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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 17.06.2004
Aktenzeichen: 6 U 4555/03
Rechtsgebiete: MarkenG, BGB, Gemeinschaftsmarkenverordnung


Vorschriften:

MarkenG § 14
MarkenG § 19
MarkenG § 55
MarkenG § 51
MarkenG § 9
MarkenG § 125b
BGB § 242
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 8
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 9
Gemeinschaftsmarkenverordnung Art. 16
Stehen sich die Zeichen "Frappuccino" und "Freddoccino" gegenüber, so ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf die beiden Zeichen in ihrer Gesamtheit und nicht auf die Zeichenteile "Frappu" und "Freddo" abzustellen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 4555/03

Verkündet am 17. Juni 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung u.a. (Markengesetz)

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2004 folgendes

ENDURTEIL:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 22.07.2003 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, das Zeichen

Freddoccino

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Waren Kaffee, Tee, Kakao, Kaffeeersatzmittel, Instantgetränkepulver, sämtlich auch als unter Verwendung dieser Ausgangsstoffe zubereitete Getränke, Erfrischungsgetränke, insbesondere in nachfolgender Etikettform

a) Deckelansicht

b) Seitenetikett

zu benutzen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, mittels schriftlicher Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der Deutschen Marke 300 799 60 Freddoccino einzuwilligen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlungen gemäß II. entstanden ist und noch entstehen wird.

V. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über alle Handlungen gemäß Ziffer II. Auskunft zu erteilen mittels schriftlicher Erklärung, aus der in geordneter Form die Umsätze, gegliedert nach Waren, sowie die bisherigen Werbe- und Marketingaufwendungen hervorgehen.

VI. Die Beklagte trägt die kosten des Rechtsstreits.

VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 116.000,- Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

I.

Die Parteien streiten um Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Nutzung von eingetragenen Marken.

Die Klägerin nimmt als unmittelbare Mitwettbewerberin der Beklagten auf dem Markt der Kaffeeprodukte diese auf Unterlassung, Löschung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunft bezüglich der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung Freddoccino in Anspruch.

Die Klägerin ist Inhaberin der Deutschen Marke 39536191 Frappuccino (Anmeldung 04.09.1995, Eintragung 23.02.1996 - Anlage K 3) sowie Inhaberin der Gemeinschaftsmarkeneintragung 175471 Frappuccino (Anmeldung: 01.04.1996, Eintragung 05.08.1999 - Anlage K 2).

Die Beklagte ist Inhaberin der Deutschen Marke Nr. 30079960 Freddoccino (Anlage K 5), welche am 30.10.2000 angemeldet und am 23.01.2001 bekannt gemacht wurde. Bezüglich der weiteren Darstellung der Schutzrechtslage wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung auf Seite 3 Bezug genommen. Im Sommer 2001 führte die Beklagte unter der Bezeichnung Freddoccino ein Kaffeemilchkaltgetränk in einer durchsichtigen Flasche, wie sie aus Anlage K 7 ersichtlich ist, auf dem deutschen Markt ein und brachte es in den Verkehr.

Die Klägerin ist der Auffassung, zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen Frappuccino und Freddoccino bestehe Verwechslungsgefahr.

Sie hat daher in erster Instanz beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung, insgesamt bis zu zwei Jahren, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Zeichen "Freddoccino" für die Waren:

"Kaffee, Tee, Kakao, Kaffe-Ersatzmittel, Instant-Getränkepulver, sämtlich auch als unter Verwendung dieser Ausgangsstoffe zubereitete Getränke, Erfrischungsgetränke"

insbesondere in folgender Form

zu benutzen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, in die Löschung der Marke 300 79 960 "Freddoccino" gegenüber dem Deutscchen Patent- und Markenamt einzuwilligen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der dieser aus Handlungen der Beklagten seit dem 5.8.1999 entstanden ist oder noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über alle Handlungen gemäß Ziffer I. in schriftlicher und geordneter Form Auskunft zu geben und Rechnung zu legen unter Angabe der Umsätze, gegliedert nach Waren, der Werbe- und Marketingaufwendungen, gegliedert nach Vierteljahren und unter Angabe der Empfänger der Waren.

Die Beklagte beantragte:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte war schon erstinstanzlich der Auffassung, eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben. Die Zeichen Frappuccino und Freddoccino könnten vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher ohne weiteres auseinander gehalten werden. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen.

Mit Endurteil vom 22.07.2003 wies das Landgericht die Klage insgesamt ab. Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen aus, dass zwischen den Zeichen Frappuccino und Freddoccino trotz Warenidentität keine Verwechslungsgefahr bestünde. Zwar verfügten beide Zeichen über jeweils durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Zwischen den beiden Zeichen sei jedoch ein so ausreichender Zeichenabstand feststellbar, dass selbst bei gegebener Warenidentität eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben sei. Bezüglich der weiteren Begründung des Landgerichts hierzu wird auf die Seiten 7 ff. der Entscheidung Bezug genommen. Auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche könne sich die Klägerin ebenfalls nicht stützen, denn eine Benutzung der klägerischen Marke im Geltungsbereich des UWG sei nicht unter Beweis gestellt. Im Übrigen habe die Klägerin sich auf die Geltendmachung von Rechten aus ihrer Marke beschränkt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerechten Berufung. Zunächst ist die Klägerin der Auffassung, das Landgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen gewürdigt. Fehlerhaft habe das Landgericht nur die Bestandteile Frappu und Freddo gegenüber gestellt. Dies sei unrichtig, denn es sei auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen. Soweit die Rechtsprechung hiervon Ausnahmen zulasse, seien die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben. Da die Klage auch auf eine Gemeinschaftsmarke gestützt sei, müsse auch die Rechtsprechung des EuGH berücksichtigt werden. Der Bestandteil -ccino sei darüber hinaus nicht einmal produktbeschreibend, sondern lediglich eine im Italienischen verwendete Wortendung, die sich u.a. in dem Wort Cappuccino, das für ein spezielles Kaffeeprodukt steht, wiederfinde. Der Bestandteil -ccino sei als im Rahmen des Gesamteindrucks suggestiver Hinweis auf ein Kaffeeprodukt bei dem Vergleich der Zeichen zu beachten und dürfe bei der Würdigung des Gesamteindrucks nicht außer Acht bleiben. Das Landgericht habe darüber hinaus die sich gegenüber stehenden Zeichen nicht anhand des Maßstabes der Ähnlichkeit und der Übereinstimmungen, sondern lediglich anhand der Unterschiede überprüft. Beurteilungsmaßstab bei dem Vergleich der Ähnlichkeit zweier Zeichen sei aber nicht die Frage, welche Unterschiede zwischen den Zeichen gegebenenfalls bestehen, sondern das Maß an Übereinstimmungen unter Berücksichtigung sämtlicher mitprägender Bestandteile. Würdige man die Übereinstimmungen zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen, so würden die Übereinstimmungen bei weitem überwiegen. Das Landgericht habe darüber hinaus völlig außer Acht gelassen, dass das angesprochene Publikum geschäftliche Kennzeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnehme und bewusst vergleiche, sondern seine Auffassung anhand eines undeutlichen Erinnerungseindrucks erwerbe. Unzutreffend sei auch die Annahme des Landgerichts, dass zwei angeblich unterschiedliche Bedeutungsgehalte der Zeichen dazu führten, dass die Verbraucher die Zeichen Frappuccino und Freddoccino auseinander hielten. Bezüglich der Ausführungen der Klägerin wird hierzu insbesondere auf die Seite 13 ff. der Berufungsbegründung vom 21.11.2003 (Bl. 62 ff. d.A.) verwiesen. Unzutreffend sei das Landgericht der Klägerin auch nicht darin gefolgt, dass die Gefahr des Verhörens in Bezug auf die beiden Zeichen insbesondere dadurch erhöht werde, dass die konkret betroffenen Waren hauptsächlich in geräuschintensiven Umgebungen angeboten und bestellt würden. Es käme aus Sicht der Klägerin zu einer sogenannten Zuordnungsverwirrung. Auch eine mögliche englische Aussprache des Zeichens Frappuccino sei durch das Landgericht München I nicht in Betracht gezogen worden (a.a.O, Seiten 23 ff. - Bl. 72 ff. d.A.). Schließlich hätte das Landgericht auch berücksichtigen müssen, dass die klägerischen Zeichen einer erhöhten Kennzeichnungskraft unterlägen. Bezüglich der Ausführungen hierzu wird auf die Seiten 25 ff. der Berufungsbegründung (Bl. 74 ff. d.A.) verwiesen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen vollständige Warenidentität bestünde, sowie unter weiterer Berücksichtigung des Umstandes, dass die klägerischen Zeichen einer gesteigerten Kennzeichnungskraft unterlägen, müsse von einer Verwechslungsfähigkeit im vorliegenden Fall ausgegangen werden (a.a.O., Seite 31 ff.- Bl. 80 ff. d.A). Die klägerischen Ansprüche seien jedoch auch unter dem Gesichtspunkt wettbewerbsrechtlicher Aspekte begründet. Zwar habe das Landgericht sich mit dieser Frage überhaupt nicht auseinandergesetzt, die Klägerin habe jedoch sämtliche Tatsachen vorgetragen, die eine Verurteilung nach wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen rechtfertigen würden. Insoweit wird auf die Ausführungen der Klägerin a.a.O. auf Seite 36 ff. (Bl. 85 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts München I, AZ: 33 O 9970/03, wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, das Zeichen

Freddoccino

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für die Waren Kaffee, Tee, Kakao, Kaffeeersatzmittel, Instantgetränkepulver, sämtlich auch als unter Verwendung dieser Ausgangsstoffe zubereitete Getränke, Erfrischungsgetränke, insbesondere in nachfolgender Etikettform

a) Deckelansicht

b) Seitenetikett

zu benutzen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, mittels schriftlicher Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der Deutschen Marke 30079960 Freddoccino einzuwilligen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen gemäß Ziff. II entstanden ist oder noch entstehen wird.

V. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über alle Handlungen gem. Ziff. II Auskunft zu erteilen mittels schriftlicher Erklärung, aus der in geordneter Form die Umsätze, gegliedert nach Waren, sowie die bisherigen Werbe- und Marketingaufwendungen hervorgehen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass es für die rechtliche Beurteilung des Rechtsstreits ausschließlich auf die Registerlage der sich gegenüber stehenden Marken ankäme (Seite 2 ff. der Berufungserwiderung vom 16.02.2004 - Bl. 97 ff. d.A.). Die Klägerin habe zur Benutzung der Kennzeichnung Frappuccino in Deutschland nichts vorgetragen. Aus einer Benutzung der Kennzeichnung Frappuccino im Ausland könne die Klägerin keine Rechte im Inland herleiten. Eine Benutzung der Kennzeichnung Frappuccino sowohl in Deutschland als auch im Ausland werde daher bestritten. Vor dem Mai 2002 sei die Klägerin diesbezüglich überhaupt nicht tätig geworden. Insoweit verweist die Beklagte auf einen Internetauftritt der Klägerin, wie er unter Anlage B 4 vorgelegt wurde. Auf der Internetseite der Klägerin werde der Begriff Frappuccino lediglich als Gattungsbegriff verwendet. Insgesamt sei daher festzustellen, dass seitens der Klägerin eine Benutzung ihrer Marke in Deutschland nicht vorgetragen sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Kennzeichnung Frappuccino kennzeichnungsschwach. Insoweit wird auf die Ausführungen der Beklagten a.a.O. auf Seite 5 ff. (Bl. 100 ff. d.A.) verwiesen. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr sei davon auszugehen, dass sich die Kennzeichenteile Frappu und Freddo gegenüber stünden. Dies sei vom Landgericht richtig erkannt worden. Der Begriff der Klägerin lehne sich an den Begriff Cappuccino an. Ihm sei daher nur eine schwache Kennzeichnungskraft zuzusprechen. Soweit sich die Klägerin auf das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt berufe, lägen diese Ausführungen neben der Sache und seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. In ihren Anfangsbestandteilen seien die Vergleichszeichen komplett unterschiedlich. Auch die Vokalfolge der Zeichen sei wesentlich unterschiedlich. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Lautbildung des Zeichens Frappuccino wegen des Labialdoppelkonsonanten "pp" deutlich über die Lippen gebildet werde, während das Wort Freddoccino wegen des Dentaldoppelkonsonanten "dd" ausschließlich durch den Anschlag der Zunge an den Gaumen geprägt werde. In ihren maßgeblichen Anfangsbestandteilen wiesen die Vergleichszeichen daher überhaupt keine Gemeinsamkeiten auf. Entgegen der Auffassung der Klägerin unterschieden sich die Vergleichszeichen auch nach ihrem Sinngehalt (a.a.O., Seite 10 ff. - Bl. 105 ff. d.A.). Die von der Klägerin postulierte englische Aussprache der Marke Frappuccino liege für den Verkehr schon deswegen fern, weil die Kennzeichnung Frappuccino offensichtlich an den italienischsprachigen Begriff Cappuccino angelehnt sei. Soweit die Klägerin sich auf den Begriff der Suggestivmarke berufe, sei dies markenrechtlich irrelevant. Auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverkehrbringens liege nicht vor (a.a.O., Seite 12 ff. - Bl. 107 ff. d.A.). Schließlich stünden der Klägerin auch keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche zu. Insoweit wird auf die Ausführungen a.a.O. auf Seite 12 ff. (Bl. 107 ff. d.A.) verwiesen. Soweit sich die Klägerin auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft ihrer Kennzeichen berufe, werde dies bestritten. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung auf Seiten 3 und 13 (Bl. 98 und 108 d.A.) verwiesen. Schließlich wendet sich die Beklagte gegen die Antragstellung der Klägerin, da diese im Vergleich zur ersten Instanz verändert worden sei. Insoweit wird auf die Ausführungen auf Seite 2 der Berufungserwiderung (Bl. 97 d. A.) verwiesen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung vom 21.11.2003 (Bl 50/93 d.A.), den sie ergänzenden Schriftsatz vom 04.06.2004 (Bl. 109/120 d.A.) sowie auf die Berufungserwiderung vom 16.02.2004 (Bl. 96/108 d.A.) und den sie ergänzenden Schriftsatz vom 15.06.2004 (Bl. 121/125 d.A.) insgesamt ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist in vollem Umfang begründet.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungs-, Löschungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche in dem in der Berufung beantragten Umfang zu. Die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts war daher aufzuheben und entsprechend der Tenorierung die Verurteilung der Beklagten auszusprechen.

Die Klage ist zulässig.

Gegen die Änderung der Anträge im Berufungsverfahren bestehen keine Bedenken.

Der Berufungsantrag II. stellt aus Sicht des Senats ebenso wie der Berufungsantrag III. lediglich eine Präzisierung der ursprünglichen Klageanträge im Verfahren erster Instanz dar. Der Berufungsantrag IV. enthält - anders als der Antrag in erster Instanz - zwar nicht mehr die Einschränkung mit einem Datum, wird jedoch zutreffend auf Handlungen nach Ziffer II. bezogen.

Der Berufungsantrag V. enthält insoweit eine Teilklagerücknahme, als in dem korrespondierenden Klageantrag IV. eine Auskunft auch hinsichtlich der Empfänger verlangt wurde. Da von Seiten der Beklagten weder in der Berufungserwiderung noch in der mündlichen Verhandlung Einwendungen erhoben wurden, geht der Senat insoweit von einer Teilklagerücknahme aus. Wenn man jedoch eine Zustimmung der Beklagten zu einer Teilklagerücknahme nicht als gegeben ansehen würde, wäre der Anspruch insoweit jedenfalls unbegründet (vgl. hierzu unten).

A

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 b Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) zu.

1. Die Klägerin ist Inhaberin der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarkeneintragung 175 471 Frappuccino und der Deutschen Marke 395 36 191 Frappuccino (vgl. zu den Daten I.). Soweit die Beklagte Inhaberin der internationalen Registrierung 770 073 Freddoccino und der Deutschen Marke 300 79 960 Freddoccino ist, handelt es sich um die prioritätsjüngeren Zeichen (vgl. zu den Daten I.).

2. Die Gemeinschaftsmarke der Klägerin befindet sich noch in der Benutzungsschonfrist (Art. 15 Abs. 1 GMV). Die deutsche Marke Freddoccino 395 36 191 wurde von der Klägerin unstreitig spätestens ab Mai 2002 benutzt (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 16.02.2004, Seite 3, Bl. 98 d.A.).

Insoweit wird auch auf den von der Beklagten vorgelegten Internetauszug gemäß Anlage B 5 verwiesen. Soweit die Beklagte hierzu vorträgt, eine markenmäßige Benutzung sei bei diesem Internetauftritt nicht gegeben, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Aus der vorgelegten Anlage ist ersichtlich, dass die Klägerin das für sie eingetragene Zeichen zur Kennzeichnung ihrer Waren benutzen will. Eine - wie von der Beklagten behauptet - Gattungsbenutzung ist nicht gegeben.

3. Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass den klägerischen Kennzeichen eine normale Kennzeichnungskraft zuzusprechen ist.

a) Ebenso wie das Landgericht geht der Senat von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft aus.

Die Zusammensetzung des Zeichens mit der Silbe Frappu und der italienischen Endung -ccino ist aus Sicht des Senats in ihrer Gesamtheit geeignet, den Verkehr in durchschnittlicher Art und Weise anzusprechen. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann hier nicht von einer schwachen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden, denn der Umstand, dass dem klägerischen Zeichen die Endung -ccino hinzugefügt wurde, vermag die Neuschöpfung des Begriffs als solches nicht in Frage zu stellen und widerlegt nicht die durch diese Zusammensetzung geschaffene Eigenart des Kennzeichens.

b) Da der Senat die Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall schon aufgrund der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des klägerischen Zeichens annimmt (vgl. hierzu unten 4.), kann dahinstehen, ob dem klägerischen Zeichen eine, wie von der Klägerin behauptet, erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt, wenngleich aus Sicht des Senats der hierzu vorgetragene Sachverhalt bezüglich der Benutzung in der USA und im sonstigen Ausland eher nicht als ausreichend angesehen werden kann (vgl. Ekey/Klippel, MarkenR, Kommentar, GMV Art. 8 Rn. 48).

4. Unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der klägerischen Zeichen ist nach Auffassung des Senats entgegen der Entscheidung des Landgerichts im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr der sich gegenüber stehenden Zeichen gegeben.

a) Da beide Zeichen Waren und Dienstleistungen betreffen, die an den Verbraucher unmittelbar gerichtet sind, gehören die Mitglieder des erkennenden Senats zu den angesprochenen Verkehrskreisen.

b) Die sich gegenüber stehenden Zeichen sind sowohl schriftbildlich als auch klanglich miteinander verwechselbar.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehen sich nicht die Bezeichnungen Frappu und Freddo, sondern die Zeichen Frappuccino und Freddoccino gegenüber. Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, so zutreffend die Klägerin, auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen (BGH GRUR 2002. 167 - Bit/Bud). Eine Aufspaltung der sich gegenüberstehenden Zeichen in ihre Einzelbestandteile, soweit diese nicht prägend sind, verbietet sich daher im vorliegenden Fall.

Stellt man somit die Zeichen in ihrer Gesamtheit gegenüber, ergibt sich, dass nicht nur der Zeichenanfang "Fr" identisch ist, sondern dass die Zeichen auch Doppelkonsonanten mit Längen (jeweils nach oben bzw. nach unten) sowie eine identische Endung haben. Unter Zugrundelegung des Umstandes, dass der Verkehr die beiden Zeichen in aller Regel nicht nebeneinander, sondern getrennt wahrnimmt (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, MarkenG, Kommentar, 2. Auflage, § 14 Rd. 531), und vor dem Hintergrund, dass vollständige Warenidentität gegeben ist, kann von einem ausreichenden Abstand des Zeichens der Beklagten aus Sicht des Senats nicht mehr ausgegangen werden. Die von der Beklagten insoweit als Gegenargument beanspruchte Vokalfolge kann schon deshalb nicht ausschlaggebendes Kriterium sein, da die Vokale kurz ausgesprochen werden und sich die Vokalfolge somit nicht maßgeblich auf die Aussprache der Begriffe niederschlägt.

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Wechselwirkung der sich gegenüber stehenden Zeichen (Ekey/Klippel, MarkenR, Kommentar, § 14 Rd. 89 mit Nachweisen) ist es daher notwendig, dass bei vollständiger Warenidentität das Beklagtenzeichen einen Abstand einhält, der jedenfalls größer sein muss, als dies vorliegend der Fall ist. Die Zeichen enthalten insgesamt soviel Übereinstimmungen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rd. 532 mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen), dass die Unterschiede in der Vokalfolge und in den Ober- und Unterlängen dahinter zurücktreten.

Hingegen erscheint es aus Sicht des Senats äußerst fraglich, ob auch eine begriffliche oder assoziative Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall zu bejahen wäre, denn vor dem Hintergrund, dass die von der Klägerin postulierte begriffliche Verwechslungsgefahr Kenntnisse in der französischen und italienischen Sprache verlangt, erscheinen die Anforderungen an den Verkehr diesbezüglich überzogen. Es ist im Gegenzug aber auch abwegig, dass das Zeichen der Beklagten vom Verkehr auf den männlichen Vornamen Fred bezogen verstanden werden kann. Aber auch eine assoziative Verwechslungsgefahr ist aus Sicht des Senats nicht gegeben, denn der Bezug auf die Klägerin bzw. die Beklagte wird nicht allein dadurch hergestellt, dass es sich in beiden Fällen um Kaffeeprodukte handelt.

Da der Senat jedoch bereits von einer schriftlichen bzw. klanglichen Verwechslungsfähigkeit ausgeht, können diese Fragen im Ergebnis dahinstehen.

Gleiches gilt für die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 1 UWG. Insoweit ist bereits fraglich, ob neben den markenrechtlichen Ansprüchen überhaupt ein Rückgriff auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche möglich ist bzw. ob der Sachvortrag der Klägerin in erster und zweiter Instanz für eine Begründetheit der Ansprüche als ausreichend angesehen werden kann.

B

Der Klägerin steht der geltend gemachte Löschungsanspruch bezüglich der Marke der Beklagten gemäß §§ 55 Abs. 1, 51 Abs.1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG sowie aus Art. 16 Abs. 1, § 125 b MarkenG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 b und V GMV zu.

1. Nach dem unstreitigen Sachvortrag der Klägerin in erster Instanz hat die Beklagte neben der Gemeinschaftsmarkenanmeldung Fredduccino auch eine deutsche Markenanmeldung eingereicht, und zwar am 30.10.2000. Diese Marke wurde am 23.01.2001 bekannt gemacht. Die Klägerin hat hierzu die Anlage K 5 vorgelegt (Seite 5 der Klage vom 27.05.2003 - Bl. 5 d.A.). Zwar hat das Landgericht hierzu keine Feststellung getroffen, der Sachvortrag der Klägerin erster Instanz ist jedoch unstreitig (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

2. Die Voraussetzungen der oben zitierten Normen sind gegeben, denn im Hinblick auf die Verwechslungsfähigkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen und der prioritätsälteren Rechte der Klägerin ist die Beklagte zur Einwilligung in die Löschung verpflichtet.

Der Löschungsanspruch ist daher begründet.

C

Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzfeststellungsanspruch gemäß §§ 14 Abs. 6, 125 b MarkenG, 242 BGB zu.

Die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ergibt sich dabei aufgrund der kennzeichenwidrigen Handlungen der Beklagten (vgl. Tenor Ziffer II.). Für einen Ausschluss des Verschuldens der Beklagten, insbesondere einen Rechtsirrtum, ergeben sich keine Anhaltspunkte.

D

Der Auskunftsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§19 Abs. 1, 5, 125 b MarkenG i.V.m. 242 BGB.

Soweit das Auskunftsbegehren der Klägerin ursprünglich auch die Benennung der Empfänger der Waren der Beklagten beinhaltete, ist der Anspruch insofern unbegründet, da der nicht gewerbliche Abnehmerkreis in den Bereich der Auskunftsverpflichtung nicht einbezogen ist (Ströbele/Hacker, MarkenG, Kommentar, 7. Auflage, § 19 Rd. 31, BGH GRUR 1991, 153 - Pizza/Pasta).

Geht man daher nicht von einer Zustimmung der Beklagten zur Klagerücknahme insoweit aus (vgl. hierzu oben), ist die Klage insoweit unbegründet.

E

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Da die ursprüngliche Geltendmachung des Auskunftsanspruchs bezüglich der Warenempfänger im Vergleich zur übrigen Klage der Klägerin eine verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung darstellt, war aus Sicht des Senats die Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gerechtfertigt. Der Beklagten waren daher die Kosten vollständig aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

F

Die Revision war nicht zuzulassen.

Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO ergeben sich keine Anhaltspunkte. Der Senat hat sich bei seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verwechslungsfähigkeit von Kennzeichen, insbesondere bezüglich der Gegenüberstellung der Zeichen in ihrem Gesamteindruck, leiten lassen. Für diese Einzelfallentscheidung ist darüber hinaus eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu erkennen.



Ende der Entscheidung

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