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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 15.11.2000
Aktenzeichen: 7 U 3916/00
Rechtsgebiete: AktG, ZPO, BGB, StGB, Umwandlungsgesetz, HGB


Vorschriften:

AktG § 246 Abs. 1
AktG § 248
AktG § 249
AktG § 249 Abs. 1
AktG § 246 Abs. 2
AktG § 112
AktG § 120
AktG § 241
AktG § 241 Nr. 3
AktG § 241 Nr. 4
AktG § 250
AktG § 253
AktG § 256
AktG § 93 Abs. 2
ZPO § 69
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
BGB § 138
StGB § 203
StGB § 140
Umwandlungsgesetz § 313
HGB § 331
Leitsatz:

1. Die Aktiengesellschaft wird auch bei einer Anfechtungsklage, die sich gegen Beschlüsse der Hauptversammlung zur Entlastung der Verwaltung richtet, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten (Doppelvertretung).

2. Die Entlastung der Verwaltung einer Aktiengesellschaft, die im Wege der Fusion entstanden ist, hat keine Wirkung für die verschmolzene Alt-Aktiengesellschaft. Vorwürfe gegen Organmitglieder aus einer Zeit, in der diese lediglich Organen der Altgesellschaft angehört haben, können eine gegen die fusionierte Gesellschaft gerichtete Anfechtungsklage von daher nicht begründen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 3916/00 5 HKO 806/00 LG München I

Verkündet am 15.11.2000

Die Urkundsbeamtin: Haindl Justizangestellte

In dem Rechtsstreit

wegen Anfechtung

erläßt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Goller und die Richter am Oberlandesgericht Maier und Glocker aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2000 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung des Nebenintervenienten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 13.04.2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Nebenintervenient trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Nebenintervenient kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer des Nebenintervenienten im Berufungsverfahren übersteigt 60.000,-- DM.

Tatbestand:

Der Kläger hat Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 17.12.1999 erhoben, mit denen Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten Entlastung für das Geschäftsjahr 1998 erteilt wurde. Die Klage wird vom Nebenintervenienten in zweiter Instanz weiterverfolgt.

Der Kläger wie der Nebenintervenient sind Aktionäre der Beklagten, die 1998 aus einer Verschmelzung der früheren Bayerischen H und W bank AG (im folgenden: H bank) auf die Bayerische V bank AG (im folgenden: V bank) hervorging. Zum 01.04.1998 traten im Vorgriff auf die Verschmelzung 5 Vorstandsmitglieder der H bank in den Vorstand der V bank ein; im einzelnen handelte es sich um die Herren. Der Vorstandsprecher der H bank, Herr Dr. M gehörte ab 26.05.1998 dem Aufsichtsrat der V bank an. Vor ihrem Eintritt in den Vorstand bzw. den Aufsichtsrat der V bank unterzeichneten die genannten Vorstandsmitglieder der H bank in dieser Eigenschaft die Bilanz der H bank für 1997 sowie den gemeinsamen Verschmelzungsbericht der Vorstände von H bank und V bank. Am 26.05.1998 wurde der Verschmelzungsvertrag vom 17.03.1997 durch die Hauptversammlung der V bank genehmigt.

In der Folgezeit mehrten sich Hinweise auf einen erhöhten Wertberichtungsbedarf bezüglich des Jahresabschlusses 1997 der H bank. Die Angemessenheit der Vorsorge für Risiken aus dem Immobilienengagement der Bank wurde in Zweifel gezogen. In der Hauptversammlung der Beklagten vom 06.05.1999 wurde die Entscheidung über den Antrag, Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten für 1998 zu entlasten, zunächst vertagt mit der Maßgabe, daß ein Sonderprüfungsbericht zum Komplex Wertberichtungsbedarf eingeholt werden sollte. Dieser Bericht wurde von der B unter dem 22.10.1999 vorgelegt. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, daß das Immobilienportfolio der H bank zum 31.12.1997 erhöhte Kreditrisiken aufgewiesen habe, die im wesentlichen aus Joint-Venture- und Developer-Finanzierungen resultiert hätten. Diesen Risiken sei im Jahresabschluß 1997 nicht in ausreichender Weise Rechnung getragen worden. Die Risikovorsorge zum 31.12.1997 sei um 3.629 Mio. DM unterdotiert gewesen. Dies habe die Nichtigkeit des Jahresabschlusses der H bank wegen Überbewertung zur Folge. Der Gang der Erörterungen innerhalb der H bank in Winterhalbjahr 1997/98 gebe im übrigen Anlaß zu der Annahme, daß der Vorstand der H bank einen erhöhten Wertberichtigungsbedarf zum 31.12.1997 hätten erkennen können. Vorstand und Aufsichtsrat von H bank und V bank hätten bei Untersuchung der Risiken der jeweils anderen Bank ihre Sorgfaltspflichten aber nicht verletzt (vgl. im einzelnen Anlage zur Klageschrift).

In der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 17.12.1999 wurden unter Top 2 und 3 die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten für das Geschäftsjahr 1998 erneut behandelt und zur Abstimmung gestellt. Die Hauptversammlung hat die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat mehrheitlich beschlossen. Kläger und Nebenintervenient haben gegen diese Beschlüsse Widerspruch zu Protokoll eingelegt.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 13.01.2000, eingegangen am 14.01.2000, Anfechtungsklage gegen beide Beschlüsse erhoben, soweit Vorstandsmitgliedern bzw. Aufsichtsratsmitgliedern der Beklagten aus dem Bereich von Vorstand und Aufsichtsrat der H bank Entlastung erteilt worden sei. Er hat vorgetragen, die zuständigen Organe der H bank hätten im Rahmen bzw. bei der Vorbereitung der Fusion mit der Vereinsbank erklärt, daß sich "plötzlich und überraschend" ein Wertberichtigungsbedarf ergeben habe, der mit einem Aufwand von 1,5 Milliarden DM eine "endgültige und vollständige Bereinigung" erfahren habe. Die Sonderprüfung habe nun ergeben, daß der Wertberichtigungsbedarf noch weit höher gewesen sei. Im übrigen sei seit Jahren bekannt, daß die H bank über Strukturvertriebe an eher "unbedarfte" Kunden überteuert verkaufte Immobilien mit bis zu 90 % des Kaufpreises und damit erheblich über dem Verkehrswert finanziert habe. Der von der B festgestellte Wertberichtigungsbedarf sei die Folge solcher ausschließlich auf Bilanzsummenerhöhung ausgerichteter Geschäfte. Zudem sei jetzt auch noch festgestellt worden, daß die H bank kein funktionierendes einheitliches System zur Kontrolle von Immobilienkrediten und zur Bewertung von Immobilienbeteiligungen gehabt habe. Der H-Vorstand trage die Verantwortung für diese Versäumnisse; er habe, wie die B berichte, den erhöhten Wertberichtigungsbedarf zum 31.12.1997 zumindest erkennen können. Die Hauptversammlung der Beklagten habe den betroffenen H-Vorständen, die nunmehr dem Vorstand bzw. Aufsichtsrat der Beklagten angehörten, deswegen für 1998 keine Entlastung erteilen dürfen. Der Entlastungsbeschluß sei rechtswidrig. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf verweise, daß sich die Vorstände bezüglich der Beklagten selbst nichts hätten zu Schulden kommen lassen, sei dies eine Formalbegründung, die zwar konstruktiv richtig sei, die wirtschaftlichen Zusammenhänge aber völlig außer Acht lasse. Im Falle einer Fusion müsse einem Organmitglied die Entlastung verweigert werden, wenn es in einem der fusionierten Unternehmen eine Handlung begangen habe, die mit den Grundsätzen eines ehrbaren Kaufmannes nicht zu vereinbaren sei.

Im Termin am 13.04.2000 hat der Kläger ergänzend dazu vorgetragen, den betroffenen Herren sei auch noch zur Last zu legen, daß sie in den ihrer Bestellung folgenden Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat der V bank über die ihnen bekannten bilanziellen Risiken geschwiegen hätten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 17.12.1999 insoweit für nichtig zu erklären, als den Vorstandsmitgliedern bzw. Aufsichtsratsmitgliedern Entlastung erteilt worden sei, die in den Jahren 1997 und 1998 dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat der früheren Bayerischen H und W bank AG angehört hätten.

Die Beklagte hat

Klageabweisung beantragt.

Sie hat darauf verwiesen, daß den betroffenen Organmitgliedern durch die angefochtenen Beschlüsse Entlastung nur für die Beklagte, nicht aber für die H bank erteilt worden sei. Einen Entlastungsbeschluß der H bank für das Geschäftsjahr 1998 habe es nie gegeben und werde es auch nicht mehr geben, weil die H bank erloschen sei. Die nach dem Umwandlungsgesetz eingetretene Gesamtrechtsnachfolge sei eine reine Vermögensnachfolge; sie führe nicht zur Aufrechterhaltung innerorganisatorischer Befugnisse der untergegangenen Gesellschaft. Die Klage sei deshalb unschlüssig.

Rein vorsorglich sei darüber hinaus zu bemerken, daß der Vortrag des Klägers zu einem Wertberichtigungsbedarf wegen von der H finanzierter Objekte in mehrfacher Hinsicht falsch sei. So seien regelmäßig nicht nur der reine Objektkaufpreis, sondern auch zusätzliche "Funktionsverträge", die von den Käufern gewünscht worden seien, finanziert worden. Diese Kosten seien steuerlich absetzbar gewesen. Der Kläger greife deshalb zu kurz, wenn er dem Gesamtaufwand der Käufer den reinen Verkehrs- oder Marktpreis der Immobilien gegenüberstelle. Ferner sei es unzutreffend, daß Käufer der fraglichen Objekte regelmäßig "schlicht strukturierte Personen" gewesen seien. Im Ergebnis habe es sich bei den finanzierten Objekten keinesfalls um "wirtschaftliche Totgeburten" gehandelt.

Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 13.04.2000 ohne Beweisaufnahme abgewiesen.

Die angefochtenen Beschlüsse verstießen nicht gegen das Gesetz oder die Satzung der Beklagten. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf das pflichtwidrige Verhalten der ehemaligen H vorstände vor ihrer Bestellung zu Organen der Beklagten verweise, stelle dies keinen Verstoß der Betroffenen gegen ihre Verpflichtungen als Organe der Beklagten dar. Die Entlastung enthalte kein "moralisches Gesamturteil". Hieran ändere auch die Tatsache nichts, daß die H bank später auf die Beklagte verschmolzen worden sei. Die Organstellung der Betroffenen bei der H bank sei erloschen. Ehemalige Organe der H bank könnten auch gar nicht durch die Hauptversammlung der Beklagten entlastet werden, da ihre seinerzeitigen Tätigkeiten am Interesse der erloschenen Gesellschaft zu messen sei, das mit dem der Übernehmenden keineswegs deckungsgleich sein müsse. Soweit sich der Kläger zuletzt noch darauf berufen habe, daß die betroffenen Personen auch gegen ihre Verpflichtungen gegenüber der Beklagten verstoßen hätten, weil sie zur Aufdeckung der bilanziellen Risiken verpflichtet gewesen seien, könne dieser Vortrag nicht mehr berücksichtigt werden, weil er nicht innerhalb der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG vorgetragen worden sei.

Zur näheren Sachdarstellung wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.

Nach Verkündung des Urteils, aber noch vor seiner Hinausgabe an, die Parteien zum Zwecke der Zustellung ist der nunmehrige Nebenintervenient dem Rechtsstreit beigetreten. Er hat die Auffassung vertreten, daß die angefochtenen Entlastungsbeschlüsse nichtig seien, weil die ehemaligen H Organe sowohl als solche als auch als Organe der Beklagten den objektiven Tatbestand des Betruges verwirklicht hätten. Sie seien verpflichtet gewesen, den Verlust des H Eigenkapitals schon im Verschmelzungsbericht, jedenfalls aber rechtzeitig vor Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister anzuzeigen. Die Billigung der Erfüllung des objektiven Betrugstatbestandes durch die Hauptversammlung der Beklagten sei nichtig; auf eine Versäumung der Anfechtungsfrist komme es hier deshalb nicht an.

Das Urteil des Landgerichts wurde dem Nebenintervenienten am 30.05.2000 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 30.06.2000, eingegangen bei Gericht am gleichen Tage, hat der Nebenintervenient Berufung gegen dieses Urteil eingelegt. Mit Schriftsatz vom 07.07.2000 hat der Nebenintervenient seine Berufung fristgerecht begründet.

Der Nebenintervenient beantragt vorweg, der Beklagten einen Prozeßpfleger zu bestellen, weil die Beklagte im vorliegenden Verfahren durch Vorstand und Aufsichtsrat nicht wirksam vertreten werden könne. Zuständig sei wegen der "Gefahr der unsachgemäßen Behandlung" die Hauptversammlung der Beklagten, die selbst indessen nicht vertretungsbefugt sei. Im übrigen trägt der Nebenintervenient wiederum vor, daß die H-Bilanz 1997 ein falsches, nämlich um mindestens 6,7 Milliarden DM überhöhtes Eigenkapital aufweise. Der Vorstand der V bank habe schon 1997, als er mit Zustimmung des Aufsichtsrates 44 % der H bank Aktien erworben habe, einen Wertberichtigungsbedarf in Höhe von 8 Milliarden DM erkannt und zur gesetzlich vorgeschriebenen Abdeckung der fehlenden Eigenmittel das Aktienkapital der Vereinsbank um 39 Mio. Aktien erhöht, ohne indessen das erkannte Verlustrisiko den V bankaktionären am 26.05.1998 anzuzeigen. Rechtlich halte der Nebenintervenient an seiner Auffassung fest, daß die angefochtenen Entlastungsbeschlüsse nichtig seien. Die von den ehemaligen H-Vorständen aufgestellte Bilanz 1997 sei ebenso nichtig wie der Verschmelzungsvertrag vom 17.03.1998 nebst dem gemeinsamen Verschmelzungsbericht und dem entsprechenden Zustimmungs- und Kapitalerhöhungsbeschluß der Vereinsbank. Grund sei jeweils die Überbewertung des H Vermögens, aber auch die Täuschung der Aktionäre der Vereinsbank über das Eigenkapital der H bank auf der Hauptversammlung vom 26.05.1998. Die alten Organmitglieder der Beklagten hätten die tatsächlichen Bilanzrisiken der H bank den V bankaktionären mitteilen müssen. Stattdessen seien der Verschmelzungsbericht und die Zustimmungsempfehlung der Aufsichtsräte von H bank und V bank vorgetragen worden, ohne die verdeckten Verluste offen zu legen.

Die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten stelle damit eine Billigung der unrichtigen Bilanzdarstellung sowie eines "Kapitalerhöhungsbetruges" dar; sie sei nichtig. Die Klagefrist sei insoweit eingehalten; es handele sich um eine bloße Ergänzung des bereits erstinstanzlich vorgetragenen Streitstoffes. Außerdem komme es hierauf letztlich gar nicht an, weil Nichtigkeitsgründe geltend gemacht würden. Letztlich umfasse die Entlastung der Organe der Beklagten auch ihre Tätigkeit als Organe der H bank für das Geschäftsjahr 1998, zumal ab 01.01.1998 alle H Geschäfte laut Verschmelzungsvertrag auf Rechnung der Vereinsbank vorgenommen worden seien. Die Entlastungszuständigkeit sei durch die Verschmelzung auf die Hauptversammlung der Beklagten als Rechtsnachfolgerin übergegangen.

Der Nebenintervenient beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht München I zurückzuverweisen sowie hilfsweise, nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Zurückweisung der Berufung.

Das Erstgericht habe richtig entschieden. Vorwürfe, die gegen einzelne Organmitglieder der Beklagten erhoben würden aus einer Zeit, als diese noch Vorstände der H bank gewesen seien, könnten im vorliegenden Verfahren keine Rolle spielen. Die angefochtenen Entlastungsbeschlüsse hätten die Tätigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat der V bank bzw. der Beklagten im Jahre 1998 zum Gegenstand gehabt, nicht aber das Verhalten der Betroffenen außerhalb ihrer Verwaltungstätigkeit für die Gesellschaft. Entsprechend sei auch bereits die Tagesordnung für die Hauptversammlung vom 17.12.1999 gefaßt gewesen. Letztlich könne deshalb sogar dahingestellt bleiben, ob es im Falle einer Fusion nach Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers überhaupt noch möglich sei, einen Entlastungsbeschluß bezüglich seiner Organe zu fassen. Im Ergebnis sei aber jedenfalls der Auffassung des Landgerichts zu folgen.

Der Vorwurf, die früheren Organmitglieder der H bank hätten nach Übernahme ihrer Ämter bei der V bank bzw. der Beklagten auf ihr früheres, angeblich rechtswidriges Handeln hinweisen müssen, sei vom Landgericht ebenfalls zu Recht als irrelevant behandelt worden. Hier sei die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die gerügte Pflichtverletzung durch Unterlassen sei ein vom ursprünglichen Vorwurf der Täuschung streng zu unterscheidender, gänzlich anderer Lebenssachverhalt, den der Kläger erstmals im Termin vom 13.04.2000 in den Prozeß eingeführt habe. Im übrigen stehe es im Ermessen der Hauptversammlung, Entlastung zu erteilen, auch soweit berechtigter Weise Vorwürfe gegen Mitglieder der Verwaltung erhoben würden. Im vorliegenden Fall seien alle Vorwürfe zudem in der Hauptversammlung der Beklagten am 17.12.1999 ausführlich diskutiert worden. Ungeachtet dessen habe die Hauptversammlung die Entlastung beschlossen. Dieser Beschluß könne nicht durch eine Anfechtungsklage einzelner Aktionäre in sein Gegenteil verkehrt werden.

Zum Vortrag des Nebenintervenienten sei ergänzend noch zu bemerken, daß die Beklagte im vorliegenden Verfahren selbstverständlich durch Vorstand und Aufsichtsrat ordnungsgemäß vertreten sei. Die Bestellung eines Prozeßpflegers sei weder geboten noch zulässig. Da die Entlastungsbeschlüsse für die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat getrennt gefaßt worden seien, sei die Objektivität der Vertretung durch die Mitwirkung des jeweils anderen Organs ausreichend gesichert. Soweit der Nebenintervenient nunmehr einen Wertberichtigungsbedarf in Höhe von 8 Milliarden DM bei der H bank erkannt haben wolle, sei dies zu bestreiten. Ebenso unrichtig sei, daß die V bank zur Abdeckung dieses Bedarfs ihr Aktienkapital erhöht habe. Unzutreffend sei es auch, wenn der Nebenintervenient die streitgegenständlichen Entlastungsbeschlüsse als "nichtig" bezeichnet. Gleiches gelte für den Verschmelzungsbericht, den Verschmelzungsvertrag und die darauf bezogenen Beschlüsse der V bank.

Rein vorsorglich werde schließlich bestritten, daß Vorstand und Aufsichtsrat der V bank bei Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrages, bei Verwendung des Verschmelzungsberichtes oder bei der Beschlußfassung der Hauptversammlung vom 26.05.1998 den Wertberichtigungsbedarf der H bank gekannt habe. Der Nebenintervenient lege nicht näher dar, woraus sich diese Kenntnis ergeben solle.

Im einzelnen wird auf die Schriftsätze der Prozeßbeteiligten vom 07.07.2000, vom 21.08.2000, vom 30.08.2000 und 03.11.2000 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die zulässige Klage abgewiesen. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Lediglich zur Erläuterung sowie mit Blick auf den ergänzenden Vortrag des Nebenintervenienten ist dazu noch folgendes zu bemerken:

I.

Die Berufung des Nebenintervenienten ist zulässig.

1. Die Nebenintervention ist eine streitgenössische, § 69 ZPO i.V.m. §§ 248, 249 AktG. Der streitgenössische Nebenintervenient kann im eigenen Namen Rechtsmittel einlegen ohne bzw. sogar gegen den Willen der unterstützten Partei (vgl. Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 69 Rn. 7).

2. Maßgebend für den Beginn der Rechtsmittelfrist ist die Zustellung des Urteils an den Nebenintervenienten (Zöller, a. a. O., § 69 Rn. 7). Nach BGH NJW-RR 97, 865 bleibt der Nebenintervenient zwar an eine bereits laufende Rechtsmittelfrist der Hauptpartei gebunden. Da im vorliegenden Fall aber der Beitritt zum Verfahren vor Hinausgabe des Urteils erster Instanz an die Parteien erfolgt ist, bleibt es bei dem Grundsatz, daß die Berufungsfrist für den Nebenintervenienten erst mit Zustellung des Urteils an ihn zu laufen begonnen hat. Die Berufung des Nebenintervenienten ist somit fristgerecht eingelegt und auch fristgerecht begründet worden.

II.

1. Die Klage ist als kassatorische Klage nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes zulässig.

2. Der Senat sieht zudem keine Veranlassung, der Beklagten einen Prozeßpfleger zu bestellen. Die Beklagte ist vielmehr gemäß §§ 246 Abs. 2, 249 Abs. 1 AktG wirksam durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten: Die Bedenken des Nebenintervenienten sind insoweit nicht stichhaltig.

Hierbei sind § 112 AktG und die dazu ergangene Rechtsprechung angesichts der spezialgesetzlichen Regelung der Materie in § 246 Abs. 2 AktG ohne Belang. Im kassatorischen Prozeß ist gerade durch das Zusammenspiel von Vorstand und Aufsichtsrat eine unbefangene Vertretung der Aktiengesellschaft sichergestellt, zumal die Beklagte zu Recht darauf hinweist, daß im Falle der Anfechtung von Entlastungsbeschlüssen betreffend Vorstand und Aufsichtsrat jeweils gesonderte Beschlüsse vorliegen. Die ratio legis liegt darin, eine unmittelbare Einwirkung der Repräsentanten der Mehrheit der Eigentümer auf den Prozeß sicherzustellen, wobei in der Literatur durchaus mitanklingt, daß auch einem möglicherweise arglistigen Zusammenspiel von Kläger und Vorstand im Prozeß schon im Ansatz entgegengewirkt werden soll (vgl. Kölner Kommentar, AktG, § 246 Rn. 34 m. w. N.; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 246 Rn. 55). Gerade diesem Anliegen kann durch ein Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat bei der Vertretung der Aktiengesellschaft optimal entsprochen werden. Eines Prozeßpflegers bedarf es von daher nicht, zumal auch in den bislang höchstrichterlich entschiedenen Fällen einer Anfechtungsklage gegen Entlastungsbeschlüsse einer Aktiengesellschaft die ordnungsgemäße Vertretung der Beklagten - soweit ersichtlich - niemals Anlaß zur Beanstandung geboten hat. Das vom Nebenintervenienten aufgeworfene Problem hat offenkundig also bisher auch der BGH nicht als solches empfunden. Der Senat kann sich dem nur anschließen.

3. Der Nebenintervenient hat schließlich im Termin am 15.11.2000 klargestellt, daß er mit seinem Berufungsantrag lediglich einen Erfolg der Klage nach Maßgabe des bereits in erster Instanz gestellten Antrages anstrebt. Er hat damit der Tatsache Rechnung getragen, daß es auch dem streitgenössischen Nebenintervenienten nicht gestattet ist, den Streitgegenstand zu ändern (Zöller, a. a. O., § 69 Rn. 8).

III.

Die Klage ist unbegründet.

1. Formal ist der Kläger anfechtungsberechtigt, da Aktionär. Er war in der Hauptversammlung vom 17.12.1999 anwesend und hat Widerspruch gegen die streitgegenständlichen Entlastungsbeschlüsse eingelegt.

Ferner hat er innerhalb der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG Anfechtungsklage erhoben.

2. Angefochten sind Entlastungsbeschlüsse nach § 120 AktG. Beschlüsse dieser Art sind grundsätzlich anfechtbar, unter Umständen sogar nichtig.

a) Ihrem Wesen nach enthält die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat eine Billigung der Verwaltung. Sie bezieht sich notwendiger Weise zunächst einmal auf die Vergangenheit (hier: das Jahr 1998); daneben enthält sie aber auch eine Vertrauenskundgabe für die Zukunft. Ein Verzicht auf Ersatzansprüche ist mit der Entlastung dagegen nicht verbunden (vgl. i.e. Hüffer, Akt(3, 4. Aufl., § 120 Rn. 2). Die "Billigung" erfolgt nach herrschender Meinung als "im Großen und Ganzen gesetzes- und satzungsgemäß" (Hüffer, a. a. O. Rn. 12). Der Hauptversammlung ist damit ein breites Ermessen eingeräumt, was sie als noch hinnehmbar akzeptieren möchte. Die herrschende Meinung erkennt an, daß die Hauptversammlung grundsätzlich auch einer "pflichtvergessenen" Verwaltung Entlastung erteilen darf (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, a. a. O., § 120 Rn. 38; Kölner Kommentar, a. a. O., § 120 Rn. 49). Überschreitet die Hauptversammlung allerdings ihr Ermessen, ist der Entlastungsbeschluß anfechtbar (vgl. Hüffer, a. a. O., § 120 Rn. 12). Entschieden worden sind in diesem Zusammenhang insbesondere Fälle, in denen das Informationsrecht der Aktionäre verletzt worden war. Eine Entlastung etwa ohne Vorlage eines Rechenschaftsberichtes ist gesetzeswidrig; vgl. Hüffer, a. a. O., § 120 Rn. 1 sowie BGH NJW 74, 855. Daneben ist es vom Ansatz her durchaus denkbar, daß ein Entlastungsbeschluß sogar nichtig sein kann. Allerdings enthalten §§ 241, 250, 253 und 256 AktG eine in ihrer Gesamtheit erschöpfende Regelung möglicher Nichtigkeitsgründe (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, a. a. O., § 241 Rn. 4, 24). Dies stellt eine Einschränkung gegenüber dem allgemeinen Zivilrecht dar. In Betracht zu ziehen sind im vorliegenden Falle allenfalls § 241 Nrn. 3 und 4 AktG (Verletzung von Vorschriften des Gläubigerschutzes bzw. des öffentlichen Interesses; Sittenwidrigkeit). Bereits vorab kann dazu festgestellt werden, daß die Entlastung ihrem Wesen nach (s.o.) nicht dem Interesse des Gläubigerschutzes zu dienen geeignet ist. Es bleibt damit der mögliche Vorwurf eines Verstosses gegen den weit verstandenen ordre public (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, a. a. O., § 241 Rn. 47) sowie der mögliche Vorwurf der Sittenwidrigkeit, wobei § 241 Nr. 4 AktG hier enger auszulegen ist als der § 138 BGB, weil es ausschließlich auf den Inhalt des Beschlusses ankommt. Beweggründe und Zweck der Entlastung begründen daher regelmäßig allenfalls die Anfechtbarkeit des Beschlusses (vgl. Hüffer, a. a. O., § 241 Rn. 24).

b) Eine weitere wichtige, im vorliegenden Verfahren relevante Frage geht dahin, ob die Entlastung im Falle einer Fusion Geltung auch für die übernommene Gesellschaft hat, mithin also (auch) insoweit angefochten werden kann. Richtigerweise ist dies, wie schon das Landgericht entschieden hat, zu verneinen.

Grundsätzlich gilt im Falle der Fusion das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers (vgl. Lutter, Umwandlungsgesetz, 2. Aufl., § 20 Rn. 7). Dies betrifft aber zunächst einmal nur den Vermögensübergang. Die Organstellung von Vorstand und Aufsichtsrat der übernommenen Gesellschaft enden demgegenüber mit der Übernahme (Lutter, a. a. O., Rn. 28). Eine Entlastung ist damit nicht mehr möglich. Maßgebender Grund dafür ist, daß die zur Debatte stehende Geschäftsleitung ausschließlich an den Interessen des übertragenden Rechtsträgers auszurichten war. Ein Organ des übernehmenden Rechtsträgers kann hierüber logischer Weise nicht befinden. Eine Abhängigkeit der Organe des übertragenden Rechtsträgers von der Hauptversammlung des übernehmenden Rechtsträgers müßte im Gegenteil sogar als ausgesprochen unerwünscht bezeichnet werden (vgl. Lutter, a. a. O., Rn. 29). Soweit Martens (AG 1986, 57/58 ff.) hierzu eine andere Auffassung vertritt, vermag diese nicht zu überzeugen.

3. Für den konkreten Fall nun gilt in Anwendung der zuvor dargestellten Grundsätze folgendes:

a) Das Verhalten der ehemaligen H-Organmitglieder vor ihrem Eintritt in den Vorstand bzw. Aufsichtsrat der Beklagten unterliegt nicht der Entlastung durch die Hauptversammlung der Beklagten. Der Entlastungsbeschluß erfaßt dieses Verhalten nicht; er kann mit Blick auf dieses Verhalten daher auch nicht angefochten werden. Das Landgericht hat diese Streitfrage richtig entschieden. Dabei ist es unerheblich, ob die H bank, wie nunmehr der Nebenintervenient behauptet, seit 01.01.1998 ihre Geschäfte auf Rechnung der V bank als Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommen hat. Auch in diesem Falle wären die H-Organe im maßgebenden Zeitraum als solche und nicht als Organe der Beklagten tätig geworden. Es kann ferner dahinstehen, ob die Tagesordnung für die streitgegenständliche Hauptversammlung in der Weise ausgelegt werden müßte, daß die Tätigkeit der betroffenen Organe für die H bank von der Entlastung - wäre diese möglich - überhaupt mitumfaßt sein sollte.

b) Kläger und Nebenintervenient werfen den ehemaligen H Organmitgliedern ferner vor, nach ihrem Eintritt in den Vorstand bzw. Aufsichtsrat der Beklagten die ihnen bekannten Bilanzrisiken verschwiegen und damit die Aktionäre der Beklagten getäuscht zu haben.

Dies ist indessen, wie das Landgericht ebenfalls zu Recht festgestellt hat, ein gegenüber dem ursprünglich erhobenen Vorwurf (s.o.a) völlig neuer Lebenssachverhalt. Es geht um ein völlig anderes Verhalten der Betroffenen zu einem anderen Zeitpunkt und gegenüber einem anderen Personenkreis. Da diese neuen Vorwürfe erstmals im Termin vom 13.04.2000 vorgetragen wurden, sind sie als Anfechtungsgründe verfristet, § 246 Abs. 1 AktG. Anfechtungsgründe müssen nämlich innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern nach dargelegt werden (vgl. Hüffer, § 246 Rn. 26 m. w. N.). Nachgeschobene Gründe sind unbeachtlich. Möglich bleibt lediglich eine Ergänzung des Tatsachenvortrags, die aber auf den bisherigen Streitgegenstand beschränkt bleiben muß. Eine Klageänderung ist nicht mehr möglich. Im vorliegenden Fall nun beruht der neue Sachvortrag der Klägerseite auf einem neuen Klagegrund. Die Klage wird auf ein anderes als das ursprüngliche Verhalten (Unterlassen) gestützt. Damit wird nicht lediglich auf einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt hingewiesen, sondern die Angriffsrichtung ausgewechselt, was als Klageänderung gilt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 263 Rn. 3; Zöller, a. a. O., § 263 Rn. 7 ff.).

Der neue Sachvortrag vermag damit eine Anfechtungsklage nicht mehr zu begründen. Zu prüfen ist lediglich noch, ob ein Nichtigkeitsgrund vorliegt, für dessen Geltendmachung die gesetzliche Anfechtungsfrist nicht gilt (§ 249 Abs. 1 AktG).

Hierbei ist zunächst einmal festzuhalten, daß die behauptete Täuschung der Aktionäre als solche aus mehreren Gründen nicht zum Erfolg der Klage führen kann. Zum einen lag im Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Entlastungsbeschlüsse bereits der Bericht der B vor (vgl. Top 1 der Tagesordnung). Die Hauptversammlung war damit über alle in diesem Bericht behandelten Vorwürfe unterrichtet. Von einer Täuschung kann damit keine Rede mehr sein. Zum anderen begründet selbst im Falle einer Täuschung die darin liegende Informationspflichtverletzung regelmäßig nur die Anfechtbarkeit, nicht aber die Nichtigkeit eines Entlastungsbeschlusses (s.o.).

Der Nebenintervenient erkennt dies auch, weshalb er seine Argumentation nunmehr vor allem darauf stützt, daß die Hauptversammlung durch die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat das Verwirklichen zumindestens des objektiven Tatbestandes strafbarer Handlungen (hier insbesondere: Betrug, § 263 StGB) gebilligt habe. Allein dies schon begründe die Nichtigkeit der Entlastungsbeschlüsse. Der Senat vermag dem aber ebenfalls nicht zu folgen. So irrt der Nebenintervenient schon im rechtlichen Ansatz, wenn er behauptet, nach der Rechtsprechung des BGH genüge schon die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes einer strafbaren Handlung, um die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes zu begründen. Tatsache ist vielmehr, daß ein Straftatbestand von beiden Vertragsparteien grundsätzlich objektiv und subjektiv erfüllt sein muß, damit dies die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge hat (BGHZ 132, 313/8). Ausnahmen erkennt der BGH an, wenn dies der Schutzzweck der Norm gebietet, entschieden etwa für den Fall des § 203 StGB (vgl. BGHZ 115, 123/130). Im hier zu entscheidenden Fall geht es nun um den Vorwurf des Betruges (§ 263 StGB), gegebenenfalls auch noch der unrichtigen Darstellung nach §§ 313 Umwandlungsgesetz, 331 HGB. Bei allen in Betracht kommenden Tatbeständen liegt der Kern des Unrechtsgehaltes im subjektiven Bereich. Die nur objektiv unrichtige Darstellung maßgebender Sachverhalte vermag die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes nicht zu begründen. Der "Geschädigte" bedarf in diesen Fällen auch nicht eines so weitgehenden Schutzes.

Auch nach dem Sachvortrag des Klägers und seines Nebenintervenienten aber ist nicht belegt, daß die ehemaligen H Organe die Hauptversammlung der V bank am 26.05.1998 oder später vorsätzlich falsch informiert bzw. in der Hauptversammlung vorsätzlich eine Unterbewertung von Risiken der H bank verschwiegen hätten. Der B Bericht, den der Kläger hier vorgelegt hat, kommt zu dem bezeichnenden Ergebnis, daß (lediglich) Anlaß zu der Annahme besteht, daß der Vorstand der H bank einen erhöhten Wertberichtigungsbedarf zum 31.12.1997 "hätte erkennen können". Dies umschreibt den Vorwurf der Fahrlässigkeit, nicht aber den des Vorsatzes. Alle vom Nebenintervenienten hier in Betracht gezogenen Straftatbestände setzen aber Vorsatz voraus, was konsequenter Weise bedeutet, daß für ein strafrechtlich relevantes Verhalten der betroffenen Personen kein Anhaltspunkt vorliegt. Schon von daher kann die Entlastung der Betroffenen nicht als nichtig angesehen werden.

Weiter kommt hinzu, daß es letztlich - so die Konstruktion des Nebenintervenienten - um eine Straftat dessen gehen müßte, der das angeblich nichtige Rechtsgeschäft vorgenommen hat. Dies wären im vorliegenden Falle die Hauptversammlung der Beklagten bzw. die in der Hauptversammlung der Entlastung zustimmenden Aktionäre. Der Vorwurf strafbaren Verhaltens, gerichtet auf diesen Personenkreis, ist aber geradezu absurd, zumal die Aktionäre mit der Entlastung

- das Verhalten der entlasteten Personen keineswegs im Rahmen eines "moralischen Gesamturteils" gutgeheißen haben (s.o.);

- ein strafbares Verhalten der entlasteten Personen nicht erkennbar ist (s.o.) und

- selbst die Billigung von Straftaten ihrerseits strafrechtlich nur geahndet wird, soweit eine Katalogtat im Sinne von § 140 StGB vorliegt, was hier von vorneherein ausscheidet.

Auch die Vorwürfe, die gegen die ehemaligen H-Organmitglieder nachträglich erhoben worden sind, vermögen daher die Nichtigkeit der Entlastungsbeschlüsse nicht zu begründen.

c) Ein letzter Vorwurf des Nebenintervenienten richtet sich gegen die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates der Beklagten, die nicht ehemalige Organmitglieder der H bank sind. Ihnen wirft der Nebenintervenient einen "Kapitalerhöhungsbetrug" im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Fusion von H bank und V bank vor. Ferner hätten auch sie später die Aktionäre der Beklagten getäuscht. Auf Hinweis des Senats, daß der Klageantrag vom Nebenintervenienten in zweiter Instanz nicht dahin ergänzt werden könne, daß nunmehr auch noch die Entlastung der übrigen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten angegriffen werde, erläuterte der Nebenintervenient, daß dies so gar nicht beabsichtigt sei. Seines Erachtens "hafteten" Vorstand und Aufsichtsrat für das skizzierte Fehlverhalten entsprechend § 93 Abs. 2 AktG solidarisch; auch die anhängige Klage könne damit auf das Fehlverhalten der bisher nicht in den Rechtsstreit involvierten Organmitglieder gestützt werden.

Der Senat vermag auch dem nicht zu folgen. § 93 Abs. 2 AktG betrifft den Fall der Organhaftung, die vom Fall der Entlastung zu unterscheiden ist (s.o.). Die Vorschrift kehrt ihrem Inhalt nach die im Zivilrecht übliche Beweislast für haftungsbegründendes Fehlverhalten um (vgl. im einzelnen Hüffer, a. a. O., § 93 Rn. 16). Sie ist für Fragen der Organhaftung in der GmbH (§ 43 Abs. 2 GmbHG) entsprechend mit heranzuziehen (im Umfang allerdings strittig; vgl. Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 43 Rn. 167 b ff.), ist aber als Ausnahmevorschrift ansonsten nicht ananlogiefähig. Für die Entlastung gilt, daß Organmitglieder für Vorgänge, die sie in unterschiedlicher Weise zu verantworten haben, auch unterschiedlich entlastet werden können; unter Umständen ist hier entgegen dem gesetzlichen Regelfall auch einmal eine Einzelentlastung zu erteilen (vgl. Hüffer, a. a. O., § 120 Rn. 9 und 10). Eine "Sippenhaft" von Organmitgliedern einer Aktiengesellschaft ist aus § 93 Abs. 2 AktG keinesfalls abzuleiten.

Zudem gilt auch hier, daß eine Täuschung der Hauptversammlung, die die Entlastung beschließt, regelmäßig nur eine Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses begründen kann (s.o.). Im vorliegenden Falle aber wären entsprechende Anfechtungsgründe jedenfalls verfristet, § 246 Abs. 1 AktG. Einer weiteren Aufklärung bedarf insoweit nicht.

Schließlich kann der Hauptversammlung hier auch nicht vorgeworfen werden, durch die Entlastung Straftaten gebilligt zu haben. Die vom Nebenintervenienten in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe sind - soweit ersichtlich - der Hauptversammlung gar nicht bekannt geworden. Die B beispielsweise hat in ihrem Bericht über die Sonderprüfung bei der Beklagten ausdrücklich festgestellt, daß Vorstand und Aufsichtsrat der Vereinsbank bei der Untersuchung der Risiken der Hypobank ihre Sorgfaltspflichten nicht verletzt haben (Seite 132). Eine Straftat der die Entlastung befürwortenden Aktionäre ist von daher unmöglich zu begründen. Im übrigen gilt das oben b) am Ende Ausgeführte hier entsprechend. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts war wiederum nicht veranlaßt.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Der Nebenintervenient trägt die Kosten seiner erfolglosen Berufung, weil er alleine das Rechtsmittel eingelegt hat (BGHZ 39, 296/8).

Ende der Entscheidung

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