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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 25.08.2005
Aktenzeichen: 6 U 4084/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 314
BGB § 323
Es stellt einen schwerwiegenden Vertragsverstoß dar, der den Franchisenehmer gem. §§ 314, 323 Abs. 2 BGB zur sofortigen fristlosen Kündigung des Franchisevertrages ohne vorangegangene Abmahnung berechtigt, wenn der Franchisegeber bei der Verwaltung eines treuhänderisch verwalteten gemeinsamen Werbefonds über einen längeren Zeitraum von den Regelungen des Franchisevertrages zum Nachteil des Franchisenehmers abweicht und dies vor dem Franchisenehmer verheimlicht.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 4084/04

Verkündet am 25. August 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Richterin am Oberlandesgericht ... den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... im schriftlichen Verfahren, wobei Schriftsätze bis 11.08.2005 eingereicht werden konnten, folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 15.07.2004 abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Es wird festgestellt, dass das Franchisevertragsverhältnis zwischen den Parteien seit dem 23.08.2001 beendet ist, und dass der Beklagte seit dem 23.08.2001 mit der Klägerin in Wettbewerb treten durfte und darf.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Frage, ob sich der Beklagte als Franchisenehmer durch Anfechtung oder Kündigung von dem mit der Klägerin als Franchisegeberin geschlossenen Franchisevertrag lösen konnte.

Die Klägerin ist Master-Franchisenehmerin der mit Sitz in Kanada, die in mehreren Ländern durch insgesamt ca. 1.000 Franchisenehmer Reisebüros betreiben lässt. Die Klägerin schließt hierbei in ihrer Eigenschaft als Master-Franchisenehmerin für den Bereich Deutschland ihrerseits als Franchisegeberin Verträge mit Franchisenehmern (Reisebürobetreibern) ab.

Das ... Franchisesystem wird seit dem Jahr 1995 in Deutschland betrieben.

Ein erstes ... Reisebüro wurde am 05.10.1995 in München eröffnet.

Der Beklagte, der keinerlei berufliche Erfahrung mit dem Betrieb eines Reisebüros hatte, schloss am 20.11.1996 als Franchisenehmer einen Franchisevertrag mit der Klägerin als Franchisegeberin. In dem umfangreichen Vertragswerk sind die gegenseitigen Pflichten ausführlich geregelt. Ergänzend ist in § 5 Abs. 2 auf Richtlinien und Handbücher Bezug genommen, in denen die Geschäftsgrundsätze des ... Systems niedergelegt sind; diese Handbücher, die in der Anlage A zu dem Vertrag aufgelistet sind, sollen jeweils Bestandteil des Vertrages sein, wobei dem Franchisegeber das Recht eingeräumt wird, im Rahmen von Treu und Glauben und zur Anpassung an veränderte Marktgegebenheiten diese Handbücher zu ändern, ohne dass hierfür eine Zustimmung des Franchisenehmers erforderlich sein soll.

In § 13 des Vertrages ist niedergelegt, dass Werbung und Marketing auf überregionaler und nationaler Ebene Sache des Franchisegebers sein soll. Zu diesem Zweck soll ein Werbefonds eingerichtet werden ("Image Development Fonds", abgekürzt IDF), der sowohl durch Beiträge der Franchisenehmer als auch des Franchisegebers gespeist werden soll. Es ist festgelegt, dass der Franchisenehmer neben den normalen Franchisegebühren einen gesonderten Beitrag zu diesem IDF-Fonds in Höhe von monatlich zunächst 900,-- DM und ab dem Kalenderjahr 1997 in Höhe von monatlich 1.000,-- DM leisten soll.

Es heißt weiter, dass der Franchisegeber den IDF-Fonds nach seinem Ermessen verwalten wird, wobei er dafür Sorge zu tragen hat, dass die Mittel des Fonds ausschließlich für Werbung, Marketing- oder Public-Relation- oder verwandte Maßnahmen verwendet werden, die zumindest von regionaler Bedeutung sind.

Der Franchisenehmer soll einmal pro Jahr die Einnahmen- und Ausgabenrechnung des IDF-Fonds für das zurückliegende Geschäftsjahr erhalten.

Im Übrigen wird auf das Richtlinien-Handbuch verwiesen. In diesem Richtlinien-Handbuch ist in Ziffer 11.1 ausdrücklich festgelegt, dass der Franchisegeber einen eigenen Beitrag zu dem Werbefonds leistet, und zwar in Höhe von 10 % der gesamten Franchisegebühren, die von ...-Franchisenehmern der Region im Vormonat bezahlt worden sind. Auch hier heißt es weiter, dass der Franchisegeber berechtigt sein soll, die Höhe der Beiträge zum IDF unter Berücksichtigung der Kaufkraftentwicklung, der Entwicklung des Reisebüromarktes und der Entwicklung der Bekanntheit der Marke ... nach seinem Ermessen anzupassen.

Der Franchisevertrag enthält in § 14 Abs. 4 die Bestimmung, dass der Franchisenehmer während der Laufzeit des Vertrages kein anderes in der Reisebranche tätiges Unternehmen betreiben darf, und dass er mit der Franchisegeberin auch sonst nicht in Wettbewerb treten darf.

Die Laufzeit des Vertrages ist auf 10 Jahre festgelegt, also bis 19.11.2006.

Im Übrigen wird wegen des Inhalts des Franchisevertrages auf die Anlage AS 1 und wegen des Inhalts des Richtlinien-Handbuches vom Mai 1995 auf die Anlage B 8 Bezug genommen.

Der Beklagte nahm im Jahr 1997 seinen Betrieb auf. Er erzielte zunächst Verluste, und zwar im Jahr 1997 in Höhe von DM 107.005,--, im Jahr 1998 in Höhe von DM 107.398,-- und im Jahr 1999 in Höhe von DM 1.596,--.

Im Jahr 2000 erzielte er dann erstmals einen Gewinn, und zwar in Höhe von DM 94.217,--, wobei sein Gesamtumsatz in diesem Jahr bereits bei über 5 Mio. DM lag.

Die Klägerin zahlte für das Jahr 1996 entsprechend den Festlegungen im Handbuch 10 % der insgesamt vereinnahmten Franchisegebühren in den IDF-Fonds ein. Für die Jahre ab 1997 leistete sie keinerlei Einzahlungen in den Fonds mehr. Die Franchisenehmer erhielten für diese Jahre jeweils jährliche Abrechnungen über Einnahmen und Ausgaben des IDF-Fonds, wobei die Gesamteinnahmen jeweils in einem Betrag angegeben sind, ohne dass insoweit zwischen Zahlungen der Franchisegeberin und Zahlungen der Franchisenehmer näher unterschieden wird. Wegen der Einzelheiten dieser Abrechnungen wird im Übrigen auf die Anlagen B 71 bis B 74 Bezug genommen.

Nachdem insbesondere die von der ... an die ...-Reisebüros gezahlten Provisionen stark reduziert worden waren, forderte der Beklagte die Klägerin durch ein Schreiben vom 10.05.2001 erstmals auf, in Verhandlungen über eine Reduzierung der Franchisegebühren einzutreten, was die Klägerin mit Schreiben vom 15.05.2001 ablehnte.

Der Beklagte richtete dann mit Schreiben vom 29.06.2001 eine erste "Abmahnung" an die Klägerin. In diesem Schreiben nahm er Bezug auf eine ihm zwischenzeitlich übermittelte Stellungnahme der Steuerberaterin H vom 23.04.2001, die im Auftrag der Klägerin die Ausgaben des IDF-Fonds überprüft hatte. Der Beklagte monierte nun unter Hinweis auf diese Stellungnahme, dass in zahlreichen Einzelfällen Mittel des IDF-Fonds für Zwecke verwendet worden seien, die nicht dem Vertrag bzw. dem Richtlinien-Handbuch entsprochen hätten; wegen der Einzelheiten wird insofern auf die Anlage AS 4 Bezug genommen. Weiter wurde gerügt, dass der Beklagte das Gutachten der Steuerberaterin H lediglich bei der Klägerin habe einsehen dürfen, ohne dass ihm gestattet worden wäre, Kopien zu fertigen.

Weiter wurde gerügt, dass von den Bonuszahlungen der ... für das dritte Trimester des Jahres 2000 ein Teilbetrag von DM 17.100,-- nicht an die einzelnen Franchisenehmer ausgekehrt, sondern seitens der Klägerin in den IDF-Fonds einbezahlt worden war.

Weiter rügt der Beklagte in allgemeiner Form, dass keine überregionalen Werbemaßnahmen für das System ersichtlich seien, dass es an der nach dem Vertrag vorgesehenen "ständigen Weiterentwicklung" des Systems fehle und dass dessen Bedeutung auf dem Markt abnehme statt zunehme.

Außerdem legt der Beklagte dar, dass er mit seinem Reisebüro bis zum Erreichen der Gewinnzone einen Finanzbedarf von DM 500.000,-- gehabt habe; die Klagepartei habe ihm jedoch bei den Vertragsverhandlungen einen Finanzbedarf von lediglich DM 220.000,-- vorgespiegelt.

Die Klägerin reagierte mit einer Stellungnahme vom 04.07.2001, in der sie die Vorwürfe zurückwies. Insoweit wird auf Anlage B 24 Bezug genommen. Mit weiterem Schreiben vom 09.07.2001 übermittelte die Klägerin dem Beklagten dann ein geändertes Richtlinien-Handbuch, in dem von den bisher geltenden Richtlinien in zahlreichen Punkten abgewichen wurde, und zwar in den meisten Fällen zum Nachteil der Franchisenehmer. Insbesondere heißt es nun in Ziffer 11.1, dass der Franchisegeber einen Beitrag zum IDF-Werbefonds in Höhe von nur noch 5 % der insgesamt vereinnahmten Franchisegebühren leisten soll. Im Übrigen wird auf die Anlage B 26 Bezug genommen.

Der Beklagte reagierte hierauf mit einem zweiten Abmahnschreiben vom 26.07.2001, in dem er zunächst auf die erste Abmahnung Bezug nahm. Er erklärte weiter, dass er den geänderten Regelungen in dem neuen Richtlinien-Handbuch widerspreche, und dass er in diesem Versuch einer einseitigen Vertragsänderung einen weiteren gravierenden Verstoß gegen den Franchisevertrag erblicke. Außerdem forderte er die Klägerin nun auf, bis spätestens 10.08.2001 auch eine genaue Prüfung der Einnahmen des IDF-Fonds zu ermöglichen.

Die Klägerin reagierte hierauf mit einer Stellungnahme vom 02.08.2001. Sie bestritt, dass die vom Beklagten gerügten Ausgaben nicht vom vertragsmäßigen Zweck des IDF-Fonds gedeckt gewesen seien. Eine vollständige Rechnungslegung oder Überprüfung des Fonds sei nicht geschuldet. Eine Einnahmen/Ausgaben-Übersicht sei bei der Franchisenehmer-Tagung am 23.02.2001 vorgelegt worden; dies reiche aus.

Daraufhin erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 23.08.2001 sowohl die Anfechtung als auch die Kündigung des Franchisevertrages.

Die Anfechtung wurde damit begründet, dass der Beklagte im Hinblick auf das zur Betriebsgründung erforderliche Eigenkapitat vorsätzlich unwahr informiert worden sei; gleiches gelte für den erzielbaren Durchschnittsumsatz sowie für den Zeitraum, in dem die Gewinnzone erreicht werden könne.

Außerdem sei der Beklagte über die Einzelheiten in Bezug auf den IDF-Fonds sowie über die Vorzüge der ... Marke getäuscht worden.

Falsch seien auch die Angaben über den zu erwartenden Provisionssatz gewesen; die Klägerin habe dem Beklagten seitens der größeren Leistungsanbieter einen Provisionssatz von 10 bis 11 % in Aussicht gestellt, während ihr tatsächlich schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen sei, dass tatsächlich nur niedrigere Provisionssätze bezahlt würden. Insbesondere sei 1996 bereits absehbar gewesen, dass die ... die Provision für Inlandsflüge generell von 9 % auf 5 % senken werde.

Die ergänzend ausgesprochene Kündigung des Vertrages wurde mit den bereits in den Abmahnschreiben enthaltenen Vorwürfen begründet, auf die die Klägerin nicht eingegangen sei.

Ergänzend wurde nun ausgeführt, dass der Beklagte durch eine rechnerische Überprüfung festgestellt habe, dass die Klägerin in den zurückliegenden Jahren überhaupt keine Einzahlungen in den IDF-Fonds geleistet und dies den Franchisenehmern verheimlicht habe; angesichts dieses schwerwiegenden Vertragsverstosses sei eine Fortführung dieses Vertrages dem Beklagten nicht mehr zumutbar.

Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf das Kündigungsschreiben (Anlage AS 7) Bezug genommen.

Am 07.11.2001 wurde der Klägerin eine E-Mail des Beklagten übermittelt, in der dieser gegenüber Dritten erklärt, dass er den Franchisevertrag mit der Klägerin im August 2001 gekündigt habe, und dass er seit 01.11.2001 der Reisebürokette "D" angehöre.

Die Klägerin, die der vom Beklagten erklärten Kündigung des Franchisevertrages entgegentritt, hat erstinstanzlich ausgeführt, es handle sich bei den verschiedenen Abmahnungen und der auf ihnen aufbauenden Kündigung um einen langfristig geplanten Versuch des Beklagten, nun nach Erreichen der Gewinnzone aus dem mit der Klägerin abgeschlossenen Franchisevertrag auszusteigen, um sich einer anderen, beitragsmäßig günstigeren Reisebürokette anschließen zu können. Der Beklagte greife hierbei auf eine Strategie zurück, die zuvor schon von anderen Franchisenehmern der Klägerin unter anwaltlicher Beratung eingeschlagen worden sei:

Keiner der in den Abmahnschreiben sowie in dem Kündigungsschreiben enthaltenen Vorwürfe könne eine Vertragskündigung, die stets nur ultima ratio sein könne, stützen. Insbesondere im Hinblick auf die gerügten Einzelausgaben des IDF-Fonds hat die Klägerin im Einzelnen dargelegt, dass jede dieser Ausgaben sehr wohl von den vertragsmäßigen Zwecken des IDF-Fonds gedeckt gewesen sei. Die Klägerin hat sich hierzu zunächst auf ein Urteil des Landgerichts München I vom 07.11.2001 (Az. 1 HKO 15201/01) bezogen, in dem eine einstweilige Verfügung gegen andere Franchisenehmer der Klägerin, die mit ähnlicher Begründung eine Kündigung des Franchisevertrages erklärt hatten, aufrechterhalten worden war.

Im Hinblick auf die unterlassenen Einzahlungen der Klägerin in den IDF-Fonds hat die Klägerin eingeräumt, dass sie nur im Jahr 1996 die nach dem Vertrag vorgesehenen Einzahlungen in Höhe von 10 % der gesamten Franchisegebühren-Einnahmen geleistet hat. Anschließend habe sie dann aber festgestellt, dass die Master-Franchisenehmer in anderen Ländern keine derartigen Bareinzahlungen leisteten, sondern sich stattdessen den Sach- und Personalaufwand für die Verwaltung des IDF-Fonds entsprechend anrechnen ließen. Sie selbst sei daraufhin in den Jahren ab 1997 ebenso verfahren, und zwar "mit Zustimmung der Franchisenehmer"; in welcher Art und Weise diese Zustimmung seitens "der Franchisenehmer" erklärt worden sein soll, hat sie allerdings nicht näher ausgeführt. Die Klägerin hat sich in diesem Zusammenhang lediglich auf die jährlichen Abrechnungen des IDF-Fonds bezogen, die allen Franchisenehmern übermittelt worden seien, und aus denen deutlich hervorgegangen sei, dass die Klägerin keine Einzahlungen in den Fonds mehr geleistet habe.

Die Klägerin hat weiter darauf verwiesen, dass sie nach dem Vertrag berechtigt gewesen sei, die in dem Handbuch niedergelegten Richtlinien jederzeit marktkonform zu ändern; deshalb sei gerade im Hinblick auf die von der Klägerin geleisteten Sachaufwendungen in den geänderten Richtlinien eine Bareinzahlung von nur noch 5 % der gesamten Franchisegebühren-Einnahmen vorgesehen.

Selbst wenn man hier jedoch einen Vertragsverstoß der Klägerin sehen wolle, dann könne dieser den Beklagten jedenfalls nicht ohne vorherige Abmahnung und Fristsetzung zur sofortigen Vertragskündigung berechtigen (§ 314 Abs. 2 BGB).

Im Hinblick auf die Anfechtung des Franchisevertrages hat die Klägerin außerdem auf den Zeitablauf verwiesen, der allein schon eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ausschließe (§ 124 Abs. 1 BGB). Der Vertrag sei 1996 geschlossen, die Anfechtung fünf Jahre später erklärt worden. Soweit sich die Anfechtung darauf stütze, dass falsche Angaben über die erreichbaren Umsätze und den Finanzbedarf gemacht worden seien, sei darauf zu verweisen, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung bereits seit mehreren Jahren gewusst habe, wie die tatsächliche Geschäftsentwicklung ausgesehen habe. Im Übrigen hat die Klägerin den Vorwurf zurückgewiesen, dass sie hier falsche Angaben gemacht habe. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Beklagten sei die ... Reisebürokette in Deutschland erst seit einem Jahr auf dem Markt aktiv gewesen, so dass schon aus diesem Grund noch keine gesicherten Erkenntnisse über den Finanzbedarf und die Umsatz- und Gewinnerwartungen möglich gewesen seien; alle Zahlen, die dem Beklagten genannt worden seien, seien ersichtlich nur Prognosen gewesen, für deren Richtigkeit die Klägerin keine Garantie übernehmen konnte und wollte.

Dass sich das Geschäft des Beklagten in den ersten Jahren nicht so entwickelt habe wie erwartet, sei im Übrigen auf dessen Fehler in der Geschäftsführung zurückzuführen; sobald der Beklagte sich umfassend an die Richtlinien des ... Systems gehalten habe, sei er rasch in die Gewinnzone gekommen. Es sei insoweit bemerkenswert, dass der Beklagte die Anfechtung bzw. Kündigung gerade dann erklärt habe, als er seine Umsätze dauerhaft ausgeweitet und nachhaltige Gewinne aus dem Betrieb seines Reisebüros erzielt habe.

Allein deshalb könne im Übrigen die Kündigung des Vertrages auch nicht auf einen "Wegfall der Geschäftsgrundlage" gestützt werden, wie es der Beklagte nachträglich vorgebracht hat. Die konkrete Höhe der von einzelnen Leistungsanbietern gezahlten Provisionen könne nicht als Geschäftsgrundlage in diesem Sinne angesehen werden; insoweit seien Änderungen jederzeit möglich und auch zu erwarten gewesen. Entscheidend sei jedenfalls, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung erfreuliche Gewinne erzielt habe, so dass schon aus diesem Grund ein Festhalten an dem Vertrag für ihn nicht "unzumutbar" gewesen sein könne.

Durch die der Klägerin übermittelte E-Mail vom 07.11.2001 sei die konkrete Befürchtung gerechtfertigt, dass sich der Beklagte unter Berufung auf seine unwirksame Anfechtungs- und Kündigungserklärung nicht mehr an den Franchisevertrag halten und insbesondere der Klägerin Konkurrenz machen werde.

Die Klägerin hat daher in erster Instanz beantragt,

es dem Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln zu verbieten, unter Berufung auf die Anfechtungs- und Kündigungserklärung vom 23.08.2001 mit der Klägerin in Wettbewerb zu treten, in Form des Abschlusses von Verträgen, z. B. Franchiseverträgen, insbesondere mit der Firma ... und/oder durch Betrieb eines Reisebüros im Franchisesystem oder einem vergleichbaren Netzwerk der Firma ... durch den Beklagten selbst oder durch Dritte.

Der Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt. Er hat sowohl seine Anfechtungserklärung als auch die Kündigung für wirksam gehalten und sich hierfür zunächst auf die Ausführungen in seinen beiden Abmahnschreiben sowie im Kündigungsschreiben bezogen.

Die Anfechtung sei wegen vorsätzlicher Täuschung über den Finanzbedarf und die Umsatzerwartungen gerechtfertigt. Der Beklagte hat hierzu eidesstattliche Versicherungen von vier ehemaligen Mitarbeitern der Klägerin vorgelegt, die jeweils bekunden, dass ihnen im Jahre 1998 seitens des Geschäftsführers der Klägerin vorgegeben worden sei, gegenüber Franchisenehmer-Interessenten wahrheitswidrig niedrige Angaben über den Finanzbedarf zu machen, weil sonst nicht genügend Interessenten gefunden werden könnten.

Diese Informationen seien dem Beklagten erst im August 2001 bekannt geworden, weshalb die Anfechtung auch nicht als verfristet angesehen werden könne.

Im übrigen lasse sich auch den dargestellten nachträglichen Vertragsverstößen der Klägerin eine entsprechende Absicht schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entnehmen; auch insofern sei der Beklagte getäuscht worden.

Die Kündigung sei zum einen wegen der vertragswidrigen Verwendung von IDF-Geldern gerechtfertigt; insbesondere aber auch deshalb, weil die Klägerin vertragswidrigerweise in den Jahren ab 1997 keinerlei Bareinzahlungen mehr in den Fonds vorgenommen habe. Die von der Klägerin nun behaupteten "Sachaufwendungen" seien in - keiner Weise schlüssig dargelegt. Im Übrigen habe die Klägerin in ihrer einseitigen Abänderung der Richtlinien gerade im Hinblick auf diese Sachaufwendungen lediglich eine Reduzierung ihres Barbeitrages von 10 % auf 5 % der gesamten Gebühreneinnahmen niedergelegt; tatsächlich habe sie aber in den Jahren ab 1997 unstreitig nicht einmal diese 5 % bezahlt, sondern überhaupt nichts. Dies sei den Franchisenehmern planmäßig verheimlicht worden, denn aus den jährlichen Abrechnungen des Fonds, in denen jeweils nur ein pauschaler Betrag als "Gebühreneinnahmen" aufgeführt gewesen sei, sei dies gerade nicht hervorgegangen. Hierfür seien vielmehr eigene Berechnungen notwendig gewesen, und diese habe der Beklagte erst im August 2001 erstmals angestellt, indem er die ihm bekannte Zahl der Franchisenehmer in Deutschland und Österreich mit den von den Frahchisenehmern zu leistenden Pauschalbeiträgen multipliziert habe; erst hieraus sei dann in Relation zu den mitgeteilten Gesamteinnahmen des Fonds hervorgegangen, dass die Klägerin tatsächlich überhaupt keine Einzahlungen geleistet haben konnte.

Die Kündigung sei im Übrigen auch deshalb gerechtfertigt gewesen, weil sich der Beklagte gemäß § 313 BGB auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage berufen könne. Insbesondere die seitens des Hauptleistungsanbieters Lufthansa gezahlten Provisionen für die Vermittlung von Flügen seien in der Zeit nach Abschluss des Franchisevertrages drastisch reduziert worden. Gleichwohl habe die Klägerin eine daraufhin angemessene Reduzierung der Franchisegebühren kategorisch verweigert. Daher müsse sie nun eine Kündigung des Vertrages durch den Beklagten gemäß § 313 Abs. 3 BGB akzeptieren.

Der Beklagte hat dargelegt, dass er über die Abweisung der Klage hinaus ein rechtliches Interesse daran habe, dass insgesamt festgestellt werde, dass das Vertragsverhältnis durch seine Erklärung vom 23.08.2001 ab diesem Zeitpunkt beendet sei.

Er hat deshalb Widerklage erhoben und beantragt,

festzustellen, dass das Franchisevertragsverhältnis zwischen den Parteien zumindest seit dem 23.08.2001 beendet ist und der Beklagte seit dem 23.08.2001 mit der Klägerin in Wettbewerb treten durfte und darf.

Die Klägerin hat

Abweisung der Widerklage

beantragt und sich hierfür auf ihr Klagevorbringen bezogen.

Mit Urteil vom 15.07.2004 hat das Landgericht München I der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anfechtung schon deshalb nicht durchgreifen könne, weil eine Täuschungshandlung der Klägerin bei Vertragsschluss nicht plausibel dargelegt sei. Dass sich die dem Beklagten bei Vertragsschluss genannten Zahlen nachträglich als objektiv unrichtig herausgestellt hätten, belege noch keine arglistige Täuschung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die vom Beklagten herangezogenen Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der Klägerin seien sämtlich erst für das Jahr 1998 relevant, also für einen Zeitpunkt von zwei Jahren nach dem hier streitgegenständlichen Vertragsschluss.

Die vom Beklagten erklärte Kündigung hat das Landgericht insgesamt für unbegründet erklärt, ohne auf die vom Beklagten aufgeführten Kündigungsgründe im Einzelnen einzugehen, weil all diese Umstände selbst dann, wenn sie als Vertragsverstöße anzusehen seien, auch in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht so gravierend seien, dass sie eine Kündigung des Vertrages rechtfertigen könnten.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung wendet sich der Beklagte gegen dieses Urteil und bezieht sich zunächst auf sein erstinstanzliches Vorbringen, auf das das Landgericht - insbesondere im Hinblick auf die Kündigungsgründe - nicht näher eingegangen sei. Zu dem Gesichtspunkt eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage habe das Ersturteil sogar überhaupt nichts ausgeführt. Im Übrigen habe das Landgericht übersehen, dass das gemäß Klageantrag ausgesprochene Wettbewerbsverbot jedenfalls zeitlich zu befristen gewesen wäre, weil die Kündigung jedenfalls in eine ordentliche Kündigung zum regulären Vertragsende im November 2006 umzudeuten gewesen wäre.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 15.07.2004 aufzuheben, die Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie schließt sich zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils an.

Ergänzend führt die Klägerin in der Berufungserwiderung aus, dass "in Übereinstimmung mit den Franchisenehmern" entschieden worden sei, dass Sachleistungen der Klägerin in den IDF-Fonds als Äquivalent der nach dem Vertrag geschuldeten Bareinzahlungen anerkannt würden. Die Franchisenehmer-Vereinigung, die gemäß Ziffer 10.8 des Richtlinien-Handbuchs eingerichtet worden sei, habe bei den alljährlich abgehaltenen Meetings niemals Einwände gegen die Einnahmen/Ausgaben-Rechnung des IDF-Fonds erhoben.

Im übrigen habe ein etwaiges Fehlverhalten der Klägerin hier den Beklagten nicht zu einer sofortigen Kündigung des Vertrages ohne vorangehende Abmahnung und Fristsetzung berechtigen können (§ 314 Abs. 2 BGB).

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 03.08.2004 (Bl. 254 ff. d. A.) sowie den Schriftsatz des Beklagten vom 08.08.2005 (Bl. 326 ff. d. A.) sowie auf die Berufungserwiderung der Klagepartei vom 07.12.2004 (Bl. 298 ff. d. A.) sowie den Schriftsatz der Klagepartei vom 09.08.2005 (Bl. 340 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Klagepartei hat nach Ablauf der Frist gemäß § 128 Abs. 2 S. 2 ZPO noch einen Schriftsatz vom 22. 8. 2005 eingereicht. Dessen Inhalt bot keinen Anlaß für einen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung; soweit der Schriftsatz Rechtsausführungen enthält, wurden diese gewürdigt.

II.

Die Berufung ist zulässig und insgesamt begründet. Das erstinstanzliche Urteil war dahingehend abzuändern, dass die Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben ist. Das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis ist durch die Kündigungserklärung des Beklagten vom 23.08.2001 wirksam beendet worden.

A.

Allerdings greift die vom Beklagten erklärte Anfechtung des Franchisevertrages nicht durch.

1. Der Beklagte hat die auf arglistige Täuschung gestützte Anfechtung des Vertrages damit begründet, dass ihm von der Klägerin im Vorfeld des Vertragsschlusses bewusst falsche Zahlen zum Kapitalbedarf, zum zu erwartenden Durchschnittsumsatz und zum Zeitraum bis zum Erreichen der Gewinnzone gemacht worden seien. Er hat hierzu anhand der von ihm tatsächlich erreichten Zahlen dargelegt, dass sich die ihm zuvor von der Klägerin genannten Zahlen als unrichtig herausgestellt haben. Insbesondere im Hinblick auf den Kapitalbedarf hat der Beklagte dargelegt, dass er inklusive der Anlaufverluste in den ersten beiden Jahren etwa 500.000,-- DM aufwenden musste und nicht nur die von der Klägerin prognostizierten 220.000,-- DM.

2. Die objektive Unrichtigkeit der von der Klägerin genannten Zahlen belegt aber für sich allein genommen noch keine Täuschungshandlung. Der Beklagte hat nicht schlüssig darlegen können, woraus sich ergeben soll, dass die Klägerin hier wider besseres Wissen falsche Zahlen genannt hat.

a) Der Vortrag des Beklagten berücksichtigt nicht, dass zum Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Vertragsabschlusses das Franchisesystem der Klägerin in Deutschland überhaupt erst seit einem Jahr existierte. Aussagekräftige Zahlen für den deutschen Markt konnten daher der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegen. Zumindest wäre es angesichts dieses Zeitablaufes Sache des Beklagten gewesen, konkret darzulegen, aufgrund welcher Erkenntnisse die Klägerin bereits im November 1996 gewusst haben soll, dass die dem Beklagten prognostizierten Zahlen unrealistisch gewesen sein sollen. Hieran fehlt es.

b) Soweit sich der Beklagte auf die schriftlichen Aussagen ausgeschiedener Mitarbeiter der Klägerin beruft, die belegen sollen, dass seitens des Geschäftsführers der Klägerin sogar gezielte Anweisung gegeben wurde, Interessenten falsche Zahlen zu nennen, ist mit dem Ersturteil und mit der Klägerin darauf hinzuweisen, dass diese Aussagen sämtlich erst aus dem Jahr 1998 stammen. Die Klägerin hat darauf verwiesen, dass diese vier Mitarbeiter im Jahr 1996 sämtlich noch nicht bei der Klägerin beschäftigt waren.

Dem Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass diese schriftlichen Aussagen auf ein bedenkliches Geschäftsgebaren der Klagepartei hindeuten; dies gilt jedoch erst für das Jahr 1998. Zu diesem Zeitpunkt mussten auf Seiten der Klägerin auch tatsächlich bereits gesicherte Erkenntnisse über die Geschäftsergebnisse der verschiedenen Franchisenehmer in den ersten drei Jahren der Geschäftstätigkeit vorliegen, und deshalb mag für diesen Zeitraum eine bewusste Täuschung von neuen Vertragsinteressenten theoretisch denkbar sein. Für den im Falle des Beklagten relevanten Zeitraum November 1996 konnten solche gesicherten Erkenntnisse aber, wie oben dargelegt, gerade noch nicht bestehen.

c) Soweit der Beklagte seine Anfechtung außerdem auf die von ihm dargestellten Vertragsverstöße der Klägerin nach Vertragsschluss gestützt hat, fehlt es ebenfalls an einer schlüssigen Darlegung, die eine entsprechende Absicht der Klagepartei bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses begründen könnte.

3. Da also bereits eine arglistige Täuschung seitens der Klägerin nicht schlüssig dargelegt ist, kann die Frage der Rechtzeitigkeit der Anfechtungserklärung dahinstehen.

B.

Die vom Beklagten erklärte Kündigung des Franchisevertrages kann jedenfalls nicht auf § 313 Abs. 3 BGB gestützt werden.

1. Es kann insoweit dahinstehen, ob, wie der Beklagte meint, der Fortbestand bestimmter Provisionssätze auf Seiten der Hauptleistungsanbieter hier als Geschäftsgrundlage des Franchisevertrages im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB bzw. der früheren einschlägigen Rechtsprechung angesehen werden kann. Zweifelhaft erscheint dies, wie die Klägerin richtig ausführt, insbesondere deshalb, weil eine Veränderlichkeit dieser Provisionssätze für alle Beteiligten vorhersehbar war.

2. Jedenfalls aber ergibt sich aus den unstreitigen Zahlen für den Geschäftsbetrieb des Beklagten im Jahre 2000, dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch im Hinblick auf die deutlich gesenkten Provisionssätze der ... für den Beklagten nicht unzumutbar im Sinne des § 313 Abs. 3 BGB gewesen sein kann. Der Beklagte stellt selbst nicht in Abrede, dass sich trotz dieser Provisionssenkungen seine Gewinnsituation kontinuierlich verbessert hatte, und dass er im Jahre 2000 erstmals einen erheblichen Geschäftsgewinn verbuchen konnte. Bei dieser Sachlage konnte es der Klägerin nicht verwehrt sein, auf einer unveränderten Fortsetzung des Vertragsverhältnisses (einschließlich der im Vertrag vorgesehenen Franchisegebühren) zu bestehen. Eine Senkung der Franchisegebühren, die hier im Hinblick auf § 313 Abs. 1 BGB allenfalls diskutiert werden könnte, hat der Beklagte nicht verlangt, sondern sich ausschließlich auf die von ihm erklärte Kündigung des Gesamtvertragsverhältnisses berufen. Diese kann aber, wie dargelegt, auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht gestützt werden.

C.

Jedoch konnte die Kündigung des Franchisevertrages durch den Beklagten auf einen schwerwiegenden Vertragsverstoß der Klagepartei gestützt werden.

1. Ein solcher schwerwiegender Vertragsverstoß ergibt sich allerdings nicht im Hinblick auf die im Einzelnen streitigen Ausgaben, die die Klägerin aus dem IDF-Fonds finanziert hat. Insoweit war ein näheres Eingehen auf die einzelnen gerügten Ausgabenpositionen im Ersturteil in der Tat entbehrlich, weil der Klägerin zuzugeben ist, dass die entsprechenden Regelungen im Vertrag und im Richtlinien-Handbuch so weit gefasst sind, dass im Einzelfall durchaus streitig sein kann, ob eine bestimmte Ausgabe noch unter diesen weiten Zweck des Werbefonds subsumiert werden kann oder nicht. Es ist durchaus möglich, dass dies für einzelne Ausgaben im Ergebnis zu verneinen ist; ein schwerwiegender Vertragsverstoß, der eine Kündigung des gesamten Vertragsverhältnisses rechtfertigen könnte, kann darin aber in keinem Fall gesehen werden. Der Beklagte wäre insoweit vielmehr gehalten gewesen, einzelne Streitfragen außergerichtlich oder gerichtlich zu klären und die Klägerin gegebenenfalls auf Rückerstattung entsprechender Ausgabenpositionen an den IDF-Fonds in Anspruch zu nehmen.

2. Jedoch ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung des Vertrages, die das hier im Rahmen eines Franchisevertrages erforderliche Vertrauensverhältnis insgesamt irreparabel erschüttert, aus der Tatsache, dass die Klägerin ab dem Jahr 1997 alle eigenen Einzahlungen in den IDF-Fonds gestoppt hat, ohne die Franchisenehmer und insbesondere den Beklagten hierauf ausdrücklich hinzuweisen.

a) Nach dem Vertrag schulden die Franchisenehmer feste monatliche Gebühren an den IDF-Fonds in Höhe von zuletzt 1.000,- DM pro Monat. Gleichzeitig ist aber in § 5 Abs. 2 des Vertrages in Verbindung mit Ziffer 11.1 des Richtlinien-Handbuches (in der zum Vertragsschluss geltenden Fassung) vorgesehen, dass der Franchisegeber seinerseits Beiträge in Höhe von 10% der insgesamt vereinnahmten Franchisegebühren in den IDF-Fonds leistet. Durch diese Regelung wurde den Franchisenehmern verdeutlicht, dass die überregionale Werbung als gemeinsame Angelegenheit aller Vertragsparteien betrachtet wurde, und dass insbesondere der finanzielle Aufwand hierfür zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern angemessen geteilt werden sollte.

b) Die Klägerin hat, insoweit unstreitig, diese Regelung jedoch nur im Jahr 1996 eingehalten. Ab 1997 hat sie keinerlei Bareinzahlung mehr geleistet, ohne dass der Vertrag oder das Richtlinien-Handbuch insoweit geändert worden wären. Eine Änderung der Richtlinien hat die Klägerin erst mit ihrem Schreiben vom 09.07.2001 vorgenommen; auch in diesen geänderten Richtlinien ist jedoch nur eine Reduzierung der Bareinlagen der Klägerin von 10 % auf 5 % vorgesehen, nicht aber eine vollständige Streichung dieser Einzahlungspflicht.

c) Soweit sich die Klägerin zur Rechtfertigung dieses Verhaltens darauf beruft, die Franchisenehmer hätten dieses Vorgehen "genehmigt", ist der Vortrag der Klägerin nicht nachvollziehbar. Es wird nicht ausgeführt, in welcher Weise welchen Franchisenehmern die Absicht der Klägerin, künftig keinerlei Bareinzahlungen mehr vorzunehmen, überhaupt mitgeteilt worden wäre; ebenso wenig wird näher dargelegt, welche Franchisenehmer mit Wirkung für wen eine solche Zustimmung in welcher Weise erklärt haben sollen.

Offensichtlich will die Klägerin eine Genehmigung allein aus dem Umstand herleiten, dass den Franchisenehmern jährlich Abrechnungen über die Einnahmen und Ausgaben des IDF-Fonds übermittelt wurden, und dass auf den jährlichen Franchisenehmerversammlungen niemand gegen diese Abrechnungen Widerspruch angemeldet hat.

Eine "konkludente Abänderung" der vertraglichen Bestimmungen lässt sich daraus aber nicht herleiten. Die Von der Klägerin übersandten Abrechnungen enthalten keineswegs den ausdrücklichen Hinweis, dass die Klägerin hier keinerlei Zahlungen mehr geleistet hatte; vielmehr sind die Einnahmen ohne jede Aufschlüsselung jeweils nur in einer Summe angegeben, ohne dass in Bezug auf die Herkunft dieser Einzahlungen irgendwelche Aufschlüsselungen vorgenommen worden wären. Der Tatsache, dass niemand diesen Abrechnungen widersprochen hat, kann daher keinesfalls die von der Klägerin jetzt nachträglich konstruierte Genehmigungswirkung beigelegt werden.

Es wäre Sache der Klägerin gewesen, eine Änderung ihrer Einzahlungsverpflichtung durch eine entsprechende ausdrückliche Abänderung der Richtlinien herbeizuführen, wie sie in § 5 Abs. 2 des Franchisevertrages vorgesehen ist, und wie sie die Klägerin dann im August 2001 auch tatsächlich eingeleitet hat. Eine Änderung des Vertrages oder der Richtlinien durch "stillschweigende Duldung" ist nicht vorgesehen und müsste auch an der qualifizierten Schriftformklausel in § 23 Abs. 2 des Vertrages scheitern.

d) Der entsprechende Vortrag der Klägerin, mit dem sie ihr Verhalten rechtfertigen will, ist aber auch bereits in sich nicht schlüssig. Die Klägerin will sich darauf stützen, dass sie - insoweit im Einklang mit den Gepflogenheiten in anderen Ländern, in denen das ... System praktiziert wird - ihre "Sachaufwendungen" als Ersatz der nach dem Vertrag geschuldeten Bareinlagen gelten lassen wollte. Nach wie vor fehlt es aber an jeder nachvollziehbaren Darlegung, worin diese Sacheinlagen überhaupt bestanden haben sollen. Offensichtlich will sich die Klägerin allein darauf berufen, dass sie den IDF-Fonds verwaltet hat und dass ihr hierfür Personalkosten entstanden sind. Es fehlt aber an jeder konkreten Ausführung dazu, welcher Verwaltungsaufwand insoweit überhaupt entstanden sein soll, welche Mitarbeiter im Einzelnen in welchem Umfang mit der Verwaltung dieses Fonds befasst gewesen sein sollen und welche Kosten der Klägerin hierfür entstanden sind. Weiter berücksichtigt die Klägerin nicht, dass die alleinige Verwaltung des IDF-Fonds durch die Klägerin bereits im Vertrag vorgesehen war, und daß das Richtlinienhandbuch gleichwohl eine Bareinzahlungsverpflichtung der Klägerin ausdrücklich bestimmte. Vollends widersprüchlich wird der Vortrag der Klägerin dann dadurch, dass sie selbst im Hinblick auf diese angeblichen "Sachaufwendungen" im Jahre 2001 die vertraglichen Richtlinien dahingehend geändert hat, dass sie Bareinlagen nur noch in Höhe von 5 % statt bisher 10 % der gesamten Franchisegebühreneinnahmen leisten soll.

Unstreitig hat sie aber in den Jahren zwischen 1997 und 2001 auch diese 5 % nicht bezahlt.

e) Dieses bewusst vertragswidrige Verhalten der Klägerin zum Nachteil der Franchisenehmer, das über einen längeren Zeitraum fortgesetzt und nur durch nähere Überprüfungen der Franchisenehmer festgestellt wurde, rechtfertigt die sofortige fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Beklagten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gerade die Verwaltung des IDF-Fonds ein treuhandähnliches Vertrauensverhältnis begründete, weil die Klägerin diesen Fonds, der im gemeinsamen Interesse aller Vertragsparteien zu führen war, hier ganz allein verwaltete. Wer sich im Rahmen eines derartigen Vertrauensverhältnisses in der hier vorgefallenen Weise auf Kosten seiner Vertragspartner finanzielle Vorteile verschafft, der zerstört das im Rahmen eines Franchiseverhältnisses zwischen den Parteien erforderliche Vertrauensverhältnis irreparabel und liefert seinem Vertragspartner einen Kündigungsgrund, ohne dass zuvor eine Abmahnung oder eine Fristsetzung zur Abhilfe erforderlich wäre (§ 314 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Hieran kann auch die von der Klagepartei dargestellte Tatsache nichts ändern, dass der Beklagte offenbar sehr daran interessiert war, sich auf jede nur denkbare Weise vom Vertrag zu lösen, und dass die Mehrzahl der von ihm herangezogenen Kündigungsgründe eine Vertragskündigung nicht getragen hätten. Jedenfalls in Bezug auf die eigenmächtige "Streichung" der eigenen Beiträge zum Werbefonds hat die Klägerin aber tatsächlich einen durchgreifenden Kündigungsgrund gesetzt.

Keine Rolle spielt insofern die Tatsache, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 2. 8. 2001 davon spricht, dass sie eine nochmalige Prüfung des IDF-Fonds ermöglichen will, und dass sie zu einer Rückerstattung etwa zu Unrecht aus dem Fonds geleisteter Zahlungen bereit ist. Denn die hier erwähnten Rückzahlungen betreffen ersichtlich nur die strittigen Auszahlungen aus dem Fonds; mit der Frage nicht geleisteter Einzahlungen in den Fonds hat dies jedoch nichts zu tun. Zu dieser Frage hat die Klägerin vielmehr auch jetzt im Rechtsstreit bis zuletzzt den Standpunkt eingenommen, ihrer vertraglichen Verpflichtung durch Sachleistungen entsprochen zu haben, mithin zu keinerlei Nachzahlungen verpflichtet zu sein.

3. Die vom Beklagten erklärte Kündigung ist auch nicht verfristet gewesen. Der Beklagte hat plausibel dargelegt, dass er die Berechnungen, durch die der Fortfall der klägerischen Einzahlungen in den Fonds erst ersichtlich wurde, erst im August 2001 angestellt hat. Aus den Darstellungen der Klägerin ergibt sich, wie oben ausgeführt, keineswegs, dass den Franchisenehmern und damit auch dem Beklagten der Wegfall der klägerischen Einzahlungen schon vorher bekannt gewesen wäre.

D.

Nachdem die vom Beklagten am 23.08.2001 erklärte fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses durchgreift, ist das Vertragsverhältnis mit dieser Kündigung vorzeitig beendigt worden. Dies erfasst auch das in § 14 des Vertrages enthaltene Wettbewerbsverbot, so dass die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen war.

Die Widerklage ist zulässig. Der Beklagte will festgestellt haben, dass das Vertragsverhältnis insgesamt beendet ist; an dieser Feststellung hat er ein berechtigtes Interesse, weil sie über die Verneinung des Klageanspruchs, der nur einen einzelnen vertraglichen Anspruch betrifft, deutlich hinausgeht.

Die Widerklage erweist sich auch als begründet, weil jedenfalls die Kündigung des Vertrages zum 23. 8. 2001 durchgreift. Sämtliche Vertragspflichten des Beklagten einschließlich der Pflicht zur Entrichtung der Franchisegebühren haben zu diesem Zeitpunkt geendet.

Soweit der Antrag des Beklagten von einer Beendigung "zumindest" seit 23.8.2001 spricht, war dies redaktionell zu korrigieren. Zwar wäre durch die vom Beklagten erklärte und zur Begründung seiner Anträge maßgeblich mit herangezogene Anfechtung das Vertragsverhältnis schon von Beginn an unwirksam gewesen; gleichwohl ergibt sich aus dem übrigen Gesamtvorbringen des Beklagten, dass er mit der Widerklage ausschließlich auf die Unwirksamkeit der vertraglichen Bestimmungen im Zeitraum ab dem 23. 8. 2001 abstellt, und dass er aus einer etwaigen Unwirksamkeit des Vertrages vor diesem Zeitpunkt keinerlei Rechtsansprüche herleiten will. Die Widerklage war daher nicht teilweise abzuweisen, sondern insgesamt erfolgreich.

E.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor; eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht ersichtlich. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt im Wesentlichen von der einzelfallbezogenen Bewertung des vertragswidrigen Verhaltens der Klägerin ab.

Ende der Entscheidung

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