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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 01.04.2009
Aktenzeichen: 7 U 4575/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

I. Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem Wettbewerbsverhältnis zu sprechen ist und wann Unternehmen in einem Konkurrenzverhältnis stehen, handelt es sich um eine Rechtsfrage, nicht um einen vom Sachverständigen aufgrund seiner Sachkunde festzustellenden Umstand.

II. Aus diesem Grunde hat das erkennende Gericht dem Sachverständigen vorzugeben, von welchem Wettbewerbsbegriff er bei der Gutachtenerstellung auszugehen hat und welche Kriterien für die Beurteilung maßgeblich heranzuziehen sind. Dies ist für den vorliegenden Fall eines behaupteten Wettbewerbsverhältnisses zwischen zwei Unternehmen der Software-Branche die Frage, ob die beiden Firmen gleiche oder vergleichbare Leistungen bzw. Produkte auf dem Markt anbieten und ob sie den gleichen Kundenkreis bedienen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 4575/07

Verkündet am 01.04.2009

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Richterin am Oberlandesgericht ... als Vorsitzende und die Richterinnen am Oberlandesgericht ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.04.2009 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.07.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht mit seiner Klage Anspruch auf Zahlung von vertraglicher Karenzentschädigung geltend.

Der Kläger war für die Beklagte ab 01.02.2004 als Vorstandsmitglied tätig. Grundlage der Zusammenarbeit war der Vorstandsvertrag vom 17.12.2003 (Anlage K 1). Das Dienstverhältnis, das zunächst gem. § 2 Nr. 1 auf ein Jahr befristet war, wurde bis 31.01.2006 verlängert. In § 8 des Vorstandsvertrags vereinbarten die Parteien ein sechsmonatiges Wettbewerbsverbot. Für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sollte der Kläger eine monatliche Karenzentschädigung, die dem monatlichen Grundgehalt (ohne Tantiemeanteile) entspricht, erhalten, und zwar unter Anrechnung anderweitiger Verdienste (§ 8 Nr. 2 letzter Satz). Das monatliche Grundgehalt des Klägers betrug 8.500,00 Euro.

Mit Schreiben vom 07.07.2005 (Anlage K 2) und nochmals mit Schreiben vom 05.08.2005 kündigte die Beklagte dem Kläger fristlos wegen behaupteter Verletzungen von Vorstandspflichten.

Der Kläger verlangt unter Bezugnahme auf die vertraglich vereinbarte Karenzentschädigung für die Zeit ab 10.07.2005 (Zugang der fristlosen Kündigung vom 07.07.2005 am 09.07.2005) bis zum 09.01.2006 eine Karenzentschädigung in Höhe von 8.500,00 pro Monat, insgesamt 51.000,00 Euro. Für die Zeit vom 15.07.2005 bis einschließlich 31.12.2005 hat der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 10.419,13 Euro bezogen. Insoweit begehrt der Kläger lediglich eine verringerte Entschädigung und zwar für die Monate August bis Dezember 2005 um monatlich 1.871,70 Euro weniger und für den Monat Juli 2005 um 1.060,63 Euro weniger. Ab 01.01.2006 erhielt der Kläger von der Agentur für Arbeit ein Überbrückungsgeld in Höhe von monatlich 3.172,53 Euro. Auf den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 09.01.2006 errechnet der Kläger einen zu berücksichtigenden Anteil in Höhe von 921,08 Euro.

Der Kläger wandte sich in erster Instanz zunächst gegen die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung durch die Beklagte. Er vertrat zudem die Auffassung, dass ihm in jedem Fall die begehrte Karenzentschädigung zustehe. Er sei - entgegen der Behauptung der Beklagten - in der maßgeblichen Zeit von Juli 2005 bis Dezember 2005 nicht für ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten tätig gewesen. Er habe zwar für die Fa. G. GmbH einen Businessplan erarbeitet. Für seine Mühe seien ihm erst nach Vorlage des Plans Zahlungen in Höhe von 6.000,00 Euro angeboten worden. Deshalb habe er die 6.000,00 Euro abgerechnet. Der Betrag sei im Februar 2006 bezahlt worden. Die Tätigkeit für die Fa. G. lasse die Karenzentschädigung nicht entfallen, da es sich bei dieser Firma um kein Unternehmen handle, das in einem Wettbewerbsverhältnis mit der Beklagten stehe.

Der Kläger beantragte in erster Instanz (nach teilweiser Klagerücknahme):

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 51.000,00 Euro brutto abzüglich 3.374,09 Euro netto erhaltenen Reisekostenvorschuss, sowie abzüglich 10.419,13 Euro netto erhaltenem Arbeitslosengeld in der Zeit vom 15.07.2005 bis 31.12.2005 und schließlich abzüglich 921,06 Euro netto erhaltenem Überbrückungsgeld für die Zeit vom 01.01.2006 bis einschließlich 09.01.2006 zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.515,28 Euro seit 01.08.2005, aus jeweils 6.628,30 Euro seit 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005. 01.12.2005, 01.01.2006 sowie aus 1.628,92 Euro seit 01.02.2006.

Die Beklagte beantragte die Klageabweisung.

Sie vertrat die Auffassung, dass die außerordentliche Kündigung vom 07.07.2005 wirksam war. Der Kläger könne eine Karenzentschädigung nicht beanspruchen, da die vertragliche Regelung nichtig sei. Zudem habe der Kläger gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen, als er in der Zeit von Juli bis Dezember 2005 für die Fa. G. GmbH tätig gewesen sei. Bei dem Unternehmen handle es sich um eine Firma, die zu ihr in einem Wettbewerbsverhältnis stehe. Beide Firmen seien in der Produktion von Software für Festnetz und Mobilnetz tätig und würden den gleichen Kundenkreis, nämlich Telekommunikationsunternehmen, bedienen. Die Klägerin erklärte in erster Instanz die hilfsweise Aufrechnung mit von ihr behaupteten, bestrittenen Gegenansprüchen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M. zur Tätigkeit des Klägers für die G. GmbH. Das Erstgericht hat die Klage als teilweise begründet angesehen, insbesondere hat es dem Kläger einen Anspruch auf Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 30.285,72 Euro zuerkannt. Es hat neben den vom Kläger selbst im Antrag vorgenommenen Abzügen für Arbeitslosen- und Überbrückungsgeld sowie Reisekostenvorschüsse auch das von der Fa. G. erhaltene Honorar in Höhe von 6.000,00 Euro abgezogen. Das Erstgericht war der Auffassung, das Wettbewerbsverbot mit Karenzentschädigung sei wirksam vereinbart worden, die entsprechende vertragliche Regelung sei nicht nichtig; das Berufen der Beklagten auf die Nichtigkeit sei treuwidrig. Auch sei die sich hieraus ergebende Verpflichtung der Beklagten auf Zahlung einer Karenzentschädigung nicht deshalb entfallen, weil der Kläger für ein Konkurrenzunternehmen tätig gewesen sei. Der Kläger sei für die Fa. G. GmbH unentgeltlich und zunächst ohne Entgeltvereinbarung tätig geworden. Dies habe der Zeuge M. bestätigt. Die Erstellung des Businessplans sei dazu gedacht gewesen, um die Marktkenntnisse des Klägers zu testen. Das Gericht ging jedoch davon aus, dass zumindest dem update des Businessplans mit den Zahlen des Geschäftsjahres 2005 eine Entgeltvereinbarung zu Grunde gelegen habe und diese während der Laufzeit des Wettbewerbsverbots getroffen worden sei. Der Kläger habe sich daher die verdienten 6.000,00 Euro auf die Karenzentschädigung anrechnen zu lassen. Die Frage, ob es sich bei der Fa. G.GmbH um ein Konkurrenzunternehmen handelt, musste nach Auffassung des Landgerichts nicht geklärt werden, da die Tätigkeit des Klägers für diese Firma in keinem Fall zum Wegfall des gesamten Karenzzahlungsanspruchs habe führen können, weil die überwiegende Tätigkeit, nämlich die Erstellung des Businessplans, im Rahmen einer Bewerbung auf freiwilliger Basis erfolgt sei und erst im Nachhinein wegen weiterer Leistungen des Klägers eine Vergütung erfolgt sei. Die von der Beklagten zur Hilfsaufrechnung gestellten Gegenanträge wies das Landgericht mit der Begründung zurück, dass der Beklagten keine aufrechenbaren Ansprüche zustünden.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Berufung der Beklagten, die im Rahmen ihres Rechtsmittels allein die Bewertung des Erstgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht angreift, dass der Karenzzahlungsanspruch des Klägers infolge von Konkurrenztätigkeit für die Firma G. GmbH nicht vollumfänglich entfallen ist. Die von ihr erstinstanzlich getätigten Hilfsaufrechnungen verfolgt sie ausdrücklich nicht mehr weiter. Die Beklagte lässt in der Berufungsbegründung vortragen, der Kläger sei ausweislich seines von ihm selbst gefertigten Lebenslaufs in der Zeit von Juli 2005 bis Dezember 2005 bei der Fa. G. GmbH tätig gewesen. Hierbei handle es sich um ein mit ihr in Wettbewerb stehendes Konkurrenzunternehmen. Die Beklagte führt in ihren weiteren Schriftsätzen im Berufungsverfahren aus, dass und aus welchen Gründen eine Wettbewerbssituation zwischen ihr und der Fa. G. bestehe. Hierauf wird verwiesen. Sie trägt weiter vor, der Kläger habe für seine Tätigkeit eine Vergütung erhalten. Der Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot habe die zwingende Folge, dass der Karenzzahlungsanspruch in voller Höhe entfallen sei. Dies habe das Erstgericht verkannt als es lediglich einen Abzug in Höhe der gezahlten Vergütung vorgenommen und im übrigen die Karenzentschädigung zuerkannt habe.

Die Beklagte beantragt daher:

I. Unter Aufhebung des Endurteils des Landgerichts München I vom 20.07.2007, Az: 15 O 11833/06, wird die Klage zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Er ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil sei zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass ihm ein Anspruch auf Karenzentschädigung zustehe. Der Kläger wendet sich im Ergebnis nicht gegen den vom Erstgericht vorgenommenen Abzug von 6.000,00 Euro. Er tritt jedoch der Behauptung der Beklagten, bei der Fa. G. GmbH handle es sich um ein Konkurrenzunternehmen, das mit der Beklagten in Wettbewerb stehe, entgegen. Der Vortrag der Beklagten sei nicht zutreffend, da beide Firmen unterschiedliche Produkte entwickelten und auf dem Markt anböten. Dies führt der Kläger in seinen Schriftsätzen, auf die verwiesen wird, näher aus. Hinzu komme, dass auch der Kundenkreis unterschiedlich sei. Aus diesem Grunde könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf ein Entfallen des Anspruchs auf die Karenzentschädigung berufen.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 07.05.2008 Beweis erhoben zur Behauptung der Beklagten, es handle sich bei der Fa. G. GmbH, für die der Kläger in der Zeit zwischen Juli 2005 und Dezember 2005 ca. 1 1/2 Monate zur Erstellung eines Businessplans tätig war, um ein Unternehmen, das mit der Beklagten im Wettbewerb stehe, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Als Sachverständiger wurde Dipl. Inform. Markus S. bestimmt. Der Sachverständige erstellte mit Datum vom 21.12.2008 sein Gutachten (vgl. Bl. 263/281 d.A.). Mit Schriftsatz vom 25.02.2009 erhob der Beklagtenvertreter eine Vielzahl von Einwendungen gegen das schriftliche Sachverständigengutachten. Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 01.04.2009 ausführlich von dem Sachverständigen abgehandelt. Auf das Protokoll der Sitzung (vgl. Bl. 304/315 d.A.) wird verwiesen.

Der Senat hat in den mündlichen Verhandlungen vom 09.04.2008 und 01.04.2009 die Sach- und Rechtslage mit den Parteien eingehend erörtert. Auf die Protokolle der Sitzungen wird ebenso verwiesen wie die der mündlichen Verhandlungen und Beweisaufnahme in erster Instanz und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das schriftliche Sachverständigengutachten vom 21.12.2008.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich in der Sache als nicht erfolgreich. Dem Kläger steht der Anspruch auf Karenzentschädigung in der durch das Landgericht zugesprochenen, von ihm nicht angegriffenen Höhe, zu, da die Beklagte nicht hat nachweisen können, dass der Kläger während der Dauer des Wettbewerbsverbots für ein Konkurrenzunternehmen tätig war.

Voranzustellen ist zunächst, dass der Senat die Auffassung des Erstgerichts, dass das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot wirksam ist, teilt. Auf die zutreffenden Feststellungen hierzu im landgerichtlichen Urteil kann in vollem Umfang verwiesen werden. Die Beklagte greift diese auch in ihrer Berufung nicht an.

Allerdings folgt der Senat der Auffassung des Erstgerichts, wonach vorliegend dahinstehen kann, ob es sich bei der Fa. G. GmbH, für die der Kläger während der Dauer des Wettbewerbsverbots tätig war, um eine Konkurrenzfirma handelt, nicht. § 8 Nr. 2 des Vorstandsvertrags (Anlage K 1) regelt eindeutig, dass der Kläger für die Dauer von 6 Monaten nach Beendigung des Vertrags nicht für ein Unternehmen tätig werden darf, welches mit der Gesellschaft oder einem mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen in Wettbewerb steht. Hierfür erhält er eine monatliche Karenzentschädigung die dem monatlichen Grundgehalt entspricht. Für den Fall des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot entfällt die Pflicht zur Zahlung von Karenzentschädigung, vgl. § 8 Nr. 3. Dies hat zur Folge, dass es entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht darauf ankommt, ob die überwiegende Tätigkeit für die Fa. G. GmbH im Rahmen einer Bewerbung auf freiwilliger Basis erfolgte und erst im Nachhinein wegen weiterer Leistungen des Klägers eine Vergütung gezahlt wurde. Angesichts der für den Senat feststehenden Tatsache, dass der Kläger in der Zeit von Juli 2005 bis Dezember 2005 ca. 1 1/2 Monate für die Fa. G. GmbH tätig war und hierfür Vergütung erhielt, und vor dem Hintergrund des wirksamen Wettbewerbsverbots kommt der Frage, ob die Fa. G. GmbH tatsächlich - wie die Beklagte vortragen lässt - in einem Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten steht entscheidende Bedeutung zu. Deshalb hat der Senat hierzu Beweis erhoben und ein Sachverständigengutachten erholt.

Der Sachverständige S. kam aufgrund der von ihm vorgenommenen Begutachtung zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Fa. G. GmbH nicht um ein Unternehmen handelt, das mit der Beklagten im Wettbewerb steht. Beide Firmen bieten nach den Feststellungen des Gutachters jeweils nicht vergleichbare Produkte bzw. Leistungen auf dem Markt an und bedienen bis auf eine Ausnahme unterschiedliche Kundenkreise.

Der Sachverständige führt in seinem Gutachten zunächst näher aus, dass beide Unternehmen auf dem Markt völlig unterschiedlich auftreten. Die Beklagte versteht sich danach als Systemhaus, das Integrationsdienstleistung v.a. für Kunden der Telekommunikation, des Bankwesens und der Assekuranz anbietet. Die Fa. G. GmbH hingegen ist ein klassischer Softwarehersteller, der sich auf allgemeine und branchenunabhängige Datenkonvertierung und den Datenstransfer spezialisiert hat. Das Einsatzgebiet der G.-Systeme ist nach dem Ergebnis der gutachterlichen Prüfung völlig unabhängig von der Branche oder den jeweiligen Kundenprozessen, da diese Anwendungen die angelieferten Daten nicht fachlich aufbereiten sondern lediglich in andere Formate zum Austausch mit weiteren Systemen konvertieren. Den Schwerpunkt des Leistungsportfolios der Beklagten sieht der Gutacher jedoch auf die Telekommunikationsbranche gerichtet. Hinzu kommt nach den Ermittlungen des Sachverständigen, dass im Gegensatz zur Fa. G. GmbH die Beklagte kein selbst entwickeltes Produkt vertreibt. Bei den Produkten der Beklagten handelt es sich lediglich um Vertriebs- bzw. Marketingnamen. Bei der Beklagten werden entsprechend den spezifischen Projekt- bzw. Kundenanforderungen die mit den Produktnamen implizierten Funktionalitäten durch Zukäufe oder Lizensierungen geeigneter Produkte des Softwaremarktes realisiert. Die einzige nach den eigenen Angaben der Beklagten mögliche Überschneidung mit Produkten der G. GmbH sieht der Sachverständige im Bereich des "Bill Presentments". Das dafür notwendige Produkt "tecBILLpresenter" der Beklagten stellt jedoch nach den Feststellungen des Gutachters lediglich einen Marketingnamen für die Funktionalität "Präsentation von Rechnungsdaten" dar. Die unterschiedliche Marktpositionierung sah der Sachverständige auch im Bereich der jeweiligen Mitbewerber. Danach sind konkurrierende Mitbewerber der Beklagten typische Dienstleistungsunternehmen für die Realisierung von Integrationsvorhaben. Mitbewerber der G. GmbH sind hingegen typische Software- und Beratungsanbieter für kleine und mittlere Unternehmen. Schließlich stellte der Gutachter fest, dass beide Unternehmen bereits vom Ansatz her schon unterschiedliche Kundenkreise bedienen. Für die Beklagte sind es für die Realisierung großer Integrationsprojekte typische - auch international tätige - Großkonzerne der Telekommunikation. Kunden der G. GmbH sind kleine und mittelständische Unternehmen, die nach deren Angaben aus den Bereichen Energieversorgung, Transport und Logistik, Telekommunikation, Konsumgüterindustrie, chemisch-pharmazeutische Industrie, Gesundheitswesen und Automobilzulieferer kommen. Eine Überschneidung der Kundenbeziehung stellte der Sachverständige im Jahr 2005 für den Kunden O. Germany fest. Dies ändert nach seiner Beurteilung an der unterschiedlichen Geschäftsausrichtung und dem Produktportfolio beider Unternehmen nichts.

Der Sachverständige stützt seine abschließenden Feststellungen neben den ihm von den Parteien zugänglich gemachten Unterlagen insbesondere auf zwei Ortstermine, die die Präsentation des Unternehmens und der Produkte bzw. der Dienstleistungen der Beklagten einerseits (am 25.07.2008) und der Fa. G. GmbH andererseits (am 26.09.2008) zum Inhalt hatten, sowie auf die von beiden Firmen übergebenen Kundenlisten.

Der Senat hat an der Richtigkeit der Feststellung des Sachverständigen keine Zweifel. Die Fachkunde des Gutachters, dessen methodisches Vorgehen und seine fachlichen Schlussfolgerungen begegnen keinen Bedenken. Der Sachverständige ist auf die im Beweisbeschluss ausgeführten Punkte eingegangen und hat diese anhand der von ihm erschlossenen Erkenntnisquellen überzeugend, schlüssig und plausibel gewürdigt. Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 25.02.2009 das Ergebnis des Gutachtens und die Methodik seiner Erstellung beanstandet, hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung zu diesen Punkten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hierzu Stellung genommen. Nach Auffassung des Senats geben angesichts dessen die Einwände der Beklagten keinen Anlass an den Feststellungen des Sachverständigen zum Nichtvorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen der Beklagten und der Fa. G. GmbH zu zweifeln.

Im einzelnen ist Folgendes auszuführen:

Die Beklagte beanstandet, dass der Sachverständige im Gutachten eine Definition des Begriffs des Wettbewerbs nicht vorgenommen habe, und ist der Auffassung, dass hierin ein wesentlicher Mangel des Gutachtens zu sehen sei. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem Wettbewerbsverhältnis zu sprechen ist und wann Unternehmen in einem Konkurrenzverhältnis stehen, handelt es sich um eine Rechtsfrage, nicht um einen vom Sachverständigen aufgrund seiner Sachkunde festzustellenden Umstand. Der Senat hat deshalb auch im Beweisbeschluss ausgeführt, welche Kriterien für die Prüfung eines Wettbewerbsverhältnisses bei der sachverständigen Prüfung heranzuziehen sind und von welchen Wettbewerbsbegriff der Gutachter auszugehen hat. Der Senat hat dem Sachverständigen aufgegeben zu prüfen, ob die beiden Firmen, d.h. die Beklagte einerseits und die Firma G. GmbH andererseits, vergleichbare Software-Leistungen bzw. -Produkte auf dem Markt anbieten, ggf. in welchem Umfang hierbei Überschneidungen festzustellen sind und inwiefern Abweichungen bestehen, und ob sie den gleichen Kundenkreis bedienen. Diese Kriterien für die Beurteilung eines Wettbewerbsverhältnisses sah auch die Beklagte selbst als entscheidend an (vgl. Schriftsatz vom 03.04.2008, Anlage B 29, Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 4. Auflage, S. 73). Der Sachverständige hat bei der von ihm vorgenommenen Beurteilung eben diese Punkte geklärt und hierzu seine Feststellungen getroffen.

Der Sachverständige ist auf die weiteren Einwendungen der Beklagten im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 01.04.2009 ausführlich eingegangen. Er hat die einzelnen Vorhalte des Beklagtenvertreters, die sich auf seine Erkenntnisquellen bezüglich der "Mitbewerber", der Kundenkreise und des Angebotsportfolios bezogen, überzeugend beantwortet. Insbesondere hat der Senat auch nach den ergänzenden, mündlichen Ausführungen des Sachverständigen keine Zweifel, an der von diesem für die Gutachtenerstellung gewählten Methodik, den von ihm ermittelten Tatsachen und hieraus gezogenen Schlussfolgerungen. Der Sachverständige wiederholte, dass er wesentliche Erkenntnisse aus den eigenen Angaben der Geschäftsführerin der Beklagten zu den maßgeblichen Fragestellungen erhalten habe und ebenso auf der anderen Seite aus den Mitteilungen des Geschäftsführers der Fa. G. GmbH. Angesichts der Ausführungen des Sachverständigen im schriftlichen Gutachten und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überzeugen die weiteren Einwände der Beklagten, der Sachverständige habe die Kundenbeziehungen und die Tätigkeit beider Firmen am Markt falsch dargestellt, nicht. Der Sachverständige ist entsprechenden Vorhalten von Seiten der Beklagten überzeugend, mit schlüssigen Argumenten entgegengetreten. Dies gilt insbesondere für seine Erläuterungen zu den Feststellungen, dass die Beklagte im Gegensatz zur Fa. G. GmbH keine eigene Softwareherstellerin ist, was unter Softwareherstellerin zu verstehen ist und weshalb die Beklagte auf dem Markt als Systemhaus auftritt. Schließlich konnte der Sachverständige auch die von der Beklagten beanstandeten Anglizismen und Abkürzungen in seinem Gutachten überzeugend übersetzen, bzw. erläutern.

Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen, an deren Richtigkeit der Senat keinerlei Zweifel hat, zwischen der Beklagten und der Fa. G. GmbH ein Wettbewerbsverhältnis nicht besteht. Dies hat zur Folge, dass dem Kläger mit seiner Tätigkeit für die Fa. G. GmbH kein Wettbewerbsverstoß anzulasten ist und er deshalb seinen Anspruch auf Karenzentschädigung nicht verloren hat. Die Berufung der Beklagten ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. In mitten der Entscheidung steht die tatrichterliche Würdigung der Frage, ob im vorliegenden Einzelfall ein Wettbewerbsverhältnis besteht oder nicht.

Ende der Entscheidung

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