Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 08.02.2001
Aktenzeichen: 6 U 5650/99
Rechtsgebiete: ArbNErfiG


Vorschriften:

ArbNErfiG § 9
ArbNErfiG § 11
Leitsatz:

Der Arbeitnehmererfinder einer inländischen Entwicklungsgesellschaft, die eine 100 %-ige Tochtergesellschaft einer ausländischen Konzernmuttergesellschaft ist, kann in der Regel in die verlangbare Auskunft über Verwertungshandlungen nicht die Verwertung durch die ausländische Konzernmuttergesellschaft einbeziehen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 5650/99 21 O 19108/99 LG München I

Verkündet am 8. Februar 2001

Die Urkundsbeamtin: Justizangestellte

In dem Rechtsstreit

wegen Arbeitnehmererfindervergütung

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 29.09.1999 (Az.: 21 O 19108/99) in Ziffer I aufgehoben, soweit es durch die übereinstimmende Erledigterklärung nicht ohnehin wirkungslos geworden ist.

II. Auch insoweit wird die Klage abgewiesen.

III. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt nicht DM 60.000,-.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die dem Kläger als Arbeitnehmer der Beklagten aufgrund zweier Erfindungen zustehenden Erfindervergütungen.

Hinsichtlich einer Erfindung ("Verbundmörtel") machte der Kläger die Unwirksamkeit einer mit der Beklagten getroffenen Vergütungsvereinbarung geltend. Die gegen die Klageabweisung der insoweit erhobenen Feststellungsklage durch das Teilurteil des Landgerichts München I vom 29.09.1999 eingelegte Berufung hat der Kläger zurückgenommen.

Hinsichtlich der anderen Erfindung ("Verankerungsmittel"), zu der bisher keine Vergütungsvereinbarung zustande kam, verlangt der Kläger im Wege der Stufenklage Auskunft und Zahlung einer angemessenen Vergütung.

Der Kläger ist seit 01.09.1979 bei der Beklagten als Chemotechniker beschäftigt. Bis 1990 arbeitete er in der Abteilung Dübel-Entwicklung-Chemie (DEC) und beschäftigte sich hauptsächlich mit der Entwicklung chemischer Befestigungssysteme. Seit 1990 ist er in der Versuchsabteilung der Beklagten für chemische Produkte zuständig.

Die Beklagte ist eine im Jahre 1974 von der H AG mit Sitz in Schaan (Liechtenstein) als 100 %ige Tochter gegründetes deutsches Unternehmen. Sie ist seit ihrer Gründung ausschließlich auf dem Gebiet der Erforschung und Entwicklung von Dübel- und chemischen Befestigungstechniken tätig. Die entsprechenden Entwicklungsaufträge werden ihr von der H AG erteilt. Nach dem der Zusammenarbeit zugrundeliegenden Vertrag der Beklagten mit der He AG vorn 18.07.1973 (Anlage B 11 d. A.), der durch Vertrag vom 07.01./21.02.1986 (Anlage B 12 d.A.) geändert wurde, ist die Beklagte verpflichtet, ausschließlich für die H AG auf dem Gebiet der Dübel- und chemischen Befestigungstechnik Forschung und Entwicklung zu betreiben und der H AG zu Alleineigentum alle durch Patente, Gebrauchs- und Geschmacksmuster schutzfähigen und nicht schutzfähigen Erfindungen zu überlassen. Als Vergütung war in dem ersten Vertrag eine Erstattung der Kosten zuzüglich 4 % hiervon, im zweiten Vertrag zuzüglich 4,5 % hiervon, vorgesehen.

Der Kläger machte in den Jahren 1981 und 1982 zusammen mit jeweils 3 Miterfindern, zu gleichen Teilen die streitgegenständlichen Erfindungen Nr. 365 "Verbundmörtel" und Nr. 411 "Verankerungsmittel".

Am 14.07.1982 reichte der Kläger zusammen mit den Miterfindern die Erfindungsmeldung Nr. 411 "Reaktionsharzmörtel für Befestigungen im Hohlmauerwerk" (Anlage K 6 d.A.) bei der Beklagten ein (Erfindung "Verankerungsmittel").

Die Beklagte nahm diese Erfindung mit Schreiben vom 12.11.1982 (Anlage K 7 d.A.) unbeschränkt in Anspruch. Zugleich" leitete sie dem Kläger einen Vorschlag zu einer Vergütungsregelung zu, der der Vergütungsregelung zur Erfindung Nr. 365 "Verbundmörtel" inhaltlich entsprach.

Es war vermerkt, daß, wenn der Kläger mit der vorgeschlagenen Vergütungsregelung nicht einverstanden sei, er gebeten werde, die Vereinbarung ebenfalls unterschrieben zurückzureichen und dabei lediglich die Ziffer 2, die die Vergütungsvereinbarung enthielt, zu streichen.

In diesem Fall leitete der Kläger das Schreiben zwar unterschrieben zurück, strich aber die in dem Vorschlag unter Ziffer 2 vorgesehene Vergütungsvereinbarung (vgl. Anlage K 8 d.A.). Eine Festsetzung der Vergütung unterblieb daraufhin zunächst.

Mit Schreiben vom 24.11.1997 (Anlage K 10 d.A.) forderte der Kläger die Beklagte auf, die Vergütung festzusetzen.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 18.12.1997 (Anlage K 11 d.A.) an, daß neue Ermittlungen bezüglich der Vergütung vorgenommen worden seien und der Kläger eine weitaus höhere Vergütung als zunächst angenommen, zu erwarten habe.

Mit Schreiben vom 25.02.1998 (Anlage K 12 d.A.) setzte die Beklagte einen Erfindungswert von 1/3 des von ihr angenommenen betrieblichen Nutzens der Erfindung von DM 52.760,-, also mit DM 17.587,- fest. Hieraus sollte dem Kläger eine Vergütung gemäß seinem Anteilsfaktor zustehen.

Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 10.03.1998 (Anlage K 13 d.A.) dieser Festsetzung.

Der Kläger hat mit Eingabe vom 19.06.1998 wegen beider Erfindungen die Schiedsstelle angerufen. Die Beklagte hat sich auf das Schiedsstellenverfahren nicht eingelassen.

Der Kläger hat geltend gemacht,

die Beklagte habe ihm hinsichtlich der Erfindung eine Arbeitnehmervergütung zu leisten, die sich an den von der Muttergesellschaft erzielten Umsätzen und nicht an einem etwaigen von der Muttergesellschaft für die Übertragung der Erfindung an die Beklagte gezahlten Entgelt zu orientieren habe. Dementsprechend stehe ihm auch ein Anspruch auf Auskunft über die von der Muttergesellschaft getätigten Schutzrechtsanmeldungen zu.

Sofern die Erfindung auf die H AG übertragen und dafür ein Entgelt vereinbart worden sei, sei dies für die Erfindervergütung ohne Bedeutung.

Die H AG sei nicht als "Dritter" zu betrachten. Sie sei vielmehr zu einer wirtschaftlichen Einheit mit der Beklagten verbunden. Die Beklagte könne als Teil der H AG betrachtet werden.

Dies ergebe sich zunächst daraus, daß die Beklagte eine 100 %ige Tochter der H AG sei.

Ferner folge aus einem als Anlage K 18 der Akten vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 12.01.1988, daß eine enge personelle Verbindung zwischen dem Aufsichtsrat der Beklagten und der H AG bestehe.

Aus der als Anlage K 20 der Akten vorgelegten Publikation "Management News" zur Entwicklung des Personalstands bei der H AG ergebe sich zudem, daß das Personal der Beklagten und die Beklagte selbst in die Planung der H AG einbezogen werde. Schließlich folge aus der als Anlage K 21 d.A. vorgelegten Bilanz der H-Gruppe aus dem Jahre 1991, daß die Beklagte dort mit ihren Zahlen integriert sei.

Es sei die H AG und nicht die Beklagte gewesen, die an den Kläger die Vergütung in Höhe von DM 1.000,- für die Erfindungsmeldung Nr. 365 "Verbundmörtel" ausgezahlt habe. Dies sei als weiteres Indiz für die wirtschaftliche Verbundenheit der Beklagten mit der H AG zu bewerten.

Sofern die H AG an die Beklagte einen Betrag von 4,5 % der aufgewandten Kosten zahle, sei dies wirtschaftlich keineswegs angemessen.

Der Konzern stelle sich bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Kläger gegenüber als Einheit dar. Die Beklagte sei bezüglich der bei ihr entwickelten Erfindungen lediglich Durchlaufposten. Die H AG melde an und ziehe sämtliche Vorteile aus den Erfindungen. Die Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers sollten dadurch unterlaufen werden, daß der formelle Arbeitgeber lediglich ein symbolisches Entgelt erhalte.

Diese Vorgehensweise der Beklagten und die genannten Umstände rechtfertigten eine Ausnahme von der Regel, wonach nur der formelle Arbeitgeber Verpflichteter des Anspruchs auf Arbeitnehmervergütung sei.

Der Kläger hat folgenden Klageantrag gestellt:

I. Es wird festgestellt, daß die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten vom 07.04./17.04.1982 bezüglich der Vergütung der Erfindungsmeldung 365 "Verbundmörtel" unwirksam ist.

II. 1. Die Beklagte wird verurteilt,

a) dem Kläger Auskunft darüber zu geben, in welchen Ländern die Erfindung 411 "Verankerungsmittel" - Anlage K 6 - durch sie oder die H AG, Sch, zum Patent angemeldet wurde;

b) dem Kläger vollständige Auskunft über den Verfahrensstand der Schutzrechtsgewährung der Erfindung 411 "Verankerungsmittel" - Anlage K 6 - zu geben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine angemessene Vergütung unter Einbezug der Umsätze der Beklagten und der mit ihr verbundenen Unternehmen, insbesondere der H AG Schaan/Liechtenstein, mindestens in Höhe von DM 15.000,- samt 4 % Zinsen hieraus seit endgültiger Schutzrechtserteilung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht,

der Kläger könne hinsichtlich der Erfindung Nr. 411 "Verankerungsmittel" keine Vergütung nach den von der H AG getätigten Umsätzen und daher auch keine Auskunft hierüber verlangen.

Soweit Auskunft darüber verlangt werde, in welchen Ländern die Erfindung Nr. 411 durch die Beklagte angemeldet worden sei, könne die Beklagte mitteilen, daß sie keinerlei Schutzrechtsanmeldungen tätige. Mangels eigener Anmeldungen habe sie auch keine Kenntnis vom entsprechenden Verfahrensstand.

Ein Anspruch auf Auskunft hinsichtlich der von der H AG angemeldeten Patente und des diesbezüglichen Verfahrensstandes stehe dem Kläger nicht zu.

Es sei von dem Grundsatz auszugehen, daß sich der Anspruch auf Erfindervergütung und damit auch der Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers nach jenen Vorteilen richte, die sein Arbeitgeber, und nicht etwa Dritte, aus der Erfindung zögen. Dieser Grundsatz gelte auch bei konzerngebundenen Unternehmen, die die Rechte an unbeschränkt in Anspruch genommenen Erfindungen auf ein herrschendes Konzernunternehmen oder andere Konzerngesellschaften übertragen.

Etwas anderes könne lediglich ausnahmsweise und zwar dann gelten, wenn sich ein Konzern bei wirtschaftlicher Betrachtung als Einheit darstelle.

Von einer arbeitsteiligen Aufspaltung in selbständige Gesellschaften mit jeweils spezifischen Aufgaben (Entwicklung/Produktion/Vertrieb/Marketing) könne beim H-Konzern jedoch keine Rede sein, denn die H AG und mehrere andere Tochtergesellschaften unterhielten neben Produktion und Vertrieb eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Diese Tochtergesellschaften würden selbständig verwaltet, produzierten und betrieben teilweise auch eigenes Marketing. Der Kläger sei zu keiner Zeit bei einer solchen, nicht ausschließlich entwickelnden Gesellschaft tätig gewesen.

Zudem sei die Bemessung des Erfindungswertes nach dem Ausmaß der Konzernnutzung in jedem Fall dann verneint worden, wenn die arbeitgebende Tochtergesellschaft Schutzrechte bzw. geschützte Produkte oder Halbfertigprodukte anderen Konzerngesellschaften zu gleichen Bedingungen wie nicht verbundenen Drittunternehmen, d.h. zu marktgerechten Preisen, überließ. Dies sei bei ihr der Fall. Wie aus den vorgelegten Verträgen ersichtlich sei, erziele die Beklagte aus jedem von der H AG erteilten Forschungsauftrag einen Gewinn in Höhe von 4,5 %, früher 4 %, des getätigten Aufwands. Dies sei - verglichen mit anderen externen unabhängigen Forschungsinstitutionen - als überdurchschnittlich zu bezeichnen.

Zum Beweis hierfür hat die Beklagte als Anlagenkonvolut B 3 der Akten vier Verträge zu Entwicklungsaufträgen, die die Firma H AG externen Entwicklungs- und Forschungsunternehmen erteilt habe, sowie als Anlage B 4 der Akten sieben Verträge vorgelegt, die eine längerfristige Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten oder -unternehmen zum Inhalt hätten. Hier verpflichte sich die Auftraggeberin jeweils, ein pauschales, zumeist in einem separaten Angebot enthaltenes Entgelt zu zahlen, wobei die Auftragnehmer "in der Regel" einen Umsatz von weniger als 4,5 % erwirtschafteten.

Sei die Arbeitgeberin des Klägers von der Muttergesellschaft marktgerecht vergütet, so gebe es keinen Grund, auf die Umsätze dieser Muttergesellschaft, statt auf die Umsätze der Arbeitgeberin abzustellen. Dann könne von einer Umgehung des Arbeitnehmererfindergesetzes keine Rede sein. Das Arbeitnehmererfindergesetz verlange insbesondere nicht, daß der Kläger besser stehe, als wenn er bei einem unabhängigen Forschungsunternehmen angestellt sei. Der Arbeitnehmer solle vielmehr nicht schlechter, aber auch nicht besser stehen, als bei einer konzernfreien Entwicklungsgesellschaft. In diesem Fall könne er aber zweifellos von seinem Arbeitgeber nur einen Anteil an dem von diesem erzielten Gewinn, der in der Regel unter 4,5 % liege, beanspruchen.

Wollte man dennoch bei einem Konzernunternehmen stets eine Orientierung an den Umsätzen des Mutterunternehmens zulassen, so hätte dies willkürliche Ergebnisse und eine unerträgliche Rechtsunsicherheit zur Folge. In Fällen, in denen die Konzernmutter Schutzrechtsanmeldungen tätige und die Schutzrechte verwerte, wäre dann der Konzernumsatz Bemessungsgrundlage der Vergütung. Wäre dies nicht der Fall, so würde der Arbeitnehmererfinder dann keine Vergütung erhalten oder aber die Vergütung müßte eben doch an dem Gewinn der Arbeitgeberin bemessen werden. Ersteres wäre mit der Zielsetzung des Arbeitnehmererfindergesetzes sicherlich nicht vereinbar. Letzteres würde Arbeitnehmer einer konzerngebundenen Entwicklungsgesellschaft nicht nur besser stellen (diese könnten sich dann fallweise aussuchen, welche Bemessungsgrundlage für sie vorteilhaft ist), sondern zu willkürlichen Ergebnissen und einer unerträglichen Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten führen.

Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klage hinsichtlich der Feststellung der Unwirksamkeit der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten vom 07.04./17.04.1982 bezüglich der Vergütung der Erfindungsmeldung 365 "Verbundmörtel" als unbegründet abgewiesen.

Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs hat es folgendermaßen erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu geben, in welchen Ländern die Erfindung 411 "Verankerungsmittel" - Anlage K 6 - durch sie oder die H AG, Schaan, zum Patent angemeldet wurde und dem Kläger vollständige Auskunft über den Verfahrensstand der Schutzrechtsgewährung der Erfindung 411 "Verankerungsmittel" - Anlage K 6 - zu gewähren.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Auskunft über die durch die Beklagte getätigten Patentanmeldungen und den entsprechenden Verfahrensstand; die Beklagte habe die Erfindung unbeschränkt in Anspruch genommen.

Dem Kläger stehe auch ein Anspruch auf Auskunft hinsichtlich der durch die Muttergesellschaft H AG erfolgten Patentanmeldungen und den Stand dieser Anmeldungsverfahren zu.

Die Höhe der dem Kläger zustehenden Erfindervergütung habe sich an den Umsätzen der Muttergesellschaft H AG und nicht an der von der Beklagten vereinnahmten Aufwandsentschädigung einschließlich der zusätzlichen 4,5 % zu orientieren. Zwar bestehe grundsätzlich kein Anspruch des Arbeitnehmers, der Vergütungsberechnung den Umsatz eines Dritten zugrundezulegen. Etwas anderes müsse jedoch dann gelten, wenn der Arbeitgeber und der Dritte sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Einheit darstellten, wie dies bei der Beklagten und der H AG der Fall sei.

Die Beklagte sei eine 100 %ige Tochter der H AG und damit in ihren unternehmerischen Entscheidungen von dieser abhängig. Sie sei auch in den Konzern der H AG arbeitsteilig eingebunden. Sie sei von der H AG allein zu dem Zweck gegründet worden, Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Befestigungs- und Montagetechnik zu betreiben. Andere Aufgaben nehme sie nicht wahr. Nach den vorgelegten Verträgen sei sie zudem allein für die H AG tätig. Unter diesen Umständen sei die Beklagte einer unselbständigen Entwicklungsabteilung der H AG vergleichbar.

Im Unterschied zur Beklagten sei ein selbständiges Forschungsinstitut in seinen unternehmerischen Entscheidungen frei; es sei nicht ausschließlich für einen Auftraggeber und in einem Forschungsbereich tätig. Es könne den Auftraggeber und die Bereiche, in denen es tätig sei, nach marktgerechten Gesichtspunkten auswählen, was sich in der Regel auch in der Zahl der Erfindungen und in der Höhe der Arbeitnehmererfindervergütungen niederschlagen dürfte.

Liege eine wirtschaftliche Einheit zwischen dem Arbeitgeber und der "Konzernmutter" vor, so könnten interne Verrechnungspreise nicht als Maßstab für die Erfindervergütung herangezogen werden. Derartige Vereinbarungen zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer 100 %igen Tochter orientierten sich vornehmlich an steuerlichen und eben auch an arbeitnehmererfinderrechtlichen Kriterien, so daß bei ihrer Anerkennung eine Umgehung der Ansprüche des Arbeitnehmererfinders zu befürchten wäre. Es sei von der Beklagten weder dargelegt noch bewiesen, daß Gewinne in Höhe von 4 % des Aufwands auch bei freien Entwicklungsgesellschaften üblich seien.

Das Ergebnis, dass der Kläger bei einer Orientierung an den Umsätzen der H« AG besser stehe, als er möglicherweise in einer freien Entwicklungsgesellschaft stünde, sei auch keineswegs unbillig. Soweit dies zugleich bedeute, daß er besser stehe als ein Arbeitnehmer einer freien Entwicklungsgesellschaft, so entspreche dies gerade dem Zweck des Arbeitnehmererfinderrechts, denn bei Arbeitnehmern konzernabhängiger Unternehmen liege die Umgehung des Gesetzes besonders nahe, bei anderen Arbeitnehmern hingegen nicht.

Die Angehörigen einer konzerngebundenen Entwicklungsgesellschaft könnten sich auch nicht aussuchen, welche Bemessungsgrundlage für sie vorteilhaft sei. Bei einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Arbeitgeber und Mutterunternehmen und einer Auswertung der Erfindungen durch das Mutterunternehmen habe sich die Erfindervergütung stets und ohne Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers an den Umsätzen des Mutterunternehmens zu orientieren, weil es nur insoweit zu relevanten Verwertungshandlungen komme.

Infolge Auskunftserteilung während des Berufungsverfahrens durch die Beklagte über die durch sie selbst erfolgten Patentanmeldungen bzw. über den Verfahrensstand von Schutzrechtsgewährungen, nämlich, daß derartige Anmeldungen durch sie nicht erfolgt seien, haben beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Unstreitig meldete die H AG die Erfindungsmeldung Nr. 411 (Verankerungsmittel) am 21.12.1982 zum Patent an; am 03.12.1987 wurde ihr das deutsche Patent DE 32 47 227 (Anlage B 7 d.A.) erteilt.

Von der in Anspruch 1 enthaltenen Lehre haben weder die Firma H AG, noch andere Tochtergesellschaften der Firma H AG jemals Gebrauch gemacht.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur weiteren Auskunftserteilung.

Sie macht geltend, auf dem Gebiet der Befestigungstechnik sei mit der H AG ein Rahmenvertrag zustandegekommen, wodurch die Beklagte verpflichtet worden sei, ausschließlich für die H G Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Dübel- und chemischen Befestigungstechnik zu betreiben. Der Beklagten sei es aber unbenommen gewesen, Aufträge auch von anderen Unternehmen, etwa auf dem Gebiet der Abbruch- oder Trenntechnik einschließlich damit verbundener Bereiche, anzunehmen und zu bearbeiten. Auf dem der Ausschließlichkeit unterfallenden Gebiet sei die H AG im Gegenzug verpflichtet, der Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft für alle von dieser ihr übertragenen Forschungs- und Entwicklungsergebnisse sämtliche Auftragskosten zu erstatten und außerdem eine Vergütung in Höhe von 4 bzw. 4,5 % der Auftragskosten zu bezahlen, die die Auftragnehmerin als Gewinn verbuche. Ein solcher Gewinn bei gleichzeitiger Übertragung aller Schutzrechte sei für eine Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft beachtlich.

Die Verwertungshandlungen der H AG müsse sich die Beklagte demgemäß nicht zurechnen lassen; der Kläger solle zwar nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden als bei einer freien Entwicklungsgesellschaft.

Die Beklagte stellt nunmehr folgenden Berufungsantrag:

Das Teilurteil des Landgerichts München I vom 29.09.1999 (Az.: 21 O 19108/99) wird in Ziffer I. insoweit aufgehoben, als die Beklagte dazu verurteilt wird, dem Kläger Auskunft darüber zu geben, in welchen Ländern die Erfindung 411 "Verankerungsmittel" - Anlage K 6 - durch die H AG in Schaan, zum Patent angemeldet wurde und dem Kläger vollständige Auskunft über den Verfahrensstand der Schutzrechtsgewährung der Erfindung 411 "Verankerungsmittel" - Anlage K 6 - zu gewähren; insoweit wird Abweisung der Klage beantragt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Ersturteil hinsichtlich der Auskunftserteilung bezüglich der Erfindung "Verankerungsmittel". Aus der wirtschaftlichen Einheit zwischen der Beklagten und der H AG in Schaan ergebe sich, daß Verwertungshandlungen der H AG einzubeziehen seien.

Im übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die im Berufungsverfahrens von den Parteien eingereichten Schriftsätze samt Anlagen, sowie das Ersturteil Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten gegen Nr. I. des Teilurteils des Landgerichts München I vom 29.09.1999, soweit diese Nr. I. nicht wegen übereinstimmender Erledigungserklärung ohnehin wirkungslos geworden ist, hat Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung und Klageabweisung.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunft über Patentanmeldungen und entsprechenden Verfahrensstand seitens der H AG, bezüglich der Erfindung "Verankerungsmittel".

Zwar besteht grundsätzlich wegen in Anspruch genommener Arbeitnehmererfindung ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Erfindervergütung und demgemäß auf Mitteilung der entsprechenden Berechnungsgrundlagen. Hierzu zählt aber nicht die Verwertung durch die H AG.

2. Arbeitgeber des Klägers und demgemäß zur Auskunft verpflichtet ist die Beklagte.

Die Auskunft über Verwertungshandlungen der H AG, ist jedoch nicht notwendig und kann daher auch nicht verlangt werden, denn der wirtschaftliche Wert der Auswertung durch Letztere ist hier unmaßgeblich. Entscheidend ist der eigene Nutzen der Beklagten, der seinen Niederschlag findet in der Vergütungsregelung des Zusammenarbeitsvertrags der Beklagten mit der H AG. Dieser orientiert sich an einem Verhältnis zwischen einem Auftraggeber und einem Entwicklungen bearbeitenden Dienstleistungsunternehmen und beinhaltet eine Vergütungsregelung, von der auszugehen ist.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Vergütung von nunmehr 4,5 % des Arbeitsaufwands angemessen und üblich ist, wie die Beklagte behauptet. Sollte sie aus irgendwelchen konzernbedingten Gründen unüblich niedrig sein, so wird der ortsübliche Satz anzuwenden sein. Zu dessen Ermittlung ist aber nicht die Auskunft der Beklagten über Verwertung durch die H AG, notwendig, sofern die Beklagte sie sich überhaupt beschaffen könnte.

3. Die Besonderheit des vorliegenden Falles, dass nämlich die Beklagte eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der H AG, ist, und auf diesem Aufgabengebiet ausschließlich für diese zu entwickeln hat, führt nicht zu einem anderen Ergebnis.

Allerdings fällt als brauchbarer Maßstab für die Bewertung hier die vergütete Lieferung von Ergebnissen an frei Dritte aus, weil Derartiges nicht stattfindet.

Gleichwohl kann dafür aber mindestens ein ortsübliches Entgelt zugrunde gelegt werden, um den Arbeitnehmererfinder nicht leer ausgehen zu lassen, wenn aus konzernwirtschaftlichen Gründen dieses Entgelt nicht erreicht werden sollte.

Der Arbeitnehmererfinder soll nicht schlechter gestellt werden, kann allerdings auch keine Besserstellung verlangen. Der anschließend von konzernverbundenen Unternehmen mit dem erfindungsgemäßen Produkt erzielte Umsatz führt nicht zu einer Erhöhung des Erfindungswerts, vielmehr ist grundsätzlich der Ab-Werk-Netto-Umsatz des Arbeitgebers der Erfindervergütung zugrunde zu legen (vgl. Bartenbach/Volt, Arbeitnehmererfindergesetz, 3. Aufl. 1997, § 9 RdNr. 186.1, unter Berufung auf die Schiedsstelle; Reimer/Schade/Schippel/Kaube, Das Recht der Arbeitnehmererfindung, 7. Aufl. 2000, Anh. zu § 11 /RiL Nr. 17, RdNr. 1).

4. Die Tätigkeit der Beklagten ist diejenige einer Entwicklungsgesellschaft. Die Beklagte ist weder in das Unternehmen der Konzernmutter völlig eingegliedert, noch unter beanstandenswerten Umständen ausgeliefert. Die Tatsache allein, dass die Konzernmutter Entwicklungsarbeiten für sich durch eine ausländische, rechtlich selbständige, 100 %-ige Tochtergesellschaft erledigen lässt, kann als solche noch nicht als rechtlich unzulässige Umgehung angesehen werden, wenn diese Tätigkeit derjenigen freier Entwicklungsgesellschaften gleicht. Der Tatsache, dass in diesem Fall die Beklagte rechtlich gar nicht in der Lage ist, preislich wie ein freier Entwickler mit einem beliebigen Markt zu agieren, ist durch Zugrundelegung des ortsüblichen Entgelts Rechnung zu tragen (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 9 RdNr. 187).

Ein marktgerechter Abgabepreis kann im Regelfall dann unterstellt werden, wenn die Preisstellung des Arbeitgebers auf einer Eigenkostenkalkulation zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags beruht, ohne das besonderer Rücksicht auf die jeweiligen Marktverhältnisse in dem Verkaufsgebiet der verbundenen Unternehmen oder deren Rentabilitätssituation genommen wird (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 9 RdNr. 186.1).

5. Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Einheit des Konzerns bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., § 9 RdNr. 188).

Die Tatsache, dass von der Konzernmutter in Liechtenstein - und zwar nicht nur einer reinen Briefkastenfirma mit deutscher Herkunft - eine rechtlich selbständige Tochtergesellschaft im Ausland gegründet wird, die ausschließlich für die Muttergesellschaft entwickelt und dafür vergütet wird, führt noch nicht dazu, eine Einheit im Sinne der Zurechnung des wirtschaftlichen Erfolgs der Konzernmutter und gegebenenfalls anderer Konzerntöchter zur Erfindertätigkeit der entwickelnden Tochtergesellschaft anzunehmen.

Derartiges käme in Betracht, wenn im Inland die Entwicklungstätigkeit aus dem Unternehmensverband herausgelöst und verselbständigt werden würde, nicht aber bei der Gründung einer Entwicklungsgesellschaft im Inland originär vom Ausland her, insbesondere vom Ausland, das keine Arbeitnehmererfindervergütung kennt.

Eine echte Verlagerung von Entwicklungstätigkeit aus dem Ausland ins Inland in eine selbständige Gesellschaft und ohne dass, wie vorliegend, irgendwelche zu missbilligende Umstände dabei im Spiele sind, führt zur Anerkennung der rechtlichen Selbständigkeit auch für die Höhe einer Arbeitnehmererfindervergütung jedenfalls dann, wenn eine Vergütungsregelung zwischen den Unternehmen besteht (vgl. Reimer/Schade/Schippel/Kaube, a.a.O., RdNr. 1; Schade GRUR 1978, 569 (572)). Das Tochterunternehmen in Deutschland ist dann nicht anders zu beurteilen, wie ein ausländischer Zulieferer für ein ausländisches Unternehmen.

6. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren ergibt sich aus § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3, § 91 a, § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Wert der Beschwer war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück