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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: 7 U 2759/05
Rechtsgebiete: AktG
Vorschriften:
AktG § 243 Abs. 1 | |
AktG § 245 Nr. 1 | |
AktG § 246 Abs. 1 | |
AktG § 171 Abs. 2 S. 1 | |
AktG § 171 Abs. 2 S. 2 |
Aktenzeichen: 7 U 2759/05
In dem Rechtsstreit
wegen Anfechtung
Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
Tenor:
Der Senat beabsichtigt die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu wird bis zum 10.8.2005 Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Gründe:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Zu den Berufungsgründen ist ergänzend folgendes anzumerken:
Die Anfechtungsklage ist auch soweit sie sich auf den Beschluss über die Entlastung des Vorstandes erstreckt zulässig, § 243 Abs. 1, 245 Nr. 1, 246 Abs. 1 AktG, allerdings nicht begründet.
Zu Recht geht das Gericht in 1. Instanz davon aus, dass der Aufsichtsrat seine Berichtspflicht dadurch verletzt hat, dass der Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses hinsichtlich seiner inhaltlichen Ausgestaltung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 171 Abs. 2 Satz 1, 2 AktG entspricht, weil er nicht darlegt, in welcher Art und in welchem Umfang er die Geschäftsführung der Gesellschaft während des Geschäftsjahres geprüft hat. Dies führt dazu, dass die Klage betreffend die Entlastung des Aufsichtsrats begründet war.
Dieser Gesetzesverstoß des Aufsichtsrats rechtfertigt es jedoch nicht, den Beschluss der Hauptversammlung über die Entlastung des Vorstandes ebenfalls für nichtig zu erklären. Unstreitig liegt ein Gesetzes- oder Satzungsverstoß durch den Vorstand nicht vor. Der Vorstand hat den Jahresabschluss für das Jahr 2003 dem Aufsichtsrat vorgelegt (s. Anlage B 4). Dieser hat ihn am 12.5.2004 beraten und gebilligt. Der Jahresabschluss wurde im Vorfeld der Hauptversammlung zur Aushändigung an die Aktionäre neu ausgefertigt und von allen Mitgliedern des Aufsichtsrats unterzeichnet.
Die Kläger tragen nunmehr vor, dass, da sich dem Bericht des Aufsichtsrates nicht entnehmen ließe, ob eine Prüfung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat überhaupt und ggf. in welchem Umfang und mit welchem Ergebnis stattgefunden habe, eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung der Aktionäre über die Entlastung des Vorstands fehle. Dies führe nach Ansicht der Kläger dazu, dass auch die Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands nichtig sei, unabhängig davon, ob der Vorstand selbst gesetzes - oder satzungswidrig gehandelt habe.
Dem ist nicht zu folgen. Es handelt sich bei dem Aufsichtsrat und dem Vorstand nach den Vorstellungen des Aktienrechts um zwei von einander zu trennende Organe einer Aktiengesellschaft. Das Fehlverhalten eines Organs kann daher grundsätzlich nicht dem anderen zugerechnet werden. Die Entlastung ist in erster Linie die Erklärung der Hauptversammlung, sie billige die Verwaltung als im großen und ganzen gesetzes - und satzungsgemäß, daneben ist sie auch Vertrauensbeweis (Hüffer, AktG 6. Auflage § 120 Rdnr. 12). Über die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates entscheidet die Hauptversammlung -wie im vorliegenden Fall auch geschehen - getrennt; nicht zulässig wäre es, Entlastung sämtlicher Verwaltungsmitglieder (Aufsichtsrat und Vorstand) in einem Abstimmungsvorgang zusammenzufassen (vgl. Hüffer AktG 6. Auflage § 120 Rdnr. 8). Soweit ein Gesetzes- oder Satzungsverstoß eines Organs dazu führt, dass Entlastung nicht erteilt werden kann, bzw. dessen Entlastung nichtig ist, betrifft dies grundsätzlich nicht das andere Organ.
Die Entscheidung der Hauptversammlung über die Entlastung des Vorstandes steht nicht in so engem Zusammenhang mit der Entscheidung über die Entlastung des Aufsichtsrates, dass bei Nichtigkeit dieses Beschlusses, weil der Aufsichtsrat seiner Berichtspflicht auch hinsichtlich des Jahresabschlusses nicht in erforderlichem Umfang nachgekommen ist, die Entlastung des Vorstand als nichtig anzusehen wäre. Ein derartiger "Durchgriff" ist nicht gerechtfertigt. Der Jahresabschluss lag der Hauptversammlung vor. Dem Bericht des Aufsichtsrates über dessen Überprüfung kommt nicht die Bedeutung, dass bei Verletzung der Berichtspflicht einer Entscheidung der Hauptversammlung über die Entlastung des Vorstandes, die sich ja nicht nur auf den Jahresabschluss erstreckt, die erforderliche Grundlage entzogen wäre.
Der Senat regt daher an, die Berufung zur Meidung weiterer Kosten zurückzunehmen.
Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 13.09.2005 folgenden
Beschluss:
I. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.03.2005 (Az: 5 HKO 18110/04) wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 10.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Berufung der Kläger war durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern.
Auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 25.07.2005 wird Bezug genommen. Die Kläger haben auf diesen Hinweis mit Schriftsatz vom 06.09.2005 Stellung genommen. Hierzu ist folgendes anzumerken:
I. Zutreffend ist, dass es im vorliegenden Fall im Kern um die Frage geht, ob ein den gesetzlichen Anforderungen über die Prüfung des Geschäftsjahrs 2003 nicht genügender Bericht des Aufsichtsrats (der im Übrigen die Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses hinsichtlich des Aufsichtsrats zur Folge hatte) dazu führt, dass auch die Entlastung des Vorstands als nichtig anzusehen ist.
Dies ist zu verneinen, auf die im Hinweis des Senatsvorsitzenden dargelegten Ausführungen hierzu wird verwiesen. Ergänzend ist anzumerken:
Der Bericht des Aufsichtsrats stellt für die Hauptversammlung und die Einzelaktionäre zwar eine Informationsquelle über die Tätigkeit des Vorstands und damit eine Grundlage auch für die Entscheidung über die Entlastung des Vorstands dar, aber nicht die einzige und ausschlaggebende. Der Bericht des Aufsichtsrats erleichtert den Aktionären die Beurteilung der Verwaltung durch den Vorstand. Seine Fehlerhaftigkeit führt jedoch nicht dazu, dass den Aktionären eine Kontrolle der Vorstandstätigkeit nicht möglich ist. Die Hauptversammlung und jeder Aktionär kann sich über den vorgelegten Jahresabschluss und durch Nachfragen hierzu in der Hauptversammlung ein eigenes Bild von der Tätigkeit des Vorstandes machen und dies seiner Entscheidung über die Entlastung des Vorstands zugrunde legen. Der Aktionär ist hierbei nicht auf die Angaben und das Ergebnis der Prüfung des Aufsichtsrats in dessen Bericht allein angewiesen. Ein den gesetzlichen Anforderungen nach § 171 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AktG nicht entsprechender Bericht des Aufsichtsrats führt deshalb nicht dazu, dass der Hauptversammlung und damit dem einzelnen Aktionär für die Beurteilung der Verwaltung der Aktiengesellschaft durch den Vorstand die Grundlage entzogen wäre. Dies hat zur Folge, dass im vorliegenden Fall die Entscheidung der Hauptversammlung über die Entlastung des Vorstands nicht als nichtig anzusehen ist. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
II. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.
III. Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich auf § 247 Abs. 1 AktG.
Ende der Entscheidung
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