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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 03.12.2008
Aktenzeichen: 6 W 1956/08
Rechtsgebiete: EuVTVO
Vorschriften:
EuVTVO Art. 4 Nr. 2 |
2. Die in einem Ordnungsmittelbeschluß gemäß § 890/I ZPO ausgesprochene Verpflichtung zur Zahlung eines Ordnungsgeldes ist keine Forderung im Sinn des Art. 4 Nr. 2 EuVTVO.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 6 W 1956/08
In dem Rechtsstreit
wegen Unterlassung (unl. Wettbewerb-UWG)
hier: Ordnungsgeld
erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 03.12.2008 folgenden Beschluss:
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 10.06.2008 gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 23.05.2008 - AZ.: 2 HK O 1672/06 - wird als unbegründet kostenfällig zurückgewiesen.
2. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 60.000,- Euro festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe:
I.
1. Das Landgericht Landshut hat mit Beschluss vom 07.03.2007 gegen die Antragsgegnerin wegen Verstoßes gegen die sich aus der einstweiligen Verfügung desselben Gerichts vom 03.07.2006 ergebenden Unterlassungsverpflichtungen ein Ordnungsgeld von 30.000,- Euro, ersatzweise für je 1.000,- Euro einen Tag Ordnungshaft verhängt, letztere zu vollstrecken am Geschäftsführer der Antragsgegnerin.
2. Mit Schriftsatz vom 08.11.2007 hat die Antragstellerin beantragt, diesen Ordnungsmittelbeschluss als Europäischen Vollstreckungstitel zu bestätigen. Die Antragsgegnerin ist diesem Antrag mit Schriftsatz vom 26.11.2007 entgegengetreten.
3. Nachdem Versuche des Erstgerichts erfolglos geblieben sind, von der Antragsgegnerin eine freiwillige Zahlung zu erhalten, hat es mit Beschluss vom 23.05.2008 die Anträge auf Erteilung und Bestätigung des Ordnungsmittelbeschlusses als Europäischer Vollstreckungstitel auszusprechen, zurückgewiesen.
Das Erstgericht hat die Ablehnung damit begründet, dass das Ordnungsmittelverfahren kein eigenes Verfahren darstelle, sondern auf dem zu Grunde liegenden Verfügungsverfahren basiere.
Die einstweilige Verfügung sei aber keine Entscheidung im Sinne von § 3 EuVTVO, da sie einen Rechtszustand nur einstweilig regle; im Übrigen sei das das Verfahren einleitende Schriftstück der Antragsgegnerin nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden, dass sie sich habe verteidigen können.
Für die weitere Begründung dieses der Antragstellerin am 28.05.2008 zugestellten Beschlusses wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
4. Mit Schriftsatz vom 10.06.2008 - eingegangen am selben Tag - hat die Antragstellerin dagegen sofortige Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen des EuVTVO eingehalten seien.
Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass Ordnungsmittelbeschlüsse nach der Justizbeitreibungsordnung von Amts wegen vom Staat zu vollstrecken seien, auch wenn dies nur im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelte.
Das Problem der Auslandsvollsteckung sei auf der Grundlage der Vorschriften des europäischen Vollstreckungsrechts zu beantworten. Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten mit den aus ihrem Schriftsatz vom 07.07.2008 ersichtlichen Gründen.
5. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
Sie bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
2. Der Antrag auf Anerkennung des Ordnungsmittelbeschlusses als Europäischer Vollstreckungstitel ist unzulässig, da es der Antragstellerin hierfür am Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
3. Wie die Antragstellerin nicht verkennt, werden Ordnungsmittelbeschlüsse von Amts wegen vom Staat vollstreckt, § 1 I Nr. 3 JBeitrO.
Der Antragstellerin ist weiter dahin beizupflichten, dass diese Vorschrift nur Wirkung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland entfaltet.
4. Was gelten soll, wenn sich der Schuldner im Ausland aufhält und kein Zugriff auf inländisches Vermögen möglich ist, ist in der JBeitrO nicht geregelt. Soweit ersichtlich, gibt es keine zwischenstaatlichen Vereinbarungen über die Beitreibung von Ordnungsgeldern im Rahmen eines Zivilprozesses, anders als z. B. für die Beitreibung von Bußgeldern.
Insbesondere aber gibt es auch keine gesetzliche Bestimmung, die es dem "Gläubiger" erlaubte, an Stelle der Vollstreckungsbehörden gemäß § 4 JBeitrO ein Ordnungsgeld im Ausland einzutreiben.
5. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nicht nur ein Ordnungsgeld ausgesprochen worden ist, sondern zugleich für den Fall der Nicht-Beitreibbarkeit Ordnungshaft, zu vollstrecken am Geschäftsführer der Antragsgegnerin, angeordnet ist.
Insbesondere letzteres dürfte schon aus grundsätzlichen Erwägungen (kein Schuldturm) nicht in die Hände einer Partei gelegt werden können.
6. Darüber hinaus wird ein mit Ersatzordnunghaft beaufschlagtes Ordnungsgeld auch nicht als Forderung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 EuVTVO angesehen werden können, jedenfalls ist es keine Forderung des "Gläubigers", hier also der Antragstellerin.
7. Ob der Staat, dem die Vollstreckung obliegt, seinerseits die Anerkennung eines Ordnungsmittelbeschlusses gemäß § 890 ZPO als Europäischer Vollstreckungstitel beantragen will, muss ihm überlassen werden.
8. Kosten: § 97 I ZPO.
9. Da dieses Problem über den hier zur Entscheidung stehenden Einzelfall grundsätzliche Bedeutung hat, ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen, § 574 I Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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