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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 21.07.2004
Aktenzeichen: 7 U 1800/04
Rechtsgebiete: HGB, BGB, AGBG


Vorschriften:

HGB § 89 b
HGB § 89 b Abs. 1
HGB § 89 b Abs. 1 Nr. 3
HGB § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
HGB § 89 b Abs. 1 Ziffer 3
HGB § 89 b Abs. 3
HGB § 89 b Abs. 4
BGB §§ 307 ff.
AGBG § 9 Abs. 1

Entscheidung wurde am 10.02.2005 korrigiert: der Entscheidung wurde ein Leitsatz hinzugefügt
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen 7 U 1800/04

Verkündet am 21.07.2004

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23.06.2004

folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.12.2003 aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Kläger.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten restlichen Handelsvertreterausgleich. Die Parteien streiten um die Anrechnung von Leistungen der Beklagten zur Finanzierung einer Altersversorgung des Klägers auf den Ausgleichsanspruch.

Der am 05.12.1954 geborene Kläger schloss mit der ... am 07./13.07.1984 einen Versicherungsvertretervertrag (Anlage A 1), nach dem der Kläger als selbständiger Versicherungsvertreter im Hauptberuf tätig werden sollte. Am 13.12.1996 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger mit den Spartenunternehmen a) ..., b) ..., c) ..., d) ... und e) ... in direkte Vertragsbeziehungen tritt auf der Grundlage des bisher mit der ... bestehenden Vertretervertrages. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte hinsichtlich des streitgegenständlichen Handelsvertreterausgleichsanspruchs passiv-legitimiert ist.

Der Kläger schloss bei der Beklagten zwei Lebensversicherungen mit den Nummern ... und ... ab. Bereits vor Abschluss des Vertretervertrages hatte der Kläger ein Merkblatt über die Beitragsbeteiligung der ... zur Lebensversicherung (Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.8.2003) erhalten, in dem unter Ziffer 4 der ergänzenden Bestimmungen folgendes ausgeführt ist:

4. Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b Handelsgesetzbuch

Es besteht Einigkeit zwischen der ... und dem Mitarbeiter, dass insoweit die Voraussetzungen für die Entstehung und die Bemessung eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 89 b HGB nicht erfüllt sind und die Zahlung eines Ausgleichs nicht der Billigkeit entspricht, als die ... Leistungen für die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung dienenden Lebensversicherung des Mitarbeiters erbringt oder erbracht hat.

Am 23.12.1989 hat der Kläger mit der ... die Vereinbarung über die Zusatzversorgung des hauptberuflichen Werbeaußendienstes der ... abgeschlossen (Anlage B 4), die in § 3 die Bedingungen für den zu gewährenden Zuschuss zur Lebensversicherung regelt. § 7 der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:

Ausgleich gemäß § 89 b HGB

Es besteht Einigkeit zwischen der ... und dem Mitarbeiter, dass insoweit die Voraussetzungen für die Entstehung und die Bemessung eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 89 b nicht erfüllt sind und die Zahlung eines Ausgleichs nicht der Billigkeit entspricht, als der Mitarbeiter von der ... finanzierte Versicherungsleistungen erhalten oder zu erwarten hat.

Die Lebensversicherung Nr. ... wurde auf Antrag des Klägers vom 23.12.1989 für die Zeit vom 1.1.1990 bis 1.1.2015 abgeschlossen; die Prämie betrug monatlich 565 DM.

Mit Eingang der Antragsunterlagen des Klägers bei der ... wurde die Zuschusszahlung seitens der ... mit Wirkung zum 01.01.1990 aufgenommen. Der Zuschuss zur Lebensversicherung Nr. ... betrug monatlich 50,00 DM, während der Zuschuss zur Lebensversicherung Nr. ..., entsprechend den Regelungen in § 3 der Vereinbarung zur Zusatzversorgung (Anlage A 4) in unterschiedlicher Höhe, bemessen nach den jährlichen Provisionsgutschriften auf dem Erfolgskonto, in einem nach § 3 der Vereinbarung vom 23.12.1989 (Anlage A 4) errechneten einmaligen Jahresbetrag an den Kläger ausbezahlt wurde. Die Zuschüsse betrugen für die Versicherung Nr. ... insgesamt 33.740,78 DM und für die Lebensversicherung Nr. ... insgesamt 7.200,00 DM. Auf die Lebensversicherung Nr. ... wurden Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 76.275,00 DM einbezahlt.

Die Versicherung Nr. ... endet zum 01.01.2015, die Versicherung mit der Nr. ... zum 01.03.2015.

Mit Schreiben vom 23.06.2000 kündigte die ...stellvertretend für die oben genannten fünf Spartenunternehmen das jeweils bestehende Vertretervertragsverhältnis ordentlich zum 31.03.2001. In der Folge machte der Kläger seinen Ausgleichsanspruch geltend. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 12.04.2001 (Anlage A 6) dem Kläger mit, der Gesamtausgleich betrage 76.846,11 DM. Von diesem Betrag seien wegen der Beitragsbeteiligung der Beklagten zu den Lebensversicherungen von 7.200,00 DM und 49.268,00 DM, insgesamt 56.468,00 DM, abzuziehen, so dass sich ein auszuzahlender Betrag von 20.378,11 DM ergebe. Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 24.07.2002 (Anlage A 12) gegen den vorgenommenen Abzug.

Die Rechte aus den Lebensversicherungen durften gemäß Ziffer 2 des Merkblattes über die Beitragsbeteiligung der ... zu Lebensversicherungen (Anlage B 3/1) nicht abgetreten oder verpfändet werden. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses war, wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.6.2004 unwidersprochen dargelegt hat, ein Teilrückkauf der Lebensversicherung an die Beklagte möglich und das Abtretungs- und Verpfändungsverbot nicht mehr wirksam.

Der Kläger, der den Umfang der von der Beklagten erbrachten Beteiligungen zunächst in Zweifel gezogen hatte, hat die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 07.10.2000 angegebenen Beträge zu den geleisteten Versicherungsprämien und den Barwert der Lebensversicherung Nr. ... zum 01.04.2001 mit errechneten 111.365,00 DM nicht mehr bestritten.

Der Kläger ist der Auffassung, von dem ihm zustehenden Ausgleichsanspruch von 76.846,11 DM sei ein Abzug der Leistungen der Beklagten zu seiner Altersversorgung nicht vorzunehmen. Dieser sei weder wirksam vertraglich zwischen den Parteien vereinbart worden, noch entspreche er der Billigkeit.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 28.871,63 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach dem Diskontüberleitungsgesetz seit dem 19.11.2002 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ausgeführt, der vorgenommene Abzug sei zu Recht erfolgt. Die Vereinbarung über den Abzug der Leistungen der Beklagten zur Altersversorgung des Klägers von dessen Ausgleichsanspruch sei wirksam. Der Abzug sei auch ohne Vereinbarung im Rahmen der nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB vorzunehmenden Billigkeitserwägungen bei der Ermittlung des Handelsvertreterausgleichs vorzunehmen. Der Abzug in der geltend gemachten Höhe sei rechtmäßig.

Weil die Beklagte 44,24 % der Einzahlungen auf die Kapitallebensversicherung Nr. ... erbracht habe, könne sie von dem Barwert zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertretervertragsverhältnisses von insgesamt 111.365,00 DM einen Anteil von 44,24 %, entsprechend 49.268,00 DM (= 25.190,33 EUR) in Abzug bringen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass bei der Ermittlung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs gemäß § 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB im vorliegenden Fall die Nichtanrechnung der Leistungen der Beklagten zur Altersversorgung der Billigkeit entspreche. Eine wirksame Vereinbarung über die Anrechnung dieser Leistungen könne durch Merkblätter bzw. Formularvereinbarungen nicht getroffen werden. Ein Abzug der

Leistungen der Beklagten zur Altersversorgung des Klägers entspreche nicht der Billigkeit, da die beiden Lebensversicherungen erst 14 Jahre nach Beendigung des Vertretervertrages fällig werden und dem Kläger von den errechneten 76.846,11 DM Vertreterausgleich lediglich 20.378,11 DM ausbezahlt würden, was zu Nachteilen bei dem Aufbau einer neuen Existenz führe, und ein Rückkauf einer Lebensversicherung vor Fälligkeit regelmäßig mit ganz erheblichen finanziellen Verlusten verbunden sei. Eine Verwirkung sei schon wegen Fehlens des Umstandsmomentes zu verneinen.

Gegen das ihr am 03.01.2004 zugestellte Urteil des Landgerichts München I hat die Beklagte am 29.01.2004 Berufung eingelegt und diese am letzten Tag der bis zum 05.04.2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Die Beklagte trägt vor, das Landgericht habe die Billigkeitsformel des § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB unzutreffend angewendet. Der Handelsvertreterausgleichsanspruch enthalte Elemente der Versorgung. Die Beklagte habe im Einverständnis mit dem Kläger Leistungen für dessen Altersversorgung erbracht, die dieser andernfalls aus seinem laufenden Einkommen hätte bestreiten müssen. Eine solche Altersversorgung sei auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen, um im Ergebnis eine Doppelbelastung des Unternehmers zu vermeiden. Der Kläger habe auch die Wahl gehabt sich zu entscheiden zwischen Ausgleich und Versorgung. In der Vereinbarung zur Zusatzversorgung vom 23.12.1989 sei die Anrechnung der von der Beklagten finanzierten Versicherungsleistungen auf den Versorgungsausgleich wirksam geregelt worden. Zumindest sei eine entsprechende Vereinbarung konkludent geschlossen worden durch Inanspruchnahme der Leistungen der Beklagten in Kenntnis der von der Beklagten verlangten Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch. Diese Regelung habe für den Kläger auch den Vorteil gehabt, dass er die entsprechenden Altersversorgungsleistungen bei einer eigenen Kündigung nicht verliert.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 23.12.2003 -Az. 13 HKO 10668/03 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, die Vereinbarung über die Anrechnung der Leistungen der Beklagten zur Versorgung des Klägers sei unwirksam. Zudem verstießen die Regelungen in den Merkblättern und Richtlinien gegen das AGBG bzw. die §§ 307 ff. BGB. Eine ausdrückliche oder konkludent geschlossene Vereinbarung sei nicht substantiiert dargetan. Die Beklagte habe lediglich Zuschüsse zu eigenen Leistungen des Klägers auf die Lebensversicherungsverträge erbracht. Die aus den Lebensversicherungsverträgen resultierenden Ansprüche seien rechtlich nicht teilbar. Sie gebührten ausschließlich dem Kläger.

Zu den Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts München I vom 23.12.2003 sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unbegründet, weil die Beklagte die Abzüge vom Ausgleichsanspruch des Klägers zu Recht vorgenommen hat.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b Abs. 1 HGB dem Grunde nach zu nach der von dieser zum 31.03.2001 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung des Vertretervertrages. Die Höhe des Ausgleichsbetrages von insgesamt 76.846,11 DM ist unstreitig. Die Beklagte war berechtigt, den von ihr vorgenommenen Abzug von insgesamt 56.468,00 DM vorzunehmen. Der Senat lässt offen, ob die in § 7 der Vereinbarung vom 23.12.1989 über die Zusatzversorgung des hauptberuflichen Werbeaussendienstes der ... enthaltene Regelung rechtlich wirksam ist oder aber als unwirksame automatische Anrechnungsregelung wegen Verstoßes gegen § 89 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 HGB i.V. § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam ist (vgl. hierzu BGH NJW 2003, 1244, 1246). Denn die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Ausgleichsanspruchs entspricht der Billigkeit.

Die Zahlung eines Ausgleichs muss nach § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls der Billigkeit entsprechen.

Im vorliegenden Fall war der Kläger ca. 17 Jahre für die Beklagte tätig und bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses 46 Jahre alt. Die von der Beklagten angebotenen, von ihm abgeschlossenen Lebensversicherungen liefen bei Vertragsbeendigung bereits ca. 12 Jahre. Sie wurden erst nach weiteren ca. 14 Jahren zur Auszahlung fällig. Der Abschluss dieser Lebensversicherungen erfolgte freiwillig. Der Kläger hat hierzu überwiegende Leistungen aus eigenen Mitteln erbracht. Durch die Zuschüsse der Beklagten erlangte der Kläger zunächst zusätzliche Mittel. Eine Anrechnung dieser Zuschüsse auf die von der Beklagten zu zahlenden Provisionen war nicht vereinbart. Die Höhe der Zuschüsse der Beklagten zur Lebensversicherung Nr. ... richtete sich lediglich nach dem vom Kläger pro Geschäftsjahr erreichten Provisionsaufkommen. Letztlich sollten jedoch auch die von der Beklagten geleisteten Zuschüsse aus der Vermögensmasse des Klägers geleistet werden, weil nach den in dem Merkblatt bzw. in der Vereinbarung vom 23.12.1989 enthaltenen Regelungen über den Ausgleichsanspruch - unabhängig von der Frage der Wirksamkeit dieser Regelung - ein Abzug vom Ausgleichsanspruch des Klägers angekündigt war. Die Lebensversicherungen konnten während des bestehenden Vertretervertragsverhältnisses weder abgetreten noch gepfändet werden. Jedoch ist nach dessen Beendigung eine Beleihung oder Verwertung möglich. Es war dem Kläger somit möglich, den auf die Zuschüsse der Beklagten entfallenden Anteil bei Beendigung des Vertretervertrages zu veräußern, um sich liquide Mitte! zu verschaffen. Der Kläger war durch diese Teilveräußerung insbesondere nicht gezwungen, den von ihm selbst finanzierten, nicht durch die Zuschüsse der Beklagten abgedeckten Anteil an den Lebensversicherungen zu veräußern und dadurch den für ihn ungünstigeren Barwert in vollem Umfang zu realisieren. Er war damit in der Lage, unmittelbar nach der Kündigung des Vertretervertrages weitere Mittel zur Schaffung einer neuen Existenz zu erlangen, ohne den Teil der Lebensversicherung aufzulösen, der durch die aus eigenen Mitteln finanzierten Beitragsanteile gebildet worden ist. Der Kläger hat auch nicht substantiiert vorgetragen, welche Geldmittel er zur Verwirklichung konkreter zukünftiger Berufspläne benötigt. Besonders zu berücksichtigen ist weiter, dass der Kläger durch die abgeschlossenen Lebensversicherungen Leistungsansprüche erwirbt, die auch bei Vorliegen der in § 89 b Abs. 3 HGB genannten Ausschlussgründe für den Ausgleichsanspruch bestehen bleiben.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind im Regelfall Leistungen des Prinzipals für die Altersversorgung des Handelsvertreters, die dieser andernfalls aus seinen laufendem Einkommen bestreiten müsste, auf den Ausgleichsanspruch im Rahmen der Billigkeitsprüfung anzurechnen, um im Ergebnis eine Doppelbelastung des Unternehmers zu vermeiden (vgl. BGH NJW 2003, 1244; NJW 2003, 3350, 3351). Im Hinblick auf die von der Beklagten tatsächlich gezahlten 7.200,00 DM und 33.740,78 DM wäre dies ohne die Anrechnung der Fall. Die Restlaufzeit von noch ca. 14 Jahren führt zu keiner anderen Beurteilung. Im Einzelfall kann eine lange zeitliche Differenz zwischen der Beendigung des Handelsvertretervertrages und der Fälligkeit des Versorgungsanspruches einer Anrechnung zwar entgegenstehen. Der BGH hat (WM 1994, 1118) die Nichtanrechnung der Altersversorgung bei einer Fälligkeitsdifferenz von 21 Jahren unbeanstandet gelassen, wenn keine wirksame Anrechnungsvereinbarung getroffen worden ist. Im vorliegenden Fall ist die zeitliche Differenz mit 14 Jahren aber wesentlich geringer. Bei der Abwägung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung kommt auch dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Kläger mit der Regelung bei gegebener Wahlmöglichkeit einverstanden war und sie demnach zunächst selbst nicht als unbillig angesehen hat. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger die Lebensversicherungen ganz oder teilweise veräußern oder beleihen und sich dadurch zeitnah zur Beendigung des Vertretervertragsverhältnisses Mittel beschaffen kann, so dass die Existenzsicherungsfunktion, die der Ausgleichsanspruch auch hat, erhalten geblieben ist.

Soweit der Kläger auf das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 19.09.1996 (CD DRst Nr. 1997/3395) verweist, in dem eine Kürzung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs verneint wurde, wenn zwischen dem Ausscheiden des Handelsvertreters und dem Einsetzen der Zahlung von Altersrente aus einer vom Unternehmer finanzierten Direktversicherung ein Zeitraum von 13 Jahren liegt, folgt der Senat dieser Auffassung für den vorliegenden Fall nicht. Im dortigen Verfahren konnte die Rentenanwartschaft weder kapitalisiert noch beliehen werden, was im vorliegenden Fall möglich ist. Selbst wenn der Kläger im vorliegenden Fall aus steuerrechtlichen Gründen gehindert wäre, die Lebensversicherung zu kapitalisieren, stünde dies dem Abzug der Zuschüsse des Prinzipals von seinem Ausgleichsanspruch nicht entgegen, weil sich der Kläger - wie bereits erwähnt -von Anfang an freiwillig zu dem Abschluss dieser Versicherung entschlossen hat in Kenntnis der Laufzeit und der Berücksichtigung des mit dieser Versicherung verbundenen Vorteils der Unverfallbarkeit.

Die Beklagte war berechtigt, bei der Berechnung des Ausgleichsbetrages für die Lebensversicherung Nr. ... einen Barwert von 49.268,00 DM in Abzug zu bringen. Die Beklagte hat in zulässiger Weise den Abzug nach dem auf die Leistung ihrer Zuschüsse entfallenden Anteil an der Lebensversicherung von 44,25 % des Prämienaufkommens bemessen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass sie dabei den auf den von ihr finanzierten Anteil entfallenden Zinsanteil hinzugerechnet hat, da sie ihre Zuschüsse während des bestehenden Handelsvertretervertragsverhältnisses und damit vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs erbracht hat. Es entspricht daher der Billigkeit, dass die Verzinsung auf diese faktisch "vorschussweisen" Zahlungen auf den Vertreterausgleich der Beklagten gutgeschrieben werden. Diese Zinsanteile entsprechen der Differenz zum anteiligen Barwert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die Rechtssache hat, weil sie auf Einzelabwägung beruht, keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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