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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 20.12.2000
Aktenzeichen: 7 U 2580/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 477
BGB § 823
BGB § 463
BGB § 426
BGB § 651 Abs. 1
BGB § 254
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 677 ff.
BGB § 683
BGB § 426 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Haben die Parteien eines Zuliefervertrages über ein Serienprodukt vereinbart, daß das Produkt im Falle einer Abänderung seiner Beschaffenheit vor Auslieferung einer Freigabe durch den Besteller bedarf, so kann der Lieferant davon ausgehen, daß sich der Besteller nach Anzeige einer Materialänderung unter Vorlage eines Musters selbst ein Bild von dem neuen Material machen wird. Den Besteller triff ein erhebliches Mitverschulden an einem etwaigen später durch das neue Material verursachten Schaden, wenn er eine Untersuchung des Musters vor Erteilung der Freigabe unterläßt. Das Mitverschulden kann im Einzelfall dazu führen, daß eine Ersatzpflicht des Lieferanten für Folgeschäden völlig entfällt.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 2580/00 14 HKO 4323/99 LG München I

Verkündet am 20.12.2000

Die Urkundsbeamtin: Haindl Justizangestellte

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erläßt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Goller und die Richter am Oberlandesgericht Maier und Glocker aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2000 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 11.02.2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 75.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Beschwer der Klägerin im Berufungsverfahren übersteigt DM 60.000,00.

Tatbestand:

Die Klägerin fordert von der Beklagten Schadensersatz wegen Zulieferung eines Potentiometers, der die Funktionsfähigkeit von der Klägerin hergestellter Bauteile für den Betrieb von Bussen und Lkw beeinträchtigt und so eine Rückrufaktion der betroffenen Fahrzeugproduzenten ausgelöst haben soll.

Die Klägerin fertigt als Zulieferer der Automobilindustrie sogenannte Sollwertgeber für die Produktion von Bussen und Lkw's, die die Aufgabe haben, den Druck auf das Gaspedal des Fahrzeugs im Rahmen einer sogenannten E-Gas-Anlage geregelt in Motorkraft umzusetzen. Der Sollwertgeber seinerseits ist in ein Aluminiumgehäuse eingebaut und enthält u.a. ein Potentiometer (Drehwiderstand), das der Umsetzung der Fahrpedalstellung in ein Spannungssignal dient. Ferner sind in die streitgegenständlichen Sollwertgeber der Klägerin zwei ungekapselte Schaltkontakte zu Sicherheits- und Steuerfunktionen installiert. Einer dieser Schalter kontrolliert, ob die Stellung des Gaspedals dem vom Potentiometer jeweils signalisierten Wert entspricht. Bei Unregelmäßigkeiten regelt dieser Sicherheitsschalter die Motorleistung sofort um bis zu 70 % ab. Auch das Potentiometer besteht wiederum aus Einzelteilen, die mittels einer Vergußmasse in einem Gehäuse verankert sind.

Die Klägerin bezog die von ihr benötigten gekapselten Potentiometer seit 1989 von der Beklagten, die seinerzeit für eine Konkurrentin "eingesprungen" war. Ein schriftlicher Liefervertrag ist nie geschlossen worden. Die Parteien bestellten bzw. lieferten jeweils unter Bezugnahme auf ihre AGB. Im Vorfeld der Vertragsbeziehungen hatte die Beklagte zunächst auf der Basis von der Klägerin vorgelegter Zeichnungen (vgl. Anlage B 1) eine technische Spezifikation für das zu liefernde Potentiometer erstellt (vgl. Anlage V 2 bzw. B 44). Hiernach durfte das Gerät keinerlei Einbaubeschränkungen unterliegen. Eine spezifische Vorgabe für die Vergußmasse gab es nicht. Jede Änderung des Potentiometers war allerdings mit der Klägerin abzustimmen. Im folgenden fanden dann mehrere Besprechungen zwischen den Parteien statt, in einem Falle auch unter Beteiligung von Vertretern eines Hauptkunden der Klägerin, der damaligen D AG. Bei den Gesprächen ging es jedenfalls u.a. immer wieder darum, das Potentiometer als solches mängelfrei zu gestalten.

Inwieweit der Beklagten darüber hinaus auch der Verwendungszweck des Potentiometers bzw. seine Funktion im Sollwertgeber und die daraus abzuleitenden Anforderungen näher erläutert wurden, ist strittig. Unstreitig war die Beklagte allerdings in die Gesamtsystemverantwortung für die Sollwertgeber vertraglich nicht eingebunden.

Die Parteien nahmen ferner in den Jahren 1988/89 parallel zur Vorbereitung der Produktion des Potentiometers die gemeinsame Entwicklung eines E-Gas-3-Sollwertgebers auf. In diesem Projekt hatte es die Beklagte selbst übernommen, ungekapselte Schalter auf den von ihr hier ebenfalls zu liefernden Potentiometer aufzubauen. Die Beklagte machte die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Problematik der Verwendung von Silikon in der Umgebung ungekapselter Schalter aufmerksam. Bei Schaltvorgängen kommt es nämlich nach wissenschaftlich gesicherten Feststellungen zur Freisetzung von Energie, was dazu führen kann, daß sich ausgegastes Silikon als Siliciumdioxyd auf Kontaktteilen niederschlägt, diese dabei mehr oder weniger isoliert und dadurch die Schaltfähigkeit negativ beeinflußt (vgl. Anlage V 3).

Im zweiten Halbjahr 1989 wurde das für die streitgegenständliche E-Gas-Anlage bestimmte Potentiometer von der Klägerin zur Serienfertigung freigegeben. Die Serienlieferung begann; die Potentiometer wurden in die Sollwertgeber der Klägerin eingebaut. Zu Beanstandungen kam es zunächst nicht. Im März 1993 kündigte die Beklagte der Klägerin dann an, daß sie plane, die bisher für das Potentiometer verwendete Vergußmasse durch eine neue Masse zu ersetzen, die besser verarbeitet werden könne. Hintergrund hierfür war, daß sich die Beklagte zunehmendem Kostendruck ausgesetzt sah. Zur Abstimmung des Materialwechsels übersandte die Beklagte zwei bereits vergossene Potentiometer als Belegmuster. Die neue Masse basiere ebenfalls auf formulierten Epoxidharzen. Man habe die Masse auch einem im einzelnen näher dargelegten Test unterzogen. Die Beklagte garantiere die Qualität der Vergußmasse (vgl. im einzelnen Anlage V 5 nebst anliegendem Datenblatt). Die Klägerin forderte die Beklagte hieraufhin auf, weitere Prüfungen durchzuführen und die Vergußmasse nach positivem Abschluß der Tests zur Freigabe vorzustellen.

Die Beklagte stellte der Klägerin schließlich mit Erstmusterprüfbericht vom 29.04.1994 die überarbeiteten Potentiometer vor. Sie wies darauf hin, daß u.a. eine Änderung der Vergußmasse erfolgt sei. Zur Zusammensetzung der neuen Vergußmasse i.e. gab die Beklagte allerdings keine weitere Erklärung ab. Die Klägerin führte im folgenden unstreitig keine Prüfung der Vergußmasse durch, sondern erteilte am 08.06.1994 die Freigabe (vgl. Anlage B 13). Aufgrund der Freigabe nahm die Beklagte in der 33. Kalenderwoche 1994 die Lieferung der geänderten Potentiometer auf. Sie lieferte der Klägerin bis zur 13. Kalenderwoche 1996 insgesamt 197.250 Potentiometer mit umgestellter Vergußmasse, die Silikon enthielt; 54.078 Drehwiderstände entfielen auf einen Typ, von dem eine i.e. streitige Teilmenge nach Behauptungen der Klägerin zu Systemausfällen mit der Folge von Notabriegelungen der betroffenen Motoren in insgesamt 12.431 Fahrzeugen der D AG und der E GmbH geführt haben soll. Die fraglichen Potentiometer wurden im Zeitraum 29.07.1994 bzw. 04.10.1994 und 11.03.1996 bzw. 17.03.1996 ausgeliefert.

Unstreitig gestand die Beklagte mit Schreiben vom 19.03.1996 zu, daß eine Untersuchung der neuen, ab 1994 verwendeten Vergußmasse den Nachweis von Siliciumverbindungen erbracht habe (vgl. Anlage V 7). Ab der 13. Kalenderwoche 1996 produzierte die Beklagte dann ihre Potentiometer wieder unter Verwendung der alten, bis 1994 verwendeten Vergußmasse. Über Systemausfälle der zuvor dargestellten Art ist seither nichts mehr bekannt geworden.

Im Mai 1996 starteten die belieferten Kunden der Klägerin eine "stille Rückrufaktion", in deren Verlauf im Zeitraum 33. KW 1994 bis 13. KW 1996 gelieferte Sollwertgeber aus den betroffenen Fahrzeugen ausgebaut und durch neue Sollwertgeber ersetzt wurden. Die der Klägerin hieraus erwachsenen Kosten sind streitig. Die Klägerin vertrat die Auffassung, daß die Beklagte für den Schaden geradezustehen habe. Die Beklagte lehnte es mit Schreiben vom 29.03.1996 jedoch ab, Belastungen irgendwelcher Art in diesem Zusammenhang anzuerkennen. Die Klägerin zeigte der Beklagten hierauf mit Schreiben vom 03.04.1996 formell an, daß in der umgestellten Vergußmasse der gelieferten Potentiometer siliciumhaltige Verbindungen enthalten gewesen seien, was die Ursache der aufgetretenen Schäden gewesen sei (vgl. im einzelnen Anlage V 11). Danach blieben die Parteien zunächst weiter in Verbindung (vgl. z.B. Anlage B 21). Die Haftpflichtversicherung der Beklagten ließ technische Untersuchungen über einen möglichen Zusammenhang zwischen der Umstellung der Vergußmasse des Potentiometers der Beklagten und den konstatierten Ausfällen von Sollwertgebern der Klägerin anstellen, die zu dem Ergebnis kamen, daß ein solcher Zusammenhang nicht erkennbar sei (vgl. Anlagen B 10, B 11). Auf Bitten der Klägerin bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 15.10.1996, daß sie zur Vermeidung eines Rechtsstreits auf die Erhebung der Einrede der Verjährung von Ansprüchen der Klägerin wegen der behaupteten Mangelhaftigkeit der Potentiometer bis zum 29.11.1996 verzichte. Diese Erklärung gelte allerdings nur für solche Ansprüche, die zum Zeitpunkt ihrer Abgabe nicht bereits verjährt seien (vgl. Anlage BB 5). Die Beklagte hat ihren Einredeverzicht später mehrfach, zuletzt bis 30.11.1998 verlängert (vgl. Anlage V 12). Am 25.11.1998 hat die Klägerin Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides gegen die Beklagte in vorliegender Sache gestellt. Der Mahnbescheid wurde am 16.12.1998 erlassen und am 23.12.1998 zugestellt. Am 29.12.1998 erhob die Beklagte Widerspruch. Am 10.03.1999 ist schließlich die streitgegenständliche Klage bei Gericht eingegangen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte sei im Zuge der Gespräche über die Produktion des Potentiometers, die in den Jahren 1987 ff. geführt worden seien, mehrfach über den Zweck und die Art der Weiterverarbeitung des Drehwiderstandes bzw. die Funktion des Sollwertgebers informiert worden, in einem Falle maßgeblich auch unter Heranziehung eines Schnittmodelles des Sollwertgebers. Die Beklagte habe keinen Zweifel daran gelassen, daß sie verstanden habe, daß das von ihr zu liefernde Potentiometer in räumlich engem Zusammenhang mit ungekapselten Schaltkontakten in einem Gehäuse eingebaut werden werde. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen müsse in der Nähe ungekapselter Schaltkontakte aber die Verwendung von Silikon unbedingt vermieden werden. Die Beklagte habe als Spezialistin hier überlegenes Sachwissen gehabt. Dies ergebe sich schon aus den Hinweisen der Beklagten im Zusammenhang mit der Entwicklung der E-Gas-3-Anlage. Außerdem habe die Beklagte selbst im Zuge der Entwicklung der neuen Vergußmasse das Silikonproblem in Gesprächen mit ihrem Zulieferer thematisiert und sich zusichern lassen, daß Probleme mit freiem Silikon nicht auftreten könnten (vgl. Anlagen B 18 ff). Dies dokumentiere nochmals deutlich, daß die Silikonproblematik erkannt worden sei.

Nach Eingang der Ankündigung der Beklagten, sie plane die bisher, verwendete Vergußmasse durch eine neue Masse zu ersetzen, habe die Klägerin die von der Beklagten übersandten Erstmuster hinsichtlich ihrer Lebensdauer in einem Sollwertgeber getestet. Aufgrund der permanenten Funktionskontrolle, der in diesem Test auch die im Sollwertgeber eingebauten Schalter unterzogen gewesen seien, habe dieser Test zugleich eine Prüfung auf das Vorhandensein von Silikon dargestellt; die Schalter wären ausgefallen, wenn Silikon in der Vergußmasse enthalten gewesen wäre. Die Erstmuster hätten aber wie die bisher verwendete Vergußmasse kein Silikon enthalten. Besondere Hinweise über die Zusammensetzung der neuen Vergußmasse habe die Klägerin im übrigen nicht erhalten; das ihr übermittelte Datenblatt sei nicht geeignet gewesen, Mißtrauen bei der Klägerin zu erwecken. Als die Beklagte schließlich um Freigabe der neuen Geräte gebeten habe, habe die Klägerin angenommen, daß die bereits bemusterte neue Vergußmasse jetzt zum Einsatz kommen solle. Sie habe aus diesem Grunde keine (neuerlichen) Untersuchungen angestellt, sondern nach Prüfung der anderen angezeigten Änderungen die Freigabe erklärt. Die nunmehr in Serie gefertigten Potentiomenter hätten indessen Silikon enthalten; ein Vergleich der zum Erstmuster übermittelten Daten (vgl. Anlage V 5; 0,25 % Gewichstverlust) mit später ermittelten Gewichtsdaten des neuen Serienprodukts (vgl. Anlage V 23) belege, daß beide Vergußmassen nicht identisch seien. Die Silikonausgasungen der neuen Potentiometer hätten zu den beobachteten Motorschäden geführt; es werde bestritten, daß die Schäden nur in einem Sollwertgebertyp aufgetreten seien, der ein bestimmtes Zeitschaltrelais enthalten habe. Seit Mitte 1995 sei es zu "unspezifischen Reklamationen" von Endkunden gekommen. Die Klägerin habe sofort versucht, die Ursache für diese Reklamationen zu ermitteln, habe aber erst in der 10. KW 1996 das Silikon in der Vergußmasse des Potentiometers als Ursache erkannt. Die Beklagte habe dies mit Schreiben Anlage V 7 im übrigen dann auch zugestanden. Als Folge der "stillen Rückrufaktion" der klägerischen Kunden seien die im Zeitraum KW 33/94 bis KW 13/96 produzierten, schadenhaften Sollwertgeber ausgetauscht worden. Es habe sich ausschließlich um Geräte gehandelt, bei denen durch Austritt von Silikon aus der Vergußmasse Kontaktprobleme am Leergasschafter aufgetreten seien (vgl. Aktionsanweisung Anlage V 8). Insgesamt seien 9.585 Sollwertgeber aus Fahrzeugen der D-B AG und 2.846 Sollwertgeber aus Fahrzeugen der E-Bus GmbH ersetzt worden. Für die Auswechselung habe die Klägerin entsprechend einer Vereinbarung mit den Kunden einen Pauschalpreis von DM 200,00 pro Sollwertgeber zu entrichten gehabt; hinzuzurechnen seien die Herstellungskosten für den Sollwertgeber, die sich gemittelt auf DM 121,85 pro Stück netto belaufen würden (vgl. Anlage V 10). Ein Austausch lediglich der schadensverursachenden Potentiometer aus den betroffenen Sollwertgebern sei weder technisch noch ökonomisch sinnvoll gewesen, zumal das flüchtige Silikon alle Baugruppen im Inneren der Sollwertgeber kontaminiert habe und eine vollständige Reinigung aller Bauteile nicht möglich gewesen sei. Eine Addition der von der Klägerin aufgewendeten Beträge ergebe die Klagesumme.

Die Beklagte schulde Ersatz aus Gewährleistungsrecht, aus pVV wie aus Deliktsrecht. Ein Mitverschulden brauche sich die Klägerin nicht anrechnen zu lassen. Insbesondere habe sie nach dem Stand der Technik wie geschehen offene Schalter in Sollwertgebern installieren können. Die Klägerin habe auch keine Untersuchungspflichten verletzt; es habe keinerlei Veranlassung bestanden, die neue Vergußmasse vor ihrer Freigabe nochmals auf Silikon zu testen. Soweit die Beklagte Verjährung einwendet, verweise die Klägerin auf die Einredeverzichtserklärungen der Beklagten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 4.000.917,35 nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 23.12.1998 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat bestritten, von der Klägerin vor Freigabe der ursprünglich produzierten Potentiometer jemals über die übrigen Komponenten des Sollwertgebers informiert worden zu sein. In allen Gesprächen sei es nur um die Funktion des Potentiometers als solche gegangen. Ein Schnittmodell sei der Beklagten allenfalls "en passant" gezeigt worden, ohne daß sich hieraus Erkenntnisse über technische Details ergeben hätten. Die Beklagte habe mit ungekapselten Schaltkontakten im Sollwertgeber auch nicht rechnen müssen; eine solche Anordnung habe dem Stand der Technik widersprochen. Die Klägerin habe außerdem den gesamten Konstruktions- und Produktionsprozeß beherrschend überwacht. Der Beklagten sei niemals im Wege einer (negativen) Spezifikation abverlangt worden, daß sie bei der Produktion des Potentiometers auf Silikon verzichten müsse. Tatsächlich sei das Silikonproblem im Zusammenhang mit offenen Schaltern differenziert zu betrachten; zu Fehlfunktionen könne es hier nur unter sehr spezifischen Bedingungen kommen (vgl. im einzelnen Schriftsatz vom 02.06.1999, Seite 12, Blatt 42 d. A.). Was die Hinweise der Beklagten im Zusammenhang mit der E-Gas-3-Anlage betreffe, so habe es sich hier um ein völlig anderes Projekt gehandelt, in dem die Beklagte zudem Entwicklungsverantwortung getragen habe. Rückschlüsse auf das streitgegenständliche Produkt seien allenfalls insoweit zu ziehen, als sich für die Beklagte die Vermutung habe aufdrängen müssen, daß die Klägerin alle in die Sollwertgeber einzubauenden Teile gegen Verschmutzung durch Silikon schützen werde. Die Klägerin habe dem Silikonproblem aber - wie mehrfach belegt sei - tatsächlich nie sonderliche Beachtung geschenkt, weshalb auch zu bestreiten sei, daß die Klägerin, wäre sie von der Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß die ab 1994 eingesetzte neue Vergußmasse Silikon enthalte, eine Freigabe der Masse nicht erteilt hätte. Die Klägerin habe die ihr mit Schreiben Anlage V 5 übersandten beiden Demo-Muster des neuen Potentiometers auch keinesfalls wie behauptet getestet. Hätte sie eine Materialprüfung durchgeführt, so wäre ihr nicht entgangen, daß bereits die Vergußmasse dieser Demo-Muster Silikon enthalten habe. Demzufolge sei es natürlich auch nicht richtig, wenn die Klägerin behauptet, daß bei Fertigung der später in Serie gegangenen neuen Potentiometer eine andere Vergußmasse verwendet worden sei als bei den beiden Demo-Mustern. Tatsächlich sei jeweils die gleiche Masse verwendet worden. Wenn die Klägerin an der Silikonfrage interessiert gewesen wäre, hätte ihr im übrigen alleine schon das mit Schreiben Anlage V 5 übersandte Datenblatt Anlaß zu weiterer Prüfung bieten können, das einen Gewichtsverlust der Vergußmasse im Zuge von der Beklagten durchgeführter thermischer Tests von 0,25 % (also: eine entsprechende Ausgasung) dokumentiere. Die Klägerin habe aber auch dies nicht zum Anlaß genommen, eine eigene Untersuchung durchzuführen. Die Beklagte ihrerseits dagegen habe, um Schäden auszuschließen, vor Produktionsumstellung umfangreiche eigene Tests im Hinblick auf Emissionen aus der neuen Vergußmasse durchgeführt (vgl. Anlagen B 15 ff). Sie habe sich vom Lieferanten des Flexibilisators "Albiflex", der Streitverkündeten, sogar zusichern lassen, daß der Flexibilisator keine flüchtigen Silikonanteile emittiere (vgl. Anlagen B 18 ff). Auf diese Zusicherung habe sich die Beklagte verlassen können. Im übrigen sei zu bemerken, daß sich die Qualitätsgarantie, die die Beklagte mit Schreiben Anlage V 5 abgegeben habe, natürlich nur auf die im gleichen Schreiben angesprochenen Parameter beziehe; selbstverständlich habe die Beklagte damit nicht garantiert, daß die Vergußmasse silikonfrei sei.

Daß die Klägerin die neue Vergußmasse dann ohne weitere Tests formell freigegeben habe, habe sie selbst zugestanden. Die Beklagte bestreitet ferner, daß es einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Silikongehalt der neuen Vergußmasse und den behaupteten Schäden gebe. Wie die Untersuchungen der Haftpflichtversicherung der Beklagten belegten, seien andere Ursachen keineswegs auszuschließen, zumal Silikon bereits in der alten Vergußmasse enthalten gewesen sei. Außerdem liege die Verantwortung für die Umstellung der Vergußmasse respektive für die in diesem Zusammenhang aufgetretenen Probleme bei der Klägerin, die ihrerseits die Beklagte nicht ausreichend über die Umgebung des Potentiometers im Sollwertgeber unterrichtet habe. Letztlich belegten die vorgelegten Lieferzahlen, daß die weit überwiegende Zahl gelieferter Potentiometer mit neuer Vergußmasse nicht zu irgendwelchen Ausfällen geführt habe. Desweiteren sei zu bestreiten, daß es erst Mitte 1995 zu "unspezifischen Reklamationen" durch Endkunden gekommen sei. Die Streichliste Anlage B 22 belege, daß schon ab der 41. KW 1994 signifikante Ausfälle bei der Klägerin registriert worden seien. Bestritten werde ferner die Behauptung der Klägerin, sie habe schon Mitte 1995 versucht, die Ursache für derartige Reklamationen zu ermitteln. Tatsächlich habe die Klägerin erstmals am 12.01.1996 Schaltversuche im Komplettgerät mit Potentiometern aus damaliger Serienproduktion durchgeführt. Völlig unglaubwürdig sei, daß die Klägerin dann erst in der 10. KW 1996 das Silikon der Vergußmasse des Potentiometers als Ursache der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen entdeckt haben wolle.

Im Zuge der Rückrufaktion seien dann ganz offensichtlich undifferenziert sämtliche Sollwertgeber, die die Beklagte der Klägerin in der Vergangenheit geliefert gehabt habe, ausgetauscht worden. Von daher müsse die Beklagte auch die von der Klägerin genannten Stückzahlen angeblich geschädigter Sollwertgeber, die zum Austausch gelangt seien, bestreiten. Bestritten werde vorsorglich auch die Höhe des von der Klägerin geforderten Aufwendungsersatzes. U.a. sei in die Herstellungskosten der Preis für ein Potentiometer (DM 19,00) mit eingerechnet, der nicht vergütet worden sei, weil die Potentiometer an die Beklagte zurückgeliefert worden seien.

Rechtlich könne sich die Klägerin mangels jedweder Zusicherung der Beklagten auf Gewährleistungsrecht nicht stützen. Zudem sei keine rechtzeitige Rüge erfolgt. Die Beklagte habe auch keine Informationspflichten verletzt. Deliktsrechtliche Einsprüche scheiterten u.a. an der mangelnden Kausalität behaupteter Verletzungshandlungen für die dargestellten Schäden. Im Ergebnis könne dem Zulieferer nicht die Produktveranwortung übertragen werden. Letztlich seien alle Ansprüche der Klägerin verjährt. Die Verjährung sei bereits eingetreten gewesen, als die Beklagte erstmals eine der ihr vorgelegten Verzichtserklärungen abgegeben habe, weshalb diese ohne Wirkung geblieben seien.

Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 11.02.2000 ohne Beweisaufnahme als unbegründet abgewiesen. Zum einen berufe sich die Beklagte zu Recht auf die Einrede der Verjährung. Maßgeblich sei für alle geltend gemachten Ansprüche die Frist des § 477 BGB, weil die Ansprüche letztlich alle auf den behaupteten Sachmängeln beruhten bzw. weil das durch § 823 BGB geschützte Integritätsinteresse im vorliegenden Falle mit dem Äquivalenzinteresse voll deckungsgleich sei. Die 6-Monats-Frist sei abgelaufen, weil die letzte der streitgegenständlichen Lieferungen im März 1996 erfolgt sei. Die von der Beklagten abgegebenen Einredeverzichtserklärungen seien inhaltslos, weil sie die Beklagte nur auf solche Ansprüche habe beziehen wollen, die im Zeitpunkt der Abgabe der ersten Erklärung noch nicht verjährt gewesen seien. Letztlich sei darauf hinzuweisen, daß auch der Mahnbescheid, der am 25.11.1998 beantragt worden sei, keine verjährungsunterbrechende Wirkung habe entfalten können, da das Verfahren im folgenden nicht weiter betrieben worden sei. Im übrigen gebe es für die Klage auch keine Anspruchsgrundlage. Auf Gewährleistungsansprüche könne sich die Klägerin nicht stützen, weil die Beklagte der Klägerin nicht zugesichert habe, daß das streitgegenständliche Potentiometer silikonfrei hergestellt werde. Auch das Schreiben Anlage V 5 trage eine solche Behauptung nicht. Deliktsrechtliche Ansprüche scheiterten an der erforderlichen adäquaten Kausalität zwischen dem Handeln der Beklagten und einem möglichen Schaden von Kunden der Klägerin. Die Klägerin selbst sei es gewesen, die durch den Einbau der zugelieferten Potentiometer in ihre Sollwertgeber eine Gefahrenquelle geschaffen habe. Eigentum der Klägerin sei nicht verletzt worden. Ansprüche der Klägerin wegen Verletzung von Leistungs-, Schutz- oder Aufklärungspflichten im Rahmen vertraglicher Beziehungen könne man unterstellen, doch scheiterten solche Ansprüche an überwiegendem Mitverschulden der Klägerin, hinter dem das allenfalls geringfügige Verschulden der Beklagten zurücktrete. Entscheidend sei insoweit darauf abzustellen, daß die Beklagte in die Gesamtverantwortung für den Sollwertgeber nicht mit eingebunden gewesen sei und daß die Klägerin eine Untersuchung der neuen Vergußmasse nicht vorgenommen habe, obwohl ihr die beabsichtigten Änderungen unter Vorlage von Erstmustern angezeigt waren. Dennoch habe die Klägerin sogar die Freigabe der Vergußmasse erklärt. Die Klägerin habe sich hier nicht auf die Beklagte als "Spezialistin" verlassen dürfen, sondern habe, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen, eigene Prüfungen durchführen müssen. Zudem ergebe sich aus dem Sachvortrag der Klägerin nicht einmal zweifelsfrei, daß sie der Beklagten überhaupt klar genug dargetan habe, daß das herzustellende Potentiometer silikonfrei sein müsse.

Zur näheren Sachdarstellung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen, das der Klägerin am 21.02.2000 und der Beklagten am 18.02.2000 zugestellt wurde. Gegen das Urteil richtet sich die am 20.03.2000 bei dem Oberlandesgericht eingelegte und mit Schriftsatz vom 21.06.2000 fristgerecht begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin wiederholt im wesentlichen ihren Sachvortrag aus erster Instanz. Das von der Beklagten gelieferte Potentiometer sei ein Drehwiderstand, der in einer Vielzahl von Elektrogeräten Verwendung findet. Sein Preis sei unstreitig dementsprechend gering (ca. DM 21,00), während der Sollwertgeber als abgrenzbarer, allerdings alleine nicht verkaufbarer Bestandteil der E-Gas-Anlage einen Wert von durchschnittlich DM 121,85 verkörpere. Die Klägerin betont nochmals, daß der Beklagten vor Aufnahme der Lieferbeziehungen die Konstruktion des Sollwertgebers detailliert erläutert worden sei. Um sicher zu gehen, daß die einzelnen Komponenten des Sollwertgebers störungsfrei aufeinander abgestimmt würden, seien mehrere Gespräche geführt worden. In Sonderheit sei dabei auch deutlich geworden, daß für ein sicheres Funktionieren der gesamten Anlage die im Sollwertgeber enthaltenen ungekapselten Schaltkontakte korrekt funktionieren müßten. Unter keinen Umständen dürfe Silikon eingesetzt werden. Die Gefahr eines Ausgasens von Silikon und die daraus resultierenden Folgen seien in Fachkreisen allgemein bekannt; die Beklagte selbst habe die Klägerin in anderem Zusammenhang unstreitig darauf hingewiesen, daß im Umfeld des Potentiometers kein Silikon verwendet werden dürfe. Für die Klägerin sei der vollständige Verzicht auf Silikon eine technische Selbstverständlichkeit gewesen; sie hätte das mit der Verwendung von Silikon einhergehende Gefährdungspotential keinesfalls akzeptiert. Die Klägerin trägt nochmals vor, die mit Schreiben vom 01.03.1993 (Anlage V 5.) übersandten Belegmuster der Beklagten für das neue Potentiometer hätten kein Silikon in der Vergußmasse enthalten. Dennoch habe die Beklagte dann in der freigegebenen Serie silikonhaltiges Epoxidharz eingesetzt, ohne die Klägerin hierauf gesondert hinzuweisen. Sie, die Klägerin, sei bei der Freigabe davon ausgegangen, daß es sich bei der angezeigten Änderung der Vergußmasse um die Änderung handele, die bereits am 01.03.1993 unter Vorlage von Mustern angezeigt worden sei, die sich wiederum nach den zusätzlich geforderten Überprüfungen als qualitativ und funktionell einwandfrei erwiesen hätten. Es habe daher keine Veranlassung bestanden, die Vergußmasse selbst auf Silikongehalt hin überprüfen zu lassen.

Das Silikon sei - mit den bereits in erster Instanz geschilderten Folgen - ausgegast. Obwohl die Beklagte die Verwendung von Silikon zunächst in Abrede gestellt habe, sei die neue Vergußmasse des Potentiometers in der 10. KW 1996 eindeutig als Ursache der aufgetretenen Funktionsbeeinträchtigungen erkannt worden. Auch die Beklagte habe die Verwendung von Silikonverbindungen letztlich zugegeben (Anlage V 7) und ihre Produkte wieder auf die alte Vergußmasse umgestellt. Der gewünschte Effekt sei sofort eingetreten; die Probleme seien verschwunden. Allein daraus ergebe sich schon ein Anscheinsbeweis der Ursächlichkeit der Ausgasungen für die festgestellten Schäden. Zum Schadensumfang wiederholt die Klägerin ebenfalls ihren Sachvortrag aus erster Instanz. Die Beklagte habe ihre Einstandspflicht zwar zunächst abgelehnt, habe dann aber in einem Schreiben vom 12.04.1996 die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen betont (vgl. i.e. Anlage BB 1). Die Klägerin sei hiernach davon ausgegangen, daß weitere Gespräche stattfinden würden; eine Einigung sei möglich erschienen. Als sich dann aber die Erstellung des von der Beklagten bzw. ihrer Haftpflichtversicherung veranlaßten Gutachtens verzögert habe, habe die Klägerin die Beklagte gebeten, vorsorglich eine Verjährungsverzichtserklärung abzugeben. Dem sei die Beklagte schließlich nachgekommen (vgl. Anlage BB 5), letztlich befristet bis zum 30.11.1998. Vor Ablauf der Frist habe die Klägerin Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides eingereicht.

Rechtlich könne sich die Klägerin auf einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus Deliktsrecht stützen. Der aus den Potentiometern austretende Silikonnebel habe Eigentum der Klägerin, nämlich die Sollwertgeber, in die die Potentiometer jeweils eingebaut worden seien, beschädigt. Die Eigentumsbeschädigung sei bereits im Zeitpunkt der Verbindung der Teile eingetreten. Der Schaden sei deliktsrechtlich ersatzfähig, weil das Integritätsinteresse der Klägerin im vorliegenden Falle über das Äquivalenzinteresse (Gegenwert für den bezahlten Kaufpreis) weit hinausgehe. Ein Mitverschulden der Klägerin sei nicht erkennbar. Insbesondere sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, das ihr am 29.04.1994 übersandte Belegmuster auf Silikonhaltigkeit hin zu überprüfen, zumal sie keinen Anlaß gesehen habe anzunehmen, daß andere als die bisher unproblematischen Bestandteile in der neuen Vergußmasse enthalten sein könnten. Außerdem sei im vorliegenden Falle zu erwägen, ob die Beklagte nicht sogar arglistig gehandelt habe. Verjährung sei nicht eingetreten; mit dem Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides sei die laufende Frist unterbrochen worden. Da der Bescheid auch zugestellt worden sei, kommt es nicht darauf an, ob das Verfahren nach Einlegen des Widerspruchs sogleich weiterbetrieben worden sei. Weitere Anspruchsgrundlagen der Klägerin seien pVV (Verletzung der Hinweispflicht), § 463 BGB (Gewährleistung) sowie § 426 BGB (Gesamtschuldnerausgleich).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 11.02.2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 4.000.917,35 nebst 5 % Zinsen hieraus für den Zeitraum vom 23.09.1998 bis zum 30.04.2000 und weitere Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich dem Urteil des Landgerichts an und wiederholt ebenfalls im wesentlichen ihren Vortrag aus erster Instanz.

Zunächst sei festzuhalten, daß die Potentiometer der Beklagten stets einwandfrei funktioniert hätten. Die Beklagte habe keine mangelhaften Teile geliefert. Im übrigen bleibe die Beklagte dabei, von der Klägerin nicht wie behauptet in die Verantwortung für das Gesamtsystem (Sollwertgeber) einbezogen worden zu sein. Die Beklagte habe ein von der Klägerin im wesentlichen vorgegebenes Potentiometer nachgebaut; lediglich zur mangelfreien Gestaltung dieser Geräte hätten umfangreiche Gespräche zwischen den Parteien stattgefunden. Grob falsch sei die Behauptung, daß Gespräche geführt worden seien, um sicherzustellen, daß die einzelnen Komponenten des Sollwertgebers störungsfrei aufeinander abgestimmt würden. Bestritten werde ferner, daß die Klägerin vor dem Einsatz von Silikon im "Umfeld" des Potentiometers gewarnt habe. Auch soweit in der Spezifikation vorgesehen gewesen sei, daß das Potentiometer keinen Einbaubeschränkungen unterworfen sein dürfe, habe sich dies nur auf "lagespezifische Faktoren" bezogen. Auf die werkstoffliche Zusammensetzung des Potentiometers habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt Wert gelegt.

Die Beklagte bleibe zudem ihrerseits dabei, daß der Einsatz ungekapselter Schalter, jedenfalls soweit sie induktive Lasten trügen, im Sollwertgeber nicht dem Stand der Technik entsprochen habe. Hieraus zeige sich, daß die Klägerin gegenüber etwaigen Verschmutzungen ihrer Sicherheitskontakte vollkommen sorglos gewesen sei. Der Einsatz von Silikon in elektronischen Geräten sei demgegenüber vom Grundsatz her nicht abwegig. Von wesentlicher Bedeutung sei, daß die Klägerin die von der Beklagten mit Schreiben vom 01.03.1993 vorgestellte neue Vergußmasse bis zu deren Freigabe nie untersucht habe, obwohl die vorgelegten Unterlagen durchaus Anlaß zu Fragen hätten bieten können. Die Klägerin habe damit gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstoßen. Falsch sei die Behauptung der Klägerin, die Belegmuster zum Schreiben vom 01.03.1993 hätten kein Silikon enthalten. Die Beklagte habe hier die gleiche Vergußmasse verwendet, die später bei ihren Seriengeräten zum Einsatz gekommen sei. Wie die Anlagen B 18 ff belegten, sei die Beklagte ihrer Pflicht zur Absicherung des neuen Werkstoffes im Hinblick auf die Verwendbarkeit zur Potentiometergehäuseabdichtung in vollem Umfang nachgekommen. Über die Gefährlichkeit von Silikon für die Schalteranordnung im Sollwertgeber habe sich die Beklagte nicht erkundigt und auch nicht erkundigen können, weil ihr die Konfiguration unter Verwendung eines ungekapselten Schalters mit Lichtbogen nicht bekannt gewesen sei (s.o.). Im übrigen bestreite die Beklagte nach wie vor die Ursächlichkeit ausgasenden Silikons für die von der Klägerin behaupteten Schäden. Ein zwingender Sachzusammenhang sei nicht nachgewiesen. Zu berücksichtigen sei hier, daß andere Sollwertgebertypen, in die die Klägerin gleichfalls die nämlichen Potentiometer eingebaut habe, nicht ausgefallen seien. Soweit es zu Ausfällen gekommen sei, hätten offensichtlich spezielle Bedingungen vorgelegen. Soweit die Klägerin auf einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Umstellung der Vergußmasse und den aufgetretenen Schäden verweise, müsse man sich fragen, wieso die Klägerin von Mitte 1995 bis Mai 1996 gebraucht habe, um bei der Beklagten entsprechende Nachfragen zu stellen. Der Vortrag der Klägerin sei insoweit nicht schlüssig. Zumindest ergebe sich aus der unverhältnismäßig langen Untersuchungszeit, daß die Klägerin die Schadensursache nicht mit der gebotenen Eile erkundet habe.

Die Beklagte bestreite weiterhin, daß bei den Endkunden nur Sollwertgeber mit angeblicher Silikonbelastung ausgetauscht worden seien. Richtig sei vielmehr, daß bei M Sollwertgeber ausgetauscht worden seien, bei denen eine bestimmte Fehlermeldung aufgetreten sei. Deren Verursachung ausschließlich durch silikonbedingte Kontaktstörungen werde aber bestritten. Ferner würden die von der Klägerin behaupteten Stückzahlen und Preise bestritten. Keinesfalls bestehe ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Warenwerts der Potentiometer, weil dieser Anspruch allenfalls durch das Gewährleistungsrecht gewährt würde und sich die Beklagte jedenfalls insoweit erfolgreich auf Verjährung berufen könne. In diesem Zusammenhang lege die Beklagte weiter Wert auf die Feststellung, daß sie schon frühzeitig klargestellt habe, keine Belastungen mit irgendwelchen Kosten anerkennen zu wollen (vgl. Anlage V 11). Auch mit Schreiben Anlage BB 1 habe die Beklagte erklärt, sich in keiner Weise verantwortlich zu sehen. Aus der Einschaltung der G Gruppe habe die Klägerin ebenfalls einen Verjährungsverzicht der Beklagten nicht ableiten können. Eine solche Verzichtserklärung habe die Beklagte erstmals mit Wirkung vom 15.10.1996 abgegeben, allerdings nur bezüglich solcher Ansprüche, die zu diesem Zeitpunkt nicht bereits verjährt gewesen seien.

Rechtlich sei zunächst der Vorwurf der Arglist zurückzuweisen, zumal die Klägerin jeden Beweis dafür schuldig bleibe. Wesentlich sei, daß die Klägerin die Gesamtverantwortung für das Produkt Sollwertgeber und damit auch für den Einsatz des ausgefallenen Schalters trage. Soweit die Klägerin sich auf eine Verletzung ihres Integritätsinteresses bzw. auf die Verletzung von Informationspflichten berufe, könne sie lediglich auf die Rechtsprechung zu Fällen verweisen, in denen der Lieferant ein fehlerhaftes Produkt geliefert habe. Genau dies sei vorliegend aber nicht der Fall; die Beklagte habe ein einwandfrei funktionierendes Potentiometer geliefert. Die Rechtsprechung zur Eignung gelieferter Produkte für den "bestimmungsgemäßen Gebrauch" beziehe sich ebenfalls auf Fallkonstellationen, die mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar seien. Die Beklagte sei - wie dargelegt - in die Planung für den Einsatz des Gesamtprodukts nicht eingebunden gewesen. Die Beklagte sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer laufenden Geschäftsverbindung informationspflichtig gewesen. Sie habe der Klägerin vertragsgemäß ein spezifikationsgerechtes Produkt vorgestellt und von der Klägerin ausdrücklich die Freigabe erhalten. Im übrigen stehe einem etwa doch zu bejahenden Anspruch der Klägerin der Einwand des weit überwiegenden Mitverschuldens entgegen. Zudem berufe sich die Beklagte zu Recht auf den Einwand der Verjährung.

Im einzelnen wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 21.06.2000, auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 31.08.2000 sowie auf die Schriftsätze der Parteien vom 11.10.2000 und vom 16.10.2000 Bezug genommen.

Der Senat hat im Termin vom 18.10.2000 ein von der Klägerin vorgelegtes Exemplar eines Potentiometers zusammen mit den Parteivertretern informatorisch in Augenschein genommen, wobei keine Feststellungen über die chemische Zusammensetzung der Vergußmasse getroffen wurden. Bei dem Gerät handelt es sich um ein annähernd quaderförmliches Gebilde mit ca. 1,7 x 2,0 x 1,0 cm Kantenlänge. Auf der Oberseite des Quaders befindet sich ein Drehknopf. Auf der Unterseite tritt die Vergußmasse offen an die Oberfläche; aus der Vergußmasse ragen Kontaktstifte heraus.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die zulässige Klage abgewiesen. Für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche gibt es keine Rechtsgrundlage.

1. Die Klägerin kann nicht Schadensersatz aus Gewährleistungsrecht fordern, § 480 Abs. 2 BGB.

a) Die Beklagte hat sich verpflichtet, für die Klägerin Potentiometer aus von ihr zu beschaffenden Bestandteilen herzustellen und an die Klägerin zu liefern. Damit liegt ein Werklieferungsvertrag vor, der kaufrechtlichen Bestimmungen folgt, § 651 Abs. 1 BGB. Bei dem Vertragsgegenstand handelt es sich um vertretbare Sachen. Nicht vertretbar sind Sachen, die durch die Art ihrer Herstellung den Bestellerwünschen in einem Maße angepaßt sind, daß sie individuelle Merkmale besitzen und als nicht austauschbar gelten müssen, d.h. für den Unternehmer schwer oder gar nicht anderweitig absetzbar sind (vgl. Palandt, BGB, 59. Auflage, § 651 Rn. 4). Waren aus Serienfertigung sind - auch wenn sie nach Wünschen des Herstellers angefertigt werden - stets vertretbar; dies gilt in Sonderheit für Maschinen gewöhnlicher Art und üblicher Beschaffenheit (vgl. Palandt, a.a.O., § 91 Rn. 2 m.w.N.). Im vorliegenden Fall geht es um die Fertigung von Drehwiderständen, die keine bemerkenswerten individuellen Eigenschaften aufweisen. Zwar bestanden Spezifikationen für die Produktion; es ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, daß die Waren aufgrund dieser Spezifikationen im Ergebnis nur noch für die Klägerin in sinnvoller Weise verwendbar und damit für die Beklagte nur noch schwer oder gar nicht an andere Abnehmer absetzbar gewesen sind. Potentiometer finden - so die unwidersprochene Erläuterung der Klägerin - in einer Vielzahl von Elektrogeräten Verwendung; sie sind demzufolge Massenprodukte, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen.

b) Die Klägerin kann deshalb nach kaufrechtlichen Bestimmungen Schadensersatz fordern, wenn der Ware zur Zeit des Gefahrübergangs eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt oder wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat. Beide Voraussetzungen liegen indessen hier nicht vor.

aa) Die Silikonfreiheit der Vergußmasse war keine von der Beklagten zugesicherte Eigenschaft der Potentiometer. Eine besondere Spezifikation hinsichtlich der Vergußmasse und ihrer Zusammensetzung ist nicht vereinbart worden. Soweit die Spezifikation den allgemeinen Hinweis "keine Einbaubeschränkungen" enthält (vgl. Anlage V 2), sind damit, wie aus dem Zusammenhang ersichtlich wird, keine Materialfragen, sondern geometrische bzw. lagespezifische Faktoren gemeint (vgl. dazu die Vorgaben Anlage B 1). Zumindest aber ist die gewählte Formulierung als Zusicherung von Materialeigenschaften nicht eindeutig genug.

Eine ausdrückliche Zusicherung ist im übrigen auch von der Klägerin nicht ernsthaft behauptet worden. Die Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 01.03.1993, mit dem der Klägerin Belegmuster eines neuen Potentiometers übersandt wurden (Anlage V 5), sie "garantiere" die Qualität der Vergußmasse, bezieht sich dem Sachzusammenhang nach auf die zuvor im Schreiben abgehandelten Merkmale und Testergebnisse bzw. auf die Fertigungsqualität, die von der Klägerin bis heute nicht beanstandet wird. Keinesfalls läßt sich aus der gewählten Formulierung auf eine umfassende, möglicherweise sogar rechtlich selbständige Garantie für eine unbeschränkte Verwendbarkeit des Potentiometers zu Zwecken der Klägerin schließen, zumal eine solche Garantie regelmäßig nur unter ganz besonderen, hier nicht vorgetragenen Umständen anzunehmen sein wäre (vgl. Palandt, a.a.O., § 477 Rn. 20).

Soweit dem Schreiben der Beklagten die Zusicherung zu entnehmen sein dürfte, die neue Vergußmasse basiere auf Epoxidharzen, kann dies die Klage ebenfalls nicht begründen. Diese zugesicherte Eigenschaft der Vergußmasse war nach eigener Sachdarstellung der Klägerin stets gewährleistet (vgl. dazu Berufungsbegründung Seite 9, Blatt 274 d. A.).

Letztlich ist auch eine stillschweigende Zusicherung der Beklagten mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt nicht ersichtlich. Es ist nicht erkennbar, woraus die Klägerin Indizien für einen Erklärungsinhalt gewinnen möchte, der über das zuvor Erörterte hinausgeht. Selbst wenn die Beklagte - was von ihr vehement bestritten wird - über den Aufbau des von der Klägerin produzierten Endproduktes Sollwertgeber genau informiert gewesen sein sollte, gibt es keine Aussage von ihr, aus der sich mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen ließe, daß sie gewillt gewesen wäre, für die Silikonfreiheit der von ihr im Potentiometer verwendeten Vergußmasse und alle Folgen eines etwaigen Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen.

bb) Der Beklagten kann ferner kein arglistiges Verhalten nachgewiesen werden.

Arglist wird definiert als Täuschung zwecks Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums. Der Täuschende muß die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen, wobei bedingter Vorsatz ausreicht, guter Glaube aber auch bei grober Fahrlässigkeit des Handelnden Arglist in aller Regel ausschließt (vgl. Palandt, a.a.O., § 123 Rn. 2, 11; BGH NJW 80, 2460).

Im vorliegenden Falle wirft die Klägerin der Beklagten arglistiges Verschweigen vor. Sie berücksichtigt dabei nicht, daß sich die Beklagte - wiederum unabhängig davon, ob sie über die weitere Verwendung der von ihr zugelieferten Potentiometer genau Bescheid gewußt hat - durch Rückfragen beim Hersteller des für die Vergußmasse verwendeten Flexibilisators ausdrücklich rückversichert hat, daß Ausgasungen flüchtiger Silikonanteile aus der neuen Vergußmasse im hier relevanten Temperaturbereich nicht zu befürchten sein würden (vgl. Anlagen B 18 ff). Es gibt keinen Hinweis darauf, daß die Beklagte auf diese Erklärung ihres Vorlieferanten nicht vertraut hat, so daß ein auch nur bedingter Vorsatz bezüglich einer Täuschung der Klägerin nicht angenommen werden kann. Hinzu kommt, daß die Beklagte aufgrund des mit der Klägerin vereinbarten Freigabeverfahrens davon ausgehen durfte, daß sich die Klägerin nach Anzeige der beabsichtigten Änderungen im Material der Vergußmasse (vgl. Anlagen V 5, B 13) selbst ein Bild von dem neuen Material machen würde. Ein Freigabeverfahren hat nur dann Sinn, wenn der Freigebende durch seine Erklärung auch die Verantwortung für das freigegebene Material übernimmt, zumindest insoweit, als das Material für eine Weiterverarbeitung als generell geeignet befunden wird. Gerade wenn die Beklagte gewußt haben sollte, daß die Klägerin das "Silikonproblem" ernst nimmt (strittig), konnte sie davon ausgehen, daß die Klägerin diesem Problem auch im Rahmen eines Freigabeverfahrens höchste Beachtung schenken werde unabhängig davon, ob ein besonderer Hinweis auf die Zusammensetzung der neuen Vergußmasse erteilt werden würde. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann daher von einer bewußten Täuschung der Klägerin durch die Beklagte keinesfalls die Rede sein.

2. Die Klägerin kann gegen die Beklagte auch keine Schadensersatzansprüche aus pVV geltend machen.

a) PVV ist als Anspruchsgrundlage grundsätzlich neben den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften zu prüfen, soweit ein Schaden geltend gemacht wird, der über den einen Mangel begründenden Nachteil an der verkauften Sache hinausgeht (Begleit- oder Mangelfolgeschaden; h.M. und st.Rspr.; vgl. Palandt, a.a.O., vor § 459 Rn. 6). Insbesondere in Betracht zu ziehen sind hier Schäden durch eine Verarbeitung mangelhafter Sachen. Schäden dieser Art sind ersetzbar, soweit eine über die bloße Lieferung hinausgehende Verhaltenspflicht schuldhaft verletzt wird. Hierzu gehört insbesondere die Verletzung von Aufklärungs-, Beratungs- oder Untersuchungspflichten (vgl. Palandt, a.a.O.).

b) Zu prüfen war im vorliegenden Fall vor allem die Verletzung von Aufklärungspflichten, die sich aus einer laufenden Geschäftsverbindung ergeben können (vgl. BGHZ 107, 331; 332, 175). Eine Aufklärungspflicht konnte sich im vorliegenden Fall daneben auch aus dem Gesichtspunkt überlegenen Wissens der Beklagten und aus dem Gefährdungspotential der neuen Vergußmasse ergeben (vgl. Palandt, a.a.O., § 242 R n. 37).

Die Beklagte kann nun allerdings darauf verweisen, daß sie die Klägerin nachweislich mehrfach auf ihre Absicht aufmerksam gemacht hat, die Vergußmasse der von ihr produzierten Potentiometer zu ändern (vgl. Anlagen V 5, B 13). Die Beklagte hat ferner das für solche Fälle vereinbarte Freigabeverfahren in Gang gesetzt. Insoweit ist die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht zweifellos nachgekommen. Zu diskutieren war allenfalls, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, das verwendete neue Material noch näher zu spezifizieren, d. h. insbesondere, die Klägerin dezidiert darauf hinzuweisen, daß sie ein silikonmodifiziertes Epoxidharz verwenden wollte. Wie bereits zuvor ausgeführt, ist der Senat indessen der Auffassung, daß die Beklagte zu einem so weitgehenden Hinweis nach Treu und Glauben rechtlich nicht verpflichtet war. Die Beklagte ging davon aus, daß Ausgasungen von Silikon bei dem gewählten Flexibilisator faktisch ausgeschlossen sein würden (vgl. Anlage B 18); sie konnte ferner darauf vertrauen, daß die Klägerin, bevor sie eine förmliche Freigabe des neuen Materials erteilen würde, alle für sie wichtigen Fragen betreffend die Eignung des neuen Materials für eigene Zwecke schon zur Wahrung ihrer eigenen Belange selbst mit der gebotenen Gründlichkeit überprüfen würde. Da - nach Darlegung der Klägerin - das Silikonproblem hierfür von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sein soll, lag es mehr als nahe, daß die Klägerin gerade diesem Problem bei ihrer Prüfung besonderes Augenmerk schenken würde. Von daher erschiene es geradezu als überflüssige Formalität, die Beklagte zu einem spezifischen Hinweis auf einen Silikongehalt der neuen Vergußmasse verpflichten zu wollen. In jedem Falle war das Vertrauen der Klägerin in den "Fortbestand" der Beschaffenheit der Vergußmasse bereits durch den Hinweis der Beklagten, sie plane eine Änderung eben dieser Vergußmasse, definitiv zerstört. Ebensowenig konnte die Klägerin aus dem Hinweis, auch die neue Masse basiere auf formulierten Epoxidharzen, den sicheren Eindruck gewinnen, daß eine technisch relevante Beschaffenheitsänderung nicht vorliege. Allenfalls ein "idealtypischer" Hersteller hätte sich daher zu einem so weitgehenden Hinweis entschlossen, wie ihn die Klägerin nunmehr fordert. Ansprüche aus pVV setzen indessen ein Verschulden voraus; für eine Gefährdungshaftung der Beklagten gibt es im vorliegenden Fall keine Rechtsgrundlage.

c) Selbst wenn hier aber nun entgegen der Auffassung des Senats eine schuldhafte Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte bejaht werden sollte und wenn überdies der Klägerin der Nachweis gelingen sollte, daß hierdurch die von ihr geltend gemachten Schäden tatsächlich verursacht worden sind (auch dies ist strittig), wäre ein Schadensersatzanspruch der Klägerin jedenfalls wegen ihres weit überwiegenden Mitverschuldens zu verneinen, § 254 BGB. Nach § 254 BGB hängt die Verpflichtung zum Schadensersatz im Falle mitwirkenden Verschuldens von den Umständen des Einzelfalles ab; die Abwägung kann im Ergebnis auch zu einem völligen Wegfall der Ersatzpflicht führen (vgl. Palandt, a.a.O., § 254, Rn. 52). Im vorliegenden Falle wäre ein - etwaiges - Verschulden der Beklagten angesichts der zuvor geschilderten Umstände in jedem Falle nur als sehr gering einzustufen. Sie hat immerhin auf die beabsichtigte Änderung der Vergußmasse hingewiesen, hat sogar die Ergebnisse eigener Untersuchungen hierzu übermittelt (vgl. Datenblatt zu Anlage V 5) und konnte sich im übrigen darauf verlassen, daß die Klägerin selbst die erforderlichen Prüfungen veranlassen werde. Die Klägerin wiederum hatte es in der Hand, sich selbst von der Zusammensetzung der neuen Vergußmasse zu überzeugen. Sie war dazu schon zur Wahrung eigener Belange wie auch der Belange ihrer Kunden geradezu verpflichtet, zumal sie es war, die durch den Einbau ungekapselter Schalter in die Sollwertgeber überhaupt erst für den "Katalysator" sorgte, an dem sich das Gefährdungspotential der silikonhaltigen Vergußmasse des Potentiometers realisieren konnte. Die Klägerin trug außerdem unstreitig die Gesamtverantwortung für das "System" Sollwertgeber. Sie erzielte den überwiegenden Gewinn aus der Vermarktung des Gesamtprodukts, während die Beklagte nur einen kleinen Teil zur Wertschöpfung beisteuerte und auch nur einen geringen Kaufpreis für ihr Zulieferprodukt erzielen konnte. Letztlich hatte es die Klägerin auch vertraglich übernommen, das ihr vorgestellte neue Produkt der Beklagten für die Produktion freizugeben. Auch wenn sich die Beklagte damit nicht von jeder Verantwortung für das Potentiometer freizeichnen konnte, war es Sache der Klägerin, sich zumindest von der Eignung des Produkts für die weitere Verwertung zu überzeugen (s.o.). Sie hat sich dennoch entschieden, das ihr vorgestellte neue Produkt vor Freigabe nicht auf einen möglichen Silikongehalt hin zu überprüfen. Dies gilt sowohl für die ersten, der Klägerin mit Schreiben Anlage V 5 übermittelten Muster - der Justitiar der Klägerin hat dies im Termin vom 18.10.2000 ausdrücklich zugestanden -, als auch für die mit Schreiben Anlage B 13 vorgelegten, überarbeiteten Muster, wobei dahinstehen kann, ob bereits die ersten Muster ebenfalls unter Verwendung einer silikonhaltigen Vergußmasse produziert worden sind. Die Klägerin hat damit eklatant die Sorgfalt außer acht gelassen, die nach Lage der Dinge erforderlich erscheinen mußte, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Hinter diesem massiven Verstoß gegen Gebote des eigenen Interesses (vgl. dazu Palandt, a.a.O., § 254 Rn. 1) tritt ein etwaiges Verschulden der Beklagten völlig zurück. Für eine Haftung der Beklagten ist hiernach kein Raum mehr.

d) Eine Bewertung von Verjährungsfragen erübrigt sich somit.

3. Aus den dargestellten Erwägungen heraus scheitert auch ein deliktischer Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, § 823 Abs. 1 BGB.

a) Zutreffend weist die Klägerin allerdings darauf hin, daß - die haftungsbegründende Kausalität einmal unterstellt - ihr Eigentum durch den Einbau der Potentiometer in die Sollwertgeber beeinträchtigt worden ist. Bereits durch den Einbau der silikonausgasenden Drehwiderstände waren die Sollwertgeber nicht mehr zweckentsprechend verwertbar; das Eigentum der Klägerin an den zusammen mit dem Potentiometer in den Sollwertgeber eingebauten Gegenständen war verletzt. Diese Verletzung ist rechtlich bereits im Zeitpunkt der Verbindung eingetreten; auf Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Realisierung des Schadens kommt es nicht mehr an, BGH NJW 98, 1942. Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, daß die von ihr gelieferten Potentiometer als solche keineswegs mangelhaft gewesen seien, ist sie darauf zu verweisen, daß der Produzent auch für die Einsetzbarkeit seines Produkts im Rahmen einer bestimmungsgemäßen Weiterverarbeitung haftbar ist; die Gefahr einer Verletzung des Eigentums Dritter muß ausgeschlossen sein. Bestimmungsgemäßer Gebrauch ist dabei jeder Einsatz, der nach Art des Produkts für einen Verwender bei sachgemäßer Betrachtung in Frage kommt, BGH NJW 96, 2224. Zwar bestreitet die Beklagte im vorliegenden Fall, detaillierte Kenntnisse über den Einsatz des Potentiometers im Rahmen des Gesamtproduktes Sollwertgeber gehabt zu haben. Sie wußte aber immerhin, daß das Potentiometer zum Einbau in ein anderes Gerät bestimmt war (vgl. Spezifikation Anlage V 2, "keine Einbaubeschränkungen"); zudem stellt sie nicht mehr in Abrede, daß ihr zumindest "en passant" ein Schnittmodell des Sollwertgebers gezeigt worden ist. Gerade wenn die Beklagte keine näheren Kenntnisse über die Einsatzbedingungen für das Potentiometer gehabt haben sollte, mußte sie mit allem rechnen, was hier nur möglicherweise in Betracht kommen konnte, mußte also auch das Gefährdungspotential durch ausgasendes Silikon mit berücksichtigen, zumal dies ihrer Darstellung nach schon deshalb erforderlich war, um das eigene Gerät funktionstüchtig zu erhalten. Die Beklagte ist dieser Frage dann ja auch nachgegangen und hat sich beim Hersteller des Flexibilisators kundig gemacht,, wenngleich mit rückschauend betrachtet zweifelhaftem Erfolg.

b) Zuzugestehen ist der Klägerin ferner, daß aus dieser - denkbaren - Eigentumsverletzung auch ein ersatzfähiger Schaden erwachsen sein kann, da das Integritätsinteresse der Klägerin im vorliegenden Falle über das Äquivalenzinteresse hinaus beeinträchtigt ist. Der Wert des Sollwertgebers übersteigt den Wert des Potentiometers ( = Äquivalenzinteresse) unstreitig erheblich. Es liegt die Fallkonstellation eines sogenannten weiterfressenden Fehlers vor; vgl. Palandt, a.a.O., § 823 Rn. 212 m.w.N.

c) Schon die haftungsbegründende - wie die haftungsausfüllende - Kausalität des Verhaltens der Beklagten ist indessen hoch streitig. Dabei ist natürlich davon auszugehen, daß die Beklagte mit einer Weiterverarbeitung des von ihr gelieferten Produkts rechnen mußte und auch rechnete; die bloße Tatsache, daß es die Klägerin war, die das Potentiometer in den Sollwertgeber einbaute, vermag deshalb die Kausalität eines möglichen Fehlverhaltens der Beklagten für den aufgetretenen Schaden nicht zu beseitigen (vgl. Palandt, a.a.O., vor § 249 Rn. 77 ff). Zweifelhaft ist die Kausalität aber aus anderen Gründen: Nach Darstellung der Beklagten können die letztlich in den Gas-Anlagen konstatierten Probleme auch aufgrund von anderen Umstellungen im Sollwertgeber verursacht worden sein. Die Beklagte bekräftigt dies durch Vorlage von Gutachten, die zu dem Ergebnis kommen, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Umstellung der Vergußmasse und den Ausfällen der Sollwertgeber nicht erkennbar sei (vgl. Anlagen B 10, B 11). Hinzu kommt, daß u.a. auch vorgetragen wurde, daß die Bildung von Lichtbögen in den Sollwertgebern durch Beschaltung mit Freilaufdioden unterbunden gewesen sei; dies aber hätte einer Oxidation der Kontakte unstreitig eigentlich entgegenwirken müssen. Nicht ganz unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang ferner der Hinweis auf die Zahl der im maßgebenden Zeitraum ausgelieferten Potentiometer und der Vergleich mit der Zahl der festgestellten Schadensfälle. Es liegt der Schluß nahe, daß zumindest nicht in jedem Falle, in dem ein Potentiometer mit geänderter Vergußmasse zum Einsatz gekommen ist, ein Schaden verursacht wurde, was dafür spräche, daß eine Kausalkette der von der Klägerin behaupteten Art allenfalls unter ganz besonderen Bedingungen, die wohl noch der Aufklärung bedürften, in Gang gesetzt worden sein kann.

d) Letztlich kann der Senat diese Fragen aber offen lassen. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß der haftungsbegründende Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erfüllt wäre, müßte sich die Klägerin - ebenso wie im Bereich der vertraglichen Haftung - ihr Mitverschulden nach § 254 BGB entgegenhalten lassen. Im Ergebnis würde dies, wie bereits erläutert, dazu führen, daß eine Haftung der Beklagten hier ausscheidet, weil die Klägerin in massiver Weise gegen das Gebot, ihr eigenes Interesse zu wahren, verstoßen hat.

Gleiches gälte, soweit man in Erwägung ziehen wollte, eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB noch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten (etwa: Produktbeobachtungspflicht) zu prüfen.

4. Eine Gefährdungshaftung für Sachschäden nach dem Produkthaftungsgesetz kommt im gewerblichen Bereich nicht in Betracht (vgl. Palandt, a.a.O., § 1 ProdHaftG Rn. 7).

5. Die Klägerin kann ihre Ansprüche auch nicht auf §§ 677 ff, 683, 823 ff BGB stützen. Eine solche Anspruchsgrundlage war erstinstanzlich noch zur Diskussion gestellt worden. Im Ergebnis geht es hier um die Frage, ob die Klägerin Zahlungen an ihre Kunden als Aufwendungen von der Beklagten ersetzt verlangen kann. Der Anspruch scheitert aber u.a. schon daran, daß die Klägerin hier Zahlungen in Erfüllung eigener Verpflichtungen geleistet hat. Sie gesteht dies jetzt auch zu, indem sie sich auf einen Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB stützt (dazu sogleich). Ist aber der Geschäftsführer dem Leistungsempfänger zur "Besorgung" verpflichtet oder nimmt er dies auch nur irrtümlich an, so liegt ein Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag nur vor, wenn der Geschäftsführer nicht nur im eigenen Interesse, sondern erkennbar und willentlich auch im Interesse des "Geschäftsherrn" handelt (vgl. Palandt, a.a.O., § 677 Rn. 7 m.w.N.). Hierzu hat die Klägerin im vorliegenden Falle substantiiert nichts vorgetragen. Sie hat diesbezügliche Ansprüche auch in zweiter Instanz nicht mehr aufgegriffen.

6. Eine letzte, von der Klägerin ins Spiel gebrachte Anspruchsgrundlage ist § 426 BGB (Gesamtschuldnerausgleich).

Auch ein solcher Anspruch würde indessen, die Voraussetzungen im übrigen einmal unterstellt, am ganz überwiegenden Mitverschulden der Klägerin scheitern, § 254 BGB; s.o. Nach ständiger Rechtsprechung richtet sich die Verteilung eines Schadens auf mehrere Ersatzpflichtige nach § 254 BGB; die Vorschrift ist eine "andere Bestimmung" im Sinne von § 426 Abs. 1 BGB (vgl. Palandt, a.a.O., § 426 Rn. 10 m. w. N.).

7. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache sind der Klägerin auch Zinsen nicht zuzusprechen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Dem Antrag der Klägerin, ihr nachzulassen, Sicherheitsleistungen auch durch Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbringen zu dürfen, konnte nicht entsprochen werden, da der Antrag zu unbestimmt ist (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 22. Auflage, § 108 Rn. 10).

Ende der Entscheidung

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