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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 06.10.2004
Aktenzeichen: 7 U 3009/04
Rechtsgebiete: WpHG, BGB, KAGG, EGBGB, BRAO, StBerG, StGB
Vorschriften:
WpHG § 31 | |
WpHG § 31 Abs. 1 | |
WpHG § 31 Abs. 2 | |
WpHG § 37 a | |
BGB § 203 n. F. | |
BGB § 823 Abs. 2 | |
BGB § 826 | |
BGB § 852 Abs. 2 a. F. | |
KAGG § 19 | |
KAGG § 19 Abs. 1 | |
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 | |
BRAO § 51 b | |
StBerG § 68 | |
StGB § 263 |
2. Macht der Bankkunde geltend, die Anlageempfehlung der Bank habe nicht seiner konservativen Anlagestrategie entsprochen, so läuft die Verjährungsfrist des § 37 a WpHG bereits ab der Anschaffung risikoträchtiger Wertpapiere ohne Rücksicht darauf, ob Kursverluste bereits eingetreten sind. Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Richtlinie 93/22/EWG über Wertpapierdienstleistungen vom 10.05.1993 steht dem nicht entgegen.
3. Die Grundsätze der sog. Sekundärhaftung, wie sie der Bundesgerichtshof für die Haftung von Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe entwickelt hat, sind auf die Haftung der Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung nicht anwendbar.
4. Da sich die beim Wertpapierkauf beratende Bank nicht in einer dem unabhängigen Makler oder Vermögensverwalter vergleichbaren Stellung befindet, ist sie nicht verpflichtet, den Kunden über Rückflüsse aus den Ausgabeaufschlägen ihrer Fondsgesellschaft zu informieren.
5. Den Verjährungslauf hemmende "Verhandlungen" im Sinne des § 203 BGB n.F. bzw. § 852 Abs. 2 BGB a.F. setzen voraus, dass der Anspruchsberechtigte dem Verpflichteten zumindest im Kern mitgeteilt hat, welchen Anspruch er geltend zu machen gedenkt.
Oberlandesgericht München IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 7 U 3009/04
Verkündet am 06.10.2004
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Goller und die Richter am Oberlandesgericht Kotschy und Dr. Barwitz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.10.2004 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 19.04.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht Schadensersatz im Zusammenhang mit bei der Beklagten getätigten Wertpapiergeschäften.
Mit Abtretungsvereinbarung vom 08.08./09.08.2003 (Anlage K 1) trat die H. Mobilfunk Vertriebs GmbH (im folgenden: Firma H.), vertreten durch ihren Geschäftsführer D. I., sämtliche Ansprüche aus den streitgegenständlichen Wertpapiergeschäften an den Kläger R. I., Bruder des Geschäftsführers der Zedentin, ab.
Nachdem auf dem seit Sommer 1998 bei der Beklagten geführten Konto der Firma H. bis Ende 1999 ein Guthaben von ca. 0,8 Mio. DM aufgelaufen war, fand am 15.02.2000 (soweit im Ersturteil insoweit vom Jahre 2002 die Rede ist, handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen) ein Beratungsgespräch in der Filiale der Beklagten in München, Leopoldstraße, statt. An diesem Gespräch nahmen Herr D. I. sowie für die Beklagte deren Mitarbeiter G. T. und C. K. teil. Der Inhalt dieses Gesprächs ist streitig, schriftliche Aufzeichnungen wurden hinsichtlich der Beratung nicht gefertigt. Nicht angesprochen wurde hierbei, dass die Beklagte bei Anlagen in Fonds Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren erhält.
Im Zeitraum vom 16.02.2000 bis 14.06.2000 erwarb die Firma H. über die Beklagte zum Preis von insgesamt 247.873,93 EUR Aktien und Anteile an Aktienfonds. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Aufstellung auf Seiten 8 und 9 der Klageschrift vom 11.08.2003 Bezug genommen.
In den Abrechnungen der Beklagten über den Kauf von Fondsanteilen (vorgelegt als Anlage K 12) wurden vom Kurswert "Bonifikationen" in Höhe von 1 % oder 2,5 % zugunsten der Firma H. in Abzug gebracht.
Nachdem sich im Depot der Firma H. bereits Kursverluste eingestellt hatten und sich der Geschäftsführer D. I. falsch beraten fühlte, kam es am 08.08.2000 zu einem weiteren Gespräch zwischen D. I. in Begleitung von Rechtsanwalt K. und dem Anlageberater der Beklagten K.. Auch der Inhalt dieser Besprechung ist streitig.
Der Kläger behauptet, der Geschäftsführer D. I. habe bei dem Gespräch am 15.02.2000 wahrheitsgemäß darauf hingewiesen, dass er (D. I.) keine Erfahrung im Wertpapiergeschäft habe. Aufgrund negativer Erfahrungen seines Bruders (des Klägers) mit Wertpapieren lege er Wert auf eine konservative Anlage. Der Anlageberater K. habe daraufhin einen Anlagevorschlag unterbreitet, der ohne weiteres sodann umgesetzt worden sei. Prospekte der Fonds seien von der Beklagten nicht zur Verfügung gestellt worden. Bei Kenntnis der dort gegebenen Risikohinweise wäre der Zedent den Anlageempfehlungen des Beraters K. nicht gefolgt. Auch bei Kenntnis von den von der Beklagten verschwiegenen Rückvergütungen hätte der Zedent Abstand vom Anlagevorschlag der Beklagten genommen.
Unter Abzug bereits realisierter Verkaufserlöse in Höhe von EUR 125.751,22 und weiterer Erträge in Höhe von EUR 511,58 hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung von EUR 121.611,13 Zug um Zug gegen Übertragung der auf Seite 9 des Ersturteils aufgeführten Wertpapiere zu verurteilen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung vorgetragen, im Termin vom 15.02.2000 habe sich Herr D. I. nach Anlagemöglichkeiten im Neuen Markt, insbesondere in Technologiewerten, erkundigt, sich dabei geschäftsgewandt geriert und zu erkennen gegeben, dass ihm die Risiken am Markt bekannt seien. Die Fondsprospekte seien Herrn I. zur Verfügung gestellt worden. Den Erwerb von Aktien der Firmen EM.TV, Medion und Internet Media House sowie von Fondsanteilen Nordinternet und Nordasia habe die Beklagte nicht empfohlen, vielmehr habe es sich dabei um Anlagewünsche des Herrn I. gehandelt. Schließlich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Etwaige Schadensersatzansprüche der Zedentin wegen Falschberatung seien jedenfalls verjährt. Für vertragliche und vorvertragliche Schadensersatzansprüche ergebe sich dies aus § 37 a WpHG. Die Verjährung sei auch nicht gehemmt worden, da keine "Verhandlungen über den Anspruch" stattgefunden hätten. Die vorgenannte Verjährungsvorschrift gelte auch für konkurrierende deliktische Ansprüche wegen Falschberatung. Gleiches gelte für einen etwaigen Schadensersatzanspruch wegen Vorenthaltens von Prospekten nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 19 Abs. 1 KAGG.
Zu einer Aufklärung des Geschäftsführers der Zedentin über Rückvergütungen von Fondsgesellschaften sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, so dass der Beklagten insoweit weder Betrug noch vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vorgeworfen werden könne und auch ein auftragsrechtlicher Anspruch auf Auskehrung erhaltener Rückvergütungen nicht bestehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der den erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch weiter verfolgt.
Zur Begründung meint der Kläger, dass - entgegen der Ansicht des Landgerichts - der Anlageberater einer Bank zur selben Pflichterfüllung wie ein externer Berater verpflichtet sei, womit der Kunde auch rechne. Darüber hinaus sei Verjährung nicht eingetreten. Aufgrund von Spezialität des § 37 a WpHG würden die Pflichten aus § 31 Abs. 1 WpHG und § 19 KAGG nicht erfasst. Jedenfalls verbiete sich eine Anwendung auf vorsätzliches deliktisches Handeln außerhalb des Bereichs des Wertpapierhandelsgesetzes, das hier vorliege. Eine Auslegung des § 37 a WpHG dahingehend, dass die Verjährungsfrist bereits mit dem Erwerb der Wertpapiere beginne, verstoße gegen EU-Recht.
Für den Fall einer solchen Auslegung des § 37 a WpHG durch den Senat beantragt der Kläger,
die Sache gemäß Artikel 234 EGV dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen wegen der in diesem Rechtsstreit insgesamt aufgeworfenen europarechtlichen Fragen, insbesondere im Hinblick auf die Auslegung der §§ 31 und 37 a WpHG unter Berücksichtigung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie der EU, insbesondere deren Artikel 10 und 11.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.07.2004 der Bundesrepublik Deutschland den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Verfahren auf Seiten des Klägers beizutreten. Die Bundesrepublik Deutschland ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.
Im übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2004 Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Das landgerichtliche Urteil weist Rechtsfehler nicht auf. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass etwaige Ansprüche der Zedentin gegen die Beklagte aufgrund des Beratungsgesprächs vom 15.02.2000 zum Zeitpunkt der Klageerhebung verjährt waren.
1. Mit Erfolg beruft sich die Beklagte hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs der Zedentin bzw. nachfolgend des Klägers aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (hier in Form der fahrlässigen Falschberatung) auf den Eintritt der Verjährung nach § 37 a WpHG. Nach dieser Vorschrift verjährt der Ersatzanspruch wegen fehlerhafter Beratung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.
a) Mithin beginnt der Lauf der Verjährung hier spätestens mit dem letzten Erwerbsakt vom 14.06.2000 über 350 Aktien der M + S Elektronik AG (vgl. KG WM 2004, 1872, 1873; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004, S. 2166, Rn. 16.569; Assmann/Schneider-Koller, 2. Aufl., Rn. 7 zu § 37 a WpHG). Ein Vermögensschaden kann nämlich auch bei objektiver Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung dann bestehen, wenn jemand zum Abschluss eines Vertrages veranlasst wird, dessen Leistung für seine Zwecke nicht in vollem Umfang brauchbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.1997, NJW 1998, 898, 899). Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Kläger macht geltend, dass der Geschäftsführer der Zedentin bei ordnungsgemäßer Aufklärung die hier streitgegenständlichen Wertpapiere nicht erworben hätte, da solchermaßen spekulative Anlagen nicht den von ihm erklärten Interessen und Erwartungen an eine sicherheitsorientierte Geldanlage entsprochen hätten. Bei einer solchen Sachlage ist für den Schadenseintritt nicht maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt sich tatsächlich Kursverluste einstellen. Vielmehr ist der Schadenseintritt bei einer solchen Konstellation bereits im Erwerb zwar chancenträchtiger, gleichzeitig aber auch deutlich risikobehafteter Wertpapiere zu sehen.
b) Entgegen der Auffassung des Klägers hat hier eine Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB n.F. aufgrund von Verhandlungen der Parteien nicht stattgefunden.
Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift ist aufgrund der Übergangsregelung in Artikel 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ausgeschlossen.
Selbst bei Heranziehung des Rechtsgedankens des § 203 BGB n.F. (und des § 852 Abs. 2 BGB a.F.) führt dies nicht dazu, dass die Berufung der Beklagten auf den Eintritt der Verjährung treuwidrig erschiene. Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Urteil vom 17.02.2004, NJW 2004, 1654 m.w.N.) das für den Beginn der Verjährungshemmung maßgebliche Verhandeln im Sinne des § 852 Abs. 2 BGB a.F. weit zu verstehen mit der Folge, dass hierfür jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten ausreicht, sofern nicht sofort und eindeutig jeglicher Ersatz abgelehnt wird. Selbst an diesen niedrigen Anforderungen gemessen, haben zwischen den Parteien "Verhandlungen"Ž, die geeignet wären, zu einer Hemmung der Verjährung zu führen, nicht stattgefunden. Insoweit stellt das Landgericht zu Recht darauf ab, ob Verhandlungen stattgefunden haben, die den streitgegenständlichen Anspruch (auf Rückabwicklung der Wertpapierkaufgeschäfte) betreffen. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht solche Verhandlungen verneint.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 24.05.2002 an die anwaltlichen Vertreter der Zedentin Schadensersatzansprüche eindeutig abgelehnt. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Zedentin durch ihre anwaltlichen Vertreter ein konkretes Schadensersatzbegehren nicht formuliert. So ist im Schreiben vom 13.02.2002 (Anlage K 15) die Bitte um "Mithilfe" und Information u.a. darüber formuliert, ob und in welcher Form der Beklagten wirtschaftliche Vorteile aus den berechneten Ausgabeaufschlägen der Investmentfonds zugeflossen sind. Im weiteren Schreiben vom 10.04.2002 (Anlage K 16) wird darauf beharrt, dass sehr wohl Ausgabeaufschläge in Rechnung gestellt worden seien, allerdings als "Bonifikation" bezeichnet worden seien. Dazu wird erneut die "Frage nach den kick-backs" gestellt. Erst im Schreiben vom 21.05.2002 (Anlage K 18) wird eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 19 KAGG bzw. wegen "verschwiegenen kick-backs" behauptet und rein vorsorglich der Vorbehalt weiterer Ansprüche wegen fehlerhafter Beratung erklärt, so dass Ansätze eines Rechtsschutzziels, das dem streitgegenständlichen Anspruch gleichkommt, erkennbar werden. Derlei Ansprüche hat die Beklagte jedoch postwendend mit Schreiben vom 24.05.2002 (Anlage K 19) zurückgewiesen.
2. Die nach § 37 a WpHG eingetretene Verjährung ergreift entgegen der Auffassung des Klägers auch mögliche konkurrierende deliktische Ansprüche aufgrund fahrlässiger Falschberatung, wie sie der Kläger hier insbesondere aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Abs. 2 WpHG und § 19 Abs. 1 KAGG ableiten will (ebenso KG WM 2004, 1872, 1874; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rn. 16.565 und 16.572).
Zwar unterliegen Schadensersatzansprüche aus Vertragsverletzung oder der Verletzung vorvertraglicher Pflichten und deliktische Ansprüche im Grundsatz ihrer eigenen Verjährungsfrist. Jedoch ist anerkannt, dass anderes dann gilt, wenn der Fortbestand später verjährender deliktischer Ansprüche den Zweck einer besonders kurz bemessenen vertraglichen Verjährungsfrist vereiteln oder aushöhlen würde (BGH, Urteil vom 28.11.1984, NJW 1985, 798, 799).
So liegt es hier. Dies ergibt sich bereits aus dem Willen des Gesetzgebers, wie er im Regierungsentwurf eines dritten Finanzmarktförderungsgesetzes (Bundestagsdrucksache Nr. 13/8933 vom 06.11.1997) auf Seiten 96 und 97 formuliert ist: Danach wurde die bislang geltende Regelverjährungsfrist von 30 Jahren "angesichts der Schnelligkeit des heutigen Geschäftsverkehrs gerade im Wertpapierbereich" für überholt und unangemessen angesehen und auch als im internationalen Vergleich unüblich erkannt. Auch wollte der Gesetzgeber eine umfassende Regelung, soweit es dort (Seite 96) heißt:
"Von der Verkürzung der Verjährungsfrist erfasst werden zum einen Verletzungen im Zusammenhang mit Informationspflichten. Hierbei ist unerheblich, ob die Informationspflichten sich unmittelbar aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und dem Kunden ergeben, oder gesetzlich vorgegeben (vgl. § 31 Abs. 2) sind. Zum anderen werden von der Verkürzung Fehler im Zusammenhang mit der Beratung erfasst. Da in der Praxis bloße Information und Beratung oftmals ineinander übergehen, ist es angezeigt, beide Fallgruppen gleich zu behandeln."
Soweit man in § 19 Abs. 1 KAGG und § 31 Abs. 2 WpHG Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sehen will (für § 31 Abs. 2 WpHG offen gelassen vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 11.11.2003, NJW-RR 2004, 484) sollten auch diese Ansprüche aus fahrlässiger unerlaubter Handlung der Verjährungsregelung des § 37 a WpHG unterliegen. Bezogen auf Verkaufsprospekte heißt es dazu im Regierungsentwurf (a.a.O. Seite 97) wörtlich:
"Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die genannten Prospekte letztlich eine standardisierte Form der Informationsvermittlung darstellen und es aus Sicht des Anlegers unerheblich ist, ob ihm fehlerhafte Informationen in einem individuellen Gespräch oder durch einen Prospekt übermittelt wurden."
Mit dieser Intention des Gesetzgebers wäre es nicht vereinbar, wenn vertragliche oder vorvertragliche Ansprüche beginnend mit dem Wertpapierkauf, damit konkurrierende deliktische Ansprüche jedoch beginnend ab der - von der Bank vorzutragenden und ggf. zu beweisenden - Kenntnis des Kunden vom Eintritt des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen verjähren würden.
3. Hieran vermag entgegen der Ansicht der Berufung die Richtlinie 93/22/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften über Wertpapierdienstleistungen vom 10.05.1993 (ABl. Nr. L 141 vom 11.06.1993) nichts zu ändern. Insbesondere die Artikel 10 und 11 dieser Richtlinie hindern den nationalen Gesetzgeber nicht, die Verjährung von Schadensersatzansprüchen aufgrund fahrlässiger Verletzung von Informations- und Beratungspflichten beim Wertpapierkauf binnen einer Frist von 3 Jahren, beginnend ab dem Anschaffungsgeschäft, anzuordnen. Eine solche Vorgabe lässt sich weder dem Artikel 11 der Richtlinie, der den Mitgliedstaaten den Erlass von Wohlverhaltensregeln über das Handeln der Wertpapierfirmen "im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden" vorschreibt, noch den der Richtlinie vorangestellten Erwägungsgründen über den Anlegerschutz entnehmen.
Soweit der Kläger unter Berufung auf das Gutachten des Universitätsprofessors Dr. H.-W. M. vom 21. Juli 2004 die Ansicht vertritt, dass § 37 a WpHG einem angemessenen Rechtsschutz des Wertpapierkunden entgegenstehe, überzeugt dies nicht:
Zum einen misst der Kläger der vorgenannten Richtlinie einen Gehalt zu, den diese nicht aufweist. So wird selbst im vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. M. auf Seite 28 festgestellt, dass die Richtlinie aus der Perspektive des privaten Rechtsschutzes sowohl in der grundsätzlichen Ausgestaltung als auch in den spezifischen Vorgaben "blass" bleibe und insbesondere keine den vertragsrechtlichen Richtlinien vergleichbaren Standards für die Ausgestaltung des Rechtsschutzes formuliere. Der gleiche Befund wird auf Seite 58 des Gutachtens unter "Zusammenfassung der Ergebnisse" wiederholt. Dort wird zudem resümiert, dass § 37 a WpHG das Äquivalenzprinzip nur dann verletze, wenn man aus der Rechtsprechung das Gebot des adäquaten Rechtsschutzes - und nicht des bloß effektiven Rechtsschutzes ableite.
Die Beantwortung der letztgenannten Frage kann indes dahinstehen. Entscheidend ist, ob die in § 37 a WpHG angeordnete 3-Jahresfrist dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, wie es vom EuGH entwickelt wurde, entspricht. Diese Anforderungen sind mit der geregelten 3-jährigen Verjährungsfrist auch dann erfüllt, wenn diese bereits mit der Anschaffung der Wertpapiere in Lauf gesetzt wird. Binnen dieser Frist vermag der Kunde nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge sowohl den Umstand fehlerhafter Information oder Beratung als auch die hieraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen zuerkennen. Demjenigen Kunden, der sich nicht selbst über Börsendienste oder Tageszeitungen informiert, werden zumindest jährlich Abrechnungen seines Wertpapierdepots übersandt, die für hinreichende Information sorgen.
Das gegenteilige Ergebnis dahingehend, dass die Geltendmachung von Ansprüchen durch die 3-jährige Frist vereitelt werde, da ein Schaden typischerweise erst später erkennbar sei, wird vom Kläger zwar behauptet, jedoch nicht schlüssig dargetan. Insbesondere ist auch der Ablauf der hier streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte nicht geeignet, die These des Klägers zu stützen. Der Geschäftsführer der Zedentin hat nämlich bereits ein halbes Jahr nach Anschaffung der ersten Wertpapiere das Gespräch mit der Beklagten gesucht, nachdem es bis zu diesem Zeitpunkt bereits zu Kursverlusten gekommen war und sich die Zedentin falsch beraten fühlte.
Für die von der Berufung für notwendig erachtete Vorlage an den Europäischen Gerichtshof besteht daher kein Anlass.
4. Entgegen der Auffassung der Berufung steht dem Kläger auch kein sog. Sekundäranspruch zu, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 51 b BRAO und § 68 StBerG darauf gerichtet wäre, dass sich die Beklagte hinsichtlich des Primäranspruchs nicht auf die Verjährungseinrede berufen könnte. Diese Grundsätze sind angesichts der Stellung der Bank als Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht unmittelbar anwendbar. Einer entsprechenden Anwendung steht aber bereits der rechtliche Wille des Gesetzgebers entgegen, der mit der Einführung des § 37 a WpHG eine angemessene Verkürzung der als zu lang angesehenen Verjährung zum Ziel hatte. Diesem gesetzgeberischen Zweck, in angemessener Zeit Rechtssicherheit zu erreichen, darf nicht mit den Mitteln der richterlichen Rechtsfortbildung entgegengewirkt werden (im gleichen Sinne KG, WM 2004, 1872, 1875).
5. Dem Kläger stehen als Rechtsnachfolger der Zedentin schließlich auch keine Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu. Solche Ansprüche ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Beklagte den Erhalt von Rückvergütungen (vom Kläger "kick-backs" genannt) aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren der Fonds verschwiegen hat. Eine diesbezügliche Aufklärungspflicht hat das Landgericht zu Recht verneint.
Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der Rückvergütungen bestand für die Beklagte schon deshalb nicht, da sie weder die Stellung eines unabhängigen Maklers, noch diejenige eines unabhängigen Vermögensverwalters (siehe dazu das Urteil des BGH vom 04.04.2002, NJW 2002, 1868 zum Depotverwaltungsvertrag mit einer Vermögensverwaltungsgesellschaft) inne hatte, sondern vielmehr in ihrer Eigenschaft als Wertpapierdienstleistungsunternehmen am Markt teilnahm. In dieser Stellung war die Beklagte im Unterschied zu einem zur Neutralität verpflichteten Makler (vgl. zur Frage von Interessenkonflikten beim Finanzierungsmakler BGH, Urteil vom 14.10.2003, NJW 2004, 154, 157) nicht verpflichtet, aus der breiten Palette in Betracht zu ziehender Aktien- und Fondsanlagen stets allein die für den Kunden Günstigste zu empfehlen. Vielmehr war sie rechtlich befugt, bevorzugt Produkte ihrer eigenen Fondsgesellschaft zu empfehlen und mithin eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dieser Umstand ist dem Wertpapierkunden, der sich nicht an einen unabhängigen Berater, sondern an eine Bank wendet, im allgemeinen auch bekannt.
Mithin konnte das Verschweigen von Rückvergütungen durch die Beklagte weder als Gefährdung des Vertragszwecks angesehen werden, noch die Unabhängigkeit eines Beraters oder Verwalters in Frage stellen. Soweit der Bundesgerichtshof im Urteil vom 19.12.2000 (BGHZ 146, 235, 239 f.) einen Schadensersatzanspruch des Bankkunden darauf beruhend, dass die Bank eine Vereinbarung mit dem Vermögensverwalter des Kunden über seine Beteiligung an den Povisionen und Depotgebühren der Bank verschwiegen hatte, anerkannt hat, ist dieser Sachverhalt mit der hier gegebenen Konstellation nicht vergleichbar.
Dies verkennt der Kläger mit seiner Berufung, soweit er behauptet, aber nicht begründet, dass der Bankberater denselben Pflichten wie ein externer (neutraler) Berater unterliege.
Davon unabhängig führt die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zu Recht aus, der Geschäftsführer der Zedentin habe aufgrund der erhaltenen Bonifikationen von bis zu 2,5 % annehmen müssen, dass die Beklagte an den Ausgabeaufschlägen der Fondsgesellschaften partizipiere. Nahe liegend wird ein als Geschäftsführer einer GmbH im Wirtschaftsleben stehender Wertpapierkunde nicht davon ausgehen können, dass eine Bank solche Gutschriften aus ihrem eigenen Vermögen leistet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
Der Senat hat wegen der grundsätzlichen und bislang höchstrichterlich nicht geklärten Fragen der Reichweite der Verjährungsregelung des § 37 a WpHG und der Anwendbarkeit des Instituts der Sekundärhaftung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen.
Ende der Entscheidung
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