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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 16.01.2003
Aktenzeichen: 6 U 3071/02
Rechtsgebiete: BGB, ArbEG


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 823 Abs. 2
ArbEG § 16
Selbst wenn der Arbeitgeber den ihm obliegenden Nachweis des rechtzeitigen Zugangs der Mitteilung über die beabsichtigte Aufgabe des auf einer Diensterfindung beruhenden Schutzrechts nicht führen kann und daher von einer Verletzung der Pflichten des Arbeitgebers aus § 16 ArbEG auszugehen ist, obliegt es dem klagenden Arbeitnehmer, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass der von ihm geltend gemachte Schaden infolge dieser Pflichtverletzung eingetreten ist.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 3071/02

Verkündet am 16.01.2003

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung (ArbEG)

erläßt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Richterin am Oberlandesgericht als Vorsitzende und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.01.2003

folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.04.2002 (Az.: 7 O 11150/01) wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,00 Euro abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

(gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Die Parteien streiten um die Frage, ob dem Kläger wegen Unterbleibens einer rechtzeitigen Mitteilung von der beabsichtigten Aufgabe des französischen Teils des auf eine Diensterfindung u.a. des Klägers erteilten Schutzrechts Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen, von welchen der Kläger vorliegend einen Teil in Höhe von 511.291,88 Euro geltend macht, §§ 280, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 ArbEG.

Der Kläger, welcher bis 1984 als Konstruktionsingenieur (Abteilungsleiter) für die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Firma K GmbH (Handelsregisterauszüge gemäß Anlagen K 4a, K 4b), tätig war, hat zusammen mit seinen Kollegen P und S eine neuartige Entlüftungsvorrichtung für einen Federspeichenbremszylinder entwickelt. Das auf diese, von der Beklagten in Anspruch genommene Diensterfindung u.a. für Frankreich erteilte europäische Patent (EP 0025559 B1 gemäß Anlage K 2), ist nach am 06.08.1993 letztmalig erfolgter Zahlung der Jahresgebür (Anlage K 3) in Frankreich am 31.05.1995 erloschen (Anlage K 4). Der deutsche Teil des Patents (DE 3067155) stand bis zum Ende seiner Laufzeit am 03.09.2000 in Kraft. Die Beklagte macht nach wie vor Gebrauch von der dem Patent zu Grunde liegenden Erfindung.

Unter dem 27.10.1994 hat die Beklagte den Miterfindern P und S (Anlagen B 1, B 2) - sowie nach ihrer Ansicht auch dem Kläger - mitgeteilt, dass sie beabsichtigt, die nationalen Teile des genannten europäischen Patents in Frankreich und Italien "fallen zu lassen". Wunschgemäß haben die Miterfinder P und S den Empfang der Mitteilung vom 27.10.1994 unter dem 04.11.1994 bzw. unter dem 12.11.1994 bestätigt (Anlagen B 1, B 2). Ein entsprechender Rücklauf seitens des Klägers liegt nicht vor.

Jedenfalls versandte die Beklagte an den Kläger unter dem 18.07.1995 eine Ablichtung der Mitteilung vom 27.10.1994, welche den auf den 18.07.1995 datierten handschriftlichen Vermerk "Erinnerung, bitte bestätigen" trägt und deren Empfang der Kläger unter dem 20.07.1995 bestätigt hat (Anlage K 6). Unter dem 22.07.1995 hat die Beklagte wunschgemäß eine Ablichtung der "Bestätigung" gemäß Anlage K 6 an den Kläger übersandt. In der Folgezeit fand eine Kommunikation zwischen den Parteien nicht statt, bis der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 05.03,1996 u.a. um Einsichtnahme in die Erfindervergütungsabrechnung der letzten 5 Jahre gebeten hat (Anlage B 5). Wegen der Einzelheiten der sich hieran anschließenden Korrespondenz der Parteien wird auf die Schreiben gemäß Anlagen B 6 - B 11 Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.04.2002 abgewiesen. Auf dieses Urteil wird hinsichtlich der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen, der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands sowie der in erster Instanz gestellten Anträge Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit welcher er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanziellen Sachvortrags sein Klageziel weiterverfolgt.

Der Kläger beanstandet, das Landgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass es auf Seiten der Beklagten nicht nur eine, sondern gleich mehrere gravierende administrative Fehlleistungen gegeben habe, welche den Schluss zulassen, das Unterbleiben einer rechtzeitigen Benachrichtigung des Klägers sei mit voller Absicht erfolgt. Denn einerseits sei die erforderliche Zahlung der weiteren Patentgebühr in Frankreich unterblieben, obwohl eine Empfangsbestätigung des Klägers zum Schreiben vom 27.10.1994 nicht vorlag und auch gar nicht vorliegen konnte und andererseits sei die sogenannte Erinnerung unter dem 18.07.1995 bezeichnenderweise erst nach Erlöschen des Patents an den Kläger verschickt worden.

Bei der Prüfung der Frage, wie sich der Kläger verhalten hätte, wenn er das Mitteilungsschreiben rechtzeitig erhalten hätte, sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, wie sich der Kläger tatsächlich verhalten hat, nachdem er das Erinnerungsschreiben unter dem 18.07.1995 10 Monate später erhielt. Hierbei habe das Landgericht fälschlich unterstellt, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt angenommen habe, das Patent sei noch in Kraft, wie nicht. Als der Kläger im Juli 1995 die Benachrichtigung gemäß Anlage K 6 erhielt, die erkennbar ein Datum von Oktober 1994 trug, habe er auf Grund jahrelanger Befassung und Erfahrung mit Patenten annehmen müssen, dass die im Oktober datierte Mitteilung sich auf die Ankündigung beziehe, das Patent zum Ende des Jahres 1994 fallen zu lassen, sodass im Juli 1995 auch unter Ausnutzung der Nachzahlungsfristen eine Verlängerung des Patents nicht mehr möglich sein würde. Der Kläger habe nur nicht gewusst, ob die Beklagte nach der Ankündigung des Fallenlassens tatsächlich keine Verlängerung mehr beantragt hatte, etwa im Hinblick auf eine evtl. Übernahmeerklärung eines der Miterfinder, auch in diesem Fall habe jedoch kein Handlungsbedarf bestanden. Die Unterstellung des Landgerichts, der Kläger habe nicht gewusst, dass das Patent bereits erloschen war, sei daher falsch. Da der Kläger gewusst habe, dass, falls das Patent noch in Kraft sein sollte, die erforderliche Jahresgebühr mit Aufschlag noch bis Ende März 1996 hätte bezahlt werden können und er 8 Monate auf eine Reaktion der Beklagten gewartet habe, habe er mit Schreiben vom 05.03.1996 (Anlage B 5) die Situation klären wollen. Mit Antwortschreiben vom 12.03.1996 (Anlage B 6) habe die Beklagte dann wahrheitswidrig behauptet, das Patent in Frankreich sei bereits 1984 erloschen und er, der Kläger, sei "über diese Sachverhalte .... informiert". Vor allem letzteres habe der Kläger als Unverschämtheit betrachtet, denn niemand habe ihm bis zu diesem Zeitpunkt positiv mitgeteilt, dass das Patent tatsächlich verfallen war. Aus mehreren Gründen sei daher die Überlegung des Landgerichts falsch, das tatsächliche Verhalten des Klägers nach Zugang der Erinnerung vom 18.07.1995 (Anlage K 6) lasse den Schluss zu, dass der Kläger auch bei rechtzeitiger Mitteilung die Übertragung des Schutzrechts auf sich nicht verlangt hätte, sodass ein durch die Pflichtverletzung der Beklagten kausal verursachter Schaden beim Kläger nicht festgestellt werden könne. Das Landgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass eine Berufung auf das sogenannte rechtmäßige Alternativverhalten vorliegend im Hinblick auf den Schutzzweck des § 16 Abs. 2 ArbEG ausgeschlossen ist. Denn diese Norm regle die Einhaltung bestimmter Verfahren und Entscheidungsspielräume ausschließlich zu Gunsten des Arbeitnehmers. In diesem Sinne sei eine verspätete Mitteilung gleichbedeutend mit einer nicht erfolgten Mitteilung und die Unterlassung der Mitteilung führe unmittelbar zur Haftung des Arbeitgebers.

Ferner habe das Landgericht übersehen, dass die Regelung des § 162 Abs. 1 BGB, welche vorliegend analog anzuwenden sei, zum selben Ergebnis führe und ebenfalls dem Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegenstehe. Denn die Beklagte habe objektiv verhindert, dass dem Kläger die Arbeitnehmererfindung übertragen werden konnte, in dem sie ihm die Mitteilung zu einem Zeitpunkt zukommen ließ, als die Übertragung bereits unmöglich war. Damit habe die Beklagte das Übertragungsverlangen des Klägers als "Bedingung" rechtswidrig vereitelt.

Schließlich sei nicht berücksichtigt worden, dass der Schädiger die Beweislast dafür trage, dass der Schaden auch bei einem rechtmäßigen Verhalten eingetreten wäre.

Der Kläger beantragt:

Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 04.04.2002, Az.: 7 O 11150/01, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger DM 1.000.000,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 21. September 1998 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanziellen Sachvortrags.

Die Beklagte ist insbesondere der Auffassung, dass der Umstand, dass der Beklagten der Nachweis des rechtzeitigen Zugangs des Schreibens vom 27.10.1994 nicht möglich ist, keinesfalls den Schluss auf ein vorsätzliches oder gar treuwidriges Verhalten der Beklagten zulasse. Ferner ist die Beklagte den Rechtsauffassungen des Klägers im Zusammenhang mit dem sogenannten rechtmässigen Alternativverhalten und der Vorschrift des § 162 Abs. 1 BGB entgegengetreten.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien und die von ihnen in Bezug genommenen Urkunden und Unterlagen, die Hinweise des Senats mit Verfügungen vom 10.07.2002 und vom 05.12.2002 sowie das Sitzungsprotokoll vom 16.01.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Landgericht hat die zulässige Klage zu Recht und mit im Ergebnis zutreffender Begründung abgewiesen.

Die hiergegen gerichteten Angriffe des Berufungsführers vermögen nicht durchzugreifen. Der entsprechende Sachvortrag ist im Wesentlichen nicht neu und hat im Verfahren vor dem Landgericht ausreichend Klärung erfahren.

Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist ergänzend auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:

1. Dem Kläger steht der von ihm gegen die Beklagte geltendgemachte Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 ArbEG schon dem Grunde nach nicht zu, weil auf der Grundlage des Sachvortrags der Parteien nicht festgestellt werden kann, dass dem Kläger durch die Pflichtverletzung seitens der Beklagten ein Schaden entstanden ist.

1.1. Mit dem Landgericht ist zunächst davon auszugehen, dass der Kläger jedenfalls nicht rechtzeitig von der Absicht der Beklagten unterrichtet wurde, den französischen und den italienischen Teil des auf eine Diensterfindung u.a. des Klägers erteilten europäischen Patents (EP 0025559 B1 gemäß Anlage K 2) aufgeben zu wollen.

Denn ungeachtet der Frage, ob die Beklagte, wie sie meint, die Mitteilung ihrer diesbezüglichen Aufgabeabsicht vom 27.10.1994 nicht nur an die Miterfinder P und S (Anlagen B 1, B 2), sondern auch an den Kläger abgesandt hat, kann die Beklagte den vom Kläger bestrittenen zeitgerechten Zugang dieser Mitteilung nicht nachweisen, weil ihr eine den Empfangsbestätigungen der genannten Miterfinder (Anlagen B 1, B 2) entsprechende rechtzeitige Empfangsbestätigung des Klägers nicht zur Verfügung steht. Zu Recht ist daher das Landgericht davon ausgegangen, dass die in Rede stehende Mitteilung vom 27.10.1994 im Rahmen einer sogenannten Erinnerung vom 18.07.1995 dem Kläger erst am 20:07.1995 (Anlage K 6) zugegangen ist. Angesichts der Tatsache, dass der französische Teil des in Rede stehenden europäischen Patents nach letztmalig am 06.08.1993 erfolgter Zahlung der erforderlichen Jahresgebühr (Anlage K 3) in Frankreich am 31.05.1995 erloschen ist (Anlage K 4), kann der Zugang der Mitteilung der Beklagten vom 27.10.1994 beim Kläger am 20.07.1995 schlechterdings nicht mehr als rechtzeitig bezeichnet werden, weshalb das Landgericht schließlich zu Recht von einer Verletzung der aus § 16 ArbEG resultierenden Verpflichtungen der Beklagten ausgegangen ist.

Soweit die Beklagte auch in der Berufungsinstanz die Ansicht vertreten hat, der Kläger habe die Beweislast für eine nicht rechtzeitige Unterrichtung, da der Kläger Schadensersatz geltend mache und daher alle Anspruchsvoraussetzungen vorzutragen und zu beweisen habe, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.

Zwar ist für die Mitteilung gemäß § 16 Abs. 1 ArbEG eine Form gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass die Mitteilung formlos - auch konkludent - möglich ist, sie wird aber als empfangsbedürftige Willenserklärung gemäß § 130 BGB erst mit ihrem Zugang beim Arbeitnehmer wirksam. Im Hinblick auf die erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen scheint es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass der Arbeitgeber seine Absichtserklärung dem Arbeitnehmer so übermitteln muss, dass er - im Rahmen des Zumutbaren - die Kontrolle über den Zugang der Erklärung behält. Dementsprechend trägt der Arbeitgeber das Übermittlungsrisiko bis zum Zugang beim Arbeitnehmer und ist für den Zugang beweispflichtig (Bartenbach/Volz, ArbEG, 4. Auflage, RN 10 ff. zu § 5 und RN 27 ff. zu § 16 jeweils mit weiteren Nachweisen). Hierzu reicht - insbesondere bei einem ausgeschiedenen Arbeitnehmer - die bloße Absendung durch einfachen Brief regelmäßig nicht aus, wie der vorliegende Fall exemplarisch zeigt. Enthält die Mitteilung, wie vorliegend, eine Aufforderung an den Adressaten zur schriftlichen Empfangsbestätigung, so ist deren Eingang innerhalb angemessener Frist zu überprüfen und gegebenenfalls rechtzeitig nachzufragen. Letzteres ist ebenfalls unterblieben, worauf der Kläger zu Recht hingewiesen hat, denn die "Erinnerung" unter dem 18.07.1995 (Anlage K 6) war keinesfalls mehr rechtzeitig, wie dies bereits ausgeführt wurde. Das hierin liegende Organisationsverschulden muss sich die Beklagte zurechnen lassen, was die Beklagte auch nicht ernsthaft in Abrede stellt.

Allerdings lässt das hiernach feststellbare Organisationsverschulden der Beklagten entgegen der Auffassung des Klägers nicht den Schluss zu, die Beklagte habe den Kläger absichtlich nicht rechtzeitig, nämlich erst am 18,07.1995 nach Erlöschen des europäischen Patents in Frankreich am 31.05.1995, benachrichtigt, weil sie befürchtet habe, der Kläger werde von seiner Option Gebrauch machen und die Übertragung des französischen Teils des europäischen Patents verlangen. Über reine Vermutungen hinausgehende konkrete Anhaltspunkte für eine entsprechende Absicht der Beklagten lassen sich dem Sachvortrag der Parteien nicht entnehmen. Solche hat insbesondere auch der Kläger nicht vorgetragen.

Auch folgt aus dem Umstand, dass die Beklagte den rechtzeitigen Zugang der Mitteilung vom 27.10.1994 nicht nachweisen kann, entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass damit nachweislich das Schreiben vom 27.10.1994 überhaupt erstmals am 18.07.1995 an den Kläger abgesandt wurde. Letzteres folgt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass das Schreiben gemäß Anlage K 6 nur bei den Namen der Miterfinder P und S sogenannte "Erledigungshaken" aufweist, denn bei den empfangsbestätigten Mitteilungen gemäß Anlagen B 1 und B 2 ist der Name des jeweiligen Adressaten unterstrichen, während die sogenannten "Erledigungshaken" vollständig fehlen.

1.2. Steht hiernach fest, dass die Beklagte ihre, sich aus § 16 ArbEG ergebenden, Verpflichtungen gegenüber dem Kläger verletzt hat, so ist sie zum Ersatz des dem Kläger daraus entstandenen Schadens verpflichtet.

Völlig zu Recht ist in diesem Zusammenhang das Landgericht davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer die Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen trägt und dass es daher am Kläger ist, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihm in Folge der Pflichtverletzung der Beklagten ein Schaden - gegebenenfalls welcher -entstanden ist. Demzufolge ist der Kausalverlauf hypothetisch zu prüfen, denn die Frage, ob und gegebenenfalls welchen Schaden die Pflichtverletzung zur Folge hat, hängt davon ab, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten.

Soweit sich der Kläger ganz allgemein gegen die auf dieser Grundlage fußenden weiteren hypothetischen Überlegungen des Landgerichts wendet, liegt seine Argumentation daher neben der Sache.

Hieraus folgt vielmehr, dass der Kläger Tatsachen, Umstände oder zumindest Anhaltspunkte hätte vortragen und gegebenenfalls beweisen müssen, welche den Schluss zulassen, dass er bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten, nämlich rechtzeitigem Zugang des Schreibens vom 27.10.1994 die Übertragung des in Rede stehenden Teils des europäischen Schutzrechts auf sich verlangt hätte, sodass ihm wegen des zwischenzeitlichen Erlöschens des Schutzrechts durch die Pflichtverletzung der Beklagten ein Schaden entstanden ist.

Nun sind allerdings Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass der Kläger die Übertragung des in Rede stehenden Schutzrechtes verlangt hätte, nicht ersichtlich und hat solche der Kläger auch nicht vorgetragen. Dafür ergeben sich aus dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien eine Reihe von Anhaltspunkten dafür, dass der Kläger - im Gegenteil - eine Übertragung des Schutzrechts nicht verlangt hätte, womit sich dementsprechend das Landgericht in erster Linie befasst hat.

Mit seinen gegen die diesbezüglichen hypothetischen Überlegungen des Landgerichts konkret gerichteten Angriffen vermag der Kläger daher nicht durchzudringen, denn es genügt nicht, die Anhaltspunkte zu erschüttern, die gegen den vom Kläger in Anspruch genommenen Kausalverlauf sprechen, wenn, wie vorliegend, Anhaltspunkte, die für den vom Kläger in Anspruch genommenen Kausalverlauf sprechen, nicht festgestellt werden können.

Ganz abgesehen davon halten die diesbezüglichen Überlegungen des Landgerichts aber auch inhaltlich den Angriffen des Klägers stand.

Dies gilt insbesondere für den Vortrag des Klägers, das Landgericht habe zu Unrecht unterstellt, im Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs des Schreibens vom 27.10.1994 am 20.07.1995 habe der Kläger (zumindest) angenommen, dass das Patent noch in Kraft sei. In diesem Zusammenhang sieht sich der Senat zunächst veranlasst, darauf hinzuweisen, dass das Landgericht ausweislich seiner Entscheidungsgründe (dort Seite 9 2. Absatz) davon ausgegangen ist, dass der Kläger nicht "wusste", dass das Patent bereits erloschen war. Diese Unterstellung ist schon deswegen zutreffend, weil auch der Kläger für den in Rede stehenden Zeitraum ein positives Wissen seinerseits nicht behauptet, sondern vorträgt, er habe annehmen müssen, dass die auf den Oktober datierte Mitteilung sich auf die Ankündigung bezogen habe, das Patent zum Ende des Jahres 1994 fallen zu lassen, sodass im Juli 1995 auch unter Ausnutzung der Nachzahlungsfristen eine Verlängerung des Patents nicht mehr möglich sein würde. Allerdings habe er nicht gewusst, ob die Beklagte nach dieser Ankündigung tatsächlich keine Verlängerung mehr beantragt hatte, jedenfalls habe aus seiner Sicht zum fraglichen Zeitpunkt kein Handlungsbedarf bestanden. Einen solchen hat der Kläger nach seiner Darstellung erst Anfang März 1996 gesehen, nämlich im Hinblick auf die im Falle einer tatsächlichen Verlängerung des Patents Ende März 1996 ablaufende Nachzahlungsfrist für die Patentgebühr. Ganz abgesehen davon, dass das Schreiben des Klägers vom 05.03.1996 (Anlage B 5) mit keinem Wort auf die hier streitgegenständliche Problematik eingeht, kann unter den vorliegend obwaltenden Umständen in der Tat nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 27.10.1994 am 20.07.1995 "gewusst" hätte, dass das Patent bereits erloschen war. Dass der Kläger gleichwohl unstreitig zumindest in der Zeit vom 20.07.1995 bis zum 05.03.1996 weder an die Beklagte noch zumindest an die Miterfinder P und S herangetreten ist, Spricht nicht nur nicht für, sondern ausdrücklich gegen die Annahme, dass der Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten, nämlich rechtzeitiger Mitteilung des Schreibens vom 27.10.1994, die Übertragung des in Rede stehenden Teils des europäischen Patents verlangt hätte.

Im Ergebnis kann hiernach nicht festgestellt werden, dass dem Kläger durch die Pflichtwidrigkeit der Beklagten ein Schaden entstanden ist, sodass dem Kläger der von ihm geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zusteht und das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers und auch entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es hiernach auf die Frage des sogenannten rechtmäßigen Alternativverhaltens überhaupt nicht mehr an.

Denn der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens gewinnt nur dann Bedeutung, wenn zunächst feststeht, dass durch eine Pflichtwidrigkeit ein Schaden entstanden ist. Dann und nur dann ist gegebenenfalls auf den Einwand des Anspruchsgegners hin zu prüfen, ob dieser Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre.

Obwohl es hierauf aus der Sicht des Senats nicht mehr ankommt, sei darauf hingewiesen, dass die Berufung auf das rechtmäßige Alternativverhalten nur ausnahmsweise ausgeschlossen ist und dass sich Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Ausnahmefall bei Verletzung der Pflichten aus § 16 ArbEG stets anzunehmen wäre, weder aus der vom Kläger zitierten Literatur noch aus der von ihm zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergeben.

Dies gilt insbesondere für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.02.2002 (GRUR 02, 609 ff. "Drahtinjektionseinrichtung").

Denn zwar befasst sich der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung u.a. mit einem derartigen Einwand, ohne dass sich allerdings aus der Begründung Anhaltspunkte für die vom Kläger für richtig gehaltene Schlussfolgerung ergeben würden.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers ist im vorliegenden Fall auch für eine analoge Anwendung des § 162 Absatz 1 BGB kein Raum.

Soweit der Kläger meint, die Regelung des § 162 Absatz 1 BGB sei vorliegend analog anzuwenden und stehe ebenfalls dem Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegen, kann auf die obigen Ausführungen unter Ziffer 2 Bezug genommen werden.

Auch soweit der Kläger in der Verletzung der Rechtspflicht zur ordnungsgemäßen Mitteilung nach § 16 ArbEG seitens der Beklagten einen objektiven Verstoß gegen Treu und Glauben sieht, vermag dies der Berufung des Klägers nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch in diesem Fall vorausgesetzt hätte, dass dem Kläger durch diesen Verstoß ein Schaden entstanden wäre.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtsache keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Anhaltspunkte, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, hat insbesondere der Kläger nicht vorgetragen.

Ende der Entscheidung

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