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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 10.06.2009
Aktenzeichen: 7 U 4522/08
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 242
HGB § 92

Entscheidung wurde am 09.07.2009 korrigiert: Die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert und ein Leitsatz wurde hinzugefügt
1. Ist in einem Versicherungsvertretervertrag die Anwendung der "Grundsätze Leben" vereinbart worden, umfasst der zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB geltend gemachte Auskunftsanspruch auch dynamische Rentenversicherungen, soweit sie bei Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind.

2. Der Versicherungsvertreter kann nur Auskunft über von ihm selbst vermittelte Verträge verlangen. Soweit für ihn Untervertreter tätig geworden sind, können ihm die von diesen vermittelten Verträge auch dann nicht zugerechnet werden, wenn er diese selbst geworben und geschult hat. Einer solchen Zurechnung steht der Wortlaut der "Grundsätze Leben" entgegen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 4522/08

verkündet am: 10. Juni 2009

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterinnen am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2009 folgendes Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 7.8.2008 wie folgt abgeändert:

Die Klägerin wird verurteilt, dem Beklagten Auskunft über die genaue Summe der Versicherungssummen solcher dynamischer Lebens- oder Rentenversicherungssummen zu erteilen, die der Beklagte während der gesamten Vertragslaufzeit vom 17.5.1995 bis zum 30.4.2004 selbst vermittelt hat und die bei der Beendigung des Vertretervertrages am 30.04.2004 die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind.

Im übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem zwischen ihnen beendeten Vertragsverhältnis. Der Beklagte war für die Klägerin als Versicherungsvermittler tätig. Sie macht gegen den Beklagten die Rückzahlung eines Provisionsvorschusses sowie Prämien aus einer Vertrauensschaden-Versicherung geltend. Der Beklagte macht im Wege der Widerklage Provisions- und Schadensersatzansprüche und im Wege der Stufenklage den Ausgleichsanspruch geltend. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts wird Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klägerin verurteilt, dem Beklagten Auskunft über die genaue Summe der Versicherungssummen, sämtlicher dynamischer Lebens- oder Rentenversicherungssummen, die der Beklagte oder einer seiner Mitarbeiter - insoweit wird auf die Auflistung im Tenor des Ersturteils verwiesen - während der gesamten Vertragslaufzeit vom 17.5.1995 bis zum 30.4.2004 vermittelt haben, in der aktuellen Höhe zum 30.4.2004 zu erteilen.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Sie macht insbesondere geltend, ein etwaiger Auskunftsanspruch sei verjährt, jedenfalls aber gemäß § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB ausgeschlossen. Im übrigen sei der Anspruch durch den bereits erstellten Buchauszug gemäß § 362 BGB erfüllt. Der Beklagte habe außerdem für die von ihm vermittelten Lebensversicherungen eine erhöhte Erstprovision erhalten, so dass damit künftige Erhöhungen der Lebensversicherungen bereits abgegolten seien. Weiterhin sei der Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt der ausgesprochenen Kündigung für ein Konkurrenzunternehmen tätig geworden. Die Klägerin ist ferner der Ansicht, der Auskunftsanspruch sei zu weitgehend gefasst. Dem Beklagten stehe insbesondere keine Auskunft über die von seinen Untervertretern vermittelten Versicherungen zu. Auch erfasse der Ausgleichsanspruch nicht die vermittelten Rentenversicherungsverträge, da nach den "Grundsätze Leben", die hier Vertragsbestandteil waren, für den Ausgleichsanspruch nur dynamische Lebensversicherungen zu Grunde gelegt werden können und im übrigen auch nur dann, wenn bei der Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllt werden und sie zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind.

Die Klägerin beantragt

das Teilurteil des Landgerichts München I vom 07.08.2008 , Az. 30 O 23776/04, aufzuheben und den Widerklageantrag zu 2) abzuweisen.

Der Beklagte beantragt

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er trägt insbesondere vor, der Auskunftsanspruch sei nicht zu weit gefasst. Ihm stehe auch hinsichtlich der von ihm akquirierten, geschulten und betreuten Mitarbeiter ein Ausgleichsanspruch zu. Da er nach dem zugrunde liegenden Vertrag für diese eine Differenzprovision erhalten habe, sei diese ebenfalls ausgleichspflichtig. Im übrigen würden die "Grundsätze Leben" gleichfalls für dynamische Rentenversicherungen gelten, da auch bei diesen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen erfolge und zusätzliche Versicherungen des Todesfallrisikos während der Vertragslaufzeit kein geeignetes Kriterium nach dem Sinn und Zweck der Grundsätze sein kann, diese ausgleichsfrei zu stellen. Weiterhin sei der Begriff "Lebensversicherung" als Oberbegriff zu verstehen, unter den auch Rentenversicherungen fallen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet.

Der Klägerin steht der in Ziffer 1 des Teilurteils tenorierte Auskunftsanspruch in der abgeänderten Form zu. Dieser ergibt sich aus § 242 BGB.

1. Es ist umstritten, ob die Informationsrechte nach § 87c HGB auch zur Kontrolle anderer als Provisionsansprüche ausgeübt werden können (vgl. Staub HGB, 5. Aufl., Band 2, § 87 c Rn. 11, § 89 b Rn. 349, m.w.N.). Dies kann hier dahingestellt bleiben, da sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschießt, der Auskunftsanspruch für einen Handelsvertreterausgleichsanspruch aus § 242 BGB ergibt (BGH, 3.4.1996, VIII ZR 54/95). Der Beklagte kann danach Auskunft verlangen, weil er in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann (vgl. BGH, NJW 1995, 387). Gemäß Ziffer 15.3 und 15.4 des Vertrages war der Beklagte verpflichtet, bei Vertragsende sämtliche Unterlagen, insbesondere die zu den Verträgen angelegten Akten nebst dem dazugehörenden Schriftwechsel herauszugeben. Er war auch nicht berechtigt, Kopien anzufertigen. Der Beklagte hat - von der Klägerin nicht bestritten - vorgetragen, dass er die entsprechenden Unterlagen alle zurückgegeben hat. Aus den bei ihm verbliebenen Provisionsabrechnungen sind nach seinem Vortrag weder die Lebensversicherungssumme, noch die Erhöhung der Lebensversicherungssumme enthalten. Auch dies ist unstreitig.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dieser Anspruch auch nicht verjährt. Auskunftsrechte verjähren unabhängig voneinander und separat von den Hauptansprüchen. Deshalb läuft die Verjährung eines Auskunftanspruches nicht mit dem Hauptanspruch parallel, sondern selbständig (vgl. BGH NJW 1982, 235). Die Verjährung für den hier inmitten stehenden Auskunftsanspruch beginnt mit dem Zeitpunkt seiner Durchsetzbarkeit. Dieser Zeitpunkt ist die Fälligkeit des Handelsvertreterausgleichsanspruchs als verjährungsauslösenden Umstand (vgl. Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 1, 8. Aufl., Rn. 1468). Die verjährungsauslösende Fälligkeit des Handelsvertreterausgleichsanspruchs tritt grundsätzlich mit Ende des Vertriebsvertrages ein. Die Verjährung beginnt für den Handelsvertreterausgleichsanspruch gemäß § 199 BGB mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und der Versicherungsvertreter von der Entstehung des Ausgleichsanspruchs erfährt (vgl. Staub, a.a.O., § 89 b Rn. 330, 332). Die Verjährung der Ansprüche aus Vertriebsverträgen richtete sich früher nach der vierjährigen Verjährungsfrist des § 88 HGB a.F.. Nunmehr unterfallen diese Ansprüche der dreijährigen Regelverjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB soweit nicht das alte Recht Anwendung findet.

Für alle Ansprüche, die vor dem 15.12.2004 entstanden sind und zu diesem Zeitpunkt noch unverjährt waren, findet das Übergangsrecht des Art. 229 § 12 EGBGB Anwendung. Dabei ist maßgeblich für das Bestehen des Anspruchs dessen Fälligkeit. Danach ergibt sich folgendes: Da die Verjährungsfrist nach dem seit dem 15.12.2004 geltenden Recht kürzer ist als nach § 88 HGB a.F., gilt die neue Verjährungsfrist, die jedoch erst vom 15.12.2004 an gerechnet wird (vgl. Staub, a.a.O., vor § 84 Rn. 428). Das bedeutet vorliegend, da der Handelsvertreterausgleichsanspruch erst mit Schluss des Vertragsbeendigungsjahres 2004 fällig geworden ist, beginnt erst zum Ablauf dieses Jahres die Verjährungsfrist und endet mit Ablauf des 31.12.2007. Nichts anderes gilt folglich für die Verjährung des Auskunftsanspruchs. Daraus folgt, dass die Einrede der Verjährung dem Auskunftsanspruch nicht entgegensteht.

3. Der Auskunftsanspruch ist auch nicht gemäß § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB ausgeschlossen. Entgegen den Ausführungen der Klägerin liegt bereits in dem Schreiben der Bevollmächtigten des Beklagten vom 17.11.2004 (B 17) eine ordnungsgemäße Geltendmachung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs. Jedenfalls hat der Beklagtenvertreter aber mit Schriftsatz vom 17.11.2004 eine solche den Formerfordernissen des § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB entsprechende Erklärung abgegeben.

Für die Geltendmachung der Ausgleichsforderung nach § 89 b HGB ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Auch ist die Ausgleichsforderung kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft, d. h. sie kann auch in Vollmacht für einen Dritten geltend gemacht werden. Nach einhelliger Meinung genügt jede schriftliche oder mündliche Erklärung, aus der der Unternehmer entnehmen kann, dass ein Ausgleich verlangt werde. Der Ausgleich muss aber hinreichend deutlich angefordert werden, ohne dass die Vorschrift des § 89 b HGB genannt zu werden braucht, auch muss die Ausgleichsforderung nicht beziffert werden (vgl. Staub a.a.O., § 89 b, Rn. 186; Küstner/Thume, a.a.O., Band 2, 8. Aufl., V. Rn. 179 ff.). Unter Ziffer 3 "Handelsvertreterausgleichsanspruch" des Schreibens der Bevollmächtigten des Beklagten vom 17.11.2004 heißt es: "Weiterhin sind wir beauftragt worden, den Handelsvertreterausgleichsanspruch geltend zu machen. Die Berechnung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs erfolgt ebenfalls in Kürze in einem gesonderten Schriftsatz." Daraus ergibt sich für den Erklärungsempfänger, dass darin bereits die Geltendmachung des Handelsvertreterausgleichsanspruches liegt. Das ergibt sich zum einen aus der Eindeutigkeit der Formulierung, zum anderen aus der Bezugnahme in Satz 2 durch das Wort "ebenfalls". Damit wird unzweifelhaft deutlich, dass der Handelsvertreterausgleichsanspruch bereits zu diesem Zeitpunkt wirksam geltend gemacht werden sollte. Im Übrigen ergibt sich die Geltendmachung aber auch aus der Klageerwiderung der Bevollmächtigten des Beklagten im Schriftsatz vom 17.11.2004. Dieser Schriftsatz ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt worden, so dass sich die Klägerin die Geltendmachung auch insoweit zurechnen lassen muss. In diesem Schriftsatz heißt es auf Seite 6 "weiterhin wurde ein Schadensersatz in Höhe des entgangenen Gewinns und der Handelsvertreterausgleichsanspruch geltend gemacht."

4. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Auskunftsanspruch auch nicht gemäß § 362 BGB durch Erteilung des Buchauszugs für den Zeitraum 01.01.2000 bis 30.04.2004 erfüllt. Für die Berechnung des Handelsvertreterausgleichs finden hier die "Grundsätze Leben" Anwendung.

Für die Bestimmung des im Rahmen des Handelsvertreterausgleichsanspruches zu ermittelnden Rohausgleiches sind die Versicherungssummen der dynamischen Lebensversicherungen Ausgangsbasis. Dabei ist maßgebend die Versicherungssumme zur Zeit der Beendigung des Vertretervertrages (vgl. Staub, a.a.O., § 89 b Rn. 444; Küstner/Thume, a.a.O, Band 2, XX, Rn. 175).

Entgegen der Auffassung der Klägerin entfällt der Handelsvertreterausgleichsanspruch nicht wegen der Bezahlung einer erhöhten Erstprovision an den Beklagten. Aus den vertraglichen Regelungen ergibt sich nicht, dass der Beklagte eine erhöhte Erstprovision erhalten hat, durch die der in künftigen Erhöhungen fortwirkende Vermittlungserfolg vereinbarungsgemäß bereits voll abgegolten wäre. Vielmehr ergibt sich aus der Anlage 2 "Allgemeine Provisionsbestimmungen" zu dem Vermittlervertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten dass dem Beklagten eine einmalige Abschlussprovision gewährt wird (Ziffer 1.2), daneben aber weitere Provisionszahlungen möglich sind, soweit eine nachhaltige Kundenbetreuung erbracht wurde. Aus Ziffer 1.4. der Allgemeinen Provisionsbestimmungen folgt, dass sich die Höhe aller etwaigen weiteren Provisionen nach dem maßgeblichen Provisionssatz zum Zeitpunkt der erstmaligen Verprovisionierung dieses vermittelten Vertrages richtet. In Ziffer 1.4 ist weiter geregelt, dass die weiteren Provisionen "aus der Vermittlung eines Vertrages" bezahlt werden. Der zur Erläuterung eingefügte Klammersatz benennt als solche Provisionen solche, die "für auftragsgemäß vorgenommene automatische Erhöhung von Beitrag und Versicherungsleistung, nachlaufende ratierliche Provisionen nach Prämien oder Beitragseingang" gewährt werden. Daraus folgt, dass die neben der Abschlussprovision möglichen weiteren Provisionszahlungen, Zahlungen aus der Vermittlung dieses Vertrages sind. Damit wird klar und deutlich ausgeschlossen, dass es sich hierbei um Verwaltungsprovisionen handeln könnte. Deshalb kommt es auf die Frage, wer hier für den Vortrag, dass es sich um Provisionen für die Vermittlung des Abschlusses eines Lebensversicherungsvertrages handelt und nicht um reine Verwaltungsprovisionen, darlegungs- und beweispflichtig ist, nicht an. Nur hilfsweise sei angemerkt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 01.06.2005 (VIII ZR 335/04, Rdnr. 31) die Darlegungs- und Beweislast dann den Unternehmer trifft, wenn nach der vertraglichen Provisionsregelung die Zweckbestimmung der zu zahlenden Provisionen nicht zweifelsfrei feststellbar ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind diese Grundsätze des Bundesgerichtshofs auch hier nicht deshalb unanwendbar, weil es sich vorliegend um einen Lebensversicherungsvertretervertrag handelt. Insoweit stellt der Bundesgerichtshof am Schluss seiner Entscheidung zweifelsfrei klar, dass sich seine Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast eben nicht nur auf die Kfz-Versicherungen beziehen. Der BGH führt aus, dass sogar für solche Versicherungsarten für die sowohl eine Folgeprovision ab 1. Jahr, als auch eine Abschlussprovision vorgesehen ist, die Darlegungs- und Beweislast für die Zweckbestimmung der Folgeprovision auch insoweit beim Unternehmer liegt.

Das bedeutet vorliegend, dass die vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten eben nicht von einer einmaligen Erstprovision ausgehen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12.05.2006 vorgetragen, dass er während der Laufzeit des Vertrages ständig von der Klägerin Provision für die Erhöhung der dynamischen Lebensversicherungen erhalten habe. In diesen Provisionsabrechnungen seien ausdrücklich Dynamikprovisionen errechnet und ausbezahlt worden. Diesem Vortrag des Beklagten hat die Klägerin nicht widersprochen. Das bedeutet, dass die nach dem Vertriebsvertrag möglichen weiteren Provisionszahlungen auch zwischen Klägerin und Beklagtem geflossen sind.

Die Klägerin räumt mit Schriftsatz vom 01.08.2005 (Blatt 59 d.A.) ein, dass in dem von ihr erteilten Buchauszug nicht die Versicherungssumme einschließlich eventueller Erhöhungen der Versicherungssumme der Lebensversicherung aufgenommen wurden. Aus dem Buchauszug ergebe sich ausschließlich die Beitragsbemessungssumme. Das bedeutet, dass die nach den "Grundsätze Leben", die nach Ziffer 15.6 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs hier Anwendung finden, zur Berechnung des Rohausgleichs notwendigen Angaben in dem Buchauszug nicht erhalten sind, so dass der Auskunftsanspruch des Beklagten deshalb nicht erfüllt ist. Im Übrigen betrifft der Buchauszug auch nicht den gesamten Vertragszeitraum, sondern deckt lediglich den Zeitraum vom 01.01.2000 bis 30.04.2004 ab.

5. Der Anspruch ist auch nicht nach § 89b Abs.3 Nr. 2 HGB ausgeschossen.

Voraussetzung hierfür wäre das Vorliegen einer Kündigung wegen eines wichtigen Grundes. Dabei müssen die Kündigungserklärung und der Kündigungsgrund kumulativ vorliegen. Die Klägerin hat aber nicht den Nachweis erbracht, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Kündigung für einen Mitbewerber tätig war und damit gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hatte. Das Landgericht war insbesondere nicht gehalten, dazu dem angebotenen Beweis auf Vernehmung des Zeugen L. nachzukommen. Denn die Klägerin hat nicht unter Beweis gestellt, dass der Zeuge dafür Beweis erbringen kann, der Beklagte sei im Juli, zum Zeitpunkt der Kündigung, für ein Konkurrenzunternehmen tätig gewesen. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass der Zeuge aktiv Abwerbebemühungen unternommen hat, sagt nichts über eine wirklich ausgeübte Tätigkeit des Beklagten aus. Es fehlt somit an einem nachgewiesenen wichtigen Grund i.S.d. § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB.

Ergänzend - da es insoweit an einer Kündigungserklärung fehlt - ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin sich auf eine Kündigung wegen des Tätigwerdens des Beklagten für ein Konkurrenzunternehmen ab August 2003 nicht wirksam berufen könnte. Das Landgericht führt zu Recht aus, dass insoweit der Klägerin treuwidriges Verhalten vorgeworfen werden müsste. Das Landgericht legt seiner Annahme, dass die Klägerin den Beklagten von sämtlichen Datenverarbeitungssystemen abgeschnitten hat, die Aussage des von der Klägerin benannten Zeugen B. zu Grunde. Dessen Aussage erging unter Vorhalt des vom Beklagten vorgelegten E-Mail-Verkehrs betreffend die Sperrung seines Datenverarbeitungszuganges. Nach § 86a HGB, hier ergänzt durch den Vermittlervertrag, gehört es zu den Pflichten des Unternehmers, den Vertragspartner in seiner Arbeit zu unterstützen und auf ihn Rücksicht zu nehmen. Dazu gehört auch, alles zu unterlassen, was den Vertragspartner benachteiligt oder ihn in seiner Arbeit behindert (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl. § 86a RdNrn. 15/16). Aus Ziff. 5.1 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen des Vermittlervertrages folgt die Pflicht der Klägerin, ihren Vertriebspartner die EDV-Beratungstechnologie zur Verfügung zu stellen. Daraus folgt, dass mit einer Sperrung des Zugangs zu dieser Technologie seitens der Klägerin, eine Pflichtverletzung gem. § 86a HGB vorliegt. Ein Vertragspartner, der sich aber selbst treuwidrig verhält, kann sich auf eine Pflichtverletzung des anderen Vertragspartners, die aufgrund dieses treuwidrigen Verhaltens erfolgt, nicht berufen.

Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung darauf abstellt, dass der Beklagte das Vertragsverhältnis selbst gekündigt hätte, ist nicht ersichtlich, auf welchen Vortrag sich diese Annahme stützt.

6. Entgegen der Ansicht der Klägerin umfasst der Auskunftsanspruch neben den dynamischen Lebensversicherungen auch vom Beklagten vermittelte dynamische Rentenversicherungen. Denn auch diese werden vom Geltungsbereich der "Grundsätze Leben" mit umfasst, auch wenn sie wörtlich in den Grundsätzen nicht genannt werden. In der Ziff. I Nr. 1 ist geregelt, dass die Grundsätze "für dynamische Lebensversicherungen" gelten. Dynamische Lebensversicherungen im Sinne der Grundsätze sind Lebensversicherungen, deren Versicherungsbedingungen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen von Anbeginn oder auf Grund einer späteren, vom Vertreter bewirkten Vereinbarung vorsehen. Eine Auslegung des Wortlauts führt aber zu einer Anwendbarkeit der Grundsätze auch auf dynamische Rentenversicherungen.

Der Begriff "Lebensversicherung" lässt nämlich verschiedene Interpretationen zu und ist insoweit nicht ausschließlich auf eine Versicherung des Todesfalls bzw. des "Erlebensfalls" beschränkt. Der Beklagte hat dazu u.a. einen Auszug aus "Wikipedia freie Enzyklopädie" vorgelegt, der eine Definition des Begriffs der "Lebensversicherung" enthält. Danach wird auch die private Rentenversicherung als reine Erlebensfallversicherung zu den Lebensversicherungen gezählt. Sie werde versicherungstechnisch genauso kalkuliert und betrieben. Auch wenn dieser Definition eines digitalen Lexikons keine für jedermann verbindliche Begriffsbestimmung zukommen mag, so lässt sich ihr aber entnehmen, dass der Begriff "dynamische Lebensversicherung" nicht nur wörtlich verstanden werden muss.

Für ein umfassenderes Begriffsverständnis spricht auch der Umstand, dass offensichtlich die Versicherungswirtschaft selbst den Begriff der Lebensversicherung in weiterem Sinne versteht. Dies folgt aus den von dem Beklagten vorgelegten Erläuterungen zu den Tarifen der Lebensversicherung der Al., sowie das Schlüsselverzeichnis der AX. Versicherung. Danach wird auch die Rentenversicherung unter den Begriff der Lebensversicherung gefasst (Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten vom 11.05.2009).

Des weiteren spricht für die Annahme, dass auch dynamische Rentenversicherungen in die Grundsätze "Leben" einbezogen werden müssen, die Vergleichbarkeit beider Versicherungsarten: Wie bei der Lebensversicherung sparen Kunden bei der Rentenversicherung über einen festgelegten Zeitraum das Kapital in Raten an. Am Ende der Laufzeit haben Rentenversicherte in der Regel die Wahl zwischen der Ausbezahlung als Leibrente oder der sofortigen Kapitalabfindung. Der Unterschied zu einer Lebensversicherung besteht in letzterem Fall ausschließlich darin, dass die Rentenpolice keinen Todesfallschutz beinhaltet. Darüber hinaus ist bei beiden Versicherungsvarianten keinerlei Unterschied in der Sachbehandlung erkennbar, welcher eine unterschiedliche Handhabung des Ausgleichsanspruches rechtfertigen würde.

Für das weite Begriffsverständnis spricht weiter, dass bei den in Nr. 2 von Geltungsbereich der Grundsätze ausgenommenen Versicherungen nicht ausdrücklich auf "Lebens"-versicherungen abgestellt ist. So werden insbesondere nur "dynamische Risikoversicherungen" vom Geltungsbereich ausgenommen. Unter den Begriff der dynamischen Risikoversicherung fallen dynamische Rentenversicherungen gerade nicht.

7. Der Auskunftsanspruch ist aber vom Erstgericht in zweifacher Hinsicht zu weit ausgeurteilt:

a. Dem Beklagten steht kein Auskunftsanspruch hinsichtlich der von seinen Mitarbeitern vermittelten dynamischen Lebensversicherungsverträgen bzw. dynamischen Rentenversicherungsverträgen zu. Gemäß Ziff. I 1. der "Grundsätze Leben" hat der Versicherungsvertreter nur einen Provisionsanspruch für von ihm selbst vermittelte Verträge. Die Untervertreter waren zwar für den Beklagten tätig, er hat sie aquiriert, geschult und betreut, aber sie haben ihrerseits selbstständige Verträge abgeschlossen. Die vom Beklagten umfassend vorgetragene Rechtsansicht, dass ein Versicherungsvertreter nicht persönlich die Kunden geworben haben muss (vgl. u.a. Staub, a.a.O. § 89 b, Rnr. 29), trifft zwar allgemein zu, sie findet aber auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da hier der Provisionsanspruch nach den "Grundsätze Leben" berechnet wird und dort eine anderslautende Regelung getroffen ist. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass im Anwendungsbereich dieser Grundsätze, die von der Rechtsprechung vorgenommene Ausdehnung des Erfordernisses der eigenen Vermittlungstätigkeit auf mitursächliches Verhalten des Versicherungsvertreters am Zustandekommen des Versicherungsvertrages Anwendung findet. Nach dem Wortlaut der Grundsätze ist dafür gerade kein Raum. Diesem Ergebnis stehen auch nicht die Allgemeinen Provisionsbestimmungen entgegen. Dort regelt Ziffer 1.2 zwar, dass dem Beklagten grundsätzlich eine Provision aus der Differenz zwischen der Provision des Vertriebspartners und der ihm direkt unterstellten Vertriebspartner zusteht, davon ist der Ausgleichsanspruch aber dem Wortlaut nach nicht mit umfasst.

Zwar kann § 89 b HGB als solcher nicht gänzlich abbedungen werden, eine Ausformung einzelner Tatbestandvoraussetzungen ist aber möglich und zulässig (vgl. Staub, a.a.O. § 89 b, Rnr. 252 m.w.N.), hier insbesondere weil die Differenzprovisionen der Untervertreter im Großen und Ganzen als Verwaltungsprovisionen anzusehen sind.

b. Nach Ziff. I Nr. 1 der Grundsätze gelten diese nur für solche dynamischen Lebensversicherungen, die bei der Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind. Auch insoweit war die Berufung begründet und das Teilurteil des Landgerichts abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, ZPO

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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