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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 22.12.2005
Aktenzeichen: 6 U 4351/02
Rechtsgebiete: ZPO, PatG, EPÜ


Vorschriften:

ZPO § 263
ZPO § 264
ZPO § 511
ZPO § 533
PatG § 9
PatG § 139
EPÜ Art. 64 Abs. 3
Wird eine erstinstanzlich ausschließlich auf ein Gebrauchsmuster gestützte Verletzungsklage erstmals in der Berufungsinstanz auf ein paralleles Patent gestützt, dessen Erteilung nach Erlass des Ersturteils bekannt gemacht wurde, entfällt die (noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung erforderliche) Beschwer nicht dadurch, dass die Klage aus dem Gebrauchsmuster nach dessen Löschung im Laufe des zweiten Rechtszuges zurückgenommen wird. Die Berufung bleibt vielmehr zulässig, da das im Wesentlichen bereits in erster Instanz verfolgte Rechtsschutzziel weder aufgegeben noch anderweitig erreicht worden ist.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 4351/02

Verkündet am 22. Dezember 2005

In dem Rechtsstreit

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2005 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Der Rechtsstreit ist, soweit die Klage auf das Gebrauchsmuster DE 200 175 5 gestützt ist, infolge der Klagerücknahme als nicht anhängig geworden anzusehen. Das Endurteil des Landgerichts München I vom 25. Juli 2002, Az. 7 O 18287/01, ist wirkungslos.

II. Auf die Berufung der Klagepartei wird die Beklagte verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von € 5.- bis zu € 250.000.- für jeden Fall der Zuwiderhandlung, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

eine Kassieranlage für Waren, insbesondere Einzelhandelswaren, mit einer Fördervorrichtung, z.B. Transportband, und mit einer endseitig der Fördervorrichtung angeordneten Preis-/Mengenerfassungseinrichtung sowie einer Kasse, wobei die Fördervorrichtung die zu erfassenden Waren im Vergleich zu einer Bedienperson von links her kommend zuführt, und wobei die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung gegenüber einer Körperzentralebene der Bedienperson nach links in Richtung auf die zugeführten Waren um ca. 10 cm versetzt ist,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken ein- bzw. auszuführen,

welche dadurch gekennzeichnet ist, dass an die Fördervorrichtung eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke mit der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung anschließt, wobei warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke eine L-förmige Parkeinrichtung für einen Einkaufswagen vorgesehen ist,

insbesondere, wenn die Fördervorrichtung und die Körperzentralebene bzw. die Warenerfass-A/erteilertheke einen spitzen Winkel von ca. 7° bilden.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer II. bezeichnete Handlung seit dem 11.12.2002 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer II. bezeichneten Handlungen seit dem 11.12.2002 begangen hat, und zwar unter Angabe

a. der Herstellungsmengen und -zeiten;

b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der Lieferempfänger;

c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, deren Gestehungskosten, deren Verbreitungszeitraum und deren Verbreitungsgebiet;

e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei Gemeinkosten nur insoweit berücksichtigt werden, als sie sich unmittelbar auf Handlungen gem. Ziffer II. beziehen.

V. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 150.000.- abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Sicherheit in Form einer unbedingten, unbefristeten, unbeschränkten, unwiderruflichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu leisten.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte - nach Rücknahme der erstinstanzlich ausschließlich auf ein Gebrauchsmuster gestützten Klage im Berufungsverfahren - zuletzt noch wegen Verletzung ihres parallelen europäischen Patents Nr. EP 1 090 570, dessen deutscher Teil beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Az. 500 00 908.2-08 geführt wird, auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin war alleinige Inhaberin des am 06. Oktober 1999 angemeldeten und am 20. Januar 2000 eingetragenen deutschen Gebrauchsmusters Nr. DE 299 17 555 mit der Bezeichnung "Kassieranlage für Waren". Hauptanspruch 1 hatte in der dem Ersturteil zugrunde liegenden Fassung vom 12. Oktober 2001 (Anlage K 5) folgenden Wortlaut:

"1. Kassieranlage für Waren (W), insbesondere Einzelhandelswaren (W), mit einer Fördervorrichtung (1), z.B. Transportband (1), und mit einer endseitig der Fördervorrichtung (1) angeordneten Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) sowie einer Kasse (3), wobei die Fördervorrichtung (1) die zu erfassenden Waren (W) im Vergleich zu einer Bedienperson (P) von links her kommend zuführt, und wobei die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) gegenüber einer Körperzentralebene (Z) der Bedienperson (P) nach links in Richtung auf die zugeführten Waren (W) um ein bestimmtes Maß (M) versetzt ist, dadurch gekennzeichnet, dass an die Fördervorrichtung (1) eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke (4) mit der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) anschließt, wobei warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke (4) wenigstens eine Parkeinrichtung (6) für einen Einkaufswagen (5) vorgesehen ist."

Der unabhängige Nebenanspruch 2 betreffend eine Version, bei welcher die zu erfassenden Waren von rechts kommend einer Bedienperson zugeführt werden und die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung gegenüber einer Körperzentralebene der Bedienperson nach rechts in Richtung auf die zugeführten Waren um ein bestimmtes Maß versetzt ist, ist im hiesigen Verfahren nicht von Belang. Unteransprüche 3 bis 5 lauteten:

"3. Kassieranlage nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Maß (M) der Links- oder Rechtsversetzung gegenüber der Körperzentralebene (Z) ca. 5-30 cm, vorzugsweise 10-20 cm, beträgt.

4. Kassieranlage nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Fördervorrichtung (1) und die Körperzentralebene (Z) bzw. die Warenerfass-A/erteilertheke (4) einen spitzen Winkel (et) von ca. 5°-30°, vorzugsweise zwischen 10°-15°, einschließen.

5. Kassieranlage nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Parkeinrichtung (6) für den Einkaufswagen (5) L-förmig mit von der Warenerfass-A/erteilertheke (4) gebildeten einen L-Schenkel (6a) und von einer Abstelltheke (7) gebildeten anderen L-Schenkel (6b) ausgeführt ist, wobei der eine L-Schenkel (6a) im Wesentlichen der halben Länge (L) des Einkaufwagens (5) und der andere L-Schenkel (6b) im Wesentlichen der Breite (B) des Einkaufswagens (5) entspricht."

Wegen des Wortlauts der weiteren Unteransprüche 6 bis 10 wird auf Anlage K 5 Bezug genommen.

Nach Erlass des Ersturteils hat die Klägerin unter dem 19. September 2002 (Anlage K 19) wiederum neue Schutzansprüche zu den Registerakten gereicht und erklärt, dass sie das Gebrauchsmuster für die Vergangenheit und die Zukunft nur noch im Rahmen der neuen Anspruchsfassung geltend machen werde. Hauptanspruch 1 lautete danach wie folgt (Unterstreichung hinzugefügt):

"1. Kassieranlage für Waren (W), insbesondere Einzelhandelswaren (W), mit einer Fördervorrichtung (1), z.B. Transportband (1), und mit einer endseitig der Fördervorrichtung (1) angeordneten Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) sowie einer Kasse (3), wobei die Fördervorrichtung (1) die zu erfassenden Waren (W) im Vergleich zu einer Bedienperson (P) von links her kommend zuführt, und wobei die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) gegenüber einer Körperzentralebene (Z) der Bedienperson (P) nach links in Richtung auf die zugeführten Waren (W) um ein bestimmtes Maß (M) versetzt ist, dadurch gekennzeichnet, dass an die Fördervorrichtung (1) eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke (4) mit der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) anschließt, wobei warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke (4) wenigstens eine L-förmige Parkeinrichtung (6) für einen Einkaufswagen (5) vorgesehen ist."

Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 10 wird auf Anlage K 19 Bezug genommen.

Die Klägerin ist des weiteren Inhaberin des am 25. August 2000 unter Inanspruchnahme der Priorität des Gebrauchsmusters angemeldeten parallelen europäischen Patents Nr. EP 1 090 570 betreffend eine "Kassieranlage für Waren" (Anlage K 20 II, Klagepatent). Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 11. April 2001, der Hinweis auf die Erteilung (auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland) wurde - nach Erlass des Ersturteils - am 11. Dezember 2002 bekanntgemacht. Hauptanspruch 1 des Schutzrechts hat folgenden - mit der zuletzt verteidigten Fassung des Gebrauchsmusters identischen - Wortlaut:

"1. Kassieranlage für Waren (W), insbesondere Einzelhandelswaren (W), mit einer Fördervorrichtung (1), z.B. Transportband (1), und mit einer endseitig der Fördervorrichtung (1) angeordneten Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) sowie einer Kasse (3), wobei die Fördervorrichtung (1) die zu erfassenden Waren (W) im Vergleich zu einer Bedienperson (P) von links her kommend zuführt, und wobei die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) gegenüber einer Körperzentralebene (Z) der Bedienperson (P) nach links in Richtung auf die zugeführten Waren (W) um ein bestimmtes Maß (M) versetzt ist, dadurch gekennzeichnet, dass an die Fördervorrichtung (1) eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke (4) mit der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) anschließt, wobei warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke (4) wenigstens eine L-förmige Parkeinrichtung (6) für einen Einkaufswagen (5) vorgesehen ist."

Anspruch 2 betrifft wiederum eine Variante, bei welcher die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (entsprechend der Warenzuführung von rechts) gegenüber einer Zentralebene der Bedienperson nach rechts versetzt ist. Unteransprüche 3 bis 5 lauten:

"3. Kassieranlage nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Maß (M) der Links- oder Rechtsversetzung gegenüber der Körperzentralebene (Z) ca. 5-30 cm, vorzugsweise 10-20 cm, beträgt.

4. Kassieranlage nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Fördervorrichtung (1) und die Körperzentralebene (Z) bzw. die Warenerfass-A/erteilertheke (4) einen spitzen Winkel (a) von ca. 5°-30°, vorzugsweise zwischen 10°-15°, einschließen.

5. Kassieranlage nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass bei der L-förmigen Parkeinrichtung (6) ein L-Schenkel (6a) von der Warenerfass-A/erteilertheke und der andere L-Schenkel (6b) von einer Abstelltheke (7) gebildet wird."

Wegen des Wortlauts der abhängigen Ansprüche 6 bis 10 wird auf Anlage K 20 II Bezug genommen.

Nach der Patentschrift (Sp. 1 Z. 21 ff.) waren gattungsgemäße Kassieranlagen im Stand der Technik beispielsweise aus der EP 0 015 376 (Anlage K 4) bekannt. Als nachteilig hieran sieht es die Beschreibung an (Sp. 1 Z. 25 - 49), dass eine Bedienperson, welche die anfallenden Arbeitsschritte - nämlich die von der Fördereinrichtung antransportierten Waren der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung zuzuführen, die Kasse zu bedienen, Geld einzunehmen, zu zählen, ggf. zu wechseln sowie schließlich die Waren in einen Einkaufswagen einzuladen - zumeist nur mit einer Hand ausübt, einer unausgewogenen Belastung der beiden Arme/Hände ausgesetzt ist, und überdies aufgrund der ergonomisch ungünstigen Anordnung der einzelnen Komponenten gesundheitlich unerwünschte Rumpfbewegungen vollführen muss. Zudem kann die Bedienperson den Inhalt des Einkaufswagens kaum inspizieren (Sp. 1 Z. 50 f.), zumal derartige Kassieranlagen überwiegend (EP 0 015 376; DE 299 10640; DE 93 06 928) nach der Warenerfassung eine Packmulde oder Aufnahmebox vorsehen, aus welcher der Kunde die gekauften Waren selbst in ein Transportbehältnis lädt - ein Vorgehen, das den Komfortansprüchen der Kunden nicht mehr genügt (Sp. 1, Z 52 ff.). Als ergonomisch unbefriedigend wird auch der Warenstrom bei der in der GB 1 372 069 offenbarten Kassenanordnung erachtet.

Ausgehend von diesen Nachteilen gibt die Beschreibung als das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem an, eine derartige bekannte Kassieranlage so weiterzubilden, dass ein ergonomisch günstiger Warenstrom von der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung bis hin zur problemlosen Füllung des Einkaufswagens realisiert wird (Sp. 2 Z. 46-51). Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Erfindung vor, bei einer gattungsgemäßen Kassieranlage an die Fördervorrichtung eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke anzuschließen, wobei warenstromendseitig dieser Theke wenigstens eine L-förmige Parkeinrichtung für einen Einkaufswagen vorgesehen ist (Sp. 2 Z. 52 - Sp. 3 Z. 1). Durch die Versetzung der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung gegenüber der Körperzentralebene der Bedienperson in Richtung auf die Fördereinrichtung werde der Warenstrom ergonomisch optimiert, insofern einerseits Rumpfbewegungen der Bedienperson entfielen (Sp. 3 Z. 2 ff.), und andererseits - da die zuvor praktisch untätige Hand nunmehr für die Zufuhr der Waren von der Fördereinrichtung zur Preis-/Mengenerfassungseinrichtung eingesetzt werde - auch eine gleichmäßige Belastung der Hände/Arme der Bedienperson erfolge (Sp. 3 Z. 6 f.; Z. 39-45). Hierdurch werde, beginnend von der Fördervorrichtung bis hin zu einem Einkaufswagen, ein durchgängig flüssiger Warenstrom erreicht, in welchen die Bewegungen der Bedienperson harmonisch integriert seien (Sp. 3, Z. 45-49). Die L-förmige Ausbildung der Parkeinrichtung gewährleiste, dass der dort zuverlässig gleich bleibend positionierte, d.h. im Verhältnis zum Warenstrom eine "definierte und gleichsam feste" Lage einnehmende (Sp. 5 Z. 16 ff.) Einkaufswagen problemlos beladen und gleichzeitig von der zugehörigen Bedienperson inspiziert werden könne (Sp. 3 Z. 58 - Sp. 4 Z. 8).

Die Beklagte stellt Kassentischsysteme der nachfolgend wiedergegebenen Bauart her, die sie bundesweit - u.a. an die Fa. N... - vertreibt (Anlagen K 2, K 11, K 12):

Konstruktionsskizze in Aufsicht:

...

Konstruktionsskizze im Querschnitt:

...

Mit der am 18. Oktober 2001 eingereichten Klage hat die Klägerin Herstellung und Vertrieb dieser Kassieranlagen als Verletzung ihres Gebrauchsmusters (in der am 12. Oktober 2001 zu den Registerakten gereichten Anspruchsfassung) beanstandet. Nachdem sie zunächst auch eine Verwirklichung verschiedener Unteransprüche, insbesondere der in Unteranspruch 5 beschriebenen Ausbildung der warenstromendseitig angeordneten Parkeinrichtung (6) durch zwei näher definierte L-Schenkel geltend gemacht hatte, hat sie erstinstanzlich zuletzt folgende, auf §§ 24, 24b GebrMG, § 242 BGB gestützte Anträge gestellt:

1. Die Beklagte wird <unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel> verurteilt, es zu unterlassen,

eine Kassieranlage für Waren, insbesondere Einzelhandelswaren, mit einer Fördervorrichtung, z.B. Transportband, und mit einer endseitig der Fördervorrichtung angeordneten Preis-/Mengenerfassungseinrichtung sowie einer Kasse, wobei die Fördervorrichtung die zu erfassenden Waren im Vergleich zu einer Bedienperson von links her kommend zuführt, und wobei die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung gegenüber der Körperzentralebene der Bedienperson nach links in Richtung auf die zugeführten Waren um ca. 10 cm versetzt ist,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken ein- bzw. auszuführen,

welche dadurch gekennzeichnet ist, dass an die Fördervorrichtung eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke mit der Preis-/Mengenerfassungsvorrichtung anschließt, wobei warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke eine Parkeinrichtung für einen Einkaufswagen vorgesehen ist,

insbesondere wenn die Fördervorrichtung und die Körperzentralebene bzw. die Warenerfass-A/erteilertheke einen spitzen Winkel von ca. 7° bilden.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 20. Februar 2001 begangen hat, und zwar unter Angabe

a. der Herstellungsmengen und -zeiten;

b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer;

c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, ihrem Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und/oder ihrem Rechtsvorgänger durch die zu 1. bezeichneten, seit dem 20. Februar 2001 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zwar nicht in Abrede gestellt, dass die von ihr produzierten und vertriebenen Kassieranlagen von sämtlichen Merkmalen nach Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters einschließlich der Merkmale nach Unteransprüchen 3 und 4 (jeweils in der Fassung vom 12. Oktober 2001, vgl. Anlage K 5) Gebrauch machen; auch zur L-Form der Parkeinrichtung (6) nach Unteranspruch 5 hat sie (neben der Unbestimmtheit des zunächst angekündigten Klageantrags wegen dessen Bezugnahme auf die Maße eines Einkaufswagens) lediglich ausgeführt, bei der angegriffenen Ausführungsform sei der kurze L-Schenkel kürzer als die halbe Länge oder die Breite eines Einkaufswagens (Klageerwiderung vom 30. Januar 2002, dort S. 16 unter Ziff. IV.1). Sie war jedoch der Auffassung, dass dieses Klageschutzrecht mit Rücksicht auf den mit Anlagen B 1 - B 6 dokumentierten Stand der Technik nicht neu sei, zumindest aber, auch in den Ausgestaltungen nach den Unteransprüchen 3 bis 5, angesichts des Offenbarungsgehalts der vorbekannten Entgegenhaltungen gemäß Anlagen B 5 - B 8a, B 10 - B 12 nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe und daher löschungsreif sei.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. Juli 2002, der Klagepartei zugestellt am 3,1. Juli 2002, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die durch das Gebrauchsmuster unter Schutz gestellte Erfindung sei durch die GB 1 372 069 (Anlage B 8), welche sämtliche Merkmale nach Hauptanspruch 1 (in der Fassung vom 12. Oktober 2001) offenbare, neuheitsschädlich getroffen.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 28. August 2002 eingelegten und (innerhalb der bis 30. Oktober 2002 verlängerten Frist) begründeten Berufung gerichtet, mit der sie zunächst ihr erstinstanzliches Begehren, nunmehr gestützt auf die - durch Aufnahme des Elements "L-förmig" für die Parkeinrichtung (6) in Hauptanspruch 1 - beschränkte Fassung ihres Gebrauchsmusters (vgl. Anlage K 19), mit nachfolgendem Unterlassungsantrag nebst der darauf rückbezogenen Auskunfts- und Schadenersatzfeststellungsanträge weiterverfolgt hat (Unterstreichung hinzugefügt):

Die Beklagte wird <bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel> verurteilt, es zu unterlassen,

eine Kassieranlage für Waren, insbesondere Einzelhandelswaren, mit einer Fördervorrichtung, z.B. Transportband, und mit einer endseitig der Fördervorrichtung angeordneten Preis-/Mengenerfassungseinrichtung sowie einer Kasse, wobei die Fördervorrichtung die zu erfassenden Waren im Vergleich zu einer Bedienperson von links her kommend zuführt und wobei die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung gegenüber der Körperzentralebene der Bedienperson nach links in Richtung auf die zugeführten Waren um ca. 10 cm versetzt ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken ein- bzw. auszuführen,

welche dadurch gekennzeichnet ist, dass an die Fördervorrichtung eine im wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke mit der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung anschließt, wobei warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke eine L-förmiqe Parkeinrichtung für einen Einkaufswagen vorgesehen ist,

insbesondere wenn die Fördervorrichtung und die Körperzentralebene bzw. die Warenerfass-A/erteilertheke einen spitzen Winkel von ca. 7° bilden.

Nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des EP-1 090 570 (Anlage K 20 II) am 11. Dezember 2002 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 08. Januar 2003 ihre Klage erweitert und Unterlassung sowie Auskunft und Feststellung der Schadenersatzpflicht (letztere beide beschränkt auf die Zeit ab dem 11. Dezember 2002) auch aus diesem Schutzrecht verlangt, § 139 Abs. 1, Abs. 2 PatG, § 242 BGB, verlangt.

Mit Rücksicht auf einen beim DPMA anhängigen Löschungsantrag betreffend das Klagegebrauchsmuster sowie auf ein von der Beklagten betriebenes Einspruchsverfahren gegen das EP 1 090 570 hat der Senat mit Beschluss vom 04. September 2003 den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Löschungsantrag ausgesetzt. Nach Abschluss dieses Verfahrens, in welchem das Gebrauchsmuster mit (zwischenzeitlich rechtskräftigem) Beschluss des Gebrauchsmusterbeschwerdesenats des Bundespatentgerichts vom 05. Januar 2005 (Anlage zu Bl. 205 d.A.) mangels erfinderischen Schritts i.S.d. § 1 Abs. 1 GebrMG in vollem Umfang gelöscht worden war, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Januar 2005 die Klage zurückgenommen, soweit sie auf dieses Schutzrecht gestützt war. Unter dem 14. März 2005 hat die Beklagte ihre Zustimmung zu der Klagerücknahme erklärt.

Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts hat das parallele Klagepatent EP 1 090 570 mit (nicht rechtskräftigem) Beschluss vom 01. Dezember 2005, dessen Gründe bislang nicht vorliegen, uneingeschränkt aufrechterhalten.

Gestützt auf den deutschen Teil dieses Schutzrechts beantragt die Klägerin (unter Berücksichtigung redaktioneller Änderungen in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2005, vgl. Protokoll S. 2 f. = Bl. 223 f. d.A.) nunmehr:

I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 25. Juli 2002, Az. 7 O 18287/01, wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von € 5,00 bis € 250.000.- für jeden Fall der Zuwiderhandlung, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, eine Kassieranlage für Waren, insbesondere Einzelhandelswaren, mit einer Fördervorrichtung, z.B. Transportband, und mit einer endseitig der Fördervorrichtung angeordneten Preis-/Mengenerfassungseinrichtung sowie einer Kasse, wobei die Fördervorrichtung die zu erfassenden Waren im Vergleich zu einer Bedienperson von links her kommend zuführt, und wobei die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung gegenüber einer Körperzentralebene der Bedienperson nach links in Richtung auf die zugeführten Waren um ca. 10 cm versetzt ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken ein- bzw. auszuführen, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass an die Fördervorrichtung eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke mit der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung anschließt, wobei warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke eine L-förmige Parkeinrichtung für einen Einkaufswagen vorgesehen ist, insbesondere, wenn die Fördervorrichtung und die Körperzentratebene bzw. die Warenerfass-A/erteilertheke einen spitzen Winkel von ca. 7° bilden.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und/oder ihrem Rechtsvorgänger durch die unter II. bezeichnete Handlung seit dem 11. Dezember 2002 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter II. bezeichneten Handlungen seit dem 11. Dezember 2002 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der Lieferempfänger,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, deren Gestehungskosten, deren Verbreitungszeitraum und deren Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei Gemeinkosten nur insoweit berücksichtigt werden, als sie sich unmittelbar auf Handlungen gem. II. beziehen.

sowie

der Klägerin nachzulassen, eine von ihr zu erbringende Sicherheitsleistung durch unbedingte, unbefristete, unbeschränkte und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25. Juli 2002, Az. 7 O 18287/01, zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Berufungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents auszusetzen,

sowie weiter hilfweise für den Fall einer Verurteilung,

die Revision zuzulassen.

Im Übrigen hat sie mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2005 einen Antrag gemäß § 269 Abs. 4 ZPO gestellt.

Sie hat zwar in ihrer Berufungserwiderung zunächst nicht bestritten, dass ihre Kassieranlagen von beiden Klageschutzrechten wortsinngemäß Gebrauch machen, meint jedoch gleichwohl, die Erweiterung der Klage auf das Patent EP 1 090 570 im Berufungsverfahren sei gemäß §§ 533, 529 ZPO unzulässig. Denn die nach § 533 Nr. 1 ZPO (mangels Zustimmung der Beklagten erforderliche) Sachdienlichkeit sei angesichts der Einführung dieses (nach Teilrücknahme der Klage alleinigen) Klageschutzrechts - eines völlig neuen Prozessstoffes, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden könne - nicht als prozesswirtschaftlich anzusehen, zumal das Patent mit dem Klagegebrauchsmuster, wie es der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde gelegen habe, im Hinblick auf das Teilmerkmal wenigstens einer "L-förmigen" Parkeinrichtung nicht deckungsgleich sei. Könne sich aber der Senat bei der Beurteilung des Verletzungsgegenstands nicht auf dieselben Tatsachen stützen wie beim Gebrauchsmuster, wäre die - den Rechtsstreit verzögernde - Klageerweiterung bereits nach altem Recht unzulässig gewesen (BGH NJW 1985, 1841, 1842). Jedenfalls aber könne der Beklagten der Verlust einer Tatsacheninstanz, wie er mit der Zulassung des neu eingeführten Prozessstoffes einhergehe, nicht zugemutet werden, zumal nach der ZPO-Reform auch eine revisionsrechtliche Überprüfung der obergerichtlichen Entscheidung nur noch in sehr eingeschränktem Umfang möglich sei. Soweit der Bundesgerichtshof unter der Geltung des alten Rechts den Verlust einer zweiten Tatsacheninstanz für den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie für hinnehmbar erachtet habe, könne dies nicht mehr gelten, sei doch der Tatsachenvortrag nunmehr auf die erste Instanz zu konzentrieren. Zumindest sei eine Verfahrenstrennung nach § 145 ZPO angezeigt.

Soweit die Berufung zunächst auf das - nach Erlass des Ersturteils beschränkte und damit ebenfalls einen anderen Streitgegenstand betreffende - Gebrauchsmuster gestützt gewesen sei, sei die damit einhergehende Klageänderung ebenfalls nicht sachdienlich i.S.d. § 533 Nr. 1 ZPO. Jedenfalls könnten die neu eingeführten Tatsachen, d.h. das geänderte Gebrauchsmuster, nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden: Da die Beklagte die neuheitsschädlichen Entgegenhaltungen gemäß Anlage B 8 bereits erstinstanzlich vorgelegt habe, hätte die Klägerin Anlass gehabt, ihr Schutzrecht bereits seinerzeit durch Aufnahme des Teilelements "L-förmig" betreffend die Parkeinrichtung - zumindest hilfsweise - zu beschränken, wie sie dies auch bei ihrer europäischen Anmeldung praktiziert habe. Insofern sie dies schuldhaft versäumt habe, sei sie mit dem neuen Vorbringen nunmehr nach § 531 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen.

Schließlich sei zu sehen, dass die klägerische Berufung auch mangels Beschwer, die noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel vorliegen müsse, unzulässig sei: Da das erstinstanzliche Urteil durch die wirksame Klagerücknahme gemäß § 269 Abs. 3 ZPO wirkungslos geworden sei, sei ausgeschlossen, dass die Klagepartei hierdurch noch beschwert sei. Auf den erst in zweiter Instanz neu in das Verfahren eingeführten Streitgegenstand betreffend das europäische Patent EP 1 090 570 könne die Zulässigkeit der Berufung nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH NJW-RR 2002, 1345, 1346) ebenfalls nicht gestützt werden. Denn mit diesem nunmehr im zweiten Rechtszug allein verfolgten Anspruch werde die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht (mehr) in Frage gestellt. Eine bloße Klageerweiterung könne aber nicht alleiniges Ziel eines Rechtsmittels sein.

Erstmals mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2005 stellt die Beklagte auch eine Verletzung des Klagepatents in Abrede, insofern die angegriffene Ausführungsform von einer L-Form der warenstromendseitig vorgesehenen Parkeinrichtung (6) nach Merkmal 7 nicht Gebrauch mache: Das abgerundete, kreissegmentförmige warenstromendseitige Ende der Warenerfass-A/erteiltheke erlaube vielfältige tangentiale Parkpositionen des Einkaufwagens. Die durch die patentgemäße L-Form beanspruchte Problemlösung einer eindeutigen Fixierung der Position des Einkaufswagens werde bei den Kassieranlagen der Beklagten mithin nicht verwirklicht. Soweit die Beklagte in ihrer erstinstanzlichen Klageerwiderung hinsichtlich der Parkeinrichtung nur auf die Längenverhältnisse der L-Schenkel rekurriert habe, könne dies nicht als Zugeständnis der L-Form mit Blick auf das damals noch gar nicht erteilte Patent angesehen werden. Die Frage, ob die Kassiertische der Beklagten eine L-Form im Sinne des Klagepatents aufweisen, sei von ihr damals ersichtlich nicht erörtert worden, zumal dieses Problem erst später, nämlich mit Einführung des EP 1 090 570 in zweiter Instanz, überhaupt relevant geworden sei.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2005 Bezug genommen.

II.

Der Senat erachtet das Rechtsmittel der Klägerin trotz Auswechslung des Klageschutzrechts erst in der Berufungsinstanz als zulässig (dazu unten lit. A.) und, in der zuletzt zur Entscheidung gestellten Fassung des Klagebegehrens, auch als begründet (unten lit. B.): Der Klägerin steht wegen der unerlaubten Benutzung ihrer patentgeschützten Erfindung durch die Beklagte gemäß Art. 64 Abs. 3 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1, Abs. 2 PatG sowohl der geltend gemachte Unterlassungsanspruch als auch Schadenersatz zu. Als Hilfsanspruch zur Berechnung ihres Schadens kann sie nach Art. 64 Abs. 3 EPÜ i.V.m. § 242 BGB auch die begehrte Rechnungslegung verlangen.

A.

1. Die gegen das klagabweisende Ersturteil gerichtete, form- und fristgerecht eingelegte (§§ 519, 517 ZPO) und begründete (§ 520 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO) Berufung der Klägerin war zunächst statthaft (§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Entgegen der Ansicht der Beklagten hinderte insbesondere der Umstand, dass die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren im Rechtsmittelverfahren nur noch in reduziertem Umfang verfolgt hat, insofern sie ihr Unterlassungsverlangen der (nach Erlass des Ersturteils beschränkten) Fassung ihres Gebrauchsmuster DE 299 17 555 angepasst hat, die Zulässigkeit nicht. Mit dem (um das zusätzlichen Erfordernis einer L-Förmigkeit der warenstromendseitig angeordneten Parkeinrichtung (6)) eingeschränkten Schutzrecht hatte die Klägerin nicht etwa, wie die Beklagte meint, einen anderen Streitgegenstand i.S.d. § 263 ZPO in das Verfahren eingeführt, der gegenüber dem Gegenstand des vor dem Landgericht geführten Rechtsstreits neu gewesen wäre; vielmehr hat sie ihren Unterlassungsantrag - welcher sich ausnahmslos gegen schon in erster Instanz angegriffene Vorrichtungen richtete - entsprechend der geänderten Schutzrechtslage lediglich im Sinne einer teilweisen Klagerücknahme begrenzt - ein Vorgehen, das nach § 264 Nr. 2 ZPO bereits nicht als Klageänderung anzusehen und daher unabhängig von den für das Berufungsverfahren nunmehr in § 533 ZPO normierten Voraussetzungen jederzeit zulässig ist. Soweit in Verfahren wegen der Verletzung technischer Schutzrechte die Besonderheit besteht, dass die auf einer Beschränkung (hier) des Gebrauchsmusters beruhende teilweise Klagerücknahme mit der Aufnahme zusätzlicher technischer Merkmale in den (die angegriffene Ausführungsform umschreibenden) Klageantrag einhergeht, mag sich zwar regelmäßig die Frage stellen, inwieweit die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für das eingeschränkte Klagebegehren bieten (vgl. für die Revisionsinstanz die Rechtsprechungsnachweise bei Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 143 Rdnr. 309, Fn. 663 und 664); denn eine Verurteilung aus dem beschränkten Schutzrecht setzt zwingend voraus, dass die als verletzend beanstandeten Vorrichtungen bzw. Verfahren auch die neu aufgenommenen Merkmale verwirklichen. Dass indes im Einzelfall das Berufungsbegehren ohne zusätzliche (sei es in der Rechtsmittelinstanz zu treffende, sei es nach Zurückverweisung an das Eingangsgericht von diesem zu treffende) Feststellungen nicht entscheidungsreif ist, ist nach der Systematik der §§ 511 ff. ZPO für die vorgelagerte Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels ohne Belang. Mit der gegenteiligen Auffassung würde überdies dem (durch ein klagabweisendes Ersturteil beschwerten) Schutzrechtsinhaber die in § 511 ZPO gewährleistete Möglichkeit einer Überprüfung der ihn belastenden und, mangels Suspensiveffekts, auch in Rechtskraft erwachsenden Entscheidung genommen. Die Erwägung, der Kläger sei nicht rechtlos gestellt, da ihm in diesem Fall die Möglichkeit offen stehe, aus dem geänderten Schutzrecht - insofern es einen anderen Streitgegenstand betreffe - in zulässiger Weise eine neuerliche Klage zu erheben, wäre mit höchstrichterlicher Rechtsprechung unvereinbar. Denn Veränderungen der Schutzrechtslage (wie hier die Beschränkung des Gebrauchsmusters) sind, wie der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. Nachweise bei Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 143 Rdnr. 309, Fn. 661) betont, entgegen der Ansicht der Beklagten nicht als Auswechslung des Streitgegenstandes durch Änderung des zur Entscheidung gestellten Sachverhalts anzusehen, sondern - gleich einer Rechtsänderung - im Revisionsverfahren selbst dann uneingeschränkt zu berücksichtigen, wenn sie erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz eingetreten sind. Stünde demnach einer neuerlichen Klage aus dem geänderten Schutzrecht der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) bzw. anderweitiger Rechtskraft (§ 322 ZPO) entgegen, kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht an der nach Erfass des Ersturteils eingetretenen Beschränkung des Klagegebrauchsmusters scheitern. Wollte man dagegen der Auffassung der Beklagten folgen, hieße dies, dass der Kläger sein Verbietungsrecht aus dem beschränkten Schutzrechte gegen einen erstinstanzlich vergeblich in Anspruch genommenen Verletzer nicht geltend machen könnte - eine Konsequenz, die weder mit dem Charakter des Gebrauchsmusters als absolutes Schutzrecht noch mit der Dogmatik der zivilprozessualen Vorschriften betreffend die Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen vereinbar wäre. Zu Recht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang auch auf die Diskrepanz zwischen der Auffassung der Beklagten und den von der Rechtsprechung zur Frage der Aussetzung des Verletzungsprozesses, § 148 ZPO, entwickelten Grundsätzen hin: Da nach einhelliger Ansicht (vgl. Nachweise bei Benkard/Rogge, PatG, 9. Aufl., § 139 Rdnr. 137) eine Aussetzung im Hinblick auf ein anhängiges Löschungs- bzw. Nichtigkeits-/Einspruchsverfahren gegen das Klageschutzrecht nur dann in Betracht kommt, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die mangelnde Rechtsbeständigkeit des Schutzrechts spricht, könnte dessen Inhaber - wollte man eine Beschränkung im Berufungsverfahren als neue und (im Hinblick auf eine "fahrlässig" unterlassene frühere Beschränkung) gar nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossene Tatsache werten - aus seinem rechtsbeständigen Gebrauchsmuster/Patent selbst im Fall eines erstinstanzlichen Obsiegens gegen den Verletzer nicht mehr erfolgreich vorgehen. Spricht mithin auch diese Erwägung gegen die von der Beklagten vertretene Auffassung, hat es bei der Zulässigkeit der zunächst auf das beschränkte Gebrauchsmuster DE 299 17 555 gestützten Berufung sein Bewenden.

2. Nach Auffassung des Senats ist auch die mit Schriftsatz vom 07. Januar 2005 vorgenommene Klageerweiterung, mit der die Klägerin die (hinsichtlich des Zeitraums, für welchen Auskunft und Feststellung der Schadenersatzpflicht begehrt wird, auf die Zeit ab Bekanntmachung des neuen Schutzrechts am 11.12.2002 beschränkten) Sachanträge auf das erstmals in das Verfahren eingeführte europäische Patent EP 1 090 570 stützt, im Ergebnis zulässig.

a. Mit der Beklagten und im Einklang mit der herrschenden Ansicht (vgl. Nachweise bei Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., Einl. II Rdnr. 11, 15 ff., 24 f.), wonach der Streitgegenstand durch den Klageantrag und den dazu vorgetragenen Sachverhalt bestimmt wird (vgl. BGH GRUR 2001, 755, 756 f. - Werbung auf Telefonkarte; BGH GRUR 2001, 2001, 181, 182 - dentalästhetika), geht der Senat zunächst davon aus, dass es sich bei diesem erstmals in zweiter Instanz in das Verfahren eingeführten Schutzrecht nicht lediglich um eine neu geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für das im Übrigen identische Klageziel handelt; vielmehr liegt ein zusätzlicher prozessualer Anspruch im Sinne eines anderen Streitgegenstands vor, insofern ein neuer Lebenssachverhalt in Form der Erteilung des europäischen Patents Nr. EP 1 090 570 vorgetragen wird, der überdies der Begründung eines weiteren, von der ursprünglichen Antragsfassung (wenngleich nur geringfügig) abweichenden Klagebegehrens dient. Dass die Klage aus unterschiedlichen Schutzrechten - selbst bei identischem Klageantrag -verschiedene Streitgegenstände betrifft, hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Werbung auf Telefonkarte" (GRUR 2001, 755, 757) ausdrücklich festgehalten. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung abweichend hiervon eine Identität der Streitgegenstände aus der Identität der mit dem Gebrauchsmuster und dem parallelen europäischen Patent geschützten Erfindung herleiten wollte, stünde dem nicht nur der unterschiedliche Beginn der jeweiligen Schutzdauer (20. Januar 2000 für das DE 299 17 555, 11. Dezember 2002 für das EP 1 090 570) sowie die verschiedenen Laufzeiten, sondern auch die teils divergierenden Rechtsfolgen (vgl. die Vorschrift des § 33 PatG, die im GebrMG keine Entsprechung hat) entgegen.

b. Liegt mithin eine als objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO) zu wertende Klageerweiterung im Berufungsverfahren vor, ist diese, wie die Beklagte zutreffend ausführt, am Maßstab des § 533 ZPO zu messen. Danach ergeben sich indes gegen die Zulässigkeit der Klageerweiterung keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere erachtet sie der Senat unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie für sachdienlich, § 533 Nr. 1 Var. 2 ZPO, insofern durch die Zulassung ein neuerlicher Rechtsstreit - zumal um den im Wesentlichen gleichen sachlichen Streitstoff, nämlich aus parallelen, dieselbe Erfindung betreffenden Schutzrechten hergeleitete Ansprüche wegen der Herstellung und des Vertriebs der identischen angegriffenen Vorrichtungen - objektiv vermieden werden kann (vgl. Thomas/Putzo, a.a.O., § 533 Rdnr. 4; BGH NJW 2000, 800; BGH NJW 1985, 1841, 1842). Dass damit der Verlust einer Tatsacheninstanz für die Parteien einhergeht, hindert, wie der Bundesgerichtshof wiederholt konstatiert hat vgl. NJW 1992, 2296 m.w.N.) die Sachdienlichkeit nicht. Soweit die Beklagte diese Rechtsprechung angesichts der nunmehr - nach der Reform der Zivilprozessordnung - eingeschränkten Möglichkeiten einer Tatsachenüberprüfung in zweiter Instanz für überholt hält, wird diesem Bedenken uneingeschränkt durch das weitere Erfordernis des § 533 Nr. 2 ZPO Rechnung getragen. Danach ist die Zulässigkeit der Klageerweiterung daran geknüpft, dass sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 Abs. 1 Nr. 1, 2 ZPO zugrunde zu legen hat. Diese Voraussetzung war vorliegend gegeben: Denn bereits das Landgericht hatte in seiner Entscheidung sowohl die unstreitige Ausgestaltung der angegriffenen Kassieranlagen in Form eines schematischen Aufrisses (Urteil S. 6) als auch die für die Beurteilung der Verletzungsfrage relevanten Merkmale des (damals maßgeblichen) Gebrauchsmusterschutzanspruchs (Urteil S. 17 f.) festgestellt - Tatsachen mithin, welche (insofern die durch das parallele EP 1 090 570 unter Schutz gestellte Erfindung diese Merkmale ebenfalls aufweist) auch für die Beurteilung der vom Senat zu entscheidenden Frage einer Verletzung des nunmehrigen Klageschutzrechts heranzuziehen sind, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Soweit das angefochtene Urteil keine Ausführungen dazu enthält, inwieweit die Kassieranlagen auch von dem in das Klagepatent aufgenommenen beschränkenden Element einer L-Förmigkeit der Parkeinrichtung (6) Gebrauch machen, ist dies im Hinblick darauf unerheblich, dass der Senat die Frage der Verwirklichung dieses Teilmerkmals allein an Hand der festgestellten Ausgestaltung der als verletzend beanstandeten Kassensysteme beurteilen kann, ohne dass es des Rekurses auf neue Tatsachen bedürfte. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass selbst die L-Form der Parkeinrichtung (6) ursprünglich zum Streitstoff des landgerichtlichen Verfahrens zählte, insofern die Klägerin mit ihrem zunächst angekündigten Klageantrag auch eine Verwirklichung der (die L-Form näher bestimmenden) Merkmale von Unteranspruch 5 geltend gemacht hatte. Bei dieser Sachlage unterliegt die anfängliche Zulässigkeit der Klageerweiterung keinen in §§ 533, 529 ZPO begründeten Zweifeln.

c. Dieses Ergebnis wird schließlich auch nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass die Klägerin ihre auf das Gebrauchsmuster gestützte Klage nach Klageerweiterung (mit Zustimmung der Beklagten und daher wirksam) zurückgenommen hat. Zwar hat diese Rücknahme zur Folge, dass die Sache insoweit als nicht rechtshängig geworden anzusehen ist (§ 269 Abs. 3 Satz 1, Halbsatz 1 ZPO) und dass das landgerichtliche Urteil kraft Gesetzes wirkungslos geworden ist (§ 269 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO), so dass das Gericht auf die dort getroffenen Feststellungen nicht mehr rekurrieren kann. Das Verfahren im Übrigen, insbesondere das erstinstanzliche Vorbringen der Parteien, bleibt indes vom rückwirkenden Wegfall der (in §§ 261 - 266 ZPO angeführten) prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit bzw. der Wirkungslosigkeit des Ersturteils ebenso unberührt wie beispielsweise materiell-rechtliche Erklärungen (vgl. Thomas/Putzo, a.a.O., § 269 Rdnr. 13 a.E.), so dass der Senat ungeachtet der Klagerücknahme nicht gehindert ist, den aktenkundigen Prozessstoff auch im Berufungsverfahren entsprechend § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen - mit der Folge, dass die Rücknahme der auf das Gebrauchsmuster gestützten Klage keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Klageerweiterung nach § 533 ZPO hatte.

Selbst wenn man, wie es die Beklagte zu vertreten scheint, dieser Beurteilung nicht beitreten wollte und den im Verfahren vor dem Landgericht gegenständlichen Streitstoff (wegen eines mit der Wirkungslosigkeit des Ersturteils etwa einhergehenden Wegfalls der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen) nicht als nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwertbar erachtete, wäre das entsprechende Vorbringen der Klagepartei - das dann als "neu" i.S.d. § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu qualifizieren wäre - im Berufungsverfahren uneingeschränkt jedenfalls nach § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen: denn die Tatsachen, an Hand derer der Senat über die streitentscheidende Frage zu befinden hat, ob die von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Kassieranlagen in den Schutzbereich des Klagepatents fallen - nämlich die Ausgestaltung der angegriffenen Vorrichtungen einerseits sowie die Erteilung und der Inhalt des EP 1 090 570 andererseits - sind zwischen den Parteien ausnahmslos unstreitig. Dass die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2005 die Verwirklichung eines Teilmerkmals in Abrede gestellt hat - nämlich das erfindungsgemäße Erfordernis, wonach die warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke vorgesehene (wenigstens eine) Parkeinrichtung (6) für einen Einkaufswagen L-förmig zu sein hat - ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich; denn damit hat sie nur eine eigene (von ihrer erstinstanzlichen Ansicht überdies abweichende) rechtliche Beurteilung des relevanten Sachverhalts vorgenommen (vgl. Meier-Beck, Mitt. 2005, 530), nicht dagegen das entscheidungserhebliche klägerische Tatsachenvorbringen (sei es zu Merkmalen des Klagepatents, sei es zur Ausgestaltung der angegriffenen Vorrichtungen) streitig gestellt. Solch unstreitiger Prozessstoff, sei er auch "neu" i.S.d. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2; 531 Abs. 2 ZPO, ist indes, wie der Bundesgerichtshof erstmals in seiner Entscheidung NJW 2005, 291, 292 (unter ausführlicher Diskussion des Meinungsstandes) sowie erneut in NJW-RR 2005, 437 befunden hat, unabhängig von den in § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO normierten Einschränkungen stets zuzulassen. Dementsprechend hätte die teilweise Klagerücknahme die Zulässigkeit der zuvor erklärten Klageerweiterung auf das EP 1 090 570 gemäß §§ 533 Nr. 2; 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auch dann unberührt gelassen, wenn man - entgegen der Ansicht des Senats - die maßgeblichen Tatsachen, obwohl erstinstanzlich vorgetragen, infolge der Wirkungslosigkeit des Ersturteils (§ 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) als im Berufungsverfahren "neu" ansehen wollte. Aus denselben Erwägungen ist es auch unschädlich, dass die Klageerweiterung erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erklärt wurde.

3. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert schließlich nach Auffassung des Senats auch nicht daran, dass mit Rücknahme der - erstinstanzlich ausschließlich auf das Gebrauchsmuster gestützten - Klage die als besondere Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses erforderliche (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., vor § 511 Rdnr. 8, 10) Beschwer der Klägerin entfallen wäre.

Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass ein Rechtsmittel nur dann zulässig ist, wenn mit ihm die Beseitigung einer in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer verfolgt wird (einhellige Ansicht, vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., vor §511 Rdnr. 10; Thomas/Putzo, a.a.O., vor § 511 Rdnr. 21; ebenso Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., vor § 511 Rdnr. 26). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof wiederholt befunden, dass die bloße Erweiterung der Klage oder der Austausch des Rechtsschutzziels in zweiter Instanz regelmäßig nicht alleiniger Zweck der Berufung sein kann. Vielmehr muss der im ersten Rechtsschutz erhobene Klageanspruch noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wenigstens teilweise weiterverfolgt werden, soll ein zulässiges Rechtsmittel vorliegen (BGH NJW-RR 1991, 1279; BGH NJW 2001, 2548; BGH NJW-RR 2002, 1435; BGH NJW 2003, 2172, jeweils m.w.N.; a.A.: Gaier, NJW 2001, 3289, 3290 f.; Musielak/Ball, a.a.O., vor § 511 Rdnr. 26: Klageänderung bei ursprünglich zulässiger Berufung in den Grenzen des § 533 ZPO jederzeit möglich).

Ausgehend hiervon kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Berufung anfänglich zulässig war: Denn die Klägerin hat sich, wie auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, in vollem Umfang gegen die klagabweisende und sie daher beschwerende Erstentscheidung gewandt, indem sie deren Abänderung im Sinne einer ihren ursprünglichen Anträgen entsprechenden Verurteilung erstrebt hat. Hieran hat nach Auffassung des Senats auch der Austausch des Klageschutzrechts nichts geändert. Zwar kann zur Begründung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf den in § 145 PatG normierten Zwang zur Klagenkonzentration rekurriert werden, da diese Vorschrift auf nebeneinander bestehende Patente und Gebrauchsmuster nicht anwendbar ist (BGH GRUR 1995, 339, 342 - Kleiderbügel). Es ist jedoch zu sehen, dass die Klägerin - anders als in der beklagtenseits zitierten Entscheidung BGH NJW-RR 2002, 1435 - durch die Auswechslung des Klageschutzrechts nicht etwa ihr ursprüngliches Begehren aufgegeben bzw. fallen gelassen und an seine Stelle ein neues, anderes Klageziel in Form geänderter Klageanträge gesetzt hat, um auf diese Weise die in dem angefochtenen Urteil liegende Beschwer hinzunehmen und die in der Entscheidung ausgesprochenen Rechtsfolgen ohne Überprüfung durch das Berufungsgericht wirkungslos werden zu lassen. Angesichts der vorliegend gegebenen Besonderheit, dass die in den Schutzansprüchen wortgleichen parallelen Schutzrechte dieselbe Erfindung betreffen - eine Besonderheit, die die Funktion des Gebrauchsmusters widerspiegelt, dem Anmelder bis zur Erteilung eines parallelen Patents Schutz für seine Erfindung zu vermitteln - ist das Streben der Klägerin vielmehr auch nach der Ersetzung des gelöschten Gebrauchsmusters 299 17 555 durch das EP 1 090 570 materiell im Wesentlichen auf eben jenes Klageziel gerichtet, das sie schon vor dem Landgericht verfolgt hat und welches ihr dort (fehlerhaft, wie sie meint) versagt wurde: wie damals, will sie (neben Auskunft und Feststellung der Schadenersatzpflicht) auch weiterhin Herstellung und Vertrieb von eben jenen Kassieranlagen unterbinden, welche die bereits erstinstanzlich angeführten Merkmale - wie sie den Gegenstand der durch die beiden Schutzrechte geschützten Erfindung definieren - aufweisen, verfolgt mithin weitestgehend dasjenige Prozessziel, mit welchem sie vor dem Erstgericht unterlegen ist. Damit liegen die Voraussetzungen, an die der Bundesgerichtshof in dem von der Beklagten angeführten Urteil NJW-RR 2002, 1435, 1436 den Wegfall der Beschwer geknüpft hat, nicht vor, so dass das Rechtsmittel der Klägerin auch nach der Rücknahme der erstinstanzlich allein auf das Gebrauchsmuster gestützten Klage zulässig blieb. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die der Entscheidung BGH NJW-RR 2004, 1365 zugrunde liegende Fallkonstellation mit dem vorliegend zur Beurteilung gestellten Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Denn dort hatte der Rechtsbeschwerdeführer das mit der angefochtenen Entscheidung Versagte bereits anderweitig erreicht. Eben daran aber fehlt es hier.

4. Scheitert die Zulässigkeit der klägerischen Berufung demnach nicht am Wegfall der Beschwer, sind sonstige Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist das für den auf Feststellung der Schadenersatzpflicht gerichteten Antrag zu Ziff. III. gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung im Hinblick darauf gegeben, dass die Klägerin mangels Bezifferbarkeit ihres Ersatzanspruchs derzeit eine (an sich vorrangige) Leistungsklage nicht erheben kann.

B.

Die Berufung der Klagepartei ist auch begründet: Die Beklagte ist nach Art. 64 Abs. 3 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG verpflichtet, Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Kassieranlagen zu unterlassen, da die Vorrichtungen von der für die Klägerin durch das EP 1 090 570 geschützte Erfindung entgegen Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 9 Nr. 1 PatG unerlaubt Gebrauch machen. Insofern diese Verletzung schuldhaft erfolgt, war auch die Schadenersatzpflicht der Beklagten festzustellen, Art. 64 Abs. 3 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Als Hilfsanspruch gemäß § 242 BGB kann die Klägerin schließlich auch die für die Bezifferung ihres Schadenersatzanspruchs erforderliche Auskunft verlangen. Im Einzelnen:

1. Soweit die Klägerin unter Ziff. I. zunächst die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils vom 25. Juli 2002 begehrt, geht der Antrag nach Rücknahme der auf das Gebrauchsmuster DE 299 17 555 gestützten Klage, welche allein Gegenstand der landgerichtlichen Entscheidung war, ins Leere. Denn dieses Urteil ist, wie oben (Ziff. II lit. A. Ziff. 2.c.) dargelegt, mit wirksamer Teilrücknahme der Klage gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1, Halbsatz 2 ZPO kraft Gesetzes wirkungslos geworden, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Den auf den Antrag der Beklagten vom 13. Dezember 2005 hin gemäß § 269 Abs. 4 ZPO durch Beschluss zu tenorierenden, rein deklaratorischen (Thomas/Putzo, a.a.O., § 269 Rdnr. 19) Ausspruch betreffend die Wirkungslosigkeit des Ersturteils sowie die ex tunc entfallende Rechtshängigkeit der auf das Gebrauchsmuster gestützten Verletzungsklage hat der Senat aus Gründen der Klarstellung in den Urteilstenor aufgenommen.

II. Der mit Antrag zu Ziff. II. geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin nach Art. 64 Abs. 3, § 139 Abs. 1 PatG zu. Denn die angegriffenen Kassieranlagen, die die Beklagte herstellt und vertreibt, machen vom Gegenstand der klägerischen Erfindung sowohl in sämtlichen Merkmalen nach Hauptanspruch 1 des Klagepatents als auch in dessen Unteransprüchen 3 und 4 wortsinngemäß Gebrauch.

1. Die Erfindung hat nach der Patentbeschreibung (Sp. 2 Z. 52 - Sp. 3 Z. 1) eine Kassieranlage bekannter Bauart zum Gegenstand, bei welcher an die - die Waren der Bedienperson zuführende - Fördervorrichtung (1) eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke (4) anschließt, die ihrerseits auch eine (gegenüber einer Körperzentralebene der Bedienperson in Richtung auf die zugeführten Waren um ein bestimmtes Maß versetzte) Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) aufweist, und bei welcher warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke (4) wenigstens eine L-förmige Parkeinrichtung (6) für einen Einkaufswagen vorgesehen ist. Durch diese Ausbildung soll eine Kassieranlage zur Verfügung gestellt werden, die einen ergonomisch günstigen Warenstrom von der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) bis hin zur problemlosen Füllung des Einkaufswagens realisiert (Anlage K 20 II, Sp. 2 Z. 49-52).

2. Mit den Parteien geht der Senat von nachfolgender Merkmalsanalyse nach Hauptanspruch 1 aus (Anlage K 20 I):

Kassieranlage für Waren (W), insbesondere Einzelhandelswaren (W),

1. mit einer Fördervorrichtung (1), z.B. Transportband (1) und

2. mit einer endseitig der Fördervorrichtung (1) angeordneten Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) sowie

3. mit einer Kasse (3), wobei

4. die Fördervorrichtung (1) die zu erfassenden Waren (W) im Vergleich zu einer Bedienperson (P) von links her kommend zuführt, und

5. wobei die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) gegenüber einer Körperzentralebene (Z) der Bedienperson (P) nach links in Richtung auf die zugeführten Waren (W) um ein bestimmtes Maß (M) versetzt ist - Oberbegriff -

6. an die Fördervorrichtung (1) schließt eine im Wesentlichen koplanare Warenerfass-A/erteilertheke (4) mit einer Preis-/Mengenerfassungseinrichtung an, und

7. warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke (4) ist wenigstens eine L-förmige Parkeinrichtung (6) für einen Einkaufswagen (5) vorgesehen.

- Kennzeichen -

3. Die angegriffenen Kassensysteme verwirklichen, wie aus den oben wiedergegebenen Konstruktionsskizzen (Anlage K 2) ersichtlich ist und von der Beklagten - mit Ausnahme des die L-Förmigkeit der Parkeinrichtung (6) betreffenden Teilmerkmals 7 - auch nicht in Abrede gestellt wird, sämtliche dieser Merkmale wortsinngemäß: An eine in der Abbildung dunkel schraffierte Fördervorrichtung (1) (Merkmal 1), welche die Waren der Bedienperson von links her kommend zuführt (Merkmal 4) und an welcher endseitig eine Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) angeordnet ist (Merkmal 2) - und zwar so, dass sie gegenüber einer Körperzentralebene (Z) der Bedienperson (P) um ein bestimmtes Maß (M) nach links in Richtung auf die zugeführten Waren (W) versetzt ist (Merkmal 5), - schließt eine Warenerfass-A/erteilertheke (4) mit der Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) im Wesentlichen koplanar an (vgl. oben wiedergegebene Konstruktionsskizze K 2 im Querschnitt: "Warenablage") (Merkmal 6). Des Weiteren ist eine Kasse (3) vorgesehen (vgl. obige Skizze im Querschnitt: "Tastatur") (Merkmal 3). Schließlich weist das Kassiersystem der Beklagten warenstromendseitig auch eine Parkeinrichtung (6) für den Einkaufswagen auf (Teilmerkmal 7). Soweit die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2005 die Ansicht vertritt, diese Parkeinrichtung (6) weise angesichts des Umstands, dass der von der Warenerfass-A/erteilertheke (4) gebildete eine L-Schenkel in ein Kreissegment übergehe, nicht die nach Merkmal 7 weiter erforderliche L-Form auf, kann dahinstehen, ob dieses neue Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Hinblick darauf als verspätet anzusehen wäre, dass es im erstinstanzlichen Verfahren (wo die Klägerin zunächst auch eine Verwirklichung der Merkmale des - die L-Form näher festlegenden - damaligen Unteranspruchs 5 des Gebrauchsmusters geltend gemacht hatte) nicht vorgebracht worden ist. Denn jedenfalls greift dieser Einwand in der Sache nicht durch, insofern nach Auffassung des Senats auch bei den Kassieranlagen der Beklagten die Parkeinrichtung (6), wie von Merkmal 7 gefordert, L-förmig ausgestaltet ist.

Dabei ist zunächst zu sehen, dass die Parkeinrichtung (6) durch eine Ausnehmung gebildet wird, die zwischen dem warenstromendseitigen - entgegen der Darstellung der Beklagten nicht etwa ausschließlich kreissegmentförmig gestalteten, sondern zunächst geradlinig verlaufenden und (ebenso wie bei den in Figuren 1, 2 der Patentschrift dargestellten Ausführungsbeispielen) erst sodann in einen Kreisumfangsabschnitt übergehenden - Abschluss der Warenerfass-A/erteilertheke (4) einerseits und der hierzu etwa in einem 90°-Winkel versetzten Kante einer (vom Klagepatent in Unteranspruch 5 fakultativ vorgesehenen) Abstelltheke (7) andererseits vorhanden ist. Weist die Ausnehmung mithin in der Aufsicht (vgf. die oben wiedergegebene erste Konstruktionsskizze) die für die L-Form charakteristische Begrenzung eines rechtwinkligen Flächenausschnitts auf, erachtet es der Senat als unerheblich, dass bei den angegriffenen Kassieranlagen der von der Warenerfass-A/erteilertheke (4) gebildete "vertikale" L-Schenkel (abweichend von der üblichen typographischen Gestaltung des Buchstabens "L" und anders als in den von Figuren 1 und 2 des Klageschutzrechts dargestellten Ausführungsbeispielen) kürzer ist als der andere ("horizontale") L-Schenkel. Denn eine derartige Beschränkung des Schutzumfangs auf ein bestimmtes Längenverhältnis zwischen den beiden Schenkeln lässt sich weder dem Wortlaut der Schutzansprüche noch der zur Ermittlung ihres Sinngehalts als Auslegungshilfe mit heranzuziehenden (vgl. § 14 Satz 2 PatG) Beschreibung bzw. den Zeichnungen entnehmen. Dort ist vielmehr lediglich ausgeführt (Sp. 2 Z. 49 - 52, 57 f.; Sp. 3 Z. 45 - 47), dass durch die erfindungsgemäße Ausbildung der - warenstromendseitig der Warenerfass-A/erteilertheke (4) vorgesehenen - Parkeinrichtung (6) der ergonomisch günstige flüssige Warenstrom gerade im letzten Stadium, nämlich beim Befüllen des Einkaufswagens nach Wegnahme der Waren von der Warenerfass-A/erteilertheke (4), gewährleistet werden solle. Zwar entnimmt der Senat den - lediglich eine vorzugsweise Ausgestaltung bzw. ein Ausführungsbeispiel nach Unteranspruch 5 betreffenden (Sp. 3 Z. 50 ff. - Sp. 4 Z. 8; Sp. 6 Z. 47 - Sp. 7 Z. 5) - Darlegungen in der Patentbeschreibung, wonach die Schenkel der L-förmigen Parkeinrichtung (6) durch die Warenerfass-A/erteilertheke (4) einerseits und die Abstelltheke (7) andererseits geformt werden, den allgemeinen Gedanken, dass die erfindungsgemäße L-Form die ergonomische Optimierung des Warenflusses am Ende des Kassiervorgangs, d.h. das problemlose Beladen des Wagens (verbunden mit der Möglichkeit, den Wageninhalt durch die Bedienperson zu inspizieren) gerade dadurch gewährleisten soll, dass sie die "sichere und reproduzierbare Einnahme der Parkposition durch den Einkaufswagen" bzw. dessen "zuverlässige und gleich bleibende" Aufnahme in der Parkeinrichtung (6), d.h. ein Halten des Einkaufswagens in der als vorteilhaft erkannten Position, ermöglicht (Sp. 3 Z. 58 - Sp. 4 Z. 8). Dass der L-Form die Funktion zukommt, das Füllen des Wagens dadurch zu erleichtern, dass dieser "eine definierte und gleichsam feste Position im Vergleich zum Warenstrom einnimmt", wird auch in Sp. 5 Z. 16 -23 hervorgehoben, wenn es dort als wesentlicher Vorteil der Erfindung qualifiziert wird. Erfindungsgemäß wird dieses der Optimierung des Beladungsvorgangs dienende Halten des Einkaufswagens indes nicht durch ein definiertes Längenverhältnis zwischen den beiden L-Schenkeln bewirkt (etwa dergestalt, dass der von der Warenerfass-A/erteilertheke gebildete Schenkel patentgemäß länger zu sein habe als der andere Schenkel), sondern ausschließlich dadurch, dass die (der nahezu rechteckigen Trapezform herkömmlicher Einkaufswagen angepasste) L-förmige Parkbucht dem Einkaufswagen an zwei seiner im Wesentlichen lotrecht zueinander stehenden Seiten jeweils einen Anschlag bietet, über den hinaus der Wagen in zwei Richtungen nicht bewegt werden kann, so dass ein Wegrollen oder durch unachtsame Bewegungen beim Beladen verursachtes Wegstoßen des Wagens sicher verhindert wird. Demgegenüber ist es für den Durchschnittsfachmann im Prioritätszeitpunkt - den der Senat im Einklang mit den von den Parteien nicht beanstandeten Feststellungen des Bundespatentgerichts (vgl. Anlage zu Bl. 205, dort S. 14 Ziff. 11.1.) als einen im Ladenbau tätigen berufserfahrenen Fachhochschul-Ingenieur mit ergonomischen und arbeitsschutzrechtlichen Kenntnissen angibt - nicht von Belang, welcher der beiden Schenkel die längere Anschlagfläche für den Einkaufswagen bietet. Dass eine Einschränkung des Schutzbereichs hinsichtlich der Längenverhältnisse der die Parkeinrichtung (6) bildenden L-Schenkel im Wortlaut der Patentansprüche keinen Niederschlag gefunden hätte, bedarf keiner vertieften Erörterung. Soweit es die Beschreibung für ein Ausführungsbeispiel als vorzugswürdig schildert, dass die Länge des von der Abstelltheke (7) gebildeten "horizontalen" L-Schenkels der Breite eines Einkaufswagens angepasst wird, während die Länge des anderen "vertikalen" Schenkels der halben Länge des Einkaufswagens entspricht (Sp. 3 Z. 53 - 57; Sp. Z. 53 - Sp. 7 Z. 5), mag dahinstehen, ob derartige "Größenangaben" dem in § 34 Abs. 4 PatG normierten Erfordernis der Klarheit und Deutlichkeit des Offenbarten genügten. Denn gerade der Hinweis auf die Beispielhaftigkeit der so gestalteten Ausführungsform belegt im Umkehrschluss, dass die Erfindung nicht auf diese Ausgestaltung beschränkt ist, so dass auch Vorrichtungen, bei welchen die L-Schenkel der Parkeinrichtung (6) andere Abmessungen aufweisen, in den Schutzbereich des Klagepatents fallen.

Bei dieser Sachlage steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die angegriffenen Kassieranlagen sämtliche Merkmale nach Hauptanspruch 1 des Klagepatents identisch verwirklichen.

4. Die Kassensysteme machen, wie die Beklagte nicht in Abrede stellt, überdies auch von den mit Klageantrag zu Ziffer II. weiter geltend gemachten Merkmalen der Unteransprüche 3 und 4 wortsinngemäß Gebrauch. Denn unstreitig ist die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) gegenüber der Körperzentralebene (Z) einer Bedienperson (B) um etwa 10 cm nach links in Richtung auf die zugeführten Waren (W) versetzt (Unteranspruch 3), wobei zudem die Fördervorrichtung (1) einerseits und die Körperzentralebene (Z) bzw. die Preis-/Mengenerfassungseinrichtung (2) andererseits einen spitzen Winkel von ca. 7° einschließen (Unteranspruch 4).

5. Angesichts dieser konstatierten Verletzung des Klagepatents, die bereits in der Vergangenheit in Form der Herstellung und Auslieferung entsprechender Anlagen beispielsweise an die Fa. N... stattgefunden hat, ist die Beklagte zunächst gemäß Art. 64 Abs. 3 EPÜ, 139 Abs. 1 PatG unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zur Unterlassung der beanstandeten Handlungen verpflichtet. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte trotz Aufforderung (vgl. Anlage K 13) nicht abgegeben, sondern sich im Gegenteil der Befugnis, die - als nicht schutzfähig erachtete - Erfindung zu benutzen, berühmt. Bei dieser Sachlage hat die Klägerin keine Gewähr, dass sich die Beklagte ohne das tenorierte Verbot künftig rechtstreu verhalten werde.

III. Gemäß Art. 64 Abs. 3 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG ist die Betagte des Weiteren verpflichtet, den der Klägerin infolge der Verletzung ihres Patents EP 1 090 570 seit 11. Dezember 2002 entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen (Klageantrag Ziff. III.). Das dafür erforderliche Verschulden steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Insbesondere kann eine abweichende Beurteilung der Rechtsbeständigkeit oder, wie zuletzt vorgebracht, des Schutzumfangs, die Beklagte nicht entlasten; denn das Risiko eines Rechtsirrtums hat nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig der Verletzer zu tragen (vgl. Nachweise bei Benkard/Rogge, PatG, 9. Aufl., § 139 Rdnr. 48; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 139 Rdnr. 100 ff; BGH GRUR 1977, 250, 252 - Kunststoffhohlprofil; BGH GRUR 1961, 26 - Grubenschaleisen) und darf nicht auf den Schutzrechtsinhaber verlagert werden (vgl. Rspr.-Nachweise bei Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 139 Rdnr. 101 Fn. 243). Soweit die Klägerin entgegen dem von der Rechtsprechung üblicherweise gewährten einmonatigen Prüfungszeitraum (vgl. Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 139 Rdnr. 111 m.w.N.) Feststellung der Schadenersatzpflicht bereits ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Patenterteilung (11. Dezember 2002) verlangt, hat die Beklagte hiergegen zu Recht keine Einwendungen erhoben. Denn eine solche das Verschulden ausschließende Überlegungsfrist ist nur dort angezeigt, wo der Verletzer trotz sorgfältiger Prüfung vom Bestehen des Schutzrechts erst nach Aufnahme der Verletzungshandlungen erfährt. Vorliegend hatte die Beklagte demgegenüber von der Registrierung eines dieselbe Erfindung betreffenden Gebrauchsmusters, dessen Schutzansprüche zudem in der seit 19. September 2002 geltenden Fassung einen mit dem Klagepatent identischen Wortlaut hatten, bereits vor dem 11. Dezember 2002 Kenntnis, ohne dass sie sich hierdurch veranlasst gesehen hätte, von weiteren Rechtsverstößen Abstand zu nehmen. Bei dieser Sachlage scheidet ein Schuldausschluss auch für den ersten Monat nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung aus, so dass die Klägerin nicht gehindert ist, Feststellung der Schadenersatzpflicht für die Zeit ab dem 11. Dezember 2002 zu verlangen.

IV. Wie gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. Benkard/Rogge, a.a.O., § 139 Rdnr. 88), steht der Klägerin schließlich zur Durchsetzung ihres Schadenersatzanspruchs gemäß § 242 BGB auch der ausgeurteilte Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zu. Denn zur Bezifferung ihrer Ersatzforderung, insbesondere um zwischen den verschiedenen ihr offen stehenden Berechnungsarten entscheiden zu können, ist sie auf die begehrte Information, über welche sie schuldlos nicht verfügt, die jedoch der Beklagten unschwer zugänglich ist, angewiesen. Den in erster Instanz noch geltend gemachten Wirtschaftsprüfervorbehalt hat die Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr verfolgt, so dass hierüber nicht zu befinden war.

V. Eine neuerliche Aussetzung des entscheidungsreifen (§ 300 Abs. 1 ZPO) Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Einspruchsverfahrens vor dem EPA war nicht veranlasst. Zwar würde der von der Beklagten dort verfolgte Widerruf des Klagepatents den hier geltend gemachten Ansprüchen die Grundlage entziehen, so dass die für eine Aussetzung erforderliche Vorgreiflichkeit des patentamtlichen Verfahrens für den hiesigen Rechtsstreit gegeben wäre. Eine Aussetzung kommt jedoch nach allgemeiner Ansicht (vgl. Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 140 Rdnr. 7; Benkard/Rogge, a.a.O., § 139 Rdnr. 107 ff.) nur dann in Betracht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die mangelnde Rechtsbeständigkeit des Schutzrechtes spricht. Hiervon vermag sich der Senat vorliegend trotz der (von ihm selbst im Rahmen der erstmaligen Aussetzung des Rechtsstreits als wahrscheinlich in Betracht gezogenen) rechtskräftigen Löschung des parallelen Gebrauchsmusters nicht im erforderlichen Maße zu überzeugen. Denn die Einspruchsabteilung des EPA hat das Klagepatent in Kenntnis der auch gegen die Schutzfähigkeit des Gebrauchsmusters vorgebrachten Entgegenhaltungen erst mit (noch nicht schriftlich begründetem) Beschluss vom 01. Dezember 2005 in vollem Umfang aufrechterhalten. An diese Entscheidung ist der Senat zunächst gebunden, zumal ein beklagtenseits avisiertes Beschwerdeverfahren bei Schluss der mündlichen Verhandlung nicht anhängig war; ob es im Übrigen Erfolg verspräche, könnte der Senat bereits deshalb nicht beurteilen, weil ihm eine Begründung für den noch nicht eingelegten Rechtsbehelf zwangsläufig nicht vorliegt. Kann er daher eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Widerruf des Klagepatents im Einspruchsverfahren nicht fundiert feststellen, sieht er sich auch an einer erneuten Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits gemäß § 148 ZPO gehindert.

VI. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 10; 711 ZPO. Dem Antrag der Klägerin zur Sicherheitsleistung war nach § 108 Abs. 1 ZPO zu entsprechen.

VII. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1; Abs. 2 ZPO liegen nicht vor: Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.) eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Dabei begründet insbesondere die Annahme einer Beschwer nach Rücknahme der erstinstanzlich allein anhängigen Klage keine Divergenz zu der Entscheidung BGH NJW-RR 2002, 1435. Denn anders als in der dort judizierten Fallkonstellation hat die Klägerin vorliegend ungeachtet der Auswechslung der Schutzrechte angesichts des Umstands, dass diese dieselbe Erfindung betreffen, im Berufungsverfahren auch nach der Klageänderung dasselbe Rechtsschutzziel verfolgt wie in erster Instanz. Die Angelegenheit erschöpft sich daher in der Anwendung der oben unter lit. A. zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den vorliegenden Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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