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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 23.01.2008
Aktenzeichen: 7 U 3292/07
Rechtsgebiete: GmbHG, AktG


Vorschriften:

GmbHG § 15 Abs. 4
GmbHG § 53 Abs. 3
AktG § 180 Abs. 2
Sieht die Satzung einer GmbH vor, dass über Geschäftsanteile nur mit Zustimmung der Gesellschaft durch Veräußerung oder Belastung verfügt werden kann mit der Ausnahme der zustimmungsfreien Übertragung eines Geschäftsanteils auf einen Mitgesellschafter, so ist für die Beschlussfassung über die nachträgliche Streichung dieser Ausnahmebestimmung die Zustimmung sämtlicher betroffener Gesellschafter erforderlich.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 3292/07

Verkündet am 23. Januar 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Anfechtung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.1.2008 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23.4.2007 dahin abgeändert, dass der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 26.10.2006 zu Tagesordnungspunkt "Satzungsänderung (Änderung des § 11)" gefasste Beschluss, wonach § 11 Abs. 5 der Satzung der Beklagten ersatzlos gestrichen wird, für nichtig erklärt wird.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Von den Kosten des landgerichtlichen Verfahrens haben der Kläger 91/100 und die Beklagte 9/100 zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger ficht einen Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 26.10.2006 an, der ohne seine Zustimmung gefasst worden ist und dessen Nichtigkeit er begehrt.

Die Beklagte ist Teil der Unternehmensgruppe H.. Sie hält an der B.Naturmittel GmbH & Co. KG und der B.Naturmittel Verwaltungs GmbH jeweils Geschäftsanteile von 22,5 %. Ausweislich des Geschäftsberichts (Anlage B 3 Seite 40) weist die Gewinn- und Verlustrechnung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2005 Umsatzerlöse von ca. 90 Mio. EUR und einen Jahresüberschuss von 4,292 Mio. EUR aus.

Am Stammkapital der Beklagten, das mit 2 Mio. EUR im Handelsregister eingetragen ist, halten der Kläger und seine Schwester jeweils Anteile von 50.000 EUR, entsprechend jeweils 2,5 % vom Stammkapital, und J. B., der Vater des Klägers, einen Anteil von 1,9 Mio. EUR, entsprechend 95 % vom Stammkapital. Der Kläger und seine Schwester M. sind die leiblichen Abkömmlinge von J. und Mo. B.. Mo. B. ist am 3.8.2005 verstorben und hat ihre Kinder zu gleichen Teile als Erben eingesetzt.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 26.10.2006 wurde unter Tagesordnungspunkt 1 mit den Stimmen von J. und M. B. die Streichung der Satzungsregelung in § 11 Abs. 5 der Satzung beschlossen. Hiergegen richtet sich die Klage mit dem Antrag, den Beschluss zu der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 26.10.2006 TOP 1 für nichtig zu erklären.

Die Satzung enthält, soweit hier von Belang, folgende Bestimmungen:

§ 7 Abs. 4 der Satzung Gesellschafterbeschlüsse

Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht diese Satzung oder zwingende gesetzliche Bestimmungen eine andere Mehrheit vorschreiben. ...

Folgende Gesellschafterbeschlüsse bedürfen einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen:

a) Die im Gesetz vorgesehenen Fälle

b) Veräußerung des Gesellschaftsvermögens als Ganzes oder zu einem wesentlichen Teil

c) Errichtung, Erwerb, Schließung und Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben oder Zweigniederlassungen

§ 11 der Satzung Verfügung über Geschäftsanteile, Vorkaufsrecht

(1) Über Geschäftsanteile kann nur mit Zustimmung der Gesellschaft durch Veräußerung oder Belastung verfügt werden.

(2) Die Geschäftsführung darf die Zustimmung nur erteilen, wenn ein zustimmender Gesellschafterbeschluss vorliegt, wobei der verfügende Gesellschafter mitstimmen darf.

(3) Die zwingenden Vorschriften des § 17 GmbHG (Teilung von Geschäftsanteilen) bleiben stets unberührt.

(4) Bei Verkauf eines Geschäftsanteils haben die übrigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile ein Vorkaufsrecht nach den gesetzlichen Bestimmungen gemäß § 504 ff. BGB, wobei die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts 3 Monate seit Mitteilung beträgt.

(5) Der Zustimmung der Gesellschaft bedarf es dann nicht, wenn ein Gesellschafter seinen Geschäftsanteil an einen Mitgesellschafter oder an gemeinsame direkte leibliche Abkömmlinge von Herrn J. B. und Frau Mo. B. überträgt. In diesem Falle haben die übrigen Gesellschafter auch kein Vorkaufsrecht gemäß Abs. 4.

Der Kläger hat vorgetragen, der Änderungsbeschluss zu TOP 1 mit der Streichung von § 11 Abs. 5 der Satzung führe zu einer Erschwerung der Abtretbarkeit von Geschäftsanteilen, was der nachträglichen Einführung einer Beschränkung zunächst frei verfügbarer Geschäftsanteile gleichkomme, für die nach herrschender Meinung die Zustimmung sämtlicher betroffener Gesellschafter erforderlich sei.

Der Kläger hat, soweit im Berufungsverfahren von Bedeutung, beantragt,

der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 26.10.2006 zu Tagesordnungspunkt "Satzungsänderung (Änderung des § 11)" gefasste Beschluss, wonach § 11 Abs. 5 der Satzung der Beklagten ersatzlos gestrichen wird, wird für nichtig erklärt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass Ausgangslage der Satzung der Beklagten vom 27.12.1993 der Plan gewesen sei, das vom Mehrheitsgesellschafter der Beklagten aufgebaute Unternehmen durch die gemeinsamen Kinder unter der verantwortlichen Leitung des Klägers fortzuführen. Der Sinn der Nachfolgeregelung sei jedoch gescheitert, da der Kläger nicht in der Lage sei, das Unternehmen zu führen und die ebenfalls nachfolgeberechtigte Schwester des Klägers sich mit der Leitung des Unternehmens überfordert fühle. Ziel der Satzungsänderung sei eine Beseitigung der in den §§ 11 und 15 der Satzung enthaltenen engen "Nachfolgeberechtigung", um so zum Zwecke der Fortführung des Unternehmens und des Erhalts von 550 Arbeitsplätzen den Weg für einen Übergang der Anteile auf eine Unternehmensstiftung freizumachen.

Die Änderung von § 11 Abs. 5 der Satzung sei zulässig, da lediglich eine Ausnahme von einer grundsätzlich bestehenden Vinkulierung beseitigt werde, die Änderung im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse von marginaler Bedeutung sei und im Übrigen nur auf den Erhalt der Selbständigkeit der Gesellschaft für die Zukunft abziele. Bei dieser Sachlage sei eine Analogie zu § 53 Abs. 3 GmbHG und ein daraus abgeleitetes Einstimmigkeitserfordernis nicht gerechtfertigt.

Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen und zu der im Berufungsverfahren allein gegenständlichen Anfechtung des Beschlusses zu TOP 1 ausgeführt, dass die auf Feststellung der endgültigen Unwirksamkeit des Beschlusses zu richtende Klage als Nichtigkeitsklage zulässig, diese jedoch unbegründet sei.

Der mit 97,5 % aller Stimmen der Beklagten gefasste Beschluss habe die nach § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG erforderliche Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen erhalten. Eine nach § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG mögliche abweichende Regelung sei in die Satzung nicht aufgenommen worden. Gesellschafterrechte, die zum Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte zählen, seien zwar unentziehbar. Die zum Zwecke der Streichung der in § 11 Abs. 5 der Satzung enthaltenen Regelung, die mit einer Mehrheit von 97, 5 % der Stimmen vorgenommen worden sei, betreffe jedoch nicht den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte. Zwar bedürfe die nachträgliche Einführung einer Vinkulierung grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter im Hinblick auf den Interessenwiderstreit zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern und den hier vorrangigen Schutz der Minderheit. Da die Satzungsänderung aber nur die Aufhebung der Möglichkeit einer zustimmungsfreien Übertragung auf einen bestimmten Personenkreis zum Gegenstand habe und die Streichung der Regelung in § 11 Abs. 5 der Satzung dem Kläger lediglich die Berechtigung nehme, seinen Geschäftsanteil in Höhe von 2,5 % der Stammanteile an seinen Vater oder seine Schwester ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter zu veräußern, führe eine entsprechenden Veräußerung auch ohne diese Regelung zu keinen ernsthaften Schwierigkeiten des Klägers. Jedenfalls der Mehrheitsgesellschafter J. B. würde einer Übertragung zustimmen, so dass das in § 11 Abs. 1 der Satzung geregelte Zustimmungserfordernis der Gesellschaft ohne weiteres erfüllt werden könne. Dem Kläger werde lediglich eine kleine formale Hürde auferlegt, die ihn faktisch an der Übertragung aber nicht wirklich hindern könne. Daher könne jedenfalls in diesem konkreten Fall nicht mehr von der Beschneidung eines elementaren Rechts des Klägers auf freie Übertragbarkeit seines Gesellschaftsanteils gesprochen werden, die zu seinem Schutz eine einstimmige Beschlussfassung rechtfertigen würde.

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Streichung von § 11 Abs. 5 der Satzung bewirke eine nachträgliche Abtretungsbeschränkung. Das Landgericht gehe auch von falschen Tatsachen aus, wenn es unterstelle, dass der Mehrheitsgesellschafter einer Übertragung zweifelsohne zustimmen würde. Die Streichung von § 11 Abs. 5 der Satzung bewirke eine nachträgliche Änderung der Vinkulierungsregelung der Satzung. Diese Abweichung von der Satzung der GmbH betreffe ein Individualrecht des Gesellschafters, welches zwar ausnahmsweise dem Verbandsinteresse unterzuordnen sein mag, jedoch nicht zur Disposition einer die Satzung ändernden Mehrheit stehe.

Aufgrund der vorgenommenen Satzungsänderung bestehe das in § 11 Abs. 4 der Satzung geregelte Vorkaufsrecht für sämtliche Fälle des Verkaufs der Anteile des Klägers. Die nachträgliche Einführung von Vorkaufs- und sonstigen Vorerwerbsrechten sei jedoch bereits in den §§ 3 Abs. 2, 53 Abs. 3 GmbHG erfasst und von der Zustimmung aller Gesellschafter abhängig.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 23.4.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az.: 10 HKO 21119/06, wird der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 26.10.2006 zu Tagesordnungspunkt "Satzungsänderung (Änderung des § 11)" gefasste Beschluss, wonach § 11 Abs. 5 der Satzung der Beklagten ersatzlos gestrichen wird, für nichtig erklärt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass die mit der nach § 53 Abs. 2 GmbHG erforderlichen Mehrheit beschlossene Streichung der Vorschrift des § 11 Abs. 5 der Satzung wirksam sei. Die Änderung bewirke nicht die Vermehrung der dem Kläger nach der Satzung obliegenden Leistungen und gehöre daher nicht zu den schwerwiegenden Änderungen, die die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich mache. Dem Kläger werde lediglich die Möglichkeit genommen, ohne Zustimmung der Gesellschaft seine Anteile an den Mehrheitsgesellschafter J. B. oder seiner Schwester M. B. zu übertragen. Bei einer Veräußerung des Geschäftsanteils des Klägers an seinen Vater sei mit dem Einverständnis des kaufwilligen Mehrheitsgesellschafters auch die gesellschaftsrechtliche Zustimmung zur Abtretung der Anteile sicher. Zu der unwahrscheinlichen Abtretung der Anteile des Klägers an seine Schwester M. würde J. B. die Zustimmung nicht verweigern. Damit habe § 11 Abs. 5 der Satzung nur theoretische Bedeutung. Seine Streichung könne nicht als Belastung eines Gesellschafters im Sinne des § 53 Abs. 3 GmbHG verstanden werden. Einstimmigkeit für diese Satzungsänderung sei nicht erforderlich.

Ergänzend wird auf das landgerichtliche Urteil vom 23.4.2007 sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist begründet.

I. Die Klage mit dem Antrag auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 26.10.2006 zu dem Tagesordnungspunkt "Satzungsänderung (Änderung des § 11)" ist zulässig. Für die Fehlerhaftigkeit von Satzungsänderungsbeschlüssen gelten die allgemeinen Regeln über Beschlussmängel (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, GmbHG § 53 Rn. 88). Wird die Klage durch einen Gesellschafter erhoben, auf dessen Zustimmung es ankommt, wie es der Kläger behauptet, ist auf endgültige Unwirksamkeit, d. h. Nichtigkeit zu beantragen (vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner GmbHG, 18. Aufl., Anhang zu § 47 Rn. 22).

II. Die Klage ist, soweit sie die im Berufungsverfahren streitgegenständliche Nichtigerklärung des Beschlusses zur Streichung des § 11 Abs 5 der Satzung betrifft, begründet.

Der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 26.10.2006, mit dem § 11 Abs. 5 der Satzung ersatzlos gestrichen worden ist, ist rechtsfehlerhaft und auf die Anfechtungsklage hin für nichtig zu erklären, weil die für diese Beschlussfassung notwendige Zustimmung des Klägers nicht vorlag. Ausweislich des Protokolls über die Gesellschafterversammlung vom 26.10.2006 (Anlage K 3) hat der Kläger gegen diese Satzungsänderung gestimmt.

1. Es handelte sich bei dem in § 11 Abs. 5 der Satzung dem Kläger als Gesellschafter eingeräumten Recht auf Übertragung seines Geschäftsanteils an Mitgesellschafter ohne die nach § 11 Abs. 1 der Satzung sonst notwendige Zustimmung der Gesellschaft um ein relativ unentziehbares allgemeines Mitgliedschaftsrecht des Klägers als Gesellschafter der Beklagten. Mangels einer Satzungsregelung im Sinne des § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG kommt die in § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG für Satzungsänderungen vorgesehene Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen nicht zur Anwendung. Es ist die Zustimmung sämtlicher betroffener Gesellschafter notwendig, wie dies § 53 Abs. 3 GmbHG für nachträgliche Änderungen der nach § 15 Abs. 4 GmbHG in der Satzung für eine Abtretung der Gesellschaftsanteile festgelegten Voraussetzungen vorsieht.

a) Die Beurteilung, ob durch die Satzungsänderung dem Kläger als Gesellschafter ein unentziehbares Mitgliedschaftsrecht entzogen worden ist, ist aufgrund der Einzelumstände für das jeweilige Mitgliedschaftsrecht vorzunehmen. Sie ist einer schematischen Einordnung entzogen (vgl. Scholz GmbHG 10. Aufl. 2006 § 14 Rn. 31 ff.). Dabei ist wegen des Normcharakters der Satzung nicht allein auf die Gesellschafterstruktur zum Zeitpunkt der Beschlussfassung und die gegenwärtigen persönlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander abzustellen. Mögliche zukünftige Veränderungen in der Gesellschafterstruktur und die sich daraus ergebenden Einflüsse im Hinblick auf die Streichung von § 11 Abs. 5 der Satzung sind ebenfalls zu berücksichtigen.

b) Im vorliegenden Fall gewährt § 11 Abs. 5 der Satzung dem Kläger das Recht, seine Anteile an seine Schwester M., die ebenfalls Gesellschafterin ist, ohne Zustimmung der Gesellschaft, auf die J. B. mit einem Gesellschaftsanteil von 95 % maßgeblichen Einfluss hat, zu veräußern. Es ist auch denkbar, dass in Zukunft die Beklagte weitere Gesellschafter mit Zustimmung der Gesellschaft aufnimmt und dadurch für den Kläger die Möglichkeit eröffnet wird, auf der Grundlage von § 11 Abs. 5 seine Anteile ohne Zustimmung der Gesellschaft an Personen, die Mitgesellschafter geworden sind, zu übertragen.

Die Streichung von § 11 Abs. 5 der Satzung hätte auch zur Folge, dass jede Übertragung von Geschäftsanteilen des Klägers von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig wäre. Bei wirtschaftlicher Betrachtung wäre für den Kläger die Erlangung eines marktgerechten Preises für die Übertragung seiner Anteile erschwert, da für jede Übertragung seines Geschäftsanteils die Zustimmung der Gesellschaft, auf die gegenwärtig der Mehrheitsgesellschafter maßgeblichen Einfluss hat, erforderlich wäre, die diese bis zur Grenze der Treuwidrigkeit oder der Sittenwidrigkeit verweigern könnte.

c) Nach § 15 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsanteile veräußerlich. Die freie Veräußerlichkeit des Geschäftsanteils ist als relativ unentziehbares Mitgliedschaftsrecht zu qualifizieren, das zum Kernbereich der Mitgliedschaft gehört. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände ist die beschlossene Streichung des § 11 Abs. 5 der Satzung als zusätzliche nachträgliche Veräußerungsbeschränkung anzusehen. Diese nachträgliche Vinkulierung, die in der Satzung der Beklagten weder vorgesehen noch angelegt ist, bedarf zumindest der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters (vgl. Hachenburg-Ulmer-Winter-Löbbe GmbHG, 2005, § 15 Rn. 217ž Scholz-Winter-Seibt, 10. Aufl., § 14 Rn. 36 GmbHG; Baumbach-Hueck-Fastricht, GmbHG, 18. Aufl., § 15 Rn. 40; so jetzt auch Lutter-Bayer GmbHG, 16. Aufl., § 15 Rn. 43; OLG Dresden GmbHR 2004, 1080 verlangt die Zustimmung aller Gesellschafter). d) Heranzuziehen ist auch die in § 180 Abs. 2 AktG enthaltene Wertung des Gesetzes. Gemäß § 180 Abs. 2 AktG wird für die Aktiengesellschaft für einen Beschluss, durch den die Übertragung von Namensaktien oder Zwischenscheinen an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden wird, die Zustimmung aller betroffenen Aktionäre verlangt. Es liegt eine vergleichbare Konstellation vor, weil durch die Streichung von § 11 Abs. 5 der Satzung dem Kläger die Möglichkeit genommen wird, ohne Zustimmung der Gesellschaft seinen Gesellschaftsanteil an Mitgesellschafter zu übertragen. Da die Regeln des Aktienrechts auf die GmbH ergänzend analog Anwendung finden, spricht die in § 180 Abs. 2 AktG festgelegte Zustimmung der betroffenen Aktionäre gewichtig für die Notwendigkeit der Zustimmung des Klägers zur Streichung des § 11 Abs. 5 der Satzung mit der Folge des Wegfalls seines bestehenden Rechts auf zustimmungsfreien Veräußerung seines Geschäftsanteils an Mitgesellschafter.

2. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 26.10.2006, mit dem § 11 Abs. 5 ersatzlos gestrichen worden ist, ist ohne die notwendige Zustimmung des durch die Satzungsänderung in seinen Rechten betroffenen Klägers gefasst worden und damit rechtsfehlerhaft. Er ist für nichtig zu erklären.

III. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 91 Abs. 1. ZPO und für das landgerichtliche Verfahren auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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