das Vliesmaterial verteilt wurde und andererseits teils noch vor der Verteilung schmolz. Die Probleme waren derart gravierend gewesen, dass das Werk im Herbst 2000 bereits vier Monate stillgelegt gewesen war und kurz vor einer (neuerlichen) Schließung gestanden hatte. Ein damaliger Gesellschafter-Geschäftsführer der Beklagten, Herr F. jun., hatte sich deswegen an den ihm aus der früheren Tätigkeit bekannten Kläger gewandt. Dieser hatte sich zunächst bei einer Besichtigung des Werks R. am 30. November mit den bei der Produktion auftretenden Unzulänglichkeiten näher vertraut gemacht. In einer Besprechung vom 07. Dezember 2000, an der neben ihm der Geschäftsführer der Beklagten Dr. K. (zuständig für das Werk R.), der Werksleiter Herr H., sowie der Alteigentümer Herr P. (seinerzeit noch Mitgeschäftsführer von Ec), des Weiteren der Hersteller der in R. vorhandenen Vlies-Anlage Herr W., schließlich die Herren K. (Inhaber eines Leibziger Maschinenbaubetriebs, der Umbauten der Anlage angeboten hatte) sowie T., Maschinenbauspezialist und mit der Konstruktion von Vliesanlagen vertraut, teilnahmen, und deren Verlauf und Inhalt im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist, hat er sodann Vorschläge unterbreitet, wie die technischen Probleme durch eine Änderung der Anlage und des angewandten Verfahrens zu beheben seien. Die Beklagte, vom technischen wie auch wirtschaftlichen Sachverstand des Klägers überzeugt, trug ihm daraufhin eine Zusammenarbeit an, am 18. Dezember 2000 wurde der Anstellungsvertrag gemäß Anlage K 2 geschlossen, in dem unter Ziffer 7. geregelt ist:

7. Erfindungen

(a) Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge von Herrn V. werden nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen vom 25. Juli 1957 behandelt.

(b) Danach ist Herr V. verpflichtet, Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge unverzüglich an die F... zu melden. F... wird innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Meldung verbindlich erklären, die Erfindung in Anspruch nehmen zu wollen oder nicht.

(c) Die angemessene Vergütung für Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen wird nach den Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst vom 20. Juli 1959 berechnet...

Ab Januar 2001 bis zum Spätsommer des Jahres wurde in R. sodann das Herstellungsverfahren für Vliese sowie die vorhandene Produktionsanlage dergestalt umgestellt, dass die Harzzuführung nunmehr dosiert zusammen mit dem Gasstrom erfolgte. Die im Frühjahr 2001 seitens der Beklagten betriebene Anmeldung der Erfindung zu den oben angeführten Schutzrechten einschließlich der Korrespondenz mit dem beauftragten Patentanwalt wurde ausschließlich vom Kläger betreut. Am 16. März 2001 (Anlage K 23) richtete er gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Beklagten, Dr. G. K., ein Schreiben an den Patentanwalt, in welchem er diesem die für eine Patentanmeldung maßgeblichen Informationen und Unterlagen übermittelte. Als Erfinder war zunächst allein der Kläger angegeben. Mit Schreiben vom 13. September 2002 erklärte die Beklagte, die Erfindung unbeschränkt in Anspruch zu nehmen. Obwohl der Kläger auch nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten wiederholt wegen einer Vergütungsregelung vorstellig geworden ist (vgl. Anlagen K 7, K 8, K 10, K 12, K 13, K 16, K 18), wurde die Erfindung bislang nicht honoriert.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, Alleinerfinder der für die Beklagte unter Schutz gestellten technischen Lehre zu sein. Soweit er, wie in der handschriftlichen Anmerkung auf einem Schreiben der Patentanwälte vom 10. April 2001 (Anlage B 1) erbeten, dem Ansinnen des damaligen Mitgeschäftsführers Dr. G. K. nachgekommen sei, ihn als Miterfinder nachzubenennen, sei dies allein im Hinblick auf das damals gute Verhältnis und im Vertrauen auf eine faire Regelung erfolgt. Einen inhaltlichen Beitrag zu der Erfindung habe Dr. K. nicht geleistet. Auch handele es sich nicht um eine Arbeitnehmererfindung; denn bereits in der Besprechung vom 07. Dezember 2000, mithin noch vor Abschluss seines Anstellungsvertrages, habe er seine Ideen - die er aufgrund seiner Erfahrungen in der Tabakindustrie entwickelt habe, wo für die Herstellung von Zigaretten ebenfalls das Problem der gleichmäßigen Einbringung verschiedener Stoffe gelöst werden müsse - vorgestellt und den übrigen Teilnehmern unter Vorlage der Zeichnung nach Anlage K 20 sämtliche Merkmale der streitgegenständlichen Schutzrechte offenbart. So habe er nicht nur die Änderung der Harzzuführung dahingehend erläutert, dass diese gemeinsam mit dem Gasstrom erfolgen solle; er habe auch Ausführungen zur Bedeutung und Bestimmung der Strömungsgeschwindigkeit gemacht. Ebenso habe er dargelegt, dass der Bindemittel-Gas-Strom mit einer Geschwindigkeit in die Vliesmaterialschicht eingeblasen werden müsse, die höher sei als deren Fördergeschwindigkeit an dem Punkt betrage, wo der Bindemittel-Gas-Strom auf dieses Vlies treffe. Denn hierdurch lasse sich auch die Fördergeschwindigkeit des Vlieses erhöhen. Die von ihm vorgelegte Zeichnung habe eine Mitarbeiterin der Beklagten seinerzeit in die als Anlage B 2 vorgelegte Reinfassung umgesetzt, welche als Figur 1 in die Patentanmeldung eingegangen ist.

Selbst wenn es sich um eine Diensterfindung handeln sollte, sei diese freigeworden: Angesichts des Umstands, dass er der Beklagten die technische Neuerung bereits mit Schreiben vom 16. März 2001 an den Patentanwalt der Beklagten (Anlage K 23) ordnungsgemäß gemeldet habe, sei die Inanspruchnahme erst nach Ablauf der viermonatigen Frist des § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG mit Schreiben vom 13. September 2002 (Anlage K 6) und damit verspätet erklärt worden. Auch eine Absprache zwischen den Parteien betreffend eine Übertragung der Erfindung habe es nicht gegeben. Insbesondere könne die Mitwirkung des Klägers an der Ausarbeitung der Patentanmeldung nicht in diesem Sinne gewertet werden. Einer Schutzrechtsanmeldung durch die Beklagte habe er sich seinerzeit allein im Hinblick auf das damals bestehende gute Einvernehmen nicht widersetzt. Heute produziere das Werk R. außerordentlich erfolgreich, habe sich doch herausgestellt, dass die nach der Erfindung des Klägers hergestellten Vliesmatten den Produkten der Wettbewerber deutlich überlegen sind.

Der Kläger hat erstinstanzlich folgende Anträge gestellt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, das europäische Patent Nr. EP ...62 B1, die deutsche Patentanmeldung Nr. DE ...64 und das deutsche Gebrauchsmuster Nr. DE ...79 auf den Kläger zu übertragen und der Umschreibung der genannten Schutzrechte bzw. Anmeldung in den entsprechenden Registern auf den Kläger zuzustimmen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen durch die widerrechtliche Entnahme der unter Ziffer I. genannten Schutzrechte entstandenen Schaden zu ersetzen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die seit 01. September 2001 unter Anwendung des in Anspruch 1 des EP ...62 B1 beanspruchten Verfahrens produzierten Mengen Vlies bzw. Vliesprodukte und die mit dem Verkauf von Vlies und/oder Vliesprodukten erzielten Umsätze, geordnet nach Kalendermonaten.

hilfsweise

I. Die Beklagte wird verurteilt, einen Bruchteil von 90% an dem europäischen Patent Nr. EP ...62 B1, an der deutschen Patentanmeldung Nr. ...64.6 und an dem deutschen Gebrauchsmuster Nr. DE ...79.5 auf den Kläger zu übertragen und der Eintragung des Klägers als Miteigentümer der genannten Schutzrechte bzw. Anmeldung gegenüber dem EPA bzw. DPMA zuzustimmen;

höchst hilfsweise einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Prozentanteil.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen durch die widerrechtliche Entnahme der unter Ziffer I. genannten Schutzrechte entstandenen Schaden zu ersetzen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die seit 01. September 2001 unter Anwendung des in Anspruch 1 des EP ...62 B 1 beanspruchten Verfahrens produzierten Mengen Vlies bzw. Vliesprodukte und die mit dem Verkauf von Vlies und/oder Vliesprodukten erzielten Umsätze, geordnet nach Kalendermonaten.

weiter hilfsweise

Die Beklagte wird im Wege der Stufenklage verurteilt,

I. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die seit 01. September 2001 unter Anwendung des in Anspruch 1 des EP ...62 B 1 beanspruchten Verfahrens produzierten Mengen Vlies bzw. Vliesprodukte und die mit dem Verkauf von Vlies und/oder Vliesprodukten erzielten Umsätze, geordnet nach Kalendermonaten;

II. erforderlichenfalls die Richtigkeit der Angaben gemäß I. an Eides statt zu versichern;

III. an die Kläger für ihre Handlungen gemäß Ziffer I. eine angemessene Arbeitnehmererfindervergütung nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Erfindung, welche erst im Frühjahr 2001 fertiggestellt und daher als Diensterfindung zu qualifizieren sei, beruhe in Wahrheit auf einer gemeinsamen Leistung von Fachleuten der Ec. und dem Kläger, welcher sie im ersten Quartal des Jahres 2001 umgesetzt habe. In der Besprechung vom 07. Dezember 2000 habe der Kläger nicht etwa eine eigenständige fertige Lösung im Sinne der Klageschutzrechte präsentiert. Vielmehr sei lediglich der bereits bestehende technische Ansatz verfeinert worden. Bei der Beklagten habe man nämlich bereits vorher erwogen, das Harz über einen Luftstrom einzubringen. Diese Idee sei schon seit Spätsommer 2000 umgesetzt worden, hätten doch Mitarbeiter der Ec. entsprechende Aggregate wie Ventilatoren und Zuführeinrichtungen in Schlauchform an der Anlage in R. angebracht. Die technische Eignung dieses Prinzips, welches wesentliche Merkmale der Streitschutzrechte umfasse, sei durch diese Maßnahmen bestätigt worden. Auch in einem Telefax des Zeugen P. vom 15. November 2000 (Anlage B 3: "geplanter Versuch am 22.11.00 - In der Diskussion mit Herrn W. über die Zirkulationsluft und den Rücktransport der Harzreste aus der Siebtrommel kam die Frage auf, warum nicht die Harzmenge insgesamt über die Zirkulationsluft in die Fasern einbringen?...") sei dieses Prinzip schon dokumentiert. Aufgabe des Klägers im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses sei es lediglich gewesen, die von Fachleuten der Fa. Ec. gefundene Lösung umzusetzen und zu optimieren. Bei der Schutzrechtsanmeldung habe man den Kläger sowie Dr. K. nicht wegen konkreter und individuell zu benennender erfinderischer Beiträge zu der technischen Lehre als Erfinder benannt, sondern aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen. Tatsächlich sei Dr. K. als Physiker jedoch mit Fragen der Strömungsmechanik vertraut gewesen. Soweit die erfinderische Tätigkeit in der konkreten Umsetzung der Lehre zur Dosierung von Trockenstoffen über den Luftstrom auf die Vliesbahn liege, beruhe dies auf Abstimmung und Absprache zwischen dem Kläger und Dr. K.. Selbst wenn der Kläger die Erfindung bereits vor Beginn des Dienstvertrags getätigt hätte, müsse sie aufgrund einer Vorwirkung des Arbeitsverhältnisses als Arbeitnehmererfindung gewertet werden. Die Beklagte habe die Erfindung auch wirksam in Anspruch genommen: Da der Kläger selbst die Patentanmeldung im Namen der Beklagten veranlasst und betreut habe, fehle es mangels ordnungsgemäßer Meldung einer Diensterfindung an einem objektivierbaren Zeitpunkt, zu welchem die Frist des § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG zu laufen begonnen hätte. Jedenfalls habe der Kläger keinem Zweifel darüber unterliegen könne, dass die Beklagte die Erfindung auf sich überleiten wolle. Hiermit sei er auch einverstanden gewesen, ohne insoweit Bedingungen wie etwa die Zahlung von Lizenzgebühren zu stellen. Derlei könne er nun nicht nachträglich gerichtlich durchsetzen. Zwar sei die Beklagte selbstverständlich bereit gewesen, den Kläger nach den Vorgaben des ArbNErfG zu vergüten. Mangels einer echten Verwertung der Erfindung, die allenfalls in R. und auch dort ohne echten, hypothetische Lizenzgebühren rechtfertigenden Nutzen eingesetzt werde, sei indes eine Grundlage zur Bemessung der Erfindervergütung nicht feststellbar.

Nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugen D. H., A. P. und J. T. von H. in den Terminen vom 14. Dezember 2005 (Bl. 74 ff. d.A.), 18. Januar 2006 (Bl. 89 ff. d.A.) und vom 30. August 2006 (Bl. 153 ff. d.A.) hat das Landgericht der Klage mit Urteil vom 29. November 2006, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, gemäß Art. II § 5 IntPatÜG i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 EPÜ, §§ 6, 8 ArbNErfG bzw. § 8 PatG und § 13 Abs. 3 GebrMG in vollem Umfang stattgegeben. Zwar vermochte es sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon zu überzeugen, dass die mit der EP Nr. ...62 unter Schutz gestellte Erfindung bereits in der Besprechung vom 07. Dezember 2000 vollständig vorgelegen habe, da die Zeugen damalige Angaben des Klägers zum Merkmal der Strömungsgeschwindigkeit des Bindemittel-Gas-Stroms bzw. deren Auswirkungen auf die Fördergeschwindigkeit nicht hätten bestätigen können. Gleichwohl hat es den Kläger als alleinberechtigt erachtet: zwar sei nicht aufklärbar gewesen, wann er das letztgenannte Merkmal gefunden habe. Da es indes in die vom Kläger betreute Anmeldung eingegangen sei und ein schöpferischer Beitrag von Herrn Dr. K. nicht dargetan sei, da überdies die sonstigen Elemente der Erfindung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf den Kläger zurückgingen, sei er als Alleinerfinder anzusehen. Das Schutzrecht gebühre auch ausschließlich ihm, da die Beklagte die (in Form des - auch vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichneten -Schreibens nach Anlage K 23 ordnungsgemäß gemeldete) Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen habe: Die Erklärung vom 13. September 2002 (Anlage K 6) sei verspätet gewesen, die bloße Schutzrechtsanmeldung oder gar tatsächliche Benutzungshandlungen der Beklagten könnten nicht als konkludente Inanspruchnahme qualifiziert werden. Damit sei die Erfindung frei geworden und dementsprechend dem Kläger zuzuordnen. Die deutsche Anmeldung DE ...64 sowie das Gebrauchsmuster DE ...79, welche das die Strömungsgeschwindigkeit betreffende Merkmal nicht enthalten, hat das Landgericht als freie Erfindungen qualifiziert, da deren Lehre nach der durchgeführten Beweisaufnahme bereits am 07. Dezember 2000, mithin noch vor Beginn des Anstellungsverhältnisses, vorgelegen habe.

Gegen dieses Urteil, der Beklagten zugestellt am 26. Februar 2007, richtet sich die am 26. März 2007 eingelegte und innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 26. Juni 2007, bei Gericht eingegangen am selben Tage, begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren der Klageabweisung weiterverfolgt. Sie macht geltend, das Erstgericht habe eine wirksame Inanspruchnahme im Anschluss an die Entscheidung BGH GRUR 2006, 754 ff. - Haftetikett verneint, ohne den Besonderheiten der vorliegenden Konstellation Rechnung zu tragen. Diese seien darin zu sehen, dass sich die Beklagte bereits vor Einschaltung ihrer Patentanwälte autonom zur Anmeldung der als schutzwürdig erachteten Technologie zu den verschiedenen Schutzrechten entschlossen gehabt habe - womit der Kläger einverstanden gewesen sei - und dass er allein die Patentanmeldung betrieben habe. Bei dieser Sachlage könne der Umstand, dass der Kläger im "Auftrag" der Beklagten die Korrespondenz mit den Patentanwälten geführt habe, nicht als ordnungsgemäße Erfindungsmeldung qualifiziert werden. Zu Unrecht verneine das Landgericht auch eine Inanspruchnahme der Erfindung durch die Beklagte: eine solche sei bereits in dem ersten Gespräch mit den Patentanwälten vom 08. März 2001 zu sehen, welches vor dem Hintergrund des zwischen den Streitparteien erzielten Einvernehmens über die Schutzrechtsanmeldung als Benutzungshandlung und damit gleichzeitig als Inanspruchnahmeerklärung gewertet werden müsse. Jedenfalls hätte das Landgericht dem Kläger die Schutzrechte bzw. die Anmeldungen nicht in vollem Umfang zusprechen dürfen, ohne die für die Miterfinderschaft des Herrn Dr. K. angebotenen Beweise zu erheben: dessen Beitrag, möge er sich auch nicht in einzelnen Merkmalen der Schutzrechte manifestieren, habe nicht nur die Beklagte erstinstanzlich detailliert dargelegt, auch der Kläger habe ihn anerkannt, wenn er Dr. K. seinerzeit als Miterfinder nachbenannt habe. Im Übrigen sei zu sehen, dass der Kläger selbst darlege, seine Erfindung noch vor Dienstantritt bei der Beklagten dieser überlassen zu haben - ein Vortrag, der nur dahingehend verstanden werden könne, dass er sie der Beklagten ohne jeglichen Vorbehalt und einvernehmlich übertragen habe. Rechtsfehlerhaft sei es auch, wenn das Erstgericht der Aussage des Zeugen H. keinen Glauben geschenkt habe. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die umgebaute Anlage der Beklagten in R. - wie erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz festgestellt worden sei - ein zentrales Merkmal der EP ...62 nicht verwirkliche, insofern sich die Fördergeschwindigkeit des Vliesmaterials nicht infolge der Strömungsgeschwindigkeit, mit welcher der Bindemittel-Gas-Strom in die Fliesmaterialschicht geblasen wird, erhöhe. Diese in der Berufungsinstanz neue Tatsache sei nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO berücksichtigungsfähig, da sie erst durch die zum 01. Oktober 2006 bei der Beklagten als Patentkoordinatorin eingetretene Mitarbeiterin festgestellt worden sei.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

das am 29.11.2006 verkündete und am 26.02.2007 zugestellte Urteil des Landgerichts München I, Az. 21 O 13270/04, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und führt, ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholend und vertiefend, ergänzend aus, entgegen der Darstellung der Beklagten habe der Kläger die Schutzrechtsanmeldungen nicht etwa eigenmächtig vorgenommen, sondern habe sich, wie das - auch von dem Mitgeschäftsführer Dr. K. unterzeichnete - Schreiben an Patentanwalt Dipl.-Ing. M. (Anlage K 23) belege, der Sache im Auftrag der Beklagten angenommen: Mit Übergabe der diesem Schreiben beigefügten Unterlagen habe er seine Erfindung ordnungsgemäß gemeldet. Dementsprechend habe es auch seitens der Beklagten keine Beanstandungen i.S.d. § 5 Abs. 3 ArbNErfG gegeben. Ohnehin trage die Beklagte widersprüchlich vor, wenn sie einerseits angebe, von der Erfindung nichts erfahren zu haben, andererseits behaupte, die Neuerung sei in ständigem Austausch mit Dr. K. zustande gekommen, der sogar schöpferische Beiträge geleistet habe. Wie vom Erstgericht zutreffend dargelegt, fehle es auch an einer form-und fristgerechten Inanspruchnahme der Erfindung. Ein klägerischer Verzicht auf dieses Erfordernis sei weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere könne die bloße Mitwirkung an der Vorbereitung der Anmeldung nicht als Ausdruck eines entsprechenden rechtsgeschäftlichen Erklärungswillens gewertet werden. Aus den beklagtenseits angeführten Umständen wie etwa Implementierung der technischen Lehre im Betrieb R. durch den Kläger oder seine Mitwirkung an der Anmeldung der Streitschutzrechte lasse sich auch keine einvernehmliche Übertragung der Erfindung herleiten. Das Landgericht habe auch zutreffend eine Alleinerfinderschaft des Klägers festgestellt, zumal die Beklagte jegliche Darlegungen, worin ein schöpferischer Beitrag ihres Mitgeschäftsführers zu sehen sei, vermissen lasse. Schon aus diesem Grunde sei das Erstgericht auch nicht gehalten gewesen, die für den unsubstantiierten und daher nicht beweisfähigen Vortrag angebotene Partei zu hören. Die engen Voraussetzungen einer Parteieinvernahme von Amts wegen nach § 448 ZPO hätten ohnehin nicht vorgelegen. Schließlich sei es verspätet, wenn die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren eine Benutzung der Erfindung bestreite. Denn es sei nicht erfindlich, wodurch sie erstinstanzlich an entsprechenden Darlegungen gehindert gewesen sei.

Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2008 Bezug genommen.

II.

Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 519 Abs. 1, Abs. 2; 517 ZPO) und begründete (§ 520 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1, Satz 2 ZPO) Berufung der Beklagten bleibt in der Sache erfolglos: Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger die begehrten Schutzrechte bzw. die Schutzrechtsanmeldung zugesprochen. Desgleichen steht ihm ein Anspruch auf Ersatz desjenigen Schadens zu, der ihm durch die widerrechtliche Entnahme seiner Erfindung entstanden ist. Schließlich kann er auch die zu dessen Berechnung erforderliche Auskunft verlangen. Im Einzelnen:

A. Wie das Landgericht zutreffend befunden hat, ist die (zulässige) Klage hinsichtlich des Schutzrechts Nr. EP ...62 (Anlage K 1) nach Art. II § 5 Satz 2 IntPatÜG i.V.m. Art. 60 Abs. 1 Satz 2 EPÜ, § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbNErfG, in Bezug auf die Anmeldung DE ... 64 A1 nach § 8 Satz 1 PatG sowie hinsichtlich der DE ...79 U 1 gemäß § 13 Abs. 3 GebrMG, § 8 Satz 2 PatG in vollem Umfang begründet.

1. Die Erfindung nach der EP ...62 betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Herstellung von Vliesen. Die im Stand der Technik bekannten Verfahren, bei welchen nach der Beschreibung (Anlage K 1, Sp. 1 Z. 7 ff.) Fasern des Vliesmaterials im freien Fall unter Zuhilfenahme eines Gasstromes mit dem ebenfalls im freien Fall zugeführten Bindemittel vermischt und auf einem Transportorgan ausgebreitet werden oder bei denen Faservliese nachträglich mit Bindemittel behandelt werden (Sp. 1 Z. 18 ff.), haben sich insofern als nachteilig erwiesen, dass teils die Fasern der Vliesmatte sich vor Zufuhr des Bindemittels wieder entmischen (Sp. 1 Z. 12 ff.) oder dass das Bindemittel sehr ungleichmäßig innerhalb der Vliesmatte verteilt wird (Sp. 1 Z. 22 ff.). Vor diesem technischen Hintergrund nennt es die Beschreibung als Aufgabe der Erfindung, auf möglichst einfache Weise für gleichmäßig ausgebildete Vliese zu sorgen, wobei geringe Toleranzen bestimmter Eigenschaften des Vlieses wie etwa des Flächengewichts eingehalten werden können. Gleichzeitig sollen solche Eigenschaften auf einfache Weise durch Einstellen des Anteils des Bindemittels oder anderer Zusatzstoffe steuerbar sein.

Diese Aufgabe wird nach Hauptanspruch 1 der EP ...62 durch ein Verfahren zur Herstellung von Vliesen gelöst, welches durch folgende Merkmale charakterisiert ist:

a. insbesondere faserförmiges Vliesmaterial wird

b. mit insbesondere körnigem Bindemittel und eventuell anderen Zusatzstoffen

c. auf einem insbesondere bandförmigen Transportorgan ausgebreitet

d. und ist einer Verpressstation zuführbar,

1. in der das Gemisch aus Vliesmaterial und Bindemittel und gegebenenfalls Zusatzstoffen insbesondere im erwärmten Zustand zu einer Vliesbahn oder Vliesmatte verpresst wird,

e. das Vliesmaterial und das Bindemittel werden in Anwesenheit eines Gasstromes vermischt,

1. wobei der Gasstrom eine Strömungskomponente (a) in gleicher Richtung wie die Bewegung des Vliesmaterials aufweist,

- Oberbegriff -

f. das Vliesmaterial wird in Form einer Schicht vorwärts bewegt

g. der Gasstrom wird mit dem Bindemittel zu einem Bindemittel-Gas-Strom gemischt

h. der Bindemittel-Gas-Strom wird auf und/oder in die Vliesmaterialschicht geblasen

i. die Strömungsgeschwindigkeit des Bindemittel-Gas-Stroms wird so hoch gewählt, dass Bindemittel in die Vliesmaterialschicht hineingerissen wird und sich dadurch die Fördergeschwindigkeit des Vliesmaterials erhöht.

- Kennzeichen -

2. An der so bestimmten Erfindung ist der Kläger zur Überzeugung des Senats allein Berechtigter i.S.d. Art. 60 Abs. 1 EPÜ.

a. Wie zwischen den Parteien nicht im Streit steht, waren die Merkmale a. bis f. im Stand der Technik ausnahmslos vorbekannt. Die Erfordernisse nach Merkmalen g. und h., wonach der Gasstrom mit dem Bindemittel zu einem Bindemittel-Gas-Strom vermischt wird, welcher sodann auf oder in die Vliesmaterialschicht geblasen wird, sind, wie die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme ergeben hat, ausschließlich auf den Kläger zurückzuführen. Nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen P. und T. von H. hat der Kläger, der mit Problemen der Feinverteilung von Zusatzstoffen in einem Gemisch aus größeren Partikeln aus seiner Tätigkeit in der Tabakindustrie vertraut war, der Beklagten in der Krisensitzung vom 07. Dezember 2000 vorgeschlagen, die im Zusammenhang mit der Harzzuführung in der Anlage in R. aufgetretenen Schwierigkeiten, insbesondere die ungleichmäßige Verteilung des Bindemittels in dem Vlies bei Abweichungen vom Sollwert von bis zu 10%, sowie Verklebungen bereits bei der Zufuhr, dadurch zu beheben, dass - anstelle der vorhandenen (in Anlage K 20 handschriftlich gestrichenen) gesonderten Zuführung, welche das Harz in weitgehend unkontrollierter Dosierung auf das aus verwirbelten Fasern gebildete Vorvlies aufbringt - die gesamte Harzmenge über eben jenen Luftstrom, mit welchem die Verwirbelung der Fasern erfolgt, zuzuführen sei. Wenn das Landgericht diesen Angaben der - von ihm (auch von der Berufung unangegriffen) als glaubwürdig erachteten - Zeugen entnommen hat, dass die von Merkmalen g. und h. nach Hauptanspruch 1 des Streitpatents geforderte technische Lehre allein auf den Beitrag des Klägers zurückgeht, ist dies nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte die in dem angefochtenen Urteil vorgenommene Beweiswürdigung im Hinblick darauf kritisiert, dass das Landgericht den Angaben ihres Mitarbeiters, des Zeugen H., keinen Glauben geschenkt habe, dringt sie damit nicht durch: Wie das Landgericht rechtsfehlerfrei dargelegt hat, decken sich die ausführlichen und detaillierten Angaben der Zeugen P. und T. von H., die als ehemalige Mitarbeiter (Zeuge P.) bzw. als externe Berater (T. von H.) am Ausgang des Rechtsstreits kein erkennbares Interesse haben, nicht nur; T. von H. hat darüber hinaus sogar freimütig bekundet (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2006, Bl. 92 ff., 98 d.A.), dem klägerischen Vorschlag, das Bindemittel über den (die Fasern verwirbelnden) Gasstrom zuzuführen, mit Skepsis begegnet zu sein, da ihm, obwohl für einen Hersteller von Vliesanfagen tätig, der Gedanke neu gewesen sei. Demgegenüber war der Zeuge H., wie er selbst eingeräumt hat, in der Besprechung vom 07. Dezember 2000 nur teilweise anwesend. Gleichwohl hat er in weitgehend pauschalen Bewertungen wiederholt betont, dass der an besagter Besprechung lediglich als "aktiver Zuhörer" teilnehmende Kläger keinerlei Beiträge beigesteuert habe, die nicht schon vorher bei der Beklagten erörtert worden wären - ohne indes aus eigener Anschauung und im Einzelnen darlegen zu können, welche technischen Maßnahmen schon vor der genannten Besprechung ergriffen worden waren, um die gravierenden Produktionsprobleme in R. zu beheben: Soweit er von Versuchen berichtet hat, das Harz per Hand über den Luftstrom zuzudosieren, musste er einräumen, dass er von diesen Tests, die nicht in R., sondern beim Hersteller der vorhandenen Anlage, der Fa. H., in Frankreich durchgeführt worden sein sollen, nur vom Hören-Sagen Kenntnis habe. Im Übrigen berichtete er lediglich von in der Vergangenheit ergriffenen Maßnahmen, die, wie der - als Diplomingenieur im Bereich der Verfahrenstechnik und ehemaliger Geschäftsführer der Ec. kundige - Zeuge P. ausgeführt hat, teils andere Problemfelder betrafen (etwa die Rückführung des zudosierten und unvollständig in dem Vorvlies verteilten Harzes) und sich im Übrigen als untauglich erwiesen hatten, die Produktionsschwierigkeiten zu bewältigen. Wenn das Landgericht mithin die Angaben H. in der Gesamtschau als ungeeignet erachtet hat, die an Hand der Bekundungen P. und T. von H. gewonnene Überzeugung zu entkräften, und zur Begründung hierfür auch darauf rekurriert hat, dass H. - anders als die übrigen Zeugen - der Beklagten nach wie vor als ihr Mitarbeiter verbunden ist, so ist dies nicht zu beanstanden: Während sich die Angaben P. und T. von H. nahtlos mit sonstigen unstreitigen Umständen zu einem Gesamtbild fügen, gilt dies für die Bekundungen H., wonach die Beklagte bereits ohne das klägerische Zutun im Besitz der von Merkmalen g. und h. beschriebenen technischen Lehre gewesen sei, nicht: Wollte man H. folgen, erschiene es nicht recht verständlich, warum gleichwohl die E. in eine solche Schieflage geraten war, dass die Produktion monatelang stillgestanden hatte, und warum man überdies meinte, sich externen Sachverstands versichern zu müssen und ihn in einer Krisensitzung (vgl. die Aussage P., Bl. 94 d.A.: "kritische Besprechung") am 07. Dezember 2000 abzurufen. Nicht zuletzt erscheint es auch als wenig plausibel, dass die Beklagte mit dem Kläger nur wenige Tage nach dieser Besprechung einen hochdotierten Anstellungsvertrag geschlossen hätte, wenn er, wie H. insinuiert, ihr lediglich diejenigen Kenntnisse bestätigt hätte, über die sie bereits verfügt hatte. Bei dieser Sachlage ist die Beweiswürdigung des Landgerichts zu der Frage, von wem die in Merkmalen g. und h. formulierten technischen Erfordernisse stammen, nicht zu beanstanden. Nichts anderes gilt für das verbleibende Merkmal L, das allein in die EP ...62, nicht hingegen in die deutsche Anmeldung DE ...64 A1 bzw. in das deutsche Gebrauchsmuster DE ...79 U1 Eingang gefunden hat: Ausgehend davon, dass sich das Merkmal in der EP ...62 niedergeschlagen hat, und unter Berücksichtigung des Umstands, dass es unstreitig der Kläger war, der bei der Beklagten für die streitbefangenen Schutzrechtsanmeldungen verantwortlich zuständig war, hat das Landgericht auch dieses patentgemäße Erfordernis, wonach die Strömungsgeschwindigkeit des Bindemittel-Gas-Stroms derart gewählt wird, dass das Bindemittel in die Vliesmaterialschicht hineingerissen wird und sich dadurch deren Fördergeschwindigkeit erhöht, rechtsfehlerfrei dem Kläger zugeordnet. Hiergegen erinnert auch die Berufung nichts. Soweit die Beklagte generell rügt, das Erstgericht habe die für eine Miterfinderschaft ihres Geschäftsführers Dr. G. K. angebotenen Beweismittel in fehlerhafter Weise übergangen, bleibt dies unbehelflich: Wie in dem angefochtenen Urteil ausführlich dargelegt, ist die Beklagte jegliches substantiierte Vorbringen dazu schuldig geblieben, welcher konkrete schöpferische Beitrag auf die Mitwirkung ihres Geschäftsführers zurückgehe und wann Dr. K. welche Ideen dem mit der Problematik primär befassten Kläger vermittelt habe, so dass dieser sie in die von ihm betreute Patentanmeldung hätte einarbeiten können. Vielmehr räumt sie selbst ein, dass sich der Beitrag von Dr. K. nicht einem spezifischen Merkmal des Patentanspruchs zuordnen lasse, sondern seine allgemeinen Kenntnisse betreffe. Unabhängig davon, dass eine Vernehmung (des Geschäftsführers) der beweisbelasteten Partei nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 447, 448 ZPO zulässig ist, könnte allein der Hinweis darauf, dass Dr. K., mit Fragen der Vliesherstellung vertraut, seine Fachkenntnisse als Spezialist für Strömungsmechanik "in die technische Lösung der Dosierung über den Luftstrom eingebracht" habe, insofern die erforderlichen Maßnahmen "in enger Abstimmung zwischen dem Kläger und Herrn Dr. K." bei "laufender Besprechung technischer Fragen" erfolgten, den für eine Beweiserhebung erforderlichen Vortrag zu Tatsachen, die sich im Falle ihrer Erweislichkeit als schöpferischer Beitrag Herrn Dr. K. zu der unter Schutz gestellten technischen Lehre qualifizieren ließen, nicht ersetzen. Auch der Umstand, dass Dr. K. in den Druckschriften gemäß Anlage K 1 als Miterfinder der Streitschutzrechte angeführt ist, erlaubt keine abweichende Beurteilung, hat doch die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 04. Februar 2005 (dort S. 5, vorletzter Absatz = Bl. 47 d.A.) selbst eingeräumt, dass dies auf ihre damalige Patentpolitik zurückging, der zufolge man die jeweiligen Personen nicht wegen konkreter Beiträge zu einer als schutzfähig erachteten technischen Neuerung als Erfinder benannte, sondern wegen ihrer Position im Unternehmen - dass die Angabe mithin nicht der wahren Sachlage entsprach. Im Einklang mit diesen Ausführungen steht es denn auch, dass man ursprünglich gegenüber der Erteilungsbehörde allein den Kläger als Erfinder angegeben hatte, während Dr. K. erst nach Anmeldung der Lehre zum deutschen Patent auf seine eben gegenüber dem Kläger geäußerte - und von diesem gewährte - Bitte hin (vgl. die handschriftlichen Anmerkungen in dem Schreiben vom 10. April 2001, Anlage B 1) als Miterfinder nachbenannt worden war (Anlage K 22). Hätte sich der Geschäftsführer der Beklagten selbst als Quelle eines (welchen?) schöpferischen Beitrags zu der Erfindung gewähnt, bliebe unverständlich, warum er nicht von Anfang an im Rahmen seines Weisungsrechts auf die Angabe seiner Person als Miterfinder gedrungen hat, sondern erst später das Einverständnis des - offenbar auch von ihm seinerzeit als Alleinerfinder erachteten - Klägers mit dieser Verfahrensweise einholte. Dieser Ablauf ist mithin nicht geeignet, die klägerseits nachgewiesenen Umstände seiner (Allein-)Erfinderschaft zu erschüttern. Da die Berufung auch im Übrigen keine Fehler der Beweiswürdigung aufzeigt, hat es bei dem erstinstanzlich gefundenen Ergebnis insoweit sein Bewenden.

b. Nach Art. 60 Abs. 1 S. 1 EPÜ steht das Recht an der Erfindung grundsätzlich dem Erfinder bzw. seinem Rechtsnachfolger zu. Ist der Erfinder allerdings Arbeitnehmer, bestimmt sich gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 2 EPÜ das Recht auf das europäische Patent im Inland nach den Bestimmungen des ArbNErfG.

(1) Rechtsfehlerfrei und auch von der Berufung nicht in concreto angegriffen ist das Erstgericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass die mit der EP 1 315 862 unter Schutz gestellte technische Lehre als Arbeitnehmererfindung i.S.d. §§ 1, 2 ArbNErfG zu qualifizieren sei. Denn das Landgericht vermochte sich aufgrund der Zeugenaussagen auch in Verbindung mit den klägerischen Aufzeichnungen gemäß Anlage K 26 nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger bereits in der Besprechung vom 07. Dezember 2000, d.h. noch vor Antritt seines Dienstvertrags am 01. Januar 2001, im vollständigen Besitz der technischen Lehre gewesen sei. Zwar lagen ihm, wie oben Ziff. II.A.2.a. ausgeführt, die Merkmale a. bis h. seinerzeit bereits vor. Dass ihm indes bereits damals auch geläufig gewesen sei, dass die Strömungsgeschwindigkeit des Bindemittel-Gas-Stroms so hoch zu wählen sei, dass das Bindemittel in die Vliesmaterialschicht hineingerissen wird, so dass sich dessen Fördergeschwindigkeit erhöht, ließ sich - trotz gewichtiger Umstände, vgl. das Protokoll einer Besprechung vom 19. Januar 2001 gemäß Anlage K 21, wo unter Ziffer 1.c. ausgeführt ist, dass eine am 07. Dezember 2000 mit einem Mitarbeiter des Anlagenherstellers H.., Herrn W., vereinbarte "Veränderung der Luftzuführung, um eine höhere Luftgeschwindigkeit im System zu erreichen" bis zum 20. Dezember 2000 nicht gelungen sei, weswegen man die Zusammenarbeit mit W. beendete - im Rahmen der Beweisaufnahme nicht bestätigen. Wenn sich dieses Merkmal auch in den auf Anmeldungen vom 10. April 2001 bzw. vom 18. Mai 2001 zurückgehenden Druckschriften DE ...64 A1 bzw. DE ...79 U1 nicht findet, sondern erst in der am 14. Dezember 2001 angemeldeten EP ...62, so lässt dies nur den Schluss zu, dass es erst zwischen dem 18. Mai 2001 und dem 14. Dezember 2001 vom Kläger aufgefunden worden ist - zu einer Zeit mithin, zu der dieser bereits in den Diensten der Beklagten stand. Damit unterliegt die unter Schutz gestellte technische Lehre den Bestimmungen des ArbNErfG.

(2) Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich eine Überleitung des Rechts an der Erfindung auf sie nicht feststellen. Denn sie hat die - ordnungsgemäß gemeldete, § 5 ArbNErfG - Erfindung nicht innerhalb der viermonatigen Frist des § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG in Anspruch genommen, mit der Folge, dass diese nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbNErfG frei geworden ist, der Kläger als Erfinder mithin alleinberechtigt daran ist.

aa. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht zunächst das Dokument gemäß Anlagenkonvolut K 23 als ordnungsgemäße Erfindungsmeldung qualifiziert.

§ 5 Abs. 1 ArbNErfG verlangt vom Arbeitnehmer die gesonderte schriftliche Meldung einer Erfindung, wobei nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift in der Meldung die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Diensterfindung zu beschreiben ist. Diesen Anforderungen wird jedenfalls das vom Kläger unbestritten ausgearbeitete und von ihm sowie vom Geschäftsführer der Beklagten, Dr. G. K., gemeinsam unterzeichnete Auftragsschreiben vom 16. März 2001 an Patentanwalt Dipl.-Ing. M. (Anlage K 23) gerecht, dem eine ausführliche Beschreibung der Problemstellung sowie der am 07. Dezember 2000 gefundenen Lösung nebst Konstruktionsskizzen für den Umbau der Fertigungsanlage beigegeben waren. Soweit es sich hierbei nicht um eine gesonderte Meldung handelt und überdies die näheren Umstände der Besprechung im Dezember 2000 dort nicht ausgeführt sind, bedurfte es dessen bereits deshalb nicht, weil die Beklagte seinerzeit in Person ihres Geschäftsführers Dr. K. selbst zugegen war, über die entsprechenden Informationen daher bereits verfügte. Zwar enthält die als Anlage zu dem Auftragsschreiben gemäß K 23 beigefügte Beschreibung der Erfindung noch nicht das Merkmal i. betreffend die Wahl der Strömungsgeschwindigkeit des Bindemittel-Gas-Stroms in ihren Auswirkungen auf die Fördergeschwindigkeit des Vliesmaterials. Da dieses Erfordernis indes Eingang in die beklagtenseits am 14. Dezember 2001 angemeldete EP 1 315 862 gefunden hat, deren Vorbereitung - ebenso wie die Bearbeitung der übrigen Schutzrechte/Schutzrechtsanmeldungen - im Rahmen der betrieblichen Aufgabenverteilung dem Kläger oblag, steht fest, dass die Beklagte auch von dieser Weiterentwicklung Kenntnis erlangt hatte. Der ratio legis des § 5 ArbNErfG, nämlich sicherzustellen, dass dem Arbeitgeber diejenigen Informationen zukommen, die er für eine sachgerechte Entscheidung über die Inanspruchnahme oder Freigabe einer technischen Neuerung gegenüber den Erfindern benötigt, war damit Genüge getan, auch wenn sich hinsichtlich der in Merkmal i. dokumentierten technischen Lehre eine gesonderte schriftliche Meldung nicht feststellen lässt. Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Haftetikett" (GRUR 2006, 754 ff, 757 Abs. 26) für eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation - in welcher der Arbeitgeber die Diensterfindung mit dem Inhalt der von seinen Arbeitnehmern entwickelten Lehre zum technischen Handeln zum Schutzrecht unter Angabe der Erfinder angemeldet hat - befunden, dass es eine vom Zweck des § 5 ArbNErfG "nicht mehr gedeckte und treuwidrige Förmelei" wäre, wenn der Arbeitgeber, dem das maßgebliche Wissen in vollem Umfang vermittelt worden ist, gleichwohl auf der Einhaltung der Formerfordernisse des § 5 ArbNErfG bestehen könnte. Dem ist nichts hinzuzufügen. Soweit die Beklagte meint, die Besonderheiten des vorliegenden Falles geböten eine abweichende Beurteilung, da die Beklagte schon zu einem Zeitpunkt zur Anmeldung der Schutzrechte entschlossen gewesen sei, als ihr die in der Anlage zu dem Schreiben vom 16. März 2001 (Anlage K 23) dokumentierten, die gefundene technische Neuerung betreffenden Informationen noch nicht vorgelegen hätten, teilt der Senat diese Auffassung nicht: Selbst wenn die Beklagte noch in Unkenntnis der näheren Einzelheiten der Erfindung über deren Anmeldung zum Schutzrecht befunden gehabt hätte, so wäre ihr jedenfalls mit Anlage K 23 das erforderliche Wissen nicht nur zugänglich gemacht worden, sie hat es - ausweislich der Unterschrift ihres Mitgeschäftsführers Dr. K. - auch genutzt, indem sie (ggf. ihren vorangegangenen Entschluss bekräftigend) positiv über die Anmeldung befunden hat. Welcher zusätzlichen Informationen sie bei dieser Sachlage bedurft hätte, um eine Entscheidung über die Inanspruchnahme oder die Freigabe der Erfindung treffen zu können, erschließt sich dem Senat nicht - mit der Folge, dass es bei der konstatierten ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung spätestens zum 14. Dezember 2001 sein Bewenden hat.

bb. Wie das Landgericht ausführlich dargelegt hat, ist das Recht an der Erfindung nicht durch deren Inanspruchnahme auf die Beklagte übergegangen, §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 1 ArbNErfG. Insbesondere musste die einzig aktenkundig gewordene schriftliche Erklärung vom 13. September 2002 (Anlage K 6) wirkungslos bleiben, da sie nicht innerhalb der viermonatigen Ausschlussfrist des § 6 Abs. 2 Halbs. 2 ArbNErfG abgegeben worden ist. Nach den Ausführungen unter oben, Ziffer IIA2.b.(2)aa. hatte die Frist hinsichtlich der EP ...62 spätestens am 14. Dezember 2001, im Übrigen, d.h. hinsichtlich der DE ...79 U1 und der DE ...64 A 1, hatte sie bereits am 14. April 2001 zu laufen begonnen. Damit war sie zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme bereits verstrichen. Auch die vorangegangenen (schriftlichen) Schutzrechtsanmeldungen kommen als Inanspruchnahmeerklärung nicht in Betracht. Denn aus der Erfüllung dieser in § 13 ArbNErfG gesetzlich normierten Pflicht des Arbeitgebers lässt sich nicht auf einen überschießenden rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen dahingehend schließen, die Erfindung mit der Rechtsfolge einer Vergütungspflicht (§ 9 ArbNErfG) auf sich überzuleiten zu wollen. Im Übrigen wäre die gegenüber den Erteilungsbehörden abzugebende Schutzrechtsanmeldung auch nicht, wie für die Inanspruchnahme als empfangsbedürftiger Willenserklärung erforderlich, an den Erfinder als den richtigen Adressaten gerichtet gewesen. Soweit die Beklagte geltend macht, das bereits am 08. März 2001 stattgehabte erste Gespräch der Parteien mit dem Patentanwalt sei als Inanspruchnahmeerklärung zu werten, zumal seinerzeit klar gewesen sei, dass die Beklagte die Erfindung mit Einverständnis des Klägers benutzen werde, scheiterte dies am Formerfordernis des § 6 Abs. 2 Satz 1 ArbNErfG: Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Haftetikett" (GRUR 2006, 754, 757 Abs. 27) ausdrücklich festgestellt hat, ist eine Inanspruchnahme, die der Schriftform mangelt, nach § 125 BGB nichtig. Dass die Streitparteien das Schriftformerfordernis konkludent abbedungen hätten, ist weder seitens der Beklagten geltend gemacht noch sonst ersichtlich, zumal keinerlei tatsächliche Umstände dargetan sind, wonach die Beklagte innerhalb der relevanten Frist des § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG gegenüber dem Kläger ihren Willen, die Erfindung unbeschränkt in Anspruch zu nehmen, auf andere Weise als durch schriftliche Erklärung kundgetan hätte. Die bloße Benutzung des Gegenstands der Erfindung in Gestalt des Umbaus der Anlage in R. sowie der Anwendung des klägerseits vorgeschlagenen Verfahrens könnte ungeachtet der Kenntnis und Duldung des Klägers ohnehin nicht als Inanspruchnahme qualifiziert werden, zumal eine solche Duldung nicht den Schluss erlaubte, der Kläger werde auf die Einhaltung der Schriftform verzichten.

Fehlt es mithin an einer wirksamen Inanspruchnahme der klägerischen Erfindung, ist diese nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 ArbNErfG frei geworden - mit der Folge, dass sie materiell allein dem Kläger gebührt, Art. 60 Abs. 1 EPÜ.

(3) Schließlich lässt sich auch eine von dem gefundenen Ergebnis abweichende Zuordnung der Erfindung durch (nach § 22 ArbNErfG zulässige) vertragliche Vereinbarung zwischen den Streitparteien nicht feststellen. Zwar betont die Beklagte wiederholt, man sei sich über ihre Nutzungsbefugnis einig gewesen. Konkrete tatsächliche Umstände, wann sie mit dem Kläger eine Abtretung des Rechts an der frei gewordenen Erfindung oder auch eine Lizenzeinräumung verabredet hätte und insbesondere zu welchen Konditionen die Beklagte nutzungsberechtigt sein sollte, trägt sie indes nicht vor. Der bloße Umstand, dass der Kläger in ebenso langwierigem wie fruchtlosem vorprozessualem Schriftverkehr (vgl. Anlagen K 7 ff.) seine Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Regelung bekundet hat, könnte eine Einigung über den Rechtsübergang nicht ersetzen.

3. Bei dieser Sachlage kann der Kläger als Berechtigter i.S.d. Art. 60 Abs. 1 EPÜ von der Beklagten gemäß Art. II § 5 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG die Übertragung des europäischen Patents Nr. 1 315 862 verlangen. Die zweijährige Ausschlussfrist nach Abs. 2 Halbsatz 1 der Vorschrift ist gewahrt, insofern die am 14. Juli 2004 eingereichte Klage der Beklagten bereits am 04. August 2004, mithin sechs Monate nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung (04. Februar 2004), zugestellt worden ist.

4. Der Übertragungsanspruch hinsichtlich der deutschen Anmeldung DE ...64 A1 ergibt sich aus § 8 Satz 1 PatG, in Bezug auf das Gebrauchsmuster DE ...79 U1 folgt er aus § 13 Abs. 3 GebrMG i.V.m. § 8 Satz 2 PatG: Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, war der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bereits in der Besprechung vom 07. Dezember 2000, mithin noch vor Eintritt in die Dienste der Beklagten, im vollständigen Besitz der von der Anmeldung bzw. dem Gebrauchsmuster erfassten Erfindung. Denn beide unterscheiden sich von Hauptanspruch 1 der EP ...62 allein dadurch, dass sie das die Strömungsgeschwindigkeit des Bindemittel-Gas-Stroms und deren Auswirkungen auf die Fördergeschwindigkeit der Vliesmaterialschicht betreffende Merkmal i. nach Hauptanspruch 1 der EP ...62 nicht aufweisen. Damit handelte es sich insoweit von Anfang an um eine freie Erfindung, deren Zuordnung nicht den Vorschriften des ArbNErfG unterliegt. Da sich, wie oben, Ziff. II.A.2.(3), dargelegt, ein Übergang der Erfindung auf die Beklagte kraft Vereinbarung zwischen den Streitparteien nicht feststellen lässt, hat es bei der alleinigen Berechtigung des Klägers als Erfinder sein Bewenden. Die für die Vindikation des Gebrauchsmusters DE ...79 U1 geltende Zweijahresfrist des § 8 Satz 3 PatG ist mit Klagezustellung am 04. August 2004 gewahrt; denn die Bekanntmachung des Gebrauchsmusters datiert erst vom 19. September 2002.

B. Zu Recht hat das Landgericht des Weiteren die Schadenersatzpflicht der Beklagten festgestellt. Mit Rücksicht auf die Art der weiter begehrten Auskunft versteht der Senat die Antragsfassung, wonach sämtlicher Schaden ersatzpflichtig sein soll, der dem Kläger durch die unberechtigte Anmeldung der Streitschutzrechte seitens der Beklagten entstanden ist, dahingehend, dass der Antrag auch jene Vermögenseinbußen erfasst, die dem Kläger durch die von der Beklagten praktizierte Benutzung der geschützten Erfindung entstanden sind. Zum Ersatz dieser Schäden ist die Beklagte nach Art. 64 Abs. 3 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG bzw. nach § 24 Abs. 2 GebrMG verpflichtet, zumal sie ihre Produktionsanlage in R. sowie das dort angewandte Herstellungsverfahren entsprechend den klägerischen Vorschlägen umgestellt hat, obwohl ihr bekannt war, dass sie - entgegen der im Anstellungsvertrag (Anlage K 2, dort Ziffer 7) getroffenen Vereinbarung - die Erfindung nicht in Anspruch genommen hatte, sie mithin vorsätzlich agiert hat. Soweit sie erstmals in der Berufungsbegründung eine Benutzung des Gegenstands des europäischen Patents mit der Begründung in Abrede stellt, eine bei ihr im Oktober 2006 (mithin nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) als Patentkoordinatorin neu eingetretene Mitarbeiterin habe nunmehr festgestellt, dass bei der Ec.-Anlage entgegen dem Erfordernis nach Merkmal i. der EP ...62 die Fördergeschwindigkeit des Vliesmaterials nicht dadurch erhöht werde, dass der Bindemittel-Gas-Strom mit einer so hohen Geschwindigkeit in die Vliesmaterialschicht geblasen wird, dass das Bindemittel in die Vliesmaterialschicht hineingerissen wird, dringt sie damit nicht durch: Unabhängig davon, dass dies die Ersatzpflicht wegen der Benutzung des Gebrauchsmusters DE ...79 U1 unberührt ließe, und ungeachtet dessen, dass das Bestreiten wenig substantiiert erscheint, insofern die Beklagte einerseits nicht mitteilt, aufgrund welcher sonstigen Gegebenheiten die Fördergeschwindigkeit des Vliesmaterials bei dem von ihr angewandten Verfahren erhöht werde, und andererseits noch in der Berufungsbegründung eine Berechtigung dazu, das geschützte Verfahren zu gebrauchen, eben aus dem von ihr selbst angeführten Umstand des Gebrauchmachens herleiten möchte, ist das im Berufungsverfahren neue Verteidigungsvorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO jedenfalls nicht mehr berücksichtigungsfähig. Denn die Beklagte teilt nicht mit, aufgrund welcher Tatsachen sie objektiv gehindert gewesen sei, eine Benutzung des Gegenstands der Erfindung nach der EP ...62 bereits in erster Instanz in Abrede zu stellen. Der Rekurs auf die Erkenntnisse einer neuen Mitarbeiterin kann sie insoweit nicht, wie erforderlich (vgl. Thomas/Putzol-Reichold, ZPO, 28. Auflage, § 531 Rdnr. 16 a.E.), entlasten. Denn es ist nicht ersichtlich, was einer hinreichenden Informationsbeschaffung der Beklagten über die schon seit dem Jahr 2001 in ihrem eigenen Bereich gepflogenen Praktiken entgegengestanden hätte. Wenn sie aus Nachlässigkeit bis zur Berufungsbegründung hiervon Abstand genommen hat, bleibt sie nunmehr damit ausgeschlossen, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO - mit der Folge, dass es bei der festgestellten Schadenersatzpflicht sein Bewenden hat.

C. Schließlich ist die Beklagte nach Treu und Glauben auch zu der weiter verlangten Auskunft verpflichtet. Denn auf die begehrten Informationen, über die der Kläger nicht verfügt, die indes der Beklagten unschwer zugänglich sind, ist der Kläger zur Bezifferung seines Schadenersatzanspruchs angewiesen.

D. Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 542 Abs. 1 Nr. 1; Abs. 2 ZPO liegen nicht vor: Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Die Rechtssache erschöpft sich vielmehr in der Anwendung gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den vorliegenden Einzelfall.

Ende der Entscheidung

Zurück